In den städtischen Seniorenwohnhäusern ändert sich vieles. Immer wieder fragen mich Menschen etwa, was das sein soll, so eine Hausgemeinschaft für alte Leute im „Altersheim“? Jedes Mal denke ich dann an meine Uroma, die leider nicht das Glück hatte damals in den 1970er Jahren in einer Hausgemeinschaft zu leben. Sie war in einem Altersheim am Land untergebracht. Ich habe mich als Kind eigentlich immer geängstigt, wenn wir zur Uroma gingen. Mehr als 5 Jahre am Ende ihres Lebens lag sie in einem Bett in einem Zimmer, wo auch eine andere alte Frau untergebracht war. Einmal am Tag wurde sie für mehrere Stunden auf einen Leibstuhl gesetzt. Ein Stuhl mit Loch im Sitz und einer Schüssel darunter. Zum Mittagessen kam sie dann wieder ins Bett. Ein paar Bissen musste sie rasch runterschlucken. Ein wenig Tee. Damit war der Tag gelaufen. Gruselig aber damals normal. Viel hat sich seither geändert!

In den Seniorenwohnhäusern zog in den 1980er und 1990er Jahren ein frischer Geist ein. Mehr Selbstbestimmung, viele therapeutische Angebote, Abwechslung und Individualität. Anfang der 2000er Jahre kam dann auch in Salzburg die Idee der Hausgemeinschaften an, unter anderem von Sonja Schiff, damals Gemeinderätin, gefordert. Und jetzt werden Schritt für Schritt in mehreren Seniorenwohnhäusern in Salzburg die Hausgemeinschaften verwirklicht. Die meiste Erfahrung mit diesem Konzept gibt es in Hellbrunn.


Das Wichtigste dabei ist, dass der Alltag für alle so normal wie möglich ist. Jede/r Bewohner/in hat ein Zimmer für sich, zum Teil mit eigenen Lieblingsstücken möbliert. Im Zentrum steht der gemeinsame Wohnbereich mit Küche. Wer mag und kann, darf mitkochen beim Mittagessen. Wer sein Frühstück erst um 10 Uhr haben will, kein Problem. Wieder wer anderer faltet gerne alle Hand, Dusch- und Geschirrtücher der Hausgemeinschaft. Es gibt keine Bereiche extra für die „schweren“ Pflegefälle, wie man früher sagte. Auch Menschen, die Demenz haben, sind mittendrin im Leben und nicht gesondert untergebracht. Es gibt keine langen Korridore mehr, unpersönliche Einrichtung oder unüberschaubare Räumlichkeiten. Das direkte Lebensumfeld ist kompakt und individuell gestaltet für eine bessere Übersichtlichkeit und das Wohlfühlen. Terrassen, Balkone und ein Garten gehören dazu. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemühen sich täglich keine „Krankenhausatmosphäre“ entstehen zu lassen, sondern ein normales Alltagsleben zu ermöglichen.

Und der Erfolg zeigt, dass das Modell funktioniert, dank der engagierten MitarbeiterInnen und der alten Menschen, die so aufgeschlossen sind im hohen Alter noch etwas ganz Neues zu wagen. Und jedes Mal, wenn ich dort zu Besuch bin, wünschte ich meine Uroma hätte das Glück gehabt ihre letzten Jahre so erleben zu dürfen. Unterstützt aber selbstbestimmt, gut aufgehoben, aber frei in der Entscheidung. Aber ich bin glücklich als verantwortliche Politikerin ein Stück der Entwicklung in den Seniorenwohnhäusern mittragen zu dürfen.

zum internationalen frauentag 2016

ich hab in den 1990er jahren soziologie studiert. als erstes lernt man da begriffe wie: „soziales handeln“ oder, „soziale normen“. da geht’s um wertvorstellungen, verhaltensregelmäßigkeiten, verhaltenserwartungen, normenkonflikte und noch allerlei andere wort-ungetüme.

interessant war: wertvorstellungen können in normen münden. in eine rechtsnorm zb. das ist eine rechtlich sanktionierte norm. in einer demokratie ist eine rechtsnorm etwas sehr wertvolles und auch praktisches, richtig schön eigentlich: sie ist von der legislative beschlossen worden, die exekutive passt darauf auf und die judikative verhängt sanktionen, wenn sie verletzt wird.

gute sache. im jahr 2015 wurde in österreich die größte strafrechtsreform seit den 1970er jahren beschlossen, seit 1.1.2016 ist sie in kraft. für vergewaltigung genügt jetzt ein NEIN. für sexuell motivierte körperliche übergriffe gibt es endlich auch Sanktionen.

praktisch erklärt: männer , die frauen begrapschen, kommen nicht mehr einfach so davon. egal, ob es um „unsere“ frauen geht, oder gerade um solche, die nicht „unsere“ sind. wenn diese männer sagen, das verletze unsere bestehenden werte, dann sagen sie eigentlich: „unsere frauen, die begrapschen wir immer noch selber, klar?“.

leute, wir können gerne über werte reden. auch über normen. aber bei übergriffen auf frauen, die aufgrund ihres geschlechts geschehen und nichts anderes sind als machtausübung, da reden wir von rechten.

wir reden jetzt vom recht, etwas anzuzeigen. von strafrechtlich relevanten delikten, von polizeipflichten und von entscheidungen vor gericht, von saftigen strafen. davon, dass jede person gleich ist vor dem recht. davon, dass jede frau das gleiche recht hat, ihre körperliche und sexuelle würde zu wahren. und davon, dass sie niemandem gehört. „unsere“ frauen gibt es nicht. jede frau hat somit das recht, ein selbstbestimmtes leben zu führen.

happy frauentag allerseits. die wichtigste forderung zum internationalen frauentag, dem 8. märz, war das frauenwahlrecht. auch so eine schöne rechtsnorm. noch nicht mal 100 jahre alt, übrigens.

infos zum frauentag – und vier kurze filme mit salzburger protagonistinnen der frauenbewegung hier: frauenbüro der stadt salzburg

v.l: sabine veits-falk, elfriede karl, helma schimke, annemarie schobesberger, liane pluntz, brigitte singer

v.l: sabine veits-falk, elfriede karl, helma schimke, annemarie schobesberger, liane pluntz, brigitte singer

a3

Bei One Billion Rising 2016

Zum Frauentag 2016 nehme ich mein liebstes Kochbuch zur Hand. Darin sind alle Klassiker der österreichischen Küche von Apfelstrudel über Marmorkuchen bis zu Zwiebelrostbraten in einfachen Rezepten drinnen. Es ist das Kochbuch meiner Mutter, das sie als junges Mädchen für den Unterricht in der Hauptschule hatte. Das war von 1951- 1955. Aber meine Mutter lernte nicht nur kochen in der Schule, sondern auch vieles, was von einer guten Hausfrau erwartet wurde. Dazu gehörte natürlich die immerwährende Sorge um die Familie und auch wie wichtig das Essen für die Gesundheit ist. Das lag damals ganz in der Hand der Hausfrau. Aber einfach so das Essen, sei es noch so gesund, auf den Tisch stellen war nicht genug. Da brauchte es auch ein „sauberes Schürzchen“ und die „Ruhe, das Bereitsein“ und einen „freundlich gedeckten Tisch“. Erst dann war es perfekt. (siehe Bild oben!)

Unvorstellbar für heute. Jetzt lernen Buben und Mädchen kochen in der Schule und saubere Schürzen tragen eigentlich nur mehr die Männer, wenn sie am sommerlichen Grill die Würstchen und die Steaks für Familie und Freunde zubereiten. Bevorzugt haben die Schürzen Sprüche aufgedruckt wie: „Männer, die kochen sind unwiderstehlich!“, „Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle.“ Oder „You kill it, I grill it.“.

Es ist was weiter gegangen mit der Emanzipation. Aber so ganz am Ziel sind wir alle, Männer wie Frauen, noch nicht. Die Reaktionen auf die Kölner Silvesternacht haben das wieder gezeigt. Sofort war da die Rede von „unseren Frauen“, die geschützt werden müssen. Das alte Muster war bei einigen wieder da. Frauen gehören jemanden und nicht einfach sich selbst, das können sich manche, auch westliche Männer,  gar nicht vorstellen. Und gleichzeitig beschworen viele, wie wichtig die erlangte Gleichstellung zwischen den Geschlechtern ist. Besonders Männer und Frauen, die in den letzten Jahrzehnten nicht dadurch aufgefallen sind, dass sie die Gleichstellung auf ihre Fahnen geheftet haben. Ich erinnere an die Diskussionen rund um „Ein Nein muss genügen.“, die „Quotenregelungen  in Aufsichtsräten“ und „Gendern“,  ob bei den Finanzen oder in der Sprache. So schnell hat die Frauenbewegung in ihrer langen Geschichte noch nie so viele neue UnterstützerInnen bekommen. Sehr schön! Denn viele, die die Frauenbewegung eher belächelt denn unterstützt haben, tun sich jetzt sehr schwer wieder in die Argumentation von 2015 zu verfallen. Denn Frauenrechte sind jetzt  bei der Mehrheit in den Kanon „westlicher Werte“ aufgenommen worden und die sind schließlich die Basis unseres Zusammenlebens sagen alle. Also bin ich guter Dinge, dass wie die noch verbliebenen Forderungen der Frauenbewegung wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ oder „Halbe –Halbe“ schneller durchsetzen.

Wer teilt meinen Optimismus noch?

Wir hetzen oft durch den Alltag. Jagen einem großen Ziel nach. Meinen etwas zu versäumen, wenn wir eine Mode nicht mitmachen. Das kostet Kraft. Und dann fehlt es uns an Aufmerksamkeit für andere Menschen, für Dinge um uns, für kleine Erlebnisse. Das leert auch unsere Seele, unseren Geist. Und macht uns eigentlich viel schwächer und anfälliger. Darum ist  die Aufmerksamkeit für Menschen, Tiere, Erlebnisse und Schönes eigentlich eine Tankstelle auf unserem Lebensweg.

Das hat auch eine Studie der Universität Zürich und Halle-Wittenberg ergeben. Dafür müssten Probanden ein abendliches Tagebuch führen und jeden Tag neun schöne Beobachtungen festhalten: Das Lächeln eines Babys, der erste Löwenzahn neben dem Asphalt, Schluck für Schluck eine Tasse Kaffee genießen. Die PsychologInnen stellten schon nach einer Woche eine gesteigerte Lebenszufriedenheit und den Rückgang von depressiven Verstimmungen fest.

Das will ich machen die kommende Woche. Ich setzte mich jeden Abend hin, genieße eine Tasse Tee und schreibe neun Momente nieder, die mir gut getan haben. Ich bin damit auch aufmerksam mir gegenüber und lerne nicht irgendetwas nach zu laufen, sondern das Leben zu genießen.

Warum Fasten für die Seele?

Wenn es um das Fasten geht, dann denkt man eigentlich sofort an den Körper. Auf was verzichtet man? Fleisch? Schokolade? Alkohol? Zigaretten?

Aber eigentlich soll das Fasten ja Geist und Seele reinigen. Wie hektisch und stressig ist doch oft unser Alltag. Wir ärgern uns. Über eine Arbeitskollegin. Den Buschauffeur, der einem vor der Nase weggefahren ist. Den jungen Mann, der sich an der Kassa schnell vordrängelt. Und über sich selbst, weil man wieder etwas nicht gesagt hat, was man eigentlich sagen wollte. Weil man zu langsam war, zu vergesslich, zu feige, zu bequem. Alles das frisst sich in unseren Geist, in unsere Seele.

Also sollten wir die Fastenzeit nutzen. Lassen wir die Körperkilos drauf. Aber entledigen wir uns von seelischer Last und tanken Ruhe, Gelassenheit, Schönheit, Vertrauen und Aufmerksamkeit.

Hier geht es zu Teil 1 – Plätze der Ruhe finden

Hier geht es zu Teil 2 – Gelassenheit oder mit sich selbst liebevoll sein

Hier geht es zu Teil 3 – Schönheit mit allen Sinnen erleben

Hier geht es zu Teil 4 – Vertrauen gewinnen

Noch sind wir weit weg von der blütenreichsten Zeit. Obwohl die Schhneeglöckchen, Krokusse und Frühlingsknotenblumen vom Frühjahr künden, müssen wir Blumenfans uns noch ein bisschen in Geduld üben.

Aber man kann mit den Fotos vom vorigen Jahr ein bisschen von Frühling und Sommer träumen.

IMG_0055

Als Kind habe ich Kamille nicht gemocht. Wenn es zu Hause nach Kamille roch war klar, irgendwer ist krank. Jetzt mag ich sie. Ich ernte die Köpfchen, trockne sie und trinke gerne im Winter ein Tässchen Kamillentee.

IMG_0247

Kennt ihr die Mittagsgoldblume? Sie mag es besonders warm. Ihre Blüten öffnet sie nur vollständig wenn die Sonne direkt auf sie scheint. Und dann ist es eine wahre Pracht – Sommer, Sonne – Mittagsgold!

IMG_0474

Diese lustigen hellgelben Blütenköpfchen gehören zum Olivenkraut. Wenn man mit der Hand über die Pflanze streift, dann steigt einem ein ganz intensiver Duft nach Oliven in die Nase – herrlich!

IMG_1140

Die Artischocke ist ein wunderbares Distelgewächs. Wenn sie zu blühen beginnt ist es für die Ernte schon zu spät. Aber gerne verzichte ich auf den Genuss der Frucht für das Schauspiel, wenn Schmetterlinge und Bienen sich an der Blüte laben.

IMG_5809

Die Fackellilie blüht nur kurz und ist nicht nur fürs Auge sehr interessant. Wenn man die Blüte leicht drückt und durch die Hand gleiten lässt, dann quietscht sie ganz süß!

IMG_2129

Wandelröschen – am liebsten mag ich sie mit den rosa-gelben Blüten. Und damit sie reichlich und lange blüht, knipse ich immer das Verblühte schnell weg. Wandelröschen, was für ein herzallerliebster Name für eine giftige Pflanze.

Wer hat jetzt Lust auf Sommer bekommen?

Ich reise in Sachen Bildung und sitze im Airbus der Lufthansa nach Teheran. Es ist Mitternacht vorbei, da sehe ich ein Lichtermeer tief unter mir, fröhlich, bunt, riesig- Teheran! Lange Autobahnen, blinkende Lichter des Verkehrs und der Wohnhäuser, voller Leben, aber auch mit einer fröhlichen Gelassenheit, die auch die Menschen besitzen, die dort wohnen, wie ich in den Tagen darauf feststelle. Karma ist das Zauberwort, die Iraner glauben daran und das verbindet mich bereits mit ihnen.

Ich steige aus dem Flieger und werde von freundlichen, lächelnden Menschen empfangen. Bei der Passkontrolle sieht der Beamte mein Visum an und fragt:“ A visa only for 5 days? Why would you leave us so soon?“ Ich erkläre ich bin auf einem Businesstrip mit der Chamber of Commerce, er wünscht mir gute Geschäfte. Scheint hier für Frauen normal zu sein.

b2Ich hole mein Gepäck, werde durch einen besonderen Gang ohne Kontrolle mit freundlichen Handzeichen geleitet und stehe in der Ankunftshalle. Wo sind meine Delegationskollegen, wer holt uns ab? Ich sehe niemanden und warte gut zwanzig Minuten. Es ist nach ein Uhr nachts. Die Menschen haben die Halle verlassen, ich beschließe, nicht länger zu warten und mir ein Taxi zu nehmen, das mich in das wie man sagt beste Hotel der Stadt bringen soll. Ich trete vor die Tür und sehe einen Taxifahrer, der mir vertrauenswürdig erscheint, zeige ihm die Adresse des Hotels, werde zum Auto geleitet. Auf meine Frage, ob ich im Auto rauchen darf, kurbelt er sofort das Fenster hinunter und sagt zu mir: „ Feel free!“ Nun geht es also vom Flughafen hinaus in die Finsternis einer unbekannten Stadt, in Begleitung eines unbekannten Mannes, in eine unbekannte Richtung, und mir ist schon leicht mulmig. Ich sehe nicht, wohin wir fahren, die Schilder sind für mich alle nicht lesbar. Wir fahren auf einer breiten Autobahn, und wie ich mit Erleichterung feststelle , es wird bewohnter. Wir fahren also richtig in Richtung Zentrum. Meine Tochter bietet unsere bewährte Reiseassistenz für solche Situationen an- alle 5 bis 10 Minuten ein Sms, damit klar ist, es steht jemand mit mir in Verbindung. So etwas, das wissen wir, schreckt ab. Nach einer Stunde Fahrt scheint das Zentrum nahe, da hält der Fahrer unter einer Unterführung ohne Licht bei einer Ansammlung Männer- es sind Straßenhändler. Er sagt er braucht change. Ich will ihm einmal glauben. Er macht einen U- Turn- die Fahrweise ist atemberaubend ähnlich der wie ich es von Sao Paulo gewohnt bin (freier Fahrstil)- in eine Einfahrt und biegt in beleuchtete Straßen ein. Eine halbe Stunde und nervöse zwei Zigaretten später fährt er in eine Einfahrt zu einem riesigen Wolkenkratzer und ich stehe vor einem hellerleuchteten, sehr eleganten Portal des Hotel Azadi. Na schön, denke ich, nach eineinhalb Stunden Fahrt wird die Rechnung jetzt saftig. Doch er verlangt 30 € und freut sich über 2€ Trinkgeld riesig.

In der Lobby werde ich sofort von 2 Pagen mit den Koffern unterstützt und an der Rezeption höflich und zuvorkommend begrüßt, ich werde ins Zimmer begleitet und darf auch hier mein Zigaretterl rauchen. „ Just open the window and feel free!“

Der folgende Sonntag ist Arbeitstag und beginnt für mich um halb acht, ich lerne die Delegationsteilnehmer aus Österreich endlich kennen und werde vom Wirtschaftsdelegierten, den ich bereits gut kenne, sehr freudig begrüßt. Wir frühstücken und gleich geht es durch die Straßen zum ersten Termin, einem Ministerium. Auch hier sind freundliche Menschen, Männer und Frauen, wir Frauen eben alle mit Kopftuch, aber sehr geachtet. Eine Frau stellt die Agenden und Interessen des Ministeriums vor, die Männer sprechen nach ihr zu uns, sehr ruhig, sehr erklärend, sehr ausführlich und fast didaktisch aufbereitet und dann bekommen wir Delegierte aus Österreich jeder das Wort. Ich bin die einzige österreichische Frau. Das Wort wird an mich gerichtet, bevor ich spreche, lächeln mir alle, besonders die Männer, ermunternd und wertschätzend zu. Das Interesse an  dem, was ich sage, ist groß, ich werde in ein intensives Gespräch verwickelt, es endet damit dass man mir sagt: „ We are very happy to have you here!“ Ich bekomme als einzige der Delegation eine Mappe mit wichtiger Information über das Ministerium und die Visitenkarten der iranischen Vertreter. Ich bin als Frau völlig ernstgenommen, das Kopftuch stört mich zwar, weil es heiß ist und dauernd rutscht und festgezogen werden muss, aber das hindert niemanden daran, mir eine Kooperation vorzuschlagen. Super!

Nach vielen guten Wünschen für unseren Aufenthalt geht es weiter zum nächsten Ministerium, dort ist die Atmosphäre für mich genau gleich, ich bekomme sogar in der Pause einen eigenen Raum für eine Zigarette am Fenster und eine Begleitung zur Unterhaltung.

Nun geht es mit der Delegation zu einem berühmten Restaurant zum Lunch- ein kulinarisches Erlebnis. Es biegt sich der Tisch zuerst unter dem Angebot der Vorspeisen, Fladenbrot, Salate- dazu herrliche antialkoholische Getränke wie Granatapfelsirup oder Zitronensirup oder Joghurt verdünnt mit Minze und Salz. Es gibt auch antialkoholisches Bier.

Die Hauptspeise ist Fisch oder Kebab aus verschiedener Zubereitung- ich liebe das in Granatapfelsaft eingelegte Fleisch. Es ist besonders weich und hat einen leicht säuerlichen Geschmack. Überall ist Wildknoblauch dabei, der nicht ganz so scharf wie unserer ist und, wie mir versichert wurde, keinen Geruch erzeugt. Ich habe einen Iraner, der nun in Österreich lebt, stets als Tischnachbarn. Er erklärt mir alle Speisen und die Zubereitung.

b3Wir müssen nach einem Kaffee und einer Nachspeise wie Baklava wieder ins Verkehrsgetümmel, lange Anfahrt zur iranischen Wirtschaftskammer. Nach einem sehr enthusiastischen Empfang mit Fernsehkamera und einer Unterzeichnung eines Memorandum mit Österreich gibt es wieder die Präsentation unserer Projekte und Firmen und dann habe ich dort einen Einzeltermin mit einem Geschäftspartner aus Gilan am Kaspischen Meer, mit dem ich schon lange in Kontakt bin. Ich habe einen eigens mit meinem Namen beschrifteten Raum und als ich dorthin geleitet werde, stehen vier Menschen drinnen auf, fallen mir- auch die Männer- um den Hals, präsentieren mir einen wunderschönen Strauß weißer Rosen und ich bekomme zwei Gastgeschenke, ein wunderschönes handgewirktes Tuch für den Tisch und ein Bild aus getriebenem Silber auf schwarzem Samt mit Rahmen. Ich bin überwältigt- sie freuen sich über die Überraschung und können nicht aufhören zu sagen, sie freuen sich so, dass ich nun wirklich gekommen bin. Es gibt Tränen der Rührung von der weiblichen Teilnehmerin.

Nun werden die Gespräche über eineinhalb Stunden bis zu einer Übereinkunft besiegelt mit Handschlag intensiv, konstruktiv und mit großer Ehrerbietung vor mir geführt und beschlossen, einen Vertrag zu machen mit bereits feststehendem Datum des Beginns der Zusammenarbeit. Bevor wir uns trennen müssen, weil mein nächster Termin und mein Auto schon warten, gibt es noch Fotos mit Geschenken und meinem Namensschild als Erinnerung für ihre Organisation, die ich auch bekommen soll und auf die ich mich freue.

Der Montag ist programmmäßig ebenfalls dichtgedrängt, es geht unter anderem zur Universität, wo der Gesprächsstil bereits amerikanisch locker ist und ich nach einem Angebot seitens der Universität liebevoll gefragt werde. „ Are you happy now?“

Ich habe mich lange nicht so bewusst wertgeschätzt gefühlt in Gesprächen mit Männern wie in diesen bisher geführten, und das, obwohl ich bewusst niemandem die Hand anbiete, um niemanden in Verlegenheit zu bringen, sie mir nicht geben zu dürfen. Ich sehe das bereits als Zeichen des Respekts einer Frau gegenüber an, dass man sie nicht berührt. Ich habe keinen einzigen dispektierlichen Blick eines Mannes weder zu mir noch zu anderen Frauen gesehen in diesen Tagen in Teheran- obwohl viel mit den Augen und dem Lächeln geflirtet wird…aber unschuldig.

Nun muss ich nach dem Essen noch alleine weiter zu einem Einzeltermin- das Auto der Wirtschaftskammer samt Fahrer steht zur Verfügung. Wieder eine lange Anfahrt und dann eine Institution die uns nützlich sein kann, unsere Lehrpläne sogar beim iranischen Unterrichtsministerium akkreditieren zu lassen. Es ist eine Dame, die federführend das Gespräch leitet, sie erinnert mich in ihrer Art ein wenig an meine in ihrem Beruf schon in den Jahren nach dem Krieg sehr anerkannte Mutter- einziger Unterschied ist das Kopftuch. Wir unterhalten uns zu siebt und ich bekomme alle Informationen über dieses Institut, das uns sehr nützlich sein kann, da es viele Zweigstellen für Bildungsangebote im Iran hat. Wir vereinbaren eine mögliche Vorgangsweise unserer Zusammenarbeit und ich habe beim Weggehen noch die Gelegenheit, mit der jüngeren Dame des Komitees privat bei einer Zigarette zu sprechen. Sie beklagt sich über den Kopftuchzwang, aber schöpft große Hoffnung aus dem Wahlergebnis, das ja für die Gemäßigten und die Reformpartei die Mehrheit gebracht hat. Wir tauschen unsere facebook- Adressen aus, versprechen in Kontakt zu bleiben, der Wagen holt mich und nun ist der letzte Fixpunkt gekommen: der Empfang von österreichischer Botschaft und Wirtschaftskammer unter der rot-weiß-roten Flagge mitten in einem Villenviertel in Teheran. Ich komme hin und die Tür steht bereits einladend offen, unser Kulturattache sagt gleich: „ Frau Pilshofer, das Tuch brauchen Sie bei uns nicht zu tragen, nehmen Sie es nun ruhig herunter! „ Es gibt Bier und Wein, iranische und österreichische Damen mit Abendrobe, tolle Gespräche sowie neue, überraschende Geschäftsoptionen, denen ich unbedingt nachgehen will, höchst interessante iranische Geschäftspartner mit großer Auslandserfahrung und viel Liebe zu Österreich, eine Unterhaltung, die mehrheitlich in perfektem Englisch geführt wird, es gibt ein köstliches Buffet. Es gibt neue Freunde. Der Abschied fällt schwer, als der Wagen zum Flughafen uns abholt.

Nun bin ich einen Tag zurück, um eine riesige und so positive Erfahrung mehr in nur zwei Tagen und habe das Wort meiner Tochter wieder einmal wahrgemacht, die einmal gesagt hat: „ Fahr nur, ich weiß, du kommst immer wieder zurück!“