Sicher schon mehr als zehn Mal habe ich die Hagia Sophia besucht und immer wieder bin ich überwältigt. hagia

Von außen sieht sie aus wie eine alte Schildkröte, die nichts erschüttern kann, die schon alles gesehen hat. 1500 Jahre bestimmt sie schon die Silhouette von Istanbul, vormals Konstantinopel, vormals Byzanz. In nur 6 Jahren als Kirche erbaut, dann Moschee und jetzt Museum, trotzt sie den wechselnden Herrschaften und lässt alle Besucher staunen. Schon die Vorhalle wäre ein Gotteshaus für sich, die Haupthalle mit ihrer riesigen Kuppel macht einen ergriffen. Immer wieder. Die wundervollen Mosaike erzählen von Jesus, Kaisern und Engeln.

Wer daran glaubt, kann die „Schwitzende Säule“ berühren.

So sollen Wünsche in Erfüllung gehen, manch einer wurde der Legende nach schon von einer schweren Krankheit geheilt.katze hagia

 

Und dieses Mal wartet noch eine Überraschung in der Hagia Sophia.

Eine Katze scheint sie als ihr Revier gewählt zu haben. Von den Touristen holt sie sich ihre Streicheleinheiten. Majestätisch sitzt sie am Geländer und verteilt ihre Gunst an die vorüberziehenden Menschen aus aller Welt. Und nur wenige können widerstehen und an ihr vorübergehen ohne sie zu betrachten oder zu berühren. Sperrt die Hagia Sophia zu, dann wird aus der Samtpfote wohl ein Mäusetiger.

Die ganze Nacht hat sie Zeit sich die fettesten Nagetiere für ein Festmahl zu holen.

Mahlzeit!

 

Franz Borstner beim Arbeitslosenkreuz

Franz Borstner beim Arbeitslosenkreuz der Mädchen vom Projekt Meet mit Doris Witzmann und Michael Bernert

In den letzten Tagen hat sich Einiges getan. Während der neue Papst gewählt wurde mit dem durchaus viel versprechenden Namen Franziskus, die Witwe des Kriegsdienstverweigerers Franziska Jägerstätter 100jährig zu ihrem Mann heimgekehrt ist, hat es noch jemanden erwischt: Einen ganz Großen. Franz Borstner war ein unbequemer Mensch. Als gelernter Tischler aus dem slowenisch sprachigen Kärnten lernte er nicht nur sein Handwerk, sondern entwickelte schon früh ein Gespür für ungerechte Lebenssituationen.

Er wusste, dass es im leben mehr gibt. So studierte er Theologie in Salzburg. Ein Jahr verschlug es ihn in das Priesterseminar. Das war dann nicht ganz sein Weg. Aber eine Verbindung aus Glauben  und Engagement für Gerechtigkeit fand er in der Betriebsseelsorge der Katholischen Aktion. Sehen, urteilen, handeln waren für ihn keine leeren Worte. Er begleitete arbeitslose Jugendliche in Hallein und Salzburg. Schweißte mit ihnen aus Alteisen das Arbeitslosenkreuz, das heute noch beim ABZ – Haus der Möglichkeiten zu bewundern ist. Sein Vorstellungssatz „Ich bin ein alter Tischlergeselle“ ist unvergessen.

Ebenso unvergessen sind seine Kabarettauftritte: Ein brachiales Naturtalent, das es nie zum Quatsch Comedy Club  geschafft hat, weil seine Pointen eben kein Quatsch waren. Beispiele aus der Jobbörse gefällig?„ Suchen Glaser mit einschlägiger Erfahrung.“ Oder: „Fleischhauerei sucht Lehrling. Sie werden sofort eingearbeitet.“

Franz und ich waren nicht immer einer Meinung. Mir war er in seiner Einstellung manchmal zu negativ. Er beherrschte die „positive Kraft des negativen Denkens“. Seine Scheidung, der tragische Unfalltod seiner 16jährigen Tochter haben Spuren hinterlassen, die auch seinen Körper schwer gezeichnet haben. Franz, es ist so traurig, dass du nicht mehr unter uns bist.

Unser gemeinsames Kirchenkabarett „Petrus und Franziskus“ war zwar nicht unser Durchbruch, aber es hat echt viel Spaß gemacht! In diesem Sinne gibt’s hier noch einen Ausschnitt unseres

Papa-Ratzi-Raps

1. Kennst Du ihn denn schon  – diesen weißen Mann.

Er redet ganz viel – und lässt keine ran.

Unlängst war er doch. – dort in Köln.

Aber nicht um bayrisches Bier. – zu bestell‘n.

Refrain: Ja –Ja –wunderbar .

Er war da  (2x)
2. Und er sprach –und sprach –und sprach – und sprach.
Bis die Funkverbindung endlich brach.
Es gab Regen – es war nass-
ja es war echt krass.
Es gab viel Gatsch – es war bitter kalt
Alle war‘n jung – nur er war alt.
Refrain: Ja –Ja – wunderbar.
Er war da. (2x)

3. ) Wofür war das alles – denn wohl gut?
Wenn nur einer redet  – keiner was tut!
Von ihm hört man oft  – ein soziales Wort
seine Rede verhallte gleich – an diesem Ort.
Und er ließ die Jugend im Regen steh‘n
Stieg ein in den Flieger – ward nicht mehr geseh‘n.

Refrain: Ja –Ja –wunderbar . Er war da
Ja –Ja –wunderbar . Er ist unkündbar
Ja –Ja –wunderbar . Er ist unfehlbar

Ich wünsche dir, lieber Franziskus, dass du deiner Tochter im Himmel begegnest. Und komm‘ uns, wenn wir an der Reihe sind, mit einem guten Witz entgegen!

http://www.comedyimpub.com/index.php?option=content&pcontent=1&task=view&id=10&Itemid=67&-Franz-Borstner

Heute ist mir wieder mal das Wort „Randgruppe“ untergekommen. Und heute habe ich beschlossen dieses Wort nicht mehr zu gebrauchen. Beim Obusfahren hatte ich genug Zeit darüber nachzudenken, was es für mich bedeutet. Das Wort „Gruppe“ ist ja ganz in Ordnung. Es gibt unzählige Gruppen. Jeder von uns gehört zu mehreren Gruppen, die sich durch etwas definieren. Etwa eine Volkstanzgruppe, eine Berufsgruppe oder die Fröschegruppe im Kindergarten. Das Wort „Rand“ gibt allerdings dem Wort „Gruppe“ einen richtig negativen Beigeschmack. Weil der „Rand“ halt nicht in der Mitte ist und der „Rand“ so eine Grenze bezeichnet, hinter der sich oft etwas Unbekanntes auftut. Vor 500 Jahren hatten Seefahrer noch große Angst an den Rand der Welt zu kommen und dann einfach runter zu fallen. Das ist irgendwie geblieben, dass sich hinter dem Rand was verbirgt, was Angst macht. Als Randgruppen werden viele verschiedene Menschengruppen bezeichnet. Das können sein:

Menschen, die eine Beeinträchtigung haben

Menschen, die wenig Geld oder auch sehr viel verdienen

Menschen, die einer ethnischen, religiösen oder kulturellen Minderheit angehören

Menschen, die eine besondere Krankheit habenmüll

Menschen, die in einem besonderen Viertel wohnen

Menschen, die nicht heterosexuell sind

Menschen, die einem gesellschaftlich geächteten Erwerb nachgehen, wie Prostituierte oder Bettler

Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind

Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden.

Ich bin ja keine Bevölkerungsstatistikerin, aber Daumen mal Pi gerechnet dürften alle Mitglieder aller Randgruppen zusammengerechnet eine schöne Mehrheit ergeben. Also ist der Begriff Randgruppe eigentlich irreführend, denn alle gehören doch dazu zu der großen Gruppe der Menschen.

Ab heute ist das Wort „Randgruppe“ aus meinem Wortschatz gestrichen.

 

Die Getränkeladen sind gut gefüllt. Das Buffet ist aufgebaut. Noch einmal proben die drei Sängerinnen aus dem Kosovo, Indien und der Türkei ihr selbstgeschriebenes Lied. Das ABZ öffnet pünktlich seine Türen für das Flüchtlingsfest 2013. Um 18 Uhr kommen die ersten Besucherinnen undFoto Besucher. Schnell füllt sich das Haus. Es ist ein kunterbuntes Durcheinander von Menschen verschiedener Herkunft, Sprachen und Religionen.

Ich darf an der Bar arbeiten, freue mich alte Bekannte zu treffen und neue Menschen kennenzulernen. Es gibt einiges an Neuigkeiten. Ein junger Flüchtling aus Afrika hat eine Lehrstelle als Einzelhandelskaufmann. Ein Mädchen, das ich schon sehr lange kenne, wird heuer maturieren. Ihre Eltern sind sehr stolz. Ein junger Afghane beginnt im nächsten Monat eine Lehre als Elektrotechniker. Schöne Nachrichten. Aber das Wichtigste heute ist das Feiern. Die drei Sängerinnen präsentieren ihr Lied und bekommen einen Riesenapplaus. Ein weiterer Höhepunkt ist der Auftritt einer Schuhplattler-Gruppe. Viele Flüchtlinge sehen erst staunend zu, dann versuchen es alle gemeinsam und es macht Spaß.

Tanzen macht hungrig und durstig. Das Buffet wird gestürmt, an den Tischen mischen sich die Leute, es wird geplaudert und gelacht.Foto2

Es ist ein Abend, an dem die Freude und das Miteinander im Vordergrund stehen, für einige Stunden sind die Sorgen, Unsicherheiten und Probleme vergessen. Morgen ist dann wieder Flüchtlingsalltag.

 

Danke Christian für das Foto, das du mir heute aus Barcelona geschickt hast. Die Sagrada Familia ist immer wieder ein toller Anblick. Und was mir besonders gut gefällt ist das Unvollendete der Kirche. 1882 hat der Bau nach einem Entwurf von Antonio Gaudi begonnen. Mit der Fertigstellung wird in den nächsten 15 Jahren gerechnet. In dieser langen Zeit gab es immer wieder Streit, ob sie eigentlich fertig gebaut werden sollte. IMG_2760

Noch erstaunlicher ist die Geschichte des Kölner Doms. Begonnen im 13. Jahrhundert gab es bis ins 19. Jahrhundert einen Baustopp. Erst dann wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und sie gehen bis jetzt weiter.

Man stelle sich das heutzutage vor. Alles muss so schnell wie möglich fertig sein. Etwas sein zu lassen und erst nach langer Zeit wieder weiter zu machen, vielleicht auch Generationen später- unvorstellbar! Aber vielleicht macht gerade die Langsamkeit das Besondere dieser Gebäude aus. Die Ideengeber kennen das Ergebnis nicht, trotzdem haben sie etwas Wunderschönes auf den Weg gebracht. Faszinierend :)

 

 

Es war im Jahre 1998 im kleinen zentralamerikanischen Land El Salvador. Ich wollte Theologie der Befreiung studieren. Das war von Wien aus nur theoretisch möglich. Große Namen dieser sozialen Theologie mit gerechtem und menschlichem Gesicht hat dieses Land hervorgebracht: Ignacio Ellacuria, Oscar Romero und Jon Sobrino. Von diesen drei Personen hat nur Sobrino die Mordanschläge überlebt in der Zeit des Kalten Krieges. Dieser wurde bekanntlich an der Peripherie der Großmächte geführt. El Salvador war nicht das einzige Land, das für die Machtinteressen dieser beiden Großmächte mit Blut bezahlen mussten…

Natürlich kommt es im Leben meistens anders als man denkt. Denn die Theologie der Befreiung lernte ich nicht wirklich auf der Universität: Ich inskribierte auf der Universidad Centroamericana undsuchte eine Unterkunft. Fast durch Zufall bin ich dann in einer Wohngemeinschaft gelandet, die außergewöhnlich gewesen ist und mich die acht Monate meines Studiums geprägt hat: Suyapa Perez Escapini unterrichtete als erste Frau auf der Theologischen Fakultät, dem Centro Monsenor Romero. Ellmer Romero war ehemaliger Kämpfer der Stadtguerilla und arbeitete in einem Alphabetisierungsprogramm für Frauen. Und schließlich Hannah Atkins, eine damals frisch geweihte Priesterin der Episcopal Church (Teil der Anglikanischen Kirche).

Hannah E. Atkins

Hannah E. Atkins

Ich begleite Hannah in ihre Gemeinde Santa Teresa in San Martin. Ich war fasziniert mit welcher Kraft, Energie und Lebensfreude sie in der Gemeinde aktiv war. Vor allem für Frauen hatte sie eine befreiende Botschaft zu vermitteln. Sie kämpfte weiter, obwohl sie immer wieder mit Drohungen konfrontiert gewesen ist. In einem machistisch geprägten Umfeld war sie vielen ein Dorn im Auge.

Keine Sorge Hannah ist nichts geschehen, aber ich lernte damals, wie zentral es ist, sich für Frauenrechte innerhalb der Kirche einzusetzen. Suyapa und Hannah haben mich auf die österreichische Initiative „Wir sind Kirche“ (Somos Iglesia) angesprochen. Sie waren begeistert, was damals beim sogenannten Kirchenvolksbegehren zur Sprache kam.

Es hat sich bis heute strukturell wenig getan. Ein strenges Denk- und Diskussionsverbot erließ Papst Johannes Paul II. 1994 in seinem „Apostolischen Schreiben über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe – Ordinatio sacerdotalis“, wo er am Schluss kraft seines Amtes erklärte, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“.

Ich bleibe dabei: Es ist biblisch und theologisch nicht zu begründen, dass es kein Priesteramt für Frauen in der Katholischen Kirche gibt. Wenn wir Christen in zwei Wochen Ostern feiern, dann wird uns klar vor Augen geführt: Die ersten Menschen, die dem Auferstandenen begegneten, waren Maria aus Magdala und eine andere Maria, danach erst Simon Petrus. Der neue Papst kann in der Frauenfrage zukunftsweisende Zeichen setzen.

Suyapa Perez Escapini

Suyapa Perez Escapini

 

Ich bin dankbar für die Erfahrungen und Begegnungen v.a. mit Hannah und Suyapa in El Salvador. Manchmal werden einem erst in der Fremde die Augen geöffnet.