Erste Einheit im Fußball-Nachwuchstrainer-Lehrgang: Das Ergebnis ist egal. Alle Kinder sollen zum Einsatz kommen unabhängig vom Spielstand, die Kinder müssen auch verlieren können. Aha, das ist aber gar nicht so einfach. Der Trainer – als Aktiver vor Ehrgeiz fast zerfressen – schimpfende Eltern und Kinder, die nach jeder Niederlage getröstet werden müssen. Nebenbei soll man die Kinder für einen Einsatz in der Kampfmannschaft vorbereiten.

Wie man das alles unter einen Hut bekommt?

Ehrlich gesagt keine Ahnung. Man nehme: Ausdauernde Kinder, die trotz gefühlten 100 Niederlagen eifrig weitertrainieren und einen Trainer, der von den Kindern zu mehr Geduld erzogen wird. Nach jedem Match das gleiche Bild. Der Trainer flippt aus: „Das mit euch hat überhaupt keinen Sinn, ihr werdet es nie lernen!“ Darauf die Kinder: „Geh Trainer, des wird schon. Wir werden sicher immer besser. Also los, auf zum nächsten Training.“ Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo einem die Kinder leidtun, weil sie dauernd verlieren. Jetzt wird der Spieß umgedreht. Die Kinder sagen: „Trainer, wir sind so schlecht. Wir werden nie ein Spiel gewinnen.“ Darauf der Trainer (nicht ganz ehrlich): „So ein Blödsinn. Wenn wir weiter so trainieren, ist der nächste Sieg nur mehr eine Frage der Zeit. Kommt’s. Wir trainieren!“

So folgen Niederlage auf Niederlage, doch Halt, es gab einen Wendepunkt!

ChackerWir haben ein Hallenturnier gespielt und einige Spiele gewonnen. Ich habe nie mitgerechnet, auf welchem Platz wir uns befinden, Weils doch eh immer egal war. Auf einmal kommt ein ganz aufgeregter Vater und sagt: Wenn das letzte Spiel unentschieden ausgeht, sind wir Turniersieger. Ich habe wie immer nicht auf den Ausgang des Spiels geachtet: Bis zur Siegerehrung – mit dem Satz, den ich nie vergessen werden: Wir kommen nun zum Turniersieger, herzlichen Glückwunsch dem ATSV Laab. Meine SpielerInnen haben mich angeschaut, als ob sie nicht bis drei zählen könnten. Sie konnten das nicht glauben. Nächstes Turnier eine Woche später: Turniersieger ATSV Laab! So ab jetzt wieder Kommando retour: Nun muss der Trainer das Selbstvertrauen der Spieler zügeln.  Seitdem weiß ich nicht, ob ich die Spieler trainiere oder umgekehrt. Auf alle Fälle bin ich immer noch Trainer und lerne viel über mich selbst.

Mein Tipp: Auch fußballverrückte von Ehrgeiz zerfressene Trainer können geduldige Trainer werden!

atsv1So nun kann also meine erste U10-Trainingseinheit mit 12 Kindern beginnen. Hab all meine Unterlagen durchforstet und das perfekte Training aufgebaut. Hütchen, Stangen, alles nach dem Vorbild der holländischen Nachwuchsarbeit ausgerichtet. Die Kinder brauchen mindestens 1000 Ballkontakte pro Training, um technisch ähnlich versiert wie brasilianische StrandkickerInnen zu werden. Das kann nicht so schwer sein, denn schließlich haben die Kinder einen ausgebildeten Nachwuchstrainer mit Erfahrung im Kampfmannschaftsbereich und als Leiter einer Fußball-Bambinigruppe. Doch was soll das im ersten Training: Ich soll die Schuhbänder binden, muss mit den Kindern aufs Klo gehen, Nasen bluten, Seitenstechen. Während ich wegschaue, werden die Hütchen umgeschossen oder Blumen gepflückt, zwei Kinder sind aufs Tor geklettert. Wo sind meine sieben Co-Trainer, aso, ich habe ja gar keinen. Muss ich die Kinder jetzt mit Geldstrafen oder Liegestützen bestrafen? Ich glaube, mich überfordert schon das erste Training.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAAber bis zum ersten U10-Meisterschaftsspiel werden wir das mit viel Training schon in den Griff bekommen. Bei sommerlichen Temperaturen schauen die Mütter bei jedem Training zu, bestimmen die Trinkpausen, sagen den Kindern, dass sie nicht so viel laufen dürfen und sich mehr im Schatten bewegen sollen. Das sind also meine Co-Trainer. Endlich kommt das erste Meisterschaftsspiel: Ein fulminanter 4:2 Sieg und ein Trainer mit breitgeschwellter Brust. Habe ich doch alles richtig gemacht, die Kinder haben Glück mit dem Trainer, ein Erfolgsgarant. Sieben Spiele später – dazwischen liegen äußerst knappe 2:14 und 2:9-Niederlagen – folgt das das letzte Meisterschaftsspiel: Es geht um den letzten Platz. Mit Ach und Krach 5:3 gewonnen und Platz 7 von 10 Mannschaften belegt. Fazit: Nachwuchstrainer sein ist gar nicht so leicht oder wie viele Mütter als Co-Trainer verträgt ein Trainer oder wie lange muss der Atem als Nachwuchstrainer sein?

ChackerEin Beitrag von Gastautor Christian Hacker

Was macht man als leidenschaftlicher Fußballer, Kampfmannschaftstrainer  und Jungvater? Man versucht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln diese Leidenschaft an den Sohn weiterzugeben. Besucht mit dem Kinderwagen bereits diverse Fußballplätze im Innviertel, kauft Fußbälle noch und nöcher und hofft, dass es klappt. Tja, um auf ganz Nummer sicher zu gehen, wird eine Bambini-Ballsportgruppe gegründet. Die Mütter geben die Kinder ab, gehen brav einkaufen, und statt der Muttermilch gibt es Fußballtraining für die Mini-Kids. Mit 6 Jahren fängt der Sohn dann planmäßig beim Verein ATSV Laab – sollte jedem Experten/jeder Expertin ein Begriff sein – an, Fußball zu spielen.

Doch was machen die Trainer bei den ersten Turnieren? Spielen doch keine Viererkette, Spieler werden auf einer falschen Position eingesetzt, sie geben keine taktischen Anweisungen und fast alle Spiele gehen verloren. Weiterer Schuldiger ist natürlich der Schiedsrichter, weil der doch glatt einen Einwurf übersehen hat. Die Spieler können sich den Ball nicht stoppen. Was machen eigentlich die Trainer? Na ja, da muss man sich das Training anschauen. Oh meine Herren bzw. Frauen, das Training ist ebenfalls  komplett verkehrt aufgebaut. Keine Disziplin bei den Kindern, haben die Trainer sich das Nachwuchs-System in Holland nicht angeschaut? Mit den Trainern kann mein Sohn niemals Profi werden. Scheibenhonig. Es gibt doch nur einen idealen Trainer für die Kids und das bin ich. Ich weiß alles, ich kann alles, ich werde sie zu Stars machen. Was? Beide Nachwuchstrainer wollen aufhören. Ha, jetzt schlägt meine Stunde! Ich übernehme die Kids und ab jetzt wird alles besser: Wir werden jedes Turnier gewinnen, ATSV Laab wird in 10 Jahren noch bekannter als der FC St. Pauli und mir werden die Kinder, Trainer aber vor allem die Mütter zu Füßen liegen. Ja, so hat meine Nachwuchs-Trainer-Karriere begonnen.

Mein Tipp: Es kommt (nicht nur) im Fußball immer anders als man denkt!