Ein Interview von Gabriele Rothuber mit Lucy Ludwig, Anton Wittmann & Franziska
Seit 15 Jahren bietet die HOSI Menschen mit Trans-Themen die Möglichkeit der Beratung durch das Pink Bonsai Beratungsteam und des Austausches in ungezwungener Atmosphäre jeden Mittwoch im Vereinszentrum. Grund genug, diese Aktivitäten mal genauer zu beleuchten…
LUCY, du bist von Anfang an dabei – bist sozusagen auch Initiatorin des Stammtisches. Wenn du dich zurückerinnerst an die Anfänge, wie war das so? Wie schnell wurde aus der Idee ein richtiger Stammtisch?
Lucy: Der erste Stammtisch fand im September 2001 statt. Er wurde von Dani (Vivian) und Maria gegründet. Anfangs blieb es bei den beiden, doch schon in den folgenden Monaten kamen immer mehr dazu – unter anderem Franziska und ich.
Durch unsere Internetseite bei transgender.at wurde der Stammtisch immer bekannter und der Einzugsradius immer größer und erstreckt sich über die Salzburger Gaue ins benachbarte Bayern bis Neuötting und München aber auch nach Oberösterreich und sogar bis Kärnten.
Salzburg ist ja eine „kleine Großstadt“, gab es da überhaupt Bedarf vor 15 Jahren? Trauten sich Menschen zu Euch? Wie war allgemein die Situation von Menschen mit Trans*Themen zu der Zeit?
Unser Stammtisch war einer der ersten Treffpunkte dieser Art in einem weiten Umkreis und durch Internet und Weitersagen sprach sich das bald weiter rum. Vielfach lernte man sich vorab schon auf transgender.at kennen, bevor man sich zum ersten Mal in realiter in die HOSI traute. Gesellschaftlich war das Thema noch sehr viel stärker tabuisiert und man wurde von Kolleg*innen, Bekannten oder auch Unbekannten oft noch verbal angegriffen. Vor 15 Jahren war auch die Meinung, Trans*Menschen müssten psychisch krank sein noch kaum hinterfragt. Auch rechtlich und medizinisch war man noch stärkeren Hürden ausgesetzt. So musste man sich vor der Personenstandsänderung zwingend einer geschlechtsangleichenden und sterilisierenden OP unterziehen und diese in einer Untersuchung auf der Wiener Gerichtsmedizin bestätigen lassen.
Lucy, du warst ja auch bis 2015 Transgenderreferentin der HOSI und hast ein enormen Wissen: was hat sich gesellschaftlich / medizinisch / rechtlich in den letzten 15 Jahren für Transgender gebessert? Hat sich auch was verschlechtert?
Die gesellschaftliche Akzeptanz ist besser geworden, wobei transidente Menschen gerade im Arbeitsumfeld oft immer noch viele Schwierigkeiten bewältigen müssen. Auch rechtlich hat sich einiges getan. Durch mehrere höchstgerichtliche Entscheidungen mussten rechtliche Voraussetzungen immer wieder nachgebessert werden. So fiel z.B. im Jahr 2006 der Scheidungszwang und im Jahr 2009 der Operationszwang. Um die medizinische Situation für Trans*Menschen in Salzburg zu verbessern wurde in Zusammenarbeit von Dr. Stelzig und der HOSI Salzburg ein Qualitätszirkel mit Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen aus verschiedenen Fachrichtungen im Landeskrankenhaus gegründet.
Zur Bekanntmachung und Aufklärung in der Gesellschaft trugen sicher auch unsere Auftritte im öffentlichen Fernsehen z.B. bei Thema, Salzburg Heute oder im Bad Ischl TV bei. Vorureile abzubauen und Verständnis und Akzeptanz für die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten zu vermitteln war auch mein Bestreben, als ich 2009 begann, Schulen im Raum Salzburg und Landkreis Berchtesgaden zu besuchen.
Darüber hinaus wenden sich immer wieder auch Studierende an uns, die Unterstützung bei wissenschaftlichen Arbeiten suchen.
ANTON: du bist Nachfolger von Lucy als Transgenderreferent im Vorstand der HOSI Salzburg und ehrenamtlich sehr engagiert. Was hat dich bewogen, im Pink Bonsai Beratungsteam, im Projekt „Schule der Vielfalt“ und auch für den Stammtisch so viel Energie einzubringen?
Anton: Ich kam Ende 2012 zum ersten Mal als Gast zum Trans*Stammtisch n die Hosi. Der Anschluss an die Trans*Gruppe, vor allem aber auch die Begegnungsmöglichkeiten mit anderen Menschen aus dem LGBTI* Spektrum haben mich in meinem eigenen Weg unterstützt. In der Auseinandersetzung mit meiner eigenen sexuellen Identität wurde mir bewusst, wie wenig die meisten Menschen zum Thema LGBTI* wissen und wie stark Themen, die damit zusammenhängen, nach wie vor tabuisiert und stigmatisiert werden. Um diese Ausgrenzungen abzubauen sind Aufklärungsprojekte wie zum Beispiel „Schule der Vielfalt“ so wichtig. Der Zugang zu Informationen ist in den Zeiten des Internets wesentlich besser geworden. Leider finden sich aber oft auch viele veraltete Informationen, die Menschen verunsichern. Hier ist der persönliche Kontakt immer noch unverzichtbar.
Anton, du leitest ja gemeinsam mit Hannelore Salis-Samaden auch die Young-Trans-Gruppe in der COURAGE Salzburg: kommen auch Jugendliche mit Trans-Themen zu Eurem Stammtisch in die HOSI? Gibt es auch Abende speziell für Trans*Männer / Trans*Frauen?
Anton: Unsere Stammtischabende sind jeweils am 2. und 4. Mittwoch im Monat im Vereinszentrum der HOSI Salzburg. Zu diesen Abenden ist grundsätzlich jeder willkommen, wobei der überwiegende Teil der Gruppe trans*weiblich ist.
Ein spezieller Stammtisch für Trans*Männer ist im Entstehen, wobei dieser aus Termingründen derzeit nur auf Vereinbarung (transgender@hosi.or.at) einmal im Monat stattfindet. Wir wollten auch eine Jugendgruppe in der HOSI Salzburg gründen, aber dazu fehlen derzeit leider die Kapazitäten. Ich bin jedoch sehr froh, dass hier eine Kooperation mit der Familienberatungsstelle Courage gefunden werden konnte.
Wie stell ich mir so einen Abend vor? Gemütliches Beisammensein? Oder jeweils spezielle Thematiken, die behandelt werden? Ladet Ihr auch manchmal Menschen zu Vorträgen ein? Habt Ihr gemeinsame Unternehmungen?
Die Abende bieten Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten zu treffen. Meist treffen wir uns dazu im Roten Salon, einem separaten Raum des Vereinszentrums, um ungestört über z.T. auch sehr persönliche Themen sprechen zu können. Gleichzeitig bietet das Vereinszentrum aber auch die Möglichkeit Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierungen zu treffen.
Außerdem versuchen wir immer wieder spannende Vorträge z.B. zum Thema Stimme und Stimmtraining oder Workshops, z.B. Schminkkurse, anzubieten. Ein Fixpunkt im Transgender-Jahreskalender ist darüber hinaus unsere jährliche Trans*Weihnachtsfeier. Bei interessanten Veranstaltungen in der Salzburger Kulturszene organisieren wir auch gemeinsame Besuche von z.B. Filmen oder Kabarett-Programmen.
FRANZISKA, du bist Besucherin des Stammtisches: stell dich doch ein bisschen vor. Seit wann kommst du zum Trans*Stammtisch in die HOSI – und was schätzt du daran?
Franziska: Zur Transgendergruppe in Salzburg komme ich seit ca 13 oder 14 Jahren, ganz genau weiß ich es nicht mehr, kann mich noch erinneren dass es damals im Barraum gebrannt hatte und das Treffen in der Bibiothek im Stehen stattfand.
Vier oder fünf Trans-Mädls waren wir da an diesem für mich ersten Abend in der Hosi.
An den regelmäßigen Treffen gefällt mir besonders die ganz zwanglose Atmosphäre unter uns, sich mit Gleichgesinnten sich zu unterhalten, nicht nur über das Thema Trans, wir reden auch viel über uns persönlich und über evtl vorhandene Familien und andere Themen.
Wie schon von Lucy und Anton gesagt versuchen wir auch immer gemeinsame Unternehmungen auf die Beine zu bringen, unter anderem konnte ich auch ein paar Motorradtouren einrichten. Auch Freundschaften können in der Hosi geknüpft werden.
Da ich inzwischen seit über 30 Jahren als Frau auch unterwegs bin gebe ich gern meine Erfahrungen weiter. Damals als ich noch jung war gab es keine Hilfe oder Erfahrungswerte von anderen und ich hätte diese so sehr gebraucht und benötigt.
Mußte mir alles selber und alleine erarbeiten. Heute sind wir in der Hosi einige mit viel Erfahrung, die wir gern an jüngere oder welche, die noch am Anfang stehen weitergeben und unsere Hilfe, falls gewünscht, anbieten.
Mein Wunsch wäre die regelmäßigen Treffs so wie bisher zwanglos, offen, und für alle zugänglich weiter am Laufen zu halten.
Besonders dass wir alle „bunt gemischt“ uns treffen, also Transmänner, Transfrauen, Anfänger, TV oder auch DWT.
Ich glaube diese Mischung macht eben das Tolle bei uns aus, dass auch diese Transgendergruppe sich insgesammt so gut untereinander versteht und wir erfahrenere auch auf andere gut zu gehen können. Das war auch der Geist der Gruppe von Anfang an als ich neu dazu gekommen bin.
Für die Zukunft würd ich mir eine kleine Auffrischung für den Roten Salon wünschen, Wände neu streichen und ein besseres oder zusätzliches Licht …
ANTON. was soll die Zukunft bringen? Weiter so voller Power wie bisher? Oder stehen Veränderungen an? Anton: Ich freue mich auf viele weitere gemeinsame Abende und darauf, gemeinsam auch noch viele weitere Geburtstage zu feiern.
Das Interview führte Gabriele Rothuber.