Ich bin sehr gerne Patentante. Hier in Österreich habe ich drei Patenkinder. Der Junge ist schon lange keiner mehr, er wird heuer 30 Jahre. Die zwei Mädchen sind noch in der Schule und ich lerne viel über die Interessen eines Volksschulkindes und die Sorgen einer Zwölfjährigen. Aber ich wollte schon immer ein Patenkind in einem fremden Land unterstützen.

Aber wie das so oft der Fall ist, man nimmt sich etwas vor, aber macht nie den Schritt dazu, es zu verwirklichen. Es gibt unzählige Organisationen, die weltweit tätig sind und ich kenne einige Menschen, die schon jahrelang ein Kind unterstützen. Bei mir blieb es beim Vorsatz, bis ich wieder einmal Sally Goldenboy traf. Er ist Gründer des Vereins Sorinatu, kommt selbst aus Ghana und hat dort eine Schule aufgebaut.

Brief an Irene

Ohne dass es Thema war, fragte er mich, ob ich nicht ein Patenkind möchte, das ich monatlich unterstütze. Das war der richtige Augenblick, ich sagte sofort zu. Einige Tage später schickte mir Sally die Daten über mein Patenkind, die dreijährige Irene. Bald darauf kam ein Brief und jetzt zum Jahreswechsel Glückwünsche und das Zeugnis aus dem Kindergarten. Irene ist sehr fleißig! Sally fährt demnächst nach Ghana, um sein Projekt voranzutreiben und ich habe ihm einen Brief für Irene mitgegeben, voll mit Stickern, ich hoffe die Kinder in Ghana sind damit genau so glücklich wie die Kinder hier.

Ich habe Irene schon in mein Herz geschlossen, oft denke ich an sie. Wie sieht ihr Alltag aus? Was isst sie gerne? Welche Farbe hat sie am liebsten? Feiert sie ihren Geburtstag? Wie viele Freunde hat sie im Kindergarten?

Eines Tages werde ich sie persönlich kennenlernen, bis dahin freue ich mich, dass ich sie ein bisschen unterstützen kann und von ihr höre und lese. Und ich hoffe, dass sie ihren Weg macht, so wie meine Patenkinder in Österreich auch.

Mehr Infos zur Patenschaft und zum Verein Sorinatu findet ihr hier!

Heute habe ich meine Handy-Aktivitäten der letzten fünf Tage Revue passieren lassen.
Statistisch gesehen waren es unzählige Mails, die ich geschrieben habe, einige Imo-Nachrichten in den Iran, ein paar SMS und genau fünf Anrufe, die ich selber getätigt habe, zwei davon privat. Ich bekam Anrufe für die Firma, Mails,ungezählte WhatsApp Nachrichten im Telegrammstil mit vielen Emojis, Fotos und Witze ohne Zusatz und genau drei private Anrufe.

Ist das die Zukunft unserer Konversationen?

Warum habe ich selbst nicht öfter jemanden angerufen? Die meisten heben ja nicht einmal mehr ab und rufen auch nicht zurück. Sie reagieren maximal auf WhatsApp Nachrichten und senden als Antwort oft nur Emojis. Als Zusatz bei ihren Profilen findet man: Ich bin im Kino oder Ich bin so cool oder Keine Anrufe, nur WhatsApp.
Wir sehen uns kaum mehr, jeder hastet eilig durch die Straßen, von einer Aufgabe zur nächsten. Im Kaffeehaus sitzen in einem Raum drei Leute an möglichst weit voneinander entfernten Tischen, jeder das Gesicht in einer Zeitung vergraben. Man kommt wortlos, man geht wortlos, kaum einer grüßt. Früher grüßte man selbst wenn man einen Bus betrat.
Wir reden nicht mehr miteinander und wenn, dann möglichst knapp das Nötigste. Viele Missverständnisse entstehen, WhatsApp Nachrichten klingen häufig unfreundlich wenn sie ganz ohne Emojis kommen.

Kulturtechnik Sprache

Ich fürchte um unsere Sprachfähigkeit, die wichtigste Kulturtechnik der Menschen. Sie wird oft nur noch verwendet um Aggressionen abzubauen. Ruhige, klärende Gespräche werden zwar in unterschiedlichsten Facebookartikeln mit dem Zusatz:14 Fehler, die man beim Streit vermeiden sollte…20 Sätze, die Männer hören wollen etc. vorgeschlagen. Doch dies ist eine rein mechanische Vorgangsweise ohne Einfühlsamkeit und Gefühl, der reinen Manipulation dienend.
Politische Sprache ist oft nur mehr eine leere Hülse ohne Aussagekraft. Man könnte ja sonst festgenagelt werden und müsste am nächsten Tag widerrufen.
Bald werden als Botschaften wohl nur mehr zornige Emojis geschickt werden und vor Wahlen Herzchen. Ist es wirklich nur der Zeitmangel und die Unsicherheit, die uns so wortkarg machen oder nicht vielmehr die Leere unserer Herzen in einer Kultur, deren Sinnfrage nur mehr der Schein statt das Sein beantwortet?

Was mich richtig aufregt und meinen Puls am Weg von zu Hause ins Büro und retour jeden Tag in die Höhe treibt sind die Radfahrer*innen am Gehsteig!

 

Es hat gute Gründe, dass man am Gehsteig nicht mit dem Fahrrad fahren darf.

Laut Straßenverkehrsordnung §2 (1) Z10 ist der Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße.

Das ist nämlich der geschützte Bereich auf der Straße, der den Fußgänger*innen vorbehalten ist. Hier kann man sich nicht nur zu Fuß fortbewegen, sondern auch gefahrlos aus dem Ausgang eines Hauses in den öffentlichen Raum treten. Man kann dort stehen bleiben, um zu telefonieren, Schaufenster zu betrachten, sich die Schuhe zu binden, die Nase zu putzen, oder einfach nur um auszurasten. Es bewegen sich dort Leute im Rollstuhl, manche schieben Kinderwägen oder ziehen Einkaufstrolleys. Kinder gehen an der Hand der Erwachsenen oder auch alleine in die Schule. Man darf jedenfalls darauf vertrauen, dass man sich auf dem Gehsteig in einem geschützten Bereich bewegt.

Denkste!

Am vergangenen Wochenende hatte ich wieder mal eine direkte Konfrontation mit einer Radfahrerin am Gehsteig.

Es war Sonntagabend nach 20.00 Uhr. Unser Auto war an der gegenüberliegenden Straßenseite unseres Hauses in der Stadt Salzburg in einer Nebenstraße, die noch dazu Einbahn ist, geparkt. Der Gehsteig war zur Hälfte verstellt mit den Müllcontainern eines Hotels, die für die Abholung am nächsten Tag bereitgestellt waren. Ich hatte an der Beifahrerseite die Autotür weit geöffnet, um das Gepäck auszuladen. Da kommt eine Radfahrerin am Gehsteig daher und meinte ich soll Platz machen, denn sie will da vorbeifahren. Ich stand in dem kleinen Raum zwischen Autotür und Müllcontainer. Sie wäre auch so nicht durchgekommen, ich hätte da schon auch noch die Tür zumachen müssen. Ich sagte freundlich, dass sie hier am Gehsteig nicht fahren darf, und dass dort unten die Fahrbahn sei. Die soll sie benützen. Ob ich die Polizei wäre, fragte sich mich, und fuhr mir ans Bein. Nein, antwortete ich, aber die würde ich gleich holen, wenn sie nicht sofort den Gehsteig verlässt oder mir über die Füße fährt. Sie meinte, auf der Straße wäre es zu gefährlich mit dem Fahrrad. Hallo, wie bitte? Das ist verdammt nochmal genau der Platz wo sie hingehört und nicht auf den Gehsteig, wo sie andere Menschen mit ihrer Fahradfahrerei gefährdet. Und außerdem: Sonntagabend nach 20.00 Uhr sitzen alle beim Tatort. Die Straße war leergefegt! Sie hat mich beschimpft und mir gedroht. Ich bin zur Seite getreten, habe die Autotür geschlossen und die Dame vorbeiziehen lassen, auf ihrem Weg ins Dummerle-Land am Gehsteig radelnd.

 

Der Radfahrer hat sogar den Herrn, der sein Fahrad am Gehsteig schob, angemault, er solle ihn doch vorbeilassen. Der Radfahrstreifen auf der Fahrbahn wäre eigentlich nicht zu übersehen.

Da fielen mir die zahlreichen Begegnungen ein, die ich in den letzten Jahren hatte. Einmal hat mich jemand am Gehsteig angeklingelt. Ich wurde von einer Mutter am Fahrrad rechts überholt. Hinter ihr am Kinderfahrrad ein kleines Mädchen. Mein freundlicher Hinweis, dass sie kein gutes Vorbild für ihre Tochter ist, hat sie mit der Feststellung beantwortet, dass ich mich nicht in ihre Angelegenheiten einmischen soll. Da war auch mal ein junger Mann am sportlichen Fahrrad, der mir doch tatsächlich ein deftiges Schimpfwort entgegengeschleudert hat, weil ich auf meinem Weg einfach weiter geradeaus gegangen und nicht zur Seite getreten bin. Die junge Frau, die mit ihrem Fahrrad um die Hausecke flitzte und dabei den Becher der dahinter sitzenden Bettlerin umgefahren und mich an der Schulter gestreift hat. Und viele, viele mehr.

Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht am Gehsteig mindestens eine direkte Begegnung mit einem Fahrrad habe. Warum macht man das … Radfahren am Gehsteig? Weil’s so lustig ist? Weil’s bequemer ist? Einfach weil es geht?

Täusche ich mich oder werden diese Ignoranten und Dummköpfe, diese ichbezogenen Regelverweigerer in letzter Zeit immer mehr?

 

Die letzte Ferienwoche ist angebrochen. Irgendwo in der Stadt Salzburg ein Trainingsplatz. Eine Mannschaft von Jungs im Alter bis 8 Jahre hat sich zum Training eingefunden.

Die Jungs sind motiviert, freuen sich auf ihre Einheit, auch der siebenjährige Junge, der ein bisschen anders aussieht. Er hat eine schwarze Haut. Das stört seine Freunde am Trainingsplatz nicht.

Plötzlich taucht ein obdachloser Mann auf und beginnt zu schreien und geht dabei auf den siebenjährigen Jungen los: „Schleich di du Neger. Du hast da nix zu suchen. Di Neger brauch ma do net.“

Entsetzte Kindergesichter. Der Betreuer greift sofort ein…

Für den Siebenjährigen ist es nicht das erste Mal, dass er wegen seiner Hautfarbe beschimpft wird.

Mittags holt ihn sein Vater ab, der vom Betreuer schon alles berichtet bekommen hat. Vater und Sohn sitzen im Auto. Der Junge erzählt ihm von dem Vorfall und meint dann mit ruhiger Stimme: „Papa, ich weiß, dass mich viele wegen meiner Hautfarbe hassen, aber ich mag sie und du magst meine Hautfarbe und meine Freunde mögen sie auch.“

Bei den einen ist sie zu sehen. Bei anderen ist sie nicht sichtbar. Die einen haben sie schon von Geburt an. Die anderen erwerben sie durch Unfall, Krankheit, Bestrahlung, Ansteckung und so weiter. Wovon die Rede ist? Die Rede ist von der sogenannten Behinderung.

Aber was ist eigentlich eine Behinderung? Die gesetzliche Version lautet „… eine mindestens sechs Monate andauernde funktionale Einschränkung …“ Dabei wird von rund 20% der Bevölkerung ausgegangen. Das sind rund ein Fünftel der Bevölkerung und wären in Österreich in etwa 1,72 Millionen Menschen. Eine sehr große Menge.

Das annehmen was da ist

Für die meisten Betroffenen heißt das, dass sie im Alltag auf irgendeine Weise eingeschränkt sind und nicht in derselben Art und Weise handeln können, wie Menschen ohne Behinderung. Manchmal ist die Behinderung aufgrund eines verwendeten Hilfsmittels, wie zB einen Rollstuhl, sofort zu erkennen. Bei anderen Menschen ist vielleicht ein verzögerte Reaktion oder ein schweres Atmen zu bemerken. Bei anderen wiederum ist für Außenstehende so gar nichts zu erkennen. Alle diese und noch unzählig viele andere Ausprägungen konnte sich keine der betroffenen Personen aussuchen und muss sich dennoch tagtäglich mit den jeweiligen Einschränkungen arrangieren.

Schon morgen kannst auch du dazu gehören

Jeder Mensch ohne Behinderung kann schon morgen als Mensch mit Behinderung gelten. Dazu braucht es nicht viel. Ein Unfall durch eigene Unachtsamkeit oder die eines anderen Menschen, eine Krebsdiagnose, vielleicht eine Ansteckung oder ein lauter Knall, der das Gehör zerstört. Es können aber auch ganz einfach Einschränkungen sein, die das zunehmende Alter mit sich bringt.

Menschen sollten Menschen in ihrer ganz individuellen Ausprägung wahrnehmen und als Teil unserer Gesellschaft akzeptieren. Die Gesellschaft ist einem ständigen Wechsel unterworfen. Menschen kommen, Menschen gehen. Dazwischen liegt die Vielfalt und die Ausprägung von Leben. Dazu gehören Erfolge, Katastrophen und eben auch Leben mit oder ohne Behinderung. Die Vielfalt macht unsere Gesellschaft bunt. Die Vielfalt macht Arbeitsplätze. Die Vielfalt macht das Leben spannend und lässt uns immer wieder Neues entdecken.

Einfach zum Nachdenken: Was denkt ihr, wie viele der Personen auf den Fotos haben eine Behinderung?

Heute war es so weit. Wir haben unsere Aktion „Eh nur kurz ist schon zu lang“ wieder aufgefrischt. Wieso?

Weil es ganz viele rücksichtslose Menschen in Salzburg gibt. Die parken auf Behindertenparkplätzen obwohl sie keine Berechtigung haben. Wenn man sie darauf anspricht ist meist die höflichste Antwort: „Bin eh gleich wieder da.“ Die anderen Antworten, die Betroffene erzählen, spar ich euch. Manchmal sind diese Antworten nicht jugendfrei.

Wir wollen mit unserer Aktion wieder das Bewusstsein schärfen. Behinderte Menschen parken ja nicht zum Spaß auf den extra ausgewiesenen Parkplätzen. Diese sind breiter als normal, damit man zum Beispiel auch mit dem Rolli aus- und einsteigen kann. Sie sind oft auch näher an Eingängen zu Behörden oder Geschäften. Das hat schon seinen Sinn. Ein Rollifahrer tut sich schwer mit einem Schirm, der will nicht auch noch 500 Meter im strömenden Regen fahren müssen.

Anja Hagenauer – ganz rechts mit Franz Hufnagl, der städtischen Behindertenbeauftragten Sabine Neusüß und Albert Lindner – präsentierte heute eine Aktion gegen das unberechtigte Parken auf Behindertenparkplätzen in der Stadt Salzburg

Sie nehmen meinen Parkplatz! Nehmen Sie auch meine Behinderung?

Eigentlich sollte man meinen, dass das eine Selbstverständlichkeit ist die Rücksichtnahme. Und vor allem, dass man die Rechte des anderen anerkennt. Pustekuchen, in den letzten Jahren sind die Anzeigen gestiegen, also auch die Rücksichtslosigkeit. Mit unserer Aktion „Eh  ur kurz ist schon zu lang“ hoffen wir die Menschen wieder ein bisschen sensibler zu machen für die Rechte von Menschen mit Behinderung. Als Unterstützung gibt es auch mobile Parkplatztafeln mit einer eindeutigen Botschaft: „Sie nehmen meinen Parkplatz! Nehmen Sie auch meine Behinderung?“

Bitte unterstützt unsere Aktion!

Bilder: Stadt Salzburg