In den letzten Monaten sind die Medien voll von ganz tollen Vorschlägen, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen sollen. Jeder Mensch hat dazu Meinungen. Da findet sich die ganze Bandbreite. Aber vom Erschießen von Kindern war bis dato noch nicht die Rede. Das ist seit heute anders. Eine skurrile blaublütige Politikerin hat auf die Frage, ob an der Grenze auch auf Kinder geschossen werden sollte, wenn es notwendig ist, mit einem JA geantwortet. Mit JA! Geht’s noch?

Himmelherrschaftszeiten!

Können wir uns bitte wieder auf ein Niveau begeben, das der viel zitierten und beschworenen europäischen „Leitkultur“, ob christlich oder humanistisch, entspricht. Ich will dieses Niveau nicht! Ich will nicht, dass irgendein Polizist in Europa einen Schießbefehl auf Kinder bekommt! Ich will das nicht und ich bin überzeugt Millionen anderer Menschen  auch!

Vernünftige Politik!

Aber was ich will ist, dass die Polizei jede Unterstützung bekommt, die Flüchtlingskinder zu finden, die in Europa verlorengegangen sind. Viele von ihnen vermutet man in den Händen ekelhafter Krimineller, die sie sexuell ausbeuten. Wahrscheinlich für den europäischen Pornomarkt!

Und ich will, dass endlich mehr getan wird, um einen ernsthaften Friedensprozess im Nahen Osten in Gang zu bringen und die Milliarden Euro nicht Waffen und korrupte Staaten gesteckt werden, damit wenige profitieren. Das Geld gehört in die Flüchtlingslager und in den Aufbau der Regionen, die stabiler sind.

Ich will vernünftige Politik, ernsthafte Vorschläge, um die Situation für alle zu verbessern. Die Hoffnung habe ich immer noch.

Der Jänner ist gut vorübergegangen. Und langsam werden alle ein bisschen kribbelig, die gerne auf Balkon und im Garten tätig sind. Ich auch. Ich hätte mich heute über den regnerischen Tag ärgern können, ist ja schließlich Sonntag. Hab ich aber nicht. Denn ich habe das Gartenjahr 2016 gestartet. Mit dem Säen der Tomaten. Und das geht nicht so einfach nebenbei. Ich habe noch viele Samenpäckchen vom letzten Jahr. Viele verschiedene Sorten Tomaten. Da braucht es ein System, damit man dann nicht durcheinanderkommt mit den Keimlingen, wenn man sie umtopft.

a4

Am leichtesten geht es mit den Quelltabs. Da braucht man nur Wasser draufgießen, aus den Tabs werden Erdtürme  und schon hat man die ideale Anzuchterde.

a3

Die Plastikschale wird mit Nummern versehen. Ich stecke zwei bis 3 Samen in einen Erdturm. Etwa einen halben Zentimeter tief und darauf kommt wieder ein bisschen Erde. Wichtig ist, dass die Erde in der Keimphase nie nass ist. Am besten ist es, wenn man täglich in der Früh und am Abend nur Wasser aufsprüht.

a2

Ins Notizbuch schreibe ich die Tomaten, die ich gesät habe. Dazu ein paar Anmerkungen, welche Eigenschaften sie haben. Welche Farbe, wie groß werden sie? Sind sie eher weich oder fest? Ist eine reichliche Ernte zu erwarten und wann, schon Anfang August oder muss ich bis in den September warten?

Ende Jänner, Anfang Februar ist wohl ein bisschen bald mag mancher denken. Aber erst Anfang März sind die Keimlinge dann groß genug zum Umtopfen. Da können sie sich dann zu kräftigen Jungpflanzen entwickeln und ab Mitte April ist es im Gewächshaus warm genug um dann endgültig in die großen Pflanzsäcke zu ziehen.  Und die Ernte der frühen Tomatensorten kann hoffentlich mit Anfang August beginnen. Ja so stelle ich mir das vor Ende Jänner an einem regnerischen Sonntag beim Säen der Tomaten. Das wird ein wunderbares Gartenjahr 2016.

Freitag Abend eröffnete das 34. Motzart Festival in Salzburg. Und zwar mit einer Lesung des Russisch-Berliner Autors Wladimir Kaminer.
Ich selbst kenne Wladimir Kaminer als Autor noch gar nicht so lange. Eine sehr liebe Kollegin hat mir letzten Geburtstag ein Buch von ihm geschenkt – „Meine kaukasische Schwiegermutter“. Ich habe es mit Genuss gelesen und im letzten Strandurlaub die ganze Zeit über im Liegestuhl vor mich hingekichert.
So amüsant seine Bücher sind … Ist eine Lesung von Wladimir Kaminer für ein Kabarett-Festival geeignet?

Ja. Denn eine Lesung im eigentlichen Sinne war es ohnehin nicht. Eigentlich hätte der Autor ja sein neuestes Buch „Das Leben ist keine Kunst“ vorstellen sollen. Doch Kaminer unterbricht sich stets nach ein, zwei Sätzen selbst für einige Minuten, liest dann weiter und zwei Sätze später kommt schon wieder der nächste Exkurs. Es ist interessant und erheiternd, ihm zuzuhören, wie er mit deutlich hörbarem russischen Akzent (er könnte alles erzählen und ich würds deswegen schon lustig finden) Gedanken spinnt und verknüpft. Kaminer schien zudem nicht zu sehr daran interessiert, die Reaktionen auf ein Buch zu erleben, das ohnehin schon im Handel erhältlich war. Vielmehr wollte er Reaktionen auf noch unveröffentlichte Geschichten testen. Er wollte dabei aber behutsam vorgehen.

Das Buch war ein Geburtstagsgeschenk – und hat mir köstliche Lesestunden beschert

Das Buch war ein Geburtstagsgeschenk – und hat mir köstliche Lesestunden beschert

Vorsichtig fragt er ab, ob das Publikum eine Kostprobe anderen Buchidee hören wolle. Es ging dabei um ein alles beherrschendes, äußerst polarisierendes Thema: Flüchtlinge. Oder eigentlich um Syrer. Denn, so erklärt Kaminer, alle Leute, die im letzten Jahr nach Deutschland gekommen sind werden Syrer genannt. Er erzählt, warum in einer Stadt Syrer die Bibliothek umarmen – amüsiertes Staunen beim Publikum, bei der Auflösung der Geschichte. Er macht damit weiter, was es bedeutet, wenn Syrer auspacken – ebenfalls sehr amüsant. Und zuletzt erklärt er, was das Wort „Flüchtlingswelle“ für ihn bedeutet. Denn diese hat ausgerechnet seiner 83-jährigen Mutter gehörigen Anschub verliehen – Humor typisch Kaminer’scher Manier, der mit herzlichem Lachen und Applaus aufgenommen wird.
Doch der satirisch begabte Autor ist sehr darauf bedacht, Situationen so zu schildern und Dinge so zu formulieren, dass er nirgendwo aneckt. Sein Humor soll leicht sein und die Leute zum Schmunzeln bringen. Sein Verlag findet das Thema Flüchtlinge zu heiß und ist sieht die Buchidee skeptisch – man macht sich sicher Sorgen um die Umsätze. Vielleicht ändert der Herausgeber ja angesichts positiver Publikumsreaktionen noch seine Meinung. Wladimir Kaminers Publikum versteht ihn. In Salzburg jedenfalls.
Ich glaube, es sind nicht nur die vergeudeten Pointen, um die es Kaminer leid täte, wenn die Syrer-Geschichten nie veröffentlicht würden. Sein Anliegen begründet sich durch eine Lebensphilosophie, die mir sehr gefällt:

Wenn etwas schrecklich und traurig ist, dann hilft einem die Trauer nicht weiter. Durch die Trauer bleibt man stecken. Man muss darüber lachen, sich umdrehen und von dort aus weitermachen, damit man vorankommt.

So vorsichtig, wie Kaminer die Reaktionen des Publikums auslotete, möchte man meinen, er sei einer, der es einfach jedem recht machen will. Er bewies, dass er auch anders kann. In zwei Punkten wurde er sehr deutlich: Leute (auch Publikum), die lieber über die 5 Folgen einer „wirklich blöden“ (sic!) Fernsehsendung reden wollen, die er im Herbst für 3Sat gemacht hat, ärgern ihn. Als habe diese unwichtige Sendung mehr Bedeutung als die dutzenden Bücher, die er bereits veröffentlicht hat. Man merkt, er fühlt sich dadurch richtiggehend beleidigt. Und in einer kurzen Bemerkung kommt der russische Präsident Putin gar nicht gut weg. Zwar nur für eine Sekunde, aber er tut klar und unverhohlen seine Meinung kund. Aber er hat Hoffnung: Es könnte nämlich sein, dass Putins Regime ohnehin nicht mehr viel länger an der Macht ist. Wer dafür sorgt? Die amerikanische Fernsehserie „Twin Peaks“. Die hat es schon einmal geschafft, ein russisches System zu stürzen. Mehr sei nicht verraten. Ob das nun eintritt oder nicht, wenn Kaminer von Russland und den Menschen dort erzählt, spürt man die Liebe für seine alte Heimat, auch wenn er seine Erzählungen wieder ein reichlich Satire verpackt. Er sieht die russische Seele jetzt halt mit den Augen eines Deutschen.

Es war ein leichter, amüsanter und kurzweiliger Abend. Bemerkenswert war, dass seine Mutter immer wieder eine zentrale Rolle spielt, wenn er spricht. Ich denke, das ist weniger psychologisch zu erklären, als damit, dass Wladimir Kaminers nächstes Buch von seiner Mutter handeln wird. Denn beim nächsten Buch wird es für eine humorvolle Behandlung des Themas Flüchtlinge noch viel zu früh sein.

Vor einiger Zeit hab ich einen Artikel darüber gepostet, wie es für uns anfangs war, als die Hühner einzogen. Was alles hermusste, was es kostete und wofür wir sinnlos Geld rausgeschmissen haben. Ich gab Tipps für Leute, die sich dafür interessieren, selbst Hühner zu halten und Anhaltspunkte, mit welchen Kosten man ungefähr für eine kleine Hühnerschar rechnen muss.
Hier ist der Link zu diesem Artikel: Hühner im Garten – was kostet das eigentlich?

Vor ein paar Tagen kam dann von jemandem mit dem Nick „huhn“ dieser orthografisch und grammatikalisch interessante Kommentar:

alle schön und toll… nur alles reiner blödsinn^^ was muss man denn bitte über Hühner lesen?!? so Kompliziert sind die nun auch wieder nicht! Ein vor Wind, Wetter und Raubtieren geschützter Stall reicht doch vollkommen aus… wer seie Hühner z.b. nicht “sicher” verwahrt muss schon damit rechnen, die ein oder andere an ein Raubtier zu verlieren Medikamente?!? Normale Hühner brauchen doch keine Medikamente – ich würd diese Eier nicht essen wollen, und normales Streu reicht doch bitte vollkommen aus – dem Huhn ist dass jedenfalls egal wo es hin kackt – schlafen tun die sowieso nicht auf dem Streu Und ob jetzt ein Huhn auf 1 Meter gehalten wird oder auf 10 – die verwüsten jede Wiese wenn sie darin eingezäunt sind

Und ich so:
Angry Chicken

Das kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Wenn da jemand einen ChZicken-Krieg lostreten will, dann bitte. Los geht’s:

Lieber User/liebe Userin „huhn“

Bitte lies den Artikel noch einmal. Es geht hier um meine eigenen Erfahrungen. Meine Hühnerhaltung läuft sehr, sehr gut. Da kann nicht alles Blödsinn sein. Klar muss ein Stall einfach nur schützen und sicher sein. Aber viele Leute fangen bei Null an. So wie ich vor einigen Jahren. Ich musste überlegen, wie ich den Stall am besten baue. Schön, wenn deiner einfach vom Himmel gefallen oder aus der Erde gewachsen ist.

Wer Hühner hat, muss sich sehr wohl mit der richtigen Haltung befassen. Immerhin handelt es sich um Lebewesen, die bestimmte Bedürfnisse haben. Ein Blick auf Foren wie Hühnerinfo.de genügt: Der Themenreichtum ist unendlich und es gibt entsprechend viele Threads zu Fragen. Auch wenn die Meinungen weit auseinandergehen und oftmals heftig debattiert wird, was am besten ist – man merkt, dass sich alle intensiv mit ihren Hühnern auseinandersetzen. Jeder will es einfach richtig machen. Ich finde das toll. Wenn es dir egal ist, dann bitte.

Es sei jedem unbenommen, die Streu zu wählen, die er am besten findet. Du hast da was missverstanden: Im Artikel steht nirgendwo, dass unsere Hühner auf der Streu schlafen. Und es geht dabei nicht darum, ob sich Hühner vielleicht weigern könnten, auf eine bestimmte Streu zu kacken, sondern um Stallhygiene und Geruchsentwicklung. Dabei ist mir die Saugfähigkeit der Streu wichtig.

Und, ja, auch Hühner können krank werden. Dann brauchen sie Medizin oder gar einen Arzt. Es soll sich ja nichts entwickeln, das auch den Rest der Hühnergruppe erfasst. Es ist mir bewusst, dass viele Leute mit Hühnern nicht zum Tierarzt gehen, sondern lieber die Axt holen. Das ist auch eine Methode, aber ich habe für mich beschlossen, das nicht zu tun (außer in einem Fall, wo ich ein Huhn so schnell wie möglich von seinem Leiden befreien musste). In vier Jahren mussten wir unserer Hühnerschar bisher zweimal ein Medikament verabreichen. Und ein Huhn hatte ein paarmal Schnupfen. Das ist für ein Huhn nicht ungefährlich. Der Tierarzt hat mich genau beraten, wie lange wir dann die Eier nicht konsumieren sollen. Nicht jedes Medikament ist gleich ein Antibiotikum, das sich auch auf die Gesundheit bzw. Resistenz der Menschen auswirkt. Das musst du schon differenzieren.

Was mich an deinem Kommentar richtig entsetzt, ist, dass du der Meinung bist, es sei egal, ob ein Huhn nun 1 m2 oder 10 m2 zur Verfügung hat. DAS IST ES NICHT! Bei der Hühnerhaltung steht bei mir nicht die Schonung der Wiese im Vordergrund, sondern dass die Hühner ausreichend Auslauf haben. Dafür gibt es Empfehlungen. Ich bin froh, dass ich meinen Hühnern so viel Platz bieten kann, wie sie benötigen. Wieder umgelegt auf den Menschen, könnte man behaupten, dass Menschen ja auch auf 10m2 wohnen können. In manchen Fällen tun sie das auch. Man nennt es Gefängnis. Dort würdest du auch nicht hinziehen wollen, liebe/r „huhn“.

Es reicht mir nicht, einfach Hühner wo einzupferchen und mich dann über die Eier zu freuen. Ich habe die Pflicht, so gut wie möglich für sie zu sorgen. Sind die Hühner glücklich, bin ich es auch.

Würde ich Hühner auf engem Platz und ohne entsprechende Pflege halten, wäre ich nicht besser als die Großbetriebe, wo keine artgerechten Zustände herrschen. Ich möchte das nicht und unsere Kunden auch nicht.

Manchmal frage ich mich, ob ich von Quentin Tarantinos Filmen schon genug habe. Und dann kommt ein Film wie Inglourious Basterds – oder wie jetzt: The Hateful 8. Tarantino hat mich wieder überrascht.

Vom Vorspann an war ich gebannt. Zum Bild eines am verschneiten Wegesrand stehenden, lebensgroßen Jesus auf dem Kruzifix kündigt der bedrohlich klingende Soundtrack von Ennio Morricone Unheil an.

Worum gehts?
Amerika irgendwann nach dem Bürgerkrieg. Durch die verschneite Landschaft von Wyoming fährt ein Sechspänner. Der Kopfgeldjäger John Ruth [Kurt Russell] bringt die Mörderin Daisy Domergue [Jennifer Jason Leigh] in einer Kutsche nach Red Rock. Daisy soll dort gehängt werden. Unterwegs lesen sie noch Major Marquis Warren [Samuel L. Jackson] auf, ebenfalls ein Kopfgeldjäger. Er transportiert seine Beute aber lieber tot. Schließlich kommt noch ein Südstaatler mit breitem Akzent dazu [Walton Goggins]. Er wirkt nicht besonders helle – ein richtiger Hick also. Er stellt sich als künftiger Sheriff von Red Rock vor. Ein aufziehender Schneesturm zwingt die vier, in einem Gasthaus mitten im Nirgendwo Halt zu machen – Minnie’s Haberdashery. Dort wird das hassenswerte Oktett komplett. Minnie ist für ein paar Tage auf Verwandtenbesuch, erfahren wir. Bob, der Mexikaner, [Demián Bichir] führt inzwischen die Wirtschaft, in der sich auch bereits andere Gäste darauf eingerichtet haben, während des Schneesturms auszuharren: Ein alter General [Bruce Dern], ein Cowboy [Michael Madsen] und der ziemlich blasierte Engländer Oswaldo Mobray [Tim Roth], seines Zeichens Henker. Auch er ist auf dem Weg nach Red Rock. Dort soll er Daisy hängen. So ein Zufall aber auch. Oder etwa nicht?

[Schaut euch den Trailer an – oder scrollt runter und lest weiter]

Nach dreißig Minuten, die sich in der Kutsche abspielen und wo es bereits genügend Reibereien gibt, spielen gut zwei Stunden im Gastraum von Minnie’s Haberdashery. The Hateful 8 entwickelt sich dort zu einem echten Kabinettstück – eines mit viel Grind, Blutkrusten und Gefluche.

Jennifer Jason Leigh (Foto: Gage Skidmore, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode]

Jennifer Jason Leigh
(Foto: Gage Skidmore, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode]

Ein tolles Ensemble
Der Film wird ganz von seinen Darstellern getragen – und alle sind in Hochform. Es sind zu viele, um sie alle einzeln zu würdigen. Darum stelle ich nur jene vor, deren Figur die beste Aussicht darauf hat, dem Publikum als Identifikationsfiguren zu dienen. (Letztlich ist es keine davon.)

Kurt Russells John Ruth ist durch und durch ein Wildwest-Raubein. Neben ihm wirkt John Wayne wie ein Chorknabe. Er besitzt Scharfsinn, doch wollen wir wirklich sein, wie dieser brutale Kerl?
Samuel L. Jackson ist als Warren vielschichtig. Der ehemalige Soldat trägt einen persönlichen Brief von Abraham Lincoln mit sich. Ein Schwarzer als Brieffreund des Präsidenten selbst? Die einen vertrauen ihm deshalb, die anderen misstrauen ihm umso mehr. Es geht ihm nicht darum, gemocht zu werden; an einem Punkt offenbart er Abgründiges über sich selbst.
Wunderbar ist auch die einzige Frau. Man sieht Jennifer Jason Leigh den Spaß an der Rolle der Daisy Domergue an. Ein herrlicher Kontrast dazu, dass diese Figur der Strick erwartet und von John Ruth immer wieder körperlich und verbal misshandelt wird. Doch sie ist durch und durch ein Miststück. Wenn diese geschundene Kreatur mit blutiger Nase und blauem Auge den Männern noch schlüpfrig-provokante Blicke zuwirft und sie unverschämt angrinst, dann erstickt jedes Mitgefühl für diesen Weibsteufel im Keim.

Es ist eine Wohltat, einen Film zu sehen, der sich ganz auf die Beziehungen zwischen seinen Figuren konzentriert. Auch wenn sie voller Hass und Misstrauen gegeneinander erfüllt sind – ob aufgrund der Hautfarbe oder der Seite, auf der jemand im Bürgerkrieg gekämpft hat (das darf ruhig auch als Interpretation der Situation der USA von heute interpretiert werden). Oder aber, weil ein Bonbon auf dem Boden liegt, und der Blick auf die Bonbongläser ganz oben auf dem Regal offenbar verrät, dass etwas nicht stimmt.

Fast wie im Theater
Passend dazu, dass fast alles in einem einzigen geschlossenen Raum spielt, verläuft die Handlung für Tarantino’sche Verhältnisse ungewöhnlich linear – abgesehen von drei Rückblenden. Trotz der Länge des Films mit viel Dialog, fiel es mir leicht, immer gespannt an der Story dranzubleiben. Es gab nur einen Punkt, der mich ganz kribbelig machte – und das ist gar nicht positiv gemeint: Plötzlich kommt mitten im Film eine Erzählerstimme. Es ist ein außenstehender, allwissender Erzähler, für dessen Einmischung es keinen Grund gibt und der damit absolut keine Berechtigung hat. Er erklärt etwas, das ohnehin im Film gezeigt wird. Das mag viele nicht sonderlich stören. Aber ich habe eine große Abneigung gegen überflüssige Erzähler, die aus Gedankenlosigkeit oder Faulheit eingesetzt werden. Ansonsten war für mich der Film perfekt.

Zum Schluss noch eine Anmerkung für alle, die sich den Film sicher nicht ansehen wollen: Acht Personen für Tage eingeschneit in einem Haus, alle feinden sich gegenseitig an und nicht alle überleben es. Das klingt doch wie die Kurzbeschreibung von „Huit Femmes“ [Acht Frauen] mit Catherine Deneuve. Wer’s weniger blutig, dafür viel zivilisierter und mit Gesangseinlagen mag, kann dabei einen kurzweiligen Fernsehabend verbringen. Ich hatte an dieser viel kruderen Variante eines Whodunnit meinen Spaß.

Meine Bewertung auf IMDB: 9 Punkte
Acht unsympathische Personen in einem Raum und ein zu klärendes Verbrechen. Ein ungewöhnlicher Tarantino, aber ein rundum großes Vergnügen – es sei denn, man hats nicht so mit Blutfontänen.

Vorschaubild: DavidianSkitzou; Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

a2

Kurrentschrift ist für die Jungen fast nicht zu lesen!

Wenn ein Mensch über 80 Jahre alt ist, wird er nicht gerade als aktiv wahrgenommen. Bei diesem Alter denken Jüngere unweigerlich an Rollatoren, Windeln, Kamillentee und Pflegebett. Und daran, dass die Menschen selber nicht mehr viel tun müssen, gerade, wenn sie in einem Seniorenwohnhaus leben. Und Ahnung haben die doch auch nicht mehr von der modernen Welt voller Computer, Smartphones und Tablets.

Das ist aber nicht so. Vor einigen Monaten habe ich erfahren, dass es in Hamburg Senioren gibt, die ein spezielles Angebot haben. Sie lesen und „übersetzen“ alte Schriftstücke, die in Kurrent verfasst sind in unsere lateinische Schrift. Viele junge Menschen wenden sich an sie, damit sie endlich wissen, was die Uroma dem Uropa am Beginn ihrer Liebe so geschrieben hat. Oder welche schönen Sprüche im Poesiealbum von 1920 stehen, das man gerade auf dem Dachboden gefunden hat.

Was die Hamburger SeniorInnen können, das können wir schon lange habe ich mir gedacht und eine Umfrage in unseren Seniorenwohnhäusern in der Stadt Salzburg gestartet. Und siehe da, über 50 Menschen haben sich gemeldet. Jetzt haben wir in unseren 5 Häusern je eine Kurrentgruppe. Damit auch viele Menschen darüber Bescheid wissen, gab es ein Pressegespräch.

a3

Wer kann das lesen?

Herr Huber, Frau Buchner und Herr Bräuer standen Rede und Antwort. Alle haben sie Kurrent in der Schule gelernt, das war damals die normale Schreibschrift. Die lateinischen Buchstaben waren die Schönschrift! Und da musste man aufpassen. Die Auf- und Abstriche, die Haar- und Schattenstriche. Alles nicht so einfach. Da hat der Herr Lehrer ganz genau geschaut, ob es auch akkurat geschrieben ist. War aber nicht immer so. Und manchmal setzte es deshalb in der Schule eine Watsche, erzählte  Herr Huber: „Da hat man sich zu Hause aber nicht darüber beschweren dürfen, sonst hätte man gleich noch eine kassiert.“

Frau Buchner hat ihren Kalender als junges Mädchen in lateinischer Schrift geführt, ihre Mutter konnte nur Kurrent. Die sollte nämlich nicht wissen mit welchen jungen Herren sie sich trifft!

Und alle drei freuen sich darauf heute jungen Menschen dabei zu helfen, die alte Korrespondenz aus der Familie zu verstehen, denn so meinen sie: „Endlich dürfen wir mal wieder die Gescheiten sein!“

Hier die drei Kurrent-ExpertInnen im Interview:

 

 

Und wer etwas übersetzen lassen will, melde sich hier:

Seniorenbetreuung der Stadt Salzburg: 0662 8072-3240, -3242, -3243
E-Mail: seniorenbetreuung@stadt-salzburg.at