Ich fahre gern mit dem Rad und Salzburg ist gut geeignet zum Radfahren. Trotz gegenteiliger Gerüchte regnet es nicht allzu oft. Und es gibt wenig Steigungen in der Stadt. Man ist eigentlich vom Zentrum in 20 Minuten überall. Wenn viel Verkehr ist und Autos und Busse sich gegenseitig im Weg stehen, ist das Rad unschlagbar. Aber natürlich ist nicht immer alles eitel Wonne. Es gibt immer wieder Situationen, die nicht lustig sind und richtig Nerven kosten. Hier habe ich mal meine Top 5 der nervigsten Dinge zusammengestellt. 

  1. Es gibt Zebrastreifen. Diese Streifen dienen dazu, dass zu Fuß gehende Artgenossen sicher über die Straße kommen. Radfahrer sollten das Ernst nehmen und stehenbleiben, wenn Fußgänger queren. Das finden viele völlig sinnlos. Wenn man als Radfahrerin das trotzdem tut, passiert es schon mal, dass dann von hinten der Radkollege nach vorne zischt, knapp am Fußgänger vorbei und auch noch schimpft dabei.
  2. Was ich besonders liebe sind Radfahrer und auch -innen, die in der Nacht an der Salzach entlang fahren. Ohne Licht. Meist sieht man sie erst im letzten Augenblick und hat dann einen kleinen Schrecken. Aber am allerliebsten sind mir dann zwei davon, die nebeneinander fahren und man in allerletzter Sekunde knapp aneinander vorbei fährt.
  3. Auch sehr entgegenkommend finde ich die Radfahrer, die bei unübersichtlichen Kreuzungen einfach in den Radweg einbiegen. Mit hohem Tempo und ohne zu schauen, ob eh niemand kommt. 
  4. Wer gedacht hat, ich ärger mich nie über Autofahrer und -innen, den muss ich jetzt enttäuschen. Vor 30 Jahren habe ich den Führerschein gemacht. Die „rechts vor links“ -Regel erschien mir schon damals sehr logisch und fair. Erleichert die Regel doch das Verhalten bei ungeregelten Kreuzungen. Kreuzungen, die auch ich als Radfahrerin nutze. Natürlich hat das rechtskommende Auto Vorrang. Bin ich die rechtskommende Verkehrsteilnehmerin ist das jedem zweiten Autofahrer wurscht. Ohne mit der Wimper zu zucken wird mir der Vorrang genommen. Als Klügere, naja zumindest als Schwächere in diesem Fall, geb ich natürlich nach.
  5. Mein allerliebstes Ärgernis sind aber die Autofahrer, die den Radstreifen zum Halten und Parken benutzen. Das Argument ist ähnlich wie bei den Behindertenparkplätzen, wenn Menschen ohne Behinderung ihn nutzen: „Ist eh nur kurz.“ Besonders herausfordernd ist es, wenn man dann dem parkenden Auto ausweicht. Dazu muss man natürlich auf die Fahrbahn und da kann es schon passieren, dass man angehupt wird unter dem Motto, man solle gefälligst auf den Radfahrstreifen. Ja HimmelArschundZwirn, wie denn, wenn der Autokollege da steht. Mit den parkenden Lenkern leg ich mich nicht sehr gerne an, die sind fast immer völlig uneinsichtig und grantig. Mein Traum, um endlich mal auch meinen Frust darüber abzubauen, wäre folgendes: einmal möchte ich mein Fahrrad in aller Seelenruhe etwa auf einer Fahrbahn der Ignaz Harrer Straße abstellen, absperren und mir dann ein Kebap holen. Wär eh nur kurz! 

In Teil 1 berichtete ich ja von der Planung der Reise und meinem Bammel vorm Fliegen. Angst vorm Fliegen als solches habe ich ja nicht, aber ich war ja jungfräulich, was das Reisen mit dem Rollstuhl betrifft. Jetzt habe ich Erfahrung damit und werde öfter Mal Angebote für Städtereisen nutzen.

Nach dem ganzen Trara des Anreisetages schliefen alle sehr gut und wir vereinbarten, den Sonntag in Ruhe zu starten. In Frankreich kommt man nicht umhin, beim Frühstück das wunderbare Weißbrot und die Croissants zu genießen. Die mahnenden Worte des Diätologen bezüglich erhöhter Blutzuckerwerte verhallten durch das genüssliche Schmatzen meiner Mitreisenden.

Danach ging es raus ins pulsierende Leben. Unser Hotel war direkt am Hafen situiert. Vorm Hotel gab es Absperrungen, unser Portier erzählte uns, dass es heute im Hafen eine Wahlkampfveranstaltung eines Politikers zur Präsidentenwahl gibt. Natürlich gab es dadurch auch viele, viele schmucke Sicherheitspolizisten in Uniform und Schutzwesten. Wir sahen uns den Hafen an, gingen und rollten an der Hafenmauer entlang, an der wunderschöne Segel-und Motoryachten festgezurrt waren.  Wie von einem Magneten angezogen, steuerten wir auf das luxuriöse Sofitel Hotel zu, das uns erhöht liegend, Schatten, Ausblick und Campari bot.  Ausgeruht ging es wieder weiter und irgendwann wieder zurück zum Hafen. Schön langsam füllte sich der große Platz, gegen 14 Uhr war der Präsidentschaftskandidat avisiert. Ich lies mich an die Ecke einer Brasserie deponieren, damit die anderen sich durch die Menge zu einer Eisdiele kämpfen konnten. Mann, was war dieses Eis gut! Ab sofort war dieses unser Maßstab, wir gönnten uns täglich Eis bei den Ausflügen. Auch hier konnte ich den Diätberater nicht mehr hören, es zog immer ein angenehmes Lüfterl vom Meer ans Ohr.

Amorino – diese Kette fanden wir in fast jeder Stadt. Hervorragendes Eis!

Die Wahlveranstaltung war schön zu beobachten, alle hatten gute Stimmung. Während ich auf mein Eis wartete, sprach mich auf einmal eine ältere Dame an.  Nicht weil ich auch im Rollstuhl eine tolle Figur mache (Pfiffel), sondern weil sie den Aufdruck auf meinem T-Shirt lesen konnte. Ich hatte mein neues Caritas Shirt an mit dem Titel “Mein Hahn kräht in Äthiopien“.  Sie fragte mich, ob ich denn Deutsch spreche. Ich antwortete: „Ich spreche nur Deutsch!“ Sie erzählte, dass sie auch aus Deutschland kommt, viele Jahre selbst in Äthiopien war, Entwicklungshilfe betrieb und jetzt in Marseille lebt. Da fiel ihr natürlich ein T-Shirt in deutscher Schrift und Äthiopien auf.  Als Entwicklungshelferin wollte sie auch wissen, was es mit dem Aufdruck auf sich hat. Ich erzählte ihr, dass damit Menschen in Äthiopien unterstützt werden, um sich zum Beispiel Hühner kaufen zu können. Sie war begeistert und ich gab ihr noch den Tipp auf die Seite der Caritas zu schauen. Sie wollte nämlich die Aktion auch unterstützen.

Menschenmengen bei der Wahlveranstaltung am Vieux Port – 70.000 waren es

Am Abend gönnten wir uns dann ein leckeres Essen in der Brasserie direkt am Hafen.

Für den anderen Tag verabredeten wir, dass wir gemütlich nach Aix-En-Provence fahren – wegen dem Lavendel. Außerdem wollten wir in die Camarque wegen der berühmten wilden Pferde. Für Lavendel war es zu früh, die Pferderl aber sahen wir aus unserem französischen Automobil heraus. Sehr schön, auch die Landschaft. Was ich nicht wusste, dass die Gegend auch für wilde Stiere bekannt ist. Und Flamingos. All das sahen wir und können nur die Empfehlung zum Besuch abgeben.

Auch in der Camarque genossen wir die Strandpromenade des kleinen Ortes Saintes Maries de la Mer und die gute Seeluft. Ins Meer wurde ein langer Kai aufgeschüttet, ideal um schöne Fotos zu machen.  Nicht für mich, es handelte sich um einen holprigen Wall. Also, ich wurde wieder am Anfang der Anlage drapiert und genoss da in Ruhe Sonne und Luft.  [Was die anderen so alles ohne mich sahen, lest ihr in diesem Bericht über Saintes Maries de la Mer von Solongsuckers.us] Nach genügend Luftschnappen und Bilder schießen, wollten wir zurück zur Promenade. Dort stand gut sichtbar ein Eistandler mit großer Truhe. Wie gesagt, wir mutierten zu Eistestern. Danach tingelten wir durch das schöne Dorf. Auf dem Platz vor der Kirche gönnten wir uns als Jause leckere Sandwiches.

So long, Sucker – hieß es von meinen Mitreisenden. Sie ließen mich mitten am Dorfplatz stehen, um aufs Kirchendach zu klettern

Am Nachmittag fuhren wir nach Arles. Dank meines Prominentenausweises (Behindertenparkkarte) konnten wir direkt vorm antiken Amphitheater parken.  Den Eintritt wollten wir uns hier sparen, man sah von außen schön in die Anlage. Weiter ging es eine steile Gasse bergab. In Frankreich gibt es viele Wasserrinnen in den Gassen und just an solch einer zerbröselte nun mein rechtes Vorderrad aus Vollgummi. Halleluja! Das Gefährt ist quasi neu und soooo schwer bin ich auch wieder nicht …

Mist! Ausgerechnet im Urlaub geht das Rad von meinem Rollstuhl kaputt

Wir schafften es noch ins nahe gelegene Amphitheater, dieses besahen wir uns von innen. Danach pausierten wir an einem Brunnen auf einem schönen Platz und riefen beim Hersteller des Rollstuhls in Österreich und in Frankreich, meinem Rollstuhlreparateur in Salzburg und bei der Gebietskrankenkasse an.  Nichts fruchtete. Somit beschlossen wir, es am nächsten Tag auf eigene Faust und mit Hilfe unseres Portiers selbst zu regeln und zu reparieren.

Das Amphitheater in Arles – trotz meinem gebrochenen Rad schön

Dies ist aber zu viel für hier und Stoff für ein weiteres Kapitel! Was wir am folgenden Tag auf der Tour de Pharmacie so alles erlebten? Dran bleiben!

So heißt ein wunderbarer, wohlriechender Männerduft von Chanel. Den meine ich aber nicht in meinem kleinen Beitrag. Ich meine schon die Menschen, die einfach nur egoistisch sind.

Wenn das Wetter passt, roll ich mit meinem neuen, Glaciersilberfarbenen Rollwagerl außer Haus. Meist zum Training ins Fitnessstudio oder einfach nur zum Einholen oder in die Stadt zum Leuteschauen.

Wohlgelaunt rolle ich aus der Wohnungstür. Zuvor geb ich meist meinem Saugroboter namens Reckless das Kommando „Fass“, damit ich ein sauberes Parkett vorfinde, wenn ich nach des Tages Mühen nach Hause komme. Von meinem Mitbewohner in der schattigen Pinie hab ich unlängst berichtet. Er fährt einfach bewusst schwarz. Sollen doch die anderen zahlenden Fahrgäste den Betrieb finanzieren.

Rollstuhl vor Kinderwagen – ist leider so

Rollstuhl vor Kinderwagen – ist leider so

Aber besagter Zausel ist nicht der Einzige, der einem Rollifahrer die Laune vermiesen kann. Mir kommt vor, dass Mütter mit Kinderwagen in der Hierarchie ganz oben stehen. So auch heute. Ich kam gerade noch pünktlich zur Haltestelle. Unter den verschiedensten Wartenden stand auch eine junge Mutter mit Kinderwagerl. Der 28er Bus fährt vor, ich winke wie immer und der Bus bleibt auf Höhe der Rollstuhlrampe vor mir stehen. Die Türen gehen auf und bis der Fahrer kommt, möchte besagte Mutter mit dem Kinderwagerl schon rein, obwohl sie sieht, dass ich davor stehe und die Stellfläche sehr klein ist. Erst auf meinen Hinweis hin, dass ich doch bitte zuvor rein möchte und muss, zog sie mit finsterer Mine ihren Kinderwagen zurück. Durch die kleine Stellfläche passt nur der Rollstuhl hin, dieser Platz ist für Rollstuhlfahrer reserviert. Auch deshalb, weil man sich dort an Bügeln festhalten oder auch anschnallen kann. Mit einem Kinderwagen muss man sich leider im Durchgang platzieren. Wäre die Mutter samt Kinderwagen vor mir rein, hätte sie wieder raus müssen, damit mich der Fahrer reinschieben kann. Dann wäre nicht nur ihre Laune mies, sondern auch die vom Fahrer, weil ihm dadurch noch mehr Zeit verloren geht. Ich weiß, man sitzt nur im Rollstuhl, damit man anderen auf die Nerven gehen kann und viel Platz in den Öffis braucht. Ich mag nicht immer erst diskutieren müssen, warum ich zuerst in den Wagen muss.

Überquellende Eimer für Papierhandtücher – auch das müsste nicht sein

Überquellende Eimer für Papierhandtücher – auch das müsste nicht sein

Meine Erlebnisse im Bus könnte ich hier auf zartbitter in mindestens 12 Kapitel niederschreiben, ähnlich wie schon meine Krankheitsgeschichte hier drinnen unter dem Titel [Lest hier Teil 1 von „Die Leiden des jungen Christian N.“ ] Wie schon erwähnt, roll ich meist zwecks Training außer Haus. So auch heute. Das Training verlief gut, man kann sogar von sehr gut sprechen. Nach getaner Körperarbeit roll ich zuerst zum Computer, der zeigt mir meine Trainingsleistung auf. Danach in die Umkleide. Angezogen und dezent umgesehen (nach unverhüllten – ach ich sag’s direkt – nackigen, trainierten Körpern) zwecks Inspiration, rolle ich vorm endgültigen Auschecken noch zur Herrenkeramik, um meine gepflegten Handerl gründlich zu waschen. Und jedes Mal ist es dasselbe: der Mülleimer für die Papiertücher nach dem Händewaschen quillt über. Gut, viele gehen nach dem Lulu direkt ohne Händewaschen raus, aber einige waschen sich die Bratzerl doch. Soweit brav. Nur: Warum haben scheinbar alle Ekel davor, die benützten Tücher direkt und tief in den Eimer zu stecken? Sind da wilde Tiere drin? Der erste fängt an mit dem Tücherl einfach auf den Behälter fallen zu lassen und die paar Hansel danach machen es auch so. Nach kurzer Zeit sieht es furchtbar aus. Aber gemeckert wird gleich, wenn es so aussieht. Die Perle kann auch nicht im Viertelstunden-Rhythmus in die Herrenkeramik staksen und die Papiertücher runterdrücken. Typisch selbstgerechte Egoisten. Sollen es doch die anderen machen.

Falschparker am Behindertenparkplatz – ein besonderes Ärgernis. Vor allem, wenn man dann noch beschimpft wird

Falschparker am Behindertenparkplatz – ein besonderes Ärgernis. Vor allem, wenn man dann noch beschimpft wird

Dass ich mich bei JEDEM Besuch im Studio über Falschparker ärgern muss, die davor unberechtigt auf den Behindertenparkplätzen parken, muss ich nicht mehr erwähnen. Ab und an kann man manchen Mitmenschen ein schlechtes Gewissen abringen, in der Hoffnung, dass sie es zukünftig nicht mehr machen. Meine bisher schlimmsten Erlebnisse hierbei waren im letzten Jahr ein deutscher Geländewagenfahrer, der halb auf dem Fußgängerweg und halb auf dem Behindertenplatz stand. Er stieg mit seinen zwei Kindern aus, ging die Treppe rauf und wollte ins Geschäft. Ich sprach ihn freundlich, aber bestimmt an, dass es die angebrachten Verbotsschilder wohl auch in Deutschland gibt. Daraufhin brüllte er sofort los und drohte mir Prügel an, wenn ich mich nicht um meine Angelegenheiten kümmere. Ein tolles Vorbild für die Kinder. Und vor nicht langer Zeit eine äußerst ordinäre Person, die mir beim Wegfahren den Stinkefinger zeigte. Über dieses Weibsstück berichtete ich letztens [lest hier den Bericht].

Warum sind viele Menschen so? Ich verstehe es nicht. In unseren Breitengraden geht es uns doch gut. Ich weiß, jeder hat sein Packerl zu tragen. Aber wenn jeder ein bisserl auf andere schaut, dann geht’s allen gleich besser.

Wer regelmäßig zartbitter liest, wird sich bei der Überschrift denken: „Mei, was ist ihm denn jetzt wieder passiert, dem armen, alten Zausel?“ Momentan gibt es von meiner Seite aus im Umgang mit mir nichts zu meckern. Seit meinem letzten Telefonat mit der Direktion fruchtete scheinbar mein Anliegen und es wird zum Beispiel die Rampe zum Einschieben des Rollwagerls nicht mehr aus halber Höhe mit Getöse fallen gelassen, es wird so sanft wie möglich zu Boden geführt.

Heute gab es wieder einmal etwas, das mich schon vor einiger Zeit in Rage brachte. Und in diesem Fall gehts um einen anderen Rollstuhlfahrer.

Gratis ist ja mein Zauberwort, aber …

Leb dein Leben so, dass du dich in den Spiegel schauen kannst – denk ich mir

Leb dein Leben so, dass du dich in den Spiegel schauen kannst – denk ich mir

Ich wohne ja in einem so genannten betreubaren Wohnen, die Anlage nenne ich charmanterweise lieber „Schattige Pinie“. Ältere Golden Girls-Fans wissen, warum. ☺ In diesem Haus wohnt auch ein anderer Rollstuhlfahrer. Man sieht sich hie und da beim Briefkasten oder durch Zufall zur selben Zeit an der Bushaltestelle. Vor einigen Monaten war es so, dass wir just denselben Bus brauchten. Zum Glück besaß dieser eine ausreichend große Fläche für zwei Rollstühle. Nach dem Studium der Tarifseite des Salzburger Verkehrsverbundes, bestellte ich beim Chauffeur brav die von mir gewünschte Fahrkarte. „Tageskarte Minimum mit Umsteigen bitte“, tat ich mit meiner mir angeboren sonoren Stimme meinen Ticketwunsch kund. Kam doch damals glatt von meinem Nachbarn hinter mir mit seiner prägenden Stimme die Frage, warum ich denn bezahle?! Er bezahlt nie etwas, es hat auch noch kein Fahrer von ihm etwas verlangt. Daraufhin kam ich mit ihm diesbezüglich ins Gespräch, weil ich ein Stück weit verunsichert war und dachte, ich hab die Tarifbestimmungen nicht genau genug gelesen. Sachdienliche Hinweise diesbezüglich kamen vom Nachbarn allerdings nicht. Nur die profane Aussage: „Ich sitze im Rollstuhl, ich hab noch nie etwas bezahlt!“

Hmmmmm … Ich beließ es dabei und rief tags darauf beim Salzburger Verkehrsverbund an. Die überaus freundliche Dame klärte mich auf, dass man auf alle Fälle bezahlen muss, allerdings nur den Minimum-Tarif. Das ist in der Regel der halbe Preis. Begleitpersonen fahren kostenlos mit, wenn im Behindertenausweis der Vermerk steht „Inhaber bedarf einer Begleitperson“. Meine Frage, ob auch die Möglichkeit besteht, gänzlich gratis zu fahren, verneinte die auskunftsfreudige Dame. Der Minimum-Tarif ist eh günstig und ein gutes Entgegenkommen.

Geizig, arm oder doch nur stur?

Heute, nahm also mein anstrengender Nachbar wieder denselben Bus wie ich. Kaum im Bus an der Behindertenbucht angekommen und die Bremse angezogen, zückte ich einen 5 Euro Schein und überreichte ihn mit meinem Ticketwunsch dem Fahrer. Prompt keppelte hinter mir der Nachbar wieder, warum ich denn bezahle. Er macht das nie. Ich erklärte ihm wieder einmal, was in den Tarifbestimmungen steht. Man muss sehr wohl bezahlen, ebenso bestätigt durch das Telefonat. Das interessierte ihn wieder nicht. Er sagte mit einer unglaublichen Präpotenz: „Ich habe bisher nichts bezahlt, ich zahle auch zukünftig nichts!“ Solange der Fahrer nicht beim Einrollen kassiert, zahlt er nichts.

Ich finde, es ist nicht Sache des Fahrers, jedes Mal nach einer Karte zu fragen. Schließlich gibt es ja reichlich Monats- und Jahreskarteninhaber. Ich war alsgerade wütend und fuhr ihn lautstark an, dass ich sein Verhalten unmöglich finde und der Busunternehmer ja nichts dafür kann, dass er im Rollstuhl sitzt. Auf meinen Vorschlag, er möge doch bei der Zentrale anrufen und sich beraten lassen, ging er nicht ein. Danach war eisige Stille. Normalerweise erzählt der Nachbar stets ohne Punkt und Komma drauf los.

Ob Rollstuhl oder nicht: Es eine Frage des Anstandes für die Fahrt zu zahlen – so wie für alle konsumierten Leistungen. Wer Rollstuhl fährt ist nicht automatisch zu arm, um sich einen Busfahrschein zu leisten. Das Verhalten meines Nachbarn finde ich daher wirklich beschämend. Es handelt sich hier einfach um Schwarzfahren – da gibt es keine Ausreden. Ich wünsch ja niemandem was Schlechtes. Aber ich hoffe, er wird eines Tages dabei erwischt.

Ich erzählte, ja klagte alsgerade schon das eine oder andere Mal über meine Erlebnisse beim Busfahren. Jetzt gab es wieder einmal was, das sich zu erzählen lohnt! Vor allem über meinen Geistesblitz!

Vor ein paar Tagen gab es wieder mal ein Treffen der zartbitter-Schreiberlinge. Solche Treffen werden so alle drei bis vier Monate angesetzt, um darüber zu palavern, was so anliegt und was man (noch) besser machen könnte. Diesmal gab es aber viel Privates zu plaudern, so dass gar nicht über das Eigentliche gesprochen wurde. Scheinbar passte alles!

Normalerweise werde ich immer von lieben Freunden mitgenommen, das Wetter erlaubte es aber, dass ich meine käuflich erworbene Tageskarte des Salzburger Verkehrsverbundes auch zur Heimfahrt nutzte. Dank der qando-App konnte ich sehen, wann der Mercedes (Bus) kommt. Zeitgerecht rollte ich los zur nahegelegenen Bushaltestelle. Kurz darauf kam Sabinchen angestakst, eine fleißige Bloggerin im Garten und Rezeptbereich! Schwer bepackt mit Papiertragetaschen voll frischer Eier von den glücklichen #Weieregg Hühnern! Wir ratschten noch kurz, da kam schon der in Unschuldsweiß lackierte Bus. Gesteuert wurde die Fuhre von der besten Chauffeuse des Unternehmens, ja sogar überhaupt! Immer freundlich und zuvorkommend, auch im größten Stress!

Rollstuhlklappe BusSabine, neugierig darauf, zu sehen, wie denn das beim Einladen meinerseits funktioniert, blieb noch kurz. Besagte Chauffeuse stieg aus und begrüßte mich wie immer freundlich. Leider fuhr sie diesmal einen Wagen, bei dem der Griff zum Ausklappen der Rampe nicht serviciert war und durch den angesamelten Dreck festsaß. Sie ließ den Bus vorab, wie immer, per Hydropneumatic nach unten, was aber trotzdem eine hohe Hürde ergab. Die Dame bot mir an, mich per Zurückkippen in den Bus zu bugsieren. Das klappt normalerweise ganz gut, wenn das denn ein kräftiger Mann macht. Natürlich bot sogleich auch Sabinchen ihre Hilfe an. Sabinchen schob am rechten Griff, mir ihren üppigen Busen ins Genick drückend, fleißig an, und die freundliche Busfahrerin, zart und eher klein in der Statur, schnaubte mir ob des Keuchens in den Nacken. Zum Glück saß ein junger Flüchtling im Bus. Der sprang sofort auf und zerrte von vorne. Zu dritt kam ich mit meinen 105 kg in den Wagen und konnte meine Heimfahrt antreten.

Sinnierend und immer wieder mal an die Rampenklappe starrend, kam mir, wie einst bei Wickie und die starken Männer, eine wunderbare Idee! Zusätzlich zu dem verdreckten Griff gibt es auch noch ein längliches Loch, in das man einen Haken wie einen Schürhaken einstecken kann. Das geht auch kleiner. In meiner übervollen Rumpelkammer wähnte ich noch diverse Haken von Ikea aus dem Küchenzubehör. Einen davon nehme ich jetzt immer in meiner Tasche mit, damit ich auf alle Fälle in den Bus komme. Heute bei der Heimfahrt vom Training schon ausprobiert und für gut befunden!

von Christian Namberger

Wenn der Amtsschimmel wiehert, hat man es nicht leicht! Weder als aufrecht Gehender noch als ein im Rollwagerl Schiebender. Ich gehöre zu den Letzteren.

Ich sitze seit meiner erfolgreichen (was den Krebs betrifft) Chemotherapie im Rollstuhl. Besagte Chemotherapie hatte eine gravierende Nebenwirkung: Sie löste bei mir ein Nervenleiden namens Polyneuropathie aus. Brave zartbitter-Leser kennen meine Geschichte. Und die Leserinnen auch ☺

Vor meiner Erkrankung war ich im Außendienst für eine Versicherung, die die österreichische Bundeshauptstadt im Namen trägt, tätig. Im Rollstuhl ist diese Tätigkeit natürlich nicht mehr machbar. Meine Kunden waren es berechtigt gewöhnt, dass ich im feinen Zwirn die Beratung auf deren Couch vornahm. Deshalb verließ ich das Unternehmen und begab mich in die Berufsunfähigkeitspension. Da ich damals die 50 leicht überschritt, wurde diese auch bewilligt. Unter 50 gibt es „nur noch“ Rehageld. Die Pension wird anfänglich in Österreich für zwei Jahre bewilligt. Vor Ablauf dieser zwei Jahre muss man einen Antrag auf Verlängerung stellen – frühestens drei Monate vor Ablauf. 2014 tat ich das zum ersten Mal, was auch gut klappte. Heuer zum 01. April lief die Pension wieder aus. Zeitgerecht beantragte ich die Verlängerung Mitte Dezember letzten Jahres. Es kam auch eine Bestätigung von der Pensionsversicherung, versehen mit dem Hinweis, man möge nicht nachfragen, es ist alles in Bearbeitung. Ähnlich bei Bewerbungen in der freien Wirtschaft, wo es auch heißt: „Rufen Sie uns nicht an, wir rufen Sie an!“

Der Januar verging, der Februar plätscherte auch sehr schnell runter und gegen Ende des Monats bekam ich eine Einladung zur Untersuchung in die Anstalt. Ich weiß, Anstalt klingt hart, es heißt aber Pensionsversicherungsanstalt. Bisher kam der Arzt vom Amt immer im Januar zu mir nach Hause. Der Termin war am 8. März um 08.30 Uhr. Um pünktlich zu sein, wählte ich den Transport meinerseits mit dem Taxi. Ohne es extra zu erwähnen, fuhr eine neuwertige Mercedes Taxe der E-Klasse vor. In der PVA angekommen, wurde ich sofort weitergereicht zum EKG – es ging alles ganz zackig. Danach ging es sofort zum hauptsächlich untersuchenden Arzt. Die Untersuchung bestand hauptsächlich aus dem Studium der mitgebrachten bisherigen Befunde und einem Palaver. In Summe wand ich eine halbe Stunde auf. Danach rollte ich wieder frohen Mutes aus der Amtsstube. Retour wählte ich den Bus. Da ich ja im Rollwagerl sitze, samt meinen zusätzlichen Leiden (ich sage nur I und I, nachzulesen auf zartbitter.co.at unter „Die Leiden des jungen Christian N.“), dachte ich mir, die Zeit reicht ja bis Ende des Monats, um meine Verlängerung zu bewilligen. Recht viel maroder geht ja nicht.

Mitnichten! In der letzten Woche vor Ultimo rief ich am Dienstag in der PVA an. Aber erst wartete ich noch auf den charmanten Postboten. Nicht, dass er meinen Bescheid in seinem Sackerl hat und ich umsonst die Pferde scheu mache. Nach ca. einer Viertelstunde in der Warteschleife kam ich an einen sympathisch klingenden jüngeren Mann. Diesem tat ich meinen Wunsch kund, zum richtigen Verbinden fragte er mich nach meiner Sozialversicherungsnummer. Nach Eingabe dieser, sagte er vor dem verbinden zum zuständigen Sachbearbeiter, dass mein Antrag in Bearbeitung sei und sicher noch einige Zeit benötige. Wie bitte?!? Diese Woche läuft meine Pension aus! Er meinte, ruhig und gelassen, dass ich die Pension am 1. eh noch ausbezahlt bekomme, da ja rückwirkend. Aber, ich sei ab 1. April nicht mehr Krankenversichert. Vollkommen echauffiert hob ich meine Stimme und meinte, dass das wohl nicht sein kann! Daraufhin bekam ich zur Antwort, sie seien auch nur Menschen und können nicht mehr als arbeiten. Vorm endgültigen Verbinden, gab er mir noch den Tipp, ich solle mich beim AMS melden und Pensionsvorschuss beantragen. Geht’s noch?

Bildschirmfoto 2016-04-12 um 20.00.13Das Verbinden klappte allerdings nicht auf Anhieb. Nach drei Fehlversuchen kam ich endlich zu meinem Sachbearbeiter. Der war allerdings überhaupt nicht von meiner Angst beeindruckt und meinte auf all meine Argumente hin, lapidar: „Sie können sich ja beschweren.“ Weiters meinte er, wenn ich Glück habe, bekomme ich im April ja noch meinen Bescheid, solch eine Bearbeitung könne und dürfe bis zu sechs Monate dauern. Hallo? Ich darf frühestens drei Monate zuvor beantragen, die Herrschaften dürfen aber bis zu sechs Monate zur Bearbeitung brauchen? Von was soll ich denn in den drei Monaten leben? Tja, ich könne ja vorfinanzieren, ich bekäme eh alles bei Bewilligung nachbezahlt! Also ich weiß nicht, wie viel solch ein Sachbearbeiter verdient, aber bei mir ist das Geldende nahezu zeitgleich dem Monatsende! An ein Ansparen solch einer Versorgungslücke ist bei mir nicht zu denken. Letztendlich gab auch er mir den Rat, ich solle mich beim AMS melden und wieder kam der Tipp, ich könne mich ja beschweren.

Vollkommen entsetzt, konnte ich nach Auflegen des Gesprächs, nicht mal mehr die Rosenheim Cops im ZDF-Schichtarbeiterprogramm verfolgen!

Als braver und folgsamer Bürger befolgte ich die Ratschläge des PVA-Angestellten und ging dagegen vor. Allerdings nicht in Form einer Beschwerde, sondern mit dem Schritt an die Öffentlichkeit. Natürlich ist ein Zeitungsartikel auch sehr gut, oppertun erschien mir allerdings eher das Medium Funk & Fernsehen. Der ORF nahm sich meiner an, so dass ich die Gelegenheit bekam, im Radio in der Sendung „aktuell“ von Radio Salzburg und am Abend im Fernsehen in „Salzburg heute“ mein Leid zu klagen. Natürlich recherchierte der Journalist des ORF im Vorfeld auch bei der PVA, schließlich kann man nicht nur eine Seite hören.

Als Trost für die erlittene Unbill köpfte ich mein letztes halbes Fläschchen Champagner

Als Trost für die erlittene Unbill köpfte ich mein letztes halbes Fläschchen Champagner

Die Auftritte waren in aller Munde und dank des Eingreifens des ORF, wurde mitgeteilt, dass ich noch in der ersten Aprilwoche meinen Bescheid bekäme. Und siehe da: Er kam tatsächlich letzten Freitag! Diesmal nicht nur für zwei Jahre, sondern sogar unbefristet. Wahrscheinlich wollen die Herrschaften mit mir nichts mehr zu tun haben.

Für mich ging die Sache letztendlich gut aus. Allerdings nur, weil ich mich zu wehren wusste. Wie viele Menschen sind ob solchen Gebarens ganz einfach geschockt und geben sich ihrem Schicksal hin?

Der richtige Skandal an der Sache ist aber Folgendes: Ich sollte bei der PVA ja ausdrücklich nicht anrufen. Aber, wenn ich mich nicht telefonisch erkundigt hätte, wäre ich seit 1. April ohne Krankenversicherung gewesen. Einfach so. Ein Hinweisschreiben hierzu kam nämlich nicht.

So geht man nicht mit Menschen um!