Wenn man mit Christian N. unterwegs ist, dann kommt man mit den Menschen immer schnell ins Gespräch, so wie kürzlich in München als wir auf einer Parkbank saßen und eine alte Frau in den Mistkübel neben der Bank griff und zwei Plastikflaschen herausholte, die sie in eine ihrer Taschen packte. Natürlich hat Christian sie gleich angeredet.

„Damals bei der WM 2006 hat es angefangen. Ich war in München, es war so viel los. Tausende Fans und am Straßenrand lagen ganz viele Plastikflaschen, für die man 25 Cent Pfand bekommt. Und ein Sicherheitsmann hat gesehen, wie ich immer auf die Flaschen schaue. Dann meinte er, ich solle sie doch einfach nehmen, mir das Geld holen und mir was zu trinken kaufen.“, erzählt die Flaschensammlerin.
In Deutschland gibt es viele von ihnen. Im Fernsehen sieht man sie oft in Reportagen. Das ist immer ganz weit weg. Diese Frau ist die Realität. Sie gehört zu den Rentnerinnen, die sich damit ein Zubrot zu ihrer schmalen Rente verdienen.

Bierflaschen mag sie nicht so

Sie erzählt uns, dass es Reviere gibt und dass es natürlich im Sommer viel mehr zu sammeln gibt als im Winter. Normal kommt sie mit ihren Flaschen und Dosen auf 10 Euro am Tag. Sie mag gerne den Christopher Street Day, die Schwulen- und Lesbenparade, denn da geht sie einfach beim Zug mit und hebt die leeren Flaschen auf. Da kann sie dann schon mal 60 Euro einlösen. Die Bierflaschen mag sie nicht so, die sind schwer, lieber ist ihr Plastik und Blech. Ihre „Arbeitszeit“ist zwischen 12 und 16 Uhr. Das genügt meint sie und die Bewegung täte ihr gut. Sie erzählt uns das mit großer Würde und ohne Scham. Die Scham ist auf unserer Seite, weil es in unserem reichen Mitteleuropa Menschen gibt, die darauf angewiesen sind, sich damit etwas dazu zu verdienen. Das sagen wir ihr auch. „Ich müsste es nicht tun, aber ich will dem Staat nicht unnötig auf der Tasche liegen“, meint sie und wünscht uns noch einen schönen Tag in München.

 

Bouchra Ikherrazene studiert Französisch und Geschichte auf Lehramt an der Universität Salzburg und ist Mitglied der Muslimischen Jugend Österreich in Salzburg.

Der Ramadan hat begonnen! Was heißt das für dich?

Ich freue mich auf eine spirituelle Zeit, die ganz im Zeichen des Miteinanders steht. Auf das gemeinsame Fastenbrechen mit Familie und Freunden, auf die Moscheebesuche und österreichweit werden Iftare (Anm.: Fastenbrechen-Feste) von der MJÖ veranstaltet wie zum Beispiel der Salzburger Iftar in der Tribühne Lehen am 3.6. Am meisten freue ich mich aber auf unser Projekt „Fasten-Teilen-Helfen“!

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

„Fasten-Teilen-Helfen“ geht mit diesem Jahr in die siebte Runde. „FTH“ ist ein karitatives Projekt, stärkt das soziale Bewusstsein und die Solidarität in unserer Gesellschaft. Jedes Jahr zu Ramadan kooperieren wir mit verschiedenen sozialen Einrichtungen wie Caritas und Lebenshilfe. Wir helfen Bedürftigen, unterstützen Obdachlose, besuchen Flüchtlingsquartiere und genießen gemeinsam schöne Momente und Eindrücke. Der Monat Ramadan besteht aus viel mehr als nur dem Fasten. Gerade zu Ramadan werden Musliminnen und Muslime aufgefordert Gutes zu tun und sich aktiv in unsere Gesellschaft einzubringen. Außerdem wollen wir mit diesem Projekt ehrenamtliche Tätigkeiten und soziales Engagement für Jugendliche attraktiver machen. In der Vergangenheit ist das Projekt sehr gut bei den Jugendlichen angekommen!

Wer kann sich am Projekt beteiligen?

Unsere Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsenen. Wir freuen uns über jedes Interesse und laden alle Interessentinnen und Interessenten dazu herzlich ein mitzumachen. Anmelden kann man sich auf unserer Homepage www.ramadan-helfen.at

Wie verläuft das Fasten? Ist das nicht anstrengend?

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang verzichten Fastende auf Essen und Trinken. Am Abend gibt es dann zusammen einen Iftar.

Am Anfang ist es etwas ungewöhnlich nichts zu essen, da man es ja sonst untertags gewohnt ist. Es braucht ein paar Tage bis man in die Fastenstimmung reinkommt aber danach funktioniert es ganz gut bei mir. Man empfindet zwar Hunger jedoch ist es meines Erachtens trotzdem möglich und keineswegs ungesund oder gefährlich für den Körper. Außerdem öffnet es ganz neue Perspektiven: Wie geht es Menschen die wirklich hungern müssen? Das gibt mir zumindest, viel zum Nachdenken.

Was ist das Besondere am Fasten?

Fasten ist nicht nur ein physischer Zustand sondern man fastet auch mit dem Geist. Man achtet viel mehr auf seine Aussagen und ist sich seines Handelns im generellen mehr bewusst. Oft geblendet von Kleinigkeiten oder unseren „first-world-problems“ vergessen wir von welchen Reichtum und Wohlstand wir überhaupt profitieren dürfen. Das ist genau dieser Gedanke, der mir an unserem „FTH“ Projekt so gefällt. Nicht nur an sich selbst zu denken, sondern Menschen in Not beizustehen.

Was ist dein Wunsch an die Zukunft, wenn du an den Ramadan denkst?

Das Projekt „Fasten-Teilen-Helfen“ soll fortgesetzt werden um mehr Jugendliche für ehrenamtliche Arbeit zu gewinnen. Ich wünsche mir mehr Solidarität in unserer Gesellschaft und allen Menschen, ob sie fasten oder nicht, muslimisch sind oder nicht – eine bereichernde, segensreiche und friedvolle Zeit! Ich bin überzeugt, dass wir in der heutigen Zeit nur durch Zusammenhalt – unabhängig von Religion, Weltanschauung, sexueller Orientierung und ethnischer Herkunft – alle Herausforderungen bestehen können.

Wer Interesse hat, hier findet ihr alle Infos: Fasten Teilen Helfen

Das Interview führte Adis Serifovic 

Zukunft interessiert uns alle. Manche gehen zur Wahrsagerin, andere lesen Horoskope und viele Menschen interessieren sich dafür, was Zukunftsforscher zu erzählen.

Der im deutschsprachigen Raum wohl bekannteste Zukunfts- und Trendforscher ist Matthias Horx. Und er ist mir heute über den Weg gelaufen, als ich gerade ins Büro zurückging. Also habe ich ihn einfach angesprochen und um ein Selfie gebeten, das dann ein ganz normales Foto wurde. Aber cooler als das Foto fand ich unser langes Gespräch auf der Straße. Er war in Salzburg, um über die Zukunftstrends im Verkehr zu sprechen, ein Thema das uns alle bewegt. Horx meint, dass E-Mobilität und das Fahrrad die Zukunft der Fortbewegung im städtischen Raum bestimmen werden. Und die Autos werden nicht mehr so aussehen wie jetzt. Sie werden oft kleiner, vielleicht auch nur für eine oder zwei Personen sein, natürlich  mit Strom und autonom fahren. Bei der Digitalisierung sagte er mir, man solle nicht jedem Trend nachrennen. Was ihn noch sehr beschäftigt ist die Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern bei großen Projekten. Und da hat er mir einen Rat mitgegeben. Wenn man einen solchen Beteiligungsprozess macht, dann sollte man für die längerfristige Zusammenarbeit nicht die lautesten Menschen wählen. Denn dann verabschieden sich die wirklich interessierten relativ rasch.

Also wenn euch ein Zukunftsforscher  über den Weg laufen sollte, sprecht ihn einfach an. Ich fand das cool von Matthias Horx mir einfach so viel Zeit für einen Gedankenaustausch zu schenken. So was motiviert!

Seda Röder, geboren in Istanbul, ist eine Pianistin, die sich auf Gesprächskonzerte und zeitgenössische Musik konzentriert. Sie komponiert und begeistert mit Musikmeditationen. Sie ist Gründerin von Sonophilia.

zartbitter: Warum ist dir die Kombination von Meditation und Musik so ein großes Anliegen?

Seda: Weil sie zusammen unglaublich stark und effizient sind, wenn wir uns konzentrieren wollen. Beim Meditieren macht man meistens die Augen zu, sobald die Augen zu sind, gehen die Ohren auf. Und die Musik wirkt sehr schnell um in eine neue Stimmung zu kommen oder die Stimmung in der wir uns befinden zu unterstützen

zartbitter: Du hast in einem Seniorenwohnhaus deine Meditationen gemacht? Was ist anders als mit Führungskräften? Was hat dich besonders berührt?

Seda: Das Alter hat eine ganz berührende Fragilität. Da haben die älteren Menschen auch mit viel Stress zu kämpfen – was ich vorher so nicht wahrgenommen hatte. Wenn man etwa den ganzen Tag mit Schmerzen und Mobilitätsverlust zu kämpfen hat, das nimmt viel Kraft in Anspruch. Aber die Lebensfreude trotz allem und die Dankbarkeit der alten Menschen für jeden neuen Tag, da kann man sich viel von abgucken.

zartbitter: Du bist die Gründerin von Sonophilia, du willst Kreativität durch Hören fördern. Was erwartest du dir davon? Kann das helfen Probleme, kleine und große Weltprobleme, zu lösen?

Seda: Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass nur die Kreativität die großen Probleme der Welt lösen kann. Wir leben in einem Zeitalter der exponentiellen Technologien. Viele Menschen haben Angst vor der Zukunft, vor allem die, die noch jung sind. Wir brauchen nicht noch mehr reproduzierbare Skills zu puschen, sondern müssen das, was uns Menschen auszeichnet, fördern. Ich heiße die neuen Technologien dafür sehr willkommen, weil ein Roboter für die langweilige Arbeit viel besser geeignet ist als ein Mensch. Ich bin da auch eine absolute Verfechterin der Idee, dass jeder Mensch in seiner Art und Weise zu kreativer Leistung fähig ist. Durch unsere kreative Kraft, können wir uns die Zukunft, die wir haben wollen, vorstellen und auch bauen. Die menschliche Kreativität ist eine einzigartige und unendliche Quelle. Je mehr wir daraus machen, desto mehr kommt auch nach. Da hilft natürlich das Zuhören – statt immer nur zu Senden – ungemein, weil das Zuhören Ordnung in den Chaos bringt. Und wie ich immer betone; man kann nicht nur nach außen sondern auch nach innen zuhören. Die Antworten auf unsere Probleme tragen wir oft mit uns mit.

Alle die im und um das Andräviertel wohnen und arbeiten, wissen eines schon lange: Es braucht ein Radgeschäft und eine Radwerkstätte hier. Seit März gibt es das Stadtrad und es ist nicht mehr wegzudenken.

Vor zwei Jahren haben Gabi Endl und Ronny Hörmann einen Spaziergang gemacht. Durchs Andräviertel. Eines ist ihnen dabei gleich aufgefallen. Es fehlt ein Radgeschäft mit Werkstatt. Jetzt stehen die beiden gemeinsam mit Anne Rettenbacher in ihrem eigenen Radgeschäft in der Franz Josef Straße 19. Und sie fühlen sich hier gleich zu Hause. Die anderen Geschäftsleute im Viertel haben sie gleich willkommen geheißen, neugierige Passanten schauen rein und die Kinder von der Andräschule kommen herein und wollen alles über E-Bikes wissen. Und von diesen gibt es wirklich sehr viele Modelle, von relativ günstig bis luxuriös.

Gabi Endl und ihre Hollandräder

Am liebsten hat Gabi Endl aber ihre Hollandräder in den wunderbaren Farben.

Ronny Hörmann oder wie die Szene ihn nennt: der Kultschrauber

Und wer einen Radcheck oder eine Reparatur für seinen Drahtesel braucht ist in der Werkstatt bei Ronny in besten Händen. Aber warum eigentlich Radfahren? Da kann Gabi Endl nur lachen und fragt, wie lange denn die letzte Parkplatzsuche in der Stadt gedauert hätte? Das Rad ist das Verkehrsmittel ihrer Wahl. Damit ist man in Salzburg am schnellsten unterwegs. Und wenn es mal regnet, braucht man nur eine gute Bekleidung und für den Großeinkauf die richtigen Taschen und Körbe.

Das und viele andere Accessoires findet man im Stadtrad. Also einfach mal vorbeischauen, bei Gabi, Anne und Ronny.

Vor mehr als 15 Monaten saßen Teresa Thalhammer und Anna Scheiblehner aufgeregt in meiner Sprechstunde. Die Nachrichten waren damals bestimmt von den vielen Flüchtlingen, die nach Europa kamen. Und die beiden Pädagogik-Studentinnen sagten: Wir haben ein Kinderbuch geschrieben, da geht es um Flucht.“

Und jetzt ist das Buch fertig. Unzählige Male haben sich die beiden mit vielen Menschen zusammengesetzt, den Text gemeinsam überarbeitet, lektoriert, illustriert und verlegt. Die Aufregung war groß am Dienstag in der Panoramabar der Salzburger Stadtbibliothek. Erstmals haben Teresa und Anna ihr Buch dem Zielpublikum vorgestellt: den Kindern.

Und die waren begeistert von der Geschichte, von den armen Vögeln, deren Wald niedergebrannt ist, die von allen anderen Tieren weggeschickt wurden und erst die weise Schildkröte Ubuntu konnte helfen.

Textausschnitt aus Ubuntu und die Vögel

Anna und Teresa wollen mit ihrem Buch kein Geld verdienen. Sie wollen Kinder sensibilisieren, dass jemand der auf der Flucht ist braucht Hilfe. Und der Reinerlös geht an Flüchtlingskinder. Das ist den beiden wichtig, denn sie haben damals im Herbst 2015 bei den Kinderfreunden mitgeholfen, die Flüchtlingskinder in der Bahnhofsgarage und am Asfinag-Gelände ein bisschen zum Lachen zu bringen. Aus dieser Erfahrung ist der Wunsch gewachsen dieses Buch zu schreiben.

 

Beide, Anna und Teresa, können stolz sein. Mit Ubuntu und die Vögel tragen sie dazu bei die Welt ein Stückchen besser zu machen!

Hier könnt ihr das Buch bestellen.

Ubuntu und die Vögel ist dreisprachig, Deutsch, Englisch und Arabisch, und wunderbar illustriert von Patrick Schmid. Erschienen ist das Buch im Verlag Innozenz.

 

Fotos: Strobl Schilcher