Meine Reise in den Iran

Ich reise in Sachen Bildung und sitze im Airbus der Lufthansa nach Teheran. Es ist Mitternacht vorbei, da sehe ich ein Lichtermeer tief unter mir, fröhlich, bunt, riesig- Teheran! Lange Autobahnen, blinkende Lichter des Verkehrs und der Wohnhäuser, voller Leben, aber auch mit einer fröhlichen Gelassenheit, die auch die Menschen besitzen, die dort wohnen, wie ich in den Tagen darauf feststelle. Karma ist das Zauberwort, die Iraner glauben daran und das verbindet mich bereits mit ihnen.

Ich steige aus dem Flieger und werde von freundlichen, lächelnden Menschen empfangen. Bei der Passkontrolle sieht der Beamte mein Visum an und fragt:“ A visa only for 5 days? Why would you leave us so soon?“ Ich erkläre ich bin auf einem Businesstrip mit der Chamber of Commerce, er wünscht mir gute Geschäfte. Scheint hier für Frauen normal zu sein.

b2Ich hole mein Gepäck, werde durch einen besonderen Gang ohne Kontrolle mit freundlichen Handzeichen geleitet und stehe in der Ankunftshalle. Wo sind meine Delegationskollegen, wer holt uns ab? Ich sehe niemanden und warte gut zwanzig Minuten. Es ist nach ein Uhr nachts. Die Menschen haben die Halle verlassen, ich beschließe, nicht länger zu warten und mir ein Taxi zu nehmen, das mich in das wie man sagt beste Hotel der Stadt bringen soll. Ich trete vor die Tür und sehe einen Taxifahrer, der mir vertrauenswürdig erscheint, zeige ihm die Adresse des Hotels, werde zum Auto geleitet. Auf meine Frage, ob ich im Auto rauchen darf, kurbelt er sofort das Fenster hinunter und sagt zu mir: „ Feel free!“ Nun geht es also vom Flughafen hinaus in die Finsternis einer unbekannten Stadt, in Begleitung eines unbekannten Mannes, in eine unbekannte Richtung, und mir ist schon leicht mulmig. Ich sehe nicht, wohin wir fahren, die Schilder sind für mich alle nicht lesbar. Wir fahren auf einer breiten Autobahn, und wie ich mit Erleichterung feststelle , es wird bewohnter. Wir fahren also richtig in Richtung Zentrum. Meine Tochter bietet unsere bewährte Reiseassistenz für solche Situationen an- alle 5 bis 10 Minuten ein Sms, damit klar ist, es steht jemand mit mir in Verbindung. So etwas, das wissen wir, schreckt ab. Nach einer Stunde Fahrt scheint das Zentrum nahe, da hält der Fahrer unter einer Unterführung ohne Licht bei einer Ansammlung Männer- es sind Straßenhändler. Er sagt er braucht change. Ich will ihm einmal glauben. Er macht einen U- Turn- die Fahrweise ist atemberaubend ähnlich der wie ich es von Sao Paulo gewohnt bin (freier Fahrstil)- in eine Einfahrt und biegt in beleuchtete Straßen ein. Eine halbe Stunde und nervöse zwei Zigaretten später fährt er in eine Einfahrt zu einem riesigen Wolkenkratzer und ich stehe vor einem hellerleuchteten, sehr eleganten Portal des Hotel Azadi. Na schön, denke ich, nach eineinhalb Stunden Fahrt wird die Rechnung jetzt saftig. Doch er verlangt 30 € und freut sich über 2€ Trinkgeld riesig.

In der Lobby werde ich sofort von 2 Pagen mit den Koffern unterstützt und an der Rezeption höflich und zuvorkommend begrüßt, ich werde ins Zimmer begleitet und darf auch hier mein Zigaretterl rauchen. „ Just open the window and feel free!“

Der folgende Sonntag ist Arbeitstag und beginnt für mich um halb acht, ich lerne die Delegationsteilnehmer aus Österreich endlich kennen und werde vom Wirtschaftsdelegierten, den ich bereits gut kenne, sehr freudig begrüßt. Wir frühstücken und gleich geht es durch die Straßen zum ersten Termin, einem Ministerium. Auch hier sind freundliche Menschen, Männer und Frauen, wir Frauen eben alle mit Kopftuch, aber sehr geachtet. Eine Frau stellt die Agenden und Interessen des Ministeriums vor, die Männer sprechen nach ihr zu uns, sehr ruhig, sehr erklärend, sehr ausführlich und fast didaktisch aufbereitet und dann bekommen wir Delegierte aus Österreich jeder das Wort. Ich bin die einzige österreichische Frau. Das Wort wird an mich gerichtet, bevor ich spreche, lächeln mir alle, besonders die Männer, ermunternd und wertschätzend zu. Das Interesse an  dem, was ich sage, ist groß, ich werde in ein intensives Gespräch verwickelt, es endet damit dass man mir sagt: „ We are very happy to have you here!“ Ich bekomme als einzige der Delegation eine Mappe mit wichtiger Information über das Ministerium und die Visitenkarten der iranischen Vertreter. Ich bin als Frau völlig ernstgenommen, das Kopftuch stört mich zwar, weil es heiß ist und dauernd rutscht und festgezogen werden muss, aber das hindert niemanden daran, mir eine Kooperation vorzuschlagen. Super!

Nach vielen guten Wünschen für unseren Aufenthalt geht es weiter zum nächsten Ministerium, dort ist die Atmosphäre für mich genau gleich, ich bekomme sogar in der Pause einen eigenen Raum für eine Zigarette am Fenster und eine Begleitung zur Unterhaltung.

Nun geht es mit der Delegation zu einem berühmten Restaurant zum Lunch- ein kulinarisches Erlebnis. Es biegt sich der Tisch zuerst unter dem Angebot der Vorspeisen, Fladenbrot, Salate- dazu herrliche antialkoholische Getränke wie Granatapfelsirup oder Zitronensirup oder Joghurt verdünnt mit Minze und Salz. Es gibt auch antialkoholisches Bier.

Die Hauptspeise ist Fisch oder Kebab aus verschiedener Zubereitung- ich liebe das in Granatapfelsaft eingelegte Fleisch. Es ist besonders weich und hat einen leicht säuerlichen Geschmack. Überall ist Wildknoblauch dabei, der nicht ganz so scharf wie unserer ist und, wie mir versichert wurde, keinen Geruch erzeugt. Ich habe einen Iraner, der nun in Österreich lebt, stets als Tischnachbarn. Er erklärt mir alle Speisen und die Zubereitung.

b3Wir müssen nach einem Kaffee und einer Nachspeise wie Baklava wieder ins Verkehrsgetümmel, lange Anfahrt zur iranischen Wirtschaftskammer. Nach einem sehr enthusiastischen Empfang mit Fernsehkamera und einer Unterzeichnung eines Memorandum mit Österreich gibt es wieder die Präsentation unserer Projekte und Firmen und dann habe ich dort einen Einzeltermin mit einem Geschäftspartner aus Gilan am Kaspischen Meer, mit dem ich schon lange in Kontakt bin. Ich habe einen eigens mit meinem Namen beschrifteten Raum und als ich dorthin geleitet werde, stehen vier Menschen drinnen auf, fallen mir- auch die Männer- um den Hals, präsentieren mir einen wunderschönen Strauß weißer Rosen und ich bekomme zwei Gastgeschenke, ein wunderschönes handgewirktes Tuch für den Tisch und ein Bild aus getriebenem Silber auf schwarzem Samt mit Rahmen. Ich bin überwältigt- sie freuen sich über die Überraschung und können nicht aufhören zu sagen, sie freuen sich so, dass ich nun wirklich gekommen bin. Es gibt Tränen der Rührung von der weiblichen Teilnehmerin.

Nun werden die Gespräche über eineinhalb Stunden bis zu einer Übereinkunft besiegelt mit Handschlag intensiv, konstruktiv und mit großer Ehrerbietung vor mir geführt und beschlossen, einen Vertrag zu machen mit bereits feststehendem Datum des Beginns der Zusammenarbeit. Bevor wir uns trennen müssen, weil mein nächster Termin und mein Auto schon warten, gibt es noch Fotos mit Geschenken und meinem Namensschild als Erinnerung für ihre Organisation, die ich auch bekommen soll und auf die ich mich freue.

Der Montag ist programmmäßig ebenfalls dichtgedrängt, es geht unter anderem zur Universität, wo der Gesprächsstil bereits amerikanisch locker ist und ich nach einem Angebot seitens der Universität liebevoll gefragt werde. „ Are you happy now?“

Ich habe mich lange nicht so bewusst wertgeschätzt gefühlt in Gesprächen mit Männern wie in diesen bisher geführten, und das, obwohl ich bewusst niemandem die Hand anbiete, um niemanden in Verlegenheit zu bringen, sie mir nicht geben zu dürfen. Ich sehe das bereits als Zeichen des Respekts einer Frau gegenüber an, dass man sie nicht berührt. Ich habe keinen einzigen dispektierlichen Blick eines Mannes weder zu mir noch zu anderen Frauen gesehen in diesen Tagen in Teheran- obwohl viel mit den Augen und dem Lächeln geflirtet wird…aber unschuldig.

Nun muss ich nach dem Essen noch alleine weiter zu einem Einzeltermin- das Auto der Wirtschaftskammer samt Fahrer steht zur Verfügung. Wieder eine lange Anfahrt und dann eine Institution die uns nützlich sein kann, unsere Lehrpläne sogar beim iranischen Unterrichtsministerium akkreditieren zu lassen. Es ist eine Dame, die federführend das Gespräch leitet, sie erinnert mich in ihrer Art ein wenig an meine in ihrem Beruf schon in den Jahren nach dem Krieg sehr anerkannte Mutter- einziger Unterschied ist das Kopftuch. Wir unterhalten uns zu siebt und ich bekomme alle Informationen über dieses Institut, das uns sehr nützlich sein kann, da es viele Zweigstellen für Bildungsangebote im Iran hat. Wir vereinbaren eine mögliche Vorgangsweise unserer Zusammenarbeit und ich habe beim Weggehen noch die Gelegenheit, mit der jüngeren Dame des Komitees privat bei einer Zigarette zu sprechen. Sie beklagt sich über den Kopftuchzwang, aber schöpft große Hoffnung aus dem Wahlergebnis, das ja für die Gemäßigten und die Reformpartei die Mehrheit gebracht hat. Wir tauschen unsere facebook- Adressen aus, versprechen in Kontakt zu bleiben, der Wagen holt mich und nun ist der letzte Fixpunkt gekommen: der Empfang von österreichischer Botschaft und Wirtschaftskammer unter der rot-weiß-roten Flagge mitten in einem Villenviertel in Teheran. Ich komme hin und die Tür steht bereits einladend offen, unser Kulturattache sagt gleich: „ Frau Pilshofer, das Tuch brauchen Sie bei uns nicht zu tragen, nehmen Sie es nun ruhig herunter! „ Es gibt Bier und Wein, iranische und österreichische Damen mit Abendrobe, tolle Gespräche sowie neue, überraschende Geschäftsoptionen, denen ich unbedingt nachgehen will, höchst interessante iranische Geschäftspartner mit großer Auslandserfahrung und viel Liebe zu Österreich, eine Unterhaltung, die mehrheitlich in perfektem Englisch geführt wird, es gibt ein köstliches Buffet. Es gibt neue Freunde. Der Abschied fällt schwer, als der Wagen zum Flughafen uns abholt.

Nun bin ich einen Tag zurück, um eine riesige und so positive Erfahrung mehr in nur zwei Tagen und habe das Wort meiner Tochter wieder einmal wahrgemacht, die einmal gesagt hat: „ Fahr nur, ich weiß, du kommst immer wieder zurück!“