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von Leonie Reschreiter

Seit beinahe 9 Jahren ist die Halleinerin Margarethe Wagner halbseitig gelähmt. Ihr Tagesablauf ist davon geprägt, sich in einem Rollstuhl fortzubewegen. Einen Tag lang habe ich sie und ihren treuen Gefährten, den Partnerhund Balu, begleitet.

Balu ist nicht nur Margarethes Freund und Helfer, er gibt ihrem Tag einen Rhythmus. Früh morgens steht sie auf und fährt mit ihm eine große Runde durch die Halleiner Altstadt spazieren. Heute hat sie sich außerdem mit ihrer „Seelenverwandten“ Gabi Weickl verabredet.

Für RollstuhlfahrerInnen reicht eine zu hoher Gehsteig oder ein Graben in der Straße, um nicht mehr weiter zu kommen. Auch wenn Margarethe einen elektrischen Rollstuhl hat, stellt bereits eine zehn Zentimeter hohe Kante ein unüberwindbares Hindernis dar. „Im Winter ist es noch viel schlimmer, dann muss ich mir eine Schneeschaufel mitnehmen. Wenn ich feststecke, frage ich Leute, die mir dann den Weg freischippen. Anders geht es nicht“, erzählt sie mir. Auch wenn sie die Wege kennt, die sie problemlos befahren kann, stört es sie dennoch, dass von den Geschäftsleuten und PolitikerInnen der Stadt Hallein so wenig Rücksicht genommen wird.

 

Einkaufen mit Rollstuhl – oft gar nicht so einfach. Und nicht alle Begegnungen sind freundlich

Nach dem Hundespaziergang wird für das Frühstück eingekauft. Während Balu am Eingang wartet, gehen Margarethe und Gabi Brot, Käse und Aufstriche holen. Auch das ist eine Herausforderung, denn die wichtigsten Produkte befinden sich in der Augenhöhe von stehenden Menschen und sind so zu hoch für Margarethe. Die Frau zuckt mit den Schultern, „Entweder ich bin mit Gabi unterwegs oder ich hole mir eine Bedienung, die mir heruntergeben muss, was ich brauche.“

Als ich gemeinsam mit der Rollstuhlfahrerin durch das Geschäft gehe, bemerke ich die verächtlichen Blicke einer Frau. Eine andere, der wir helfen wollen ein Produkt zu finden, beschimpft Margarethe. Diese seufzt: „Entweder ich schlucke oder ich rege mich über alles auf. Auch wenn es mir schwer fällt, will ich mir meinen Tag nicht versauen lassen.“ Beim Hinein- und Hinausfahren aus dem Geschäft piepst der Alarm. „Das passiert immer, weil ich meinen Rollstuhl klauen will“, lacht sie. Trotz aller Schwierigkeiten hat sie sich ihren Humor bewahrt.

Ihre Wohnung befindet sich etwas außerhalb der Halleiner Altstadt im sechsten Stock eines Wohnblocks. Es gibt einen Lift, aber wie sie erzählt, funktioniert dieser öfter nicht. Manchmal stecke sie bis zu einer Stunde fest und komme gar nicht außer Haus. „Ich bin praktisch eingesperrt. Wobei man sagen muss, dass ich generell eine Stunde früher aufbreche und mit Verzögerungen rechne. Oft ist die die Bus-Rampe kaputt oder Busfahrer fahren ohne mich los“, beschreibt sie mir die Situation.

Nach der Tour durch die Stadt macht Balu gern ein Schläfchen

In der kleinen Wohnung werden Margarethe, Gabi und ich von einer Katze, einer Hündin und einem Hasen begrüßt. Die Tiere sind ihre Freunde und immer für sie da. Vom Stadtspaziergang ist Balu müde und legt sich schlafen. Er achtet im Freien auf jede Bewegung seines Frauchens und ist sofort parat, sollte sie ihn brauchen. Abends wird Margarethe noch einmal eine Spazierrunde mit ihm gehen. Ihr Tagesablauf verläuft meistens gleich. Mit ihrer körperlichen Situation hat sie sich abgefunden. Womit sie sich nicht abgefunden hat, ist die gesellschaftliche Situation, in der sich Menschen mit Behinderung befinden.

Bei den einen ist sie zu sehen. Bei anderen ist sie nicht sichtbar. Die einen haben sie schon von Geburt an. Die anderen erwerben sie durch Unfall, Krankheit, Bestrahlung, Ansteckung und so weiter. Wovon die Rede ist? Die Rede ist von der sogenannten Behinderung.

Aber was ist eigentlich eine Behinderung? Die gesetzliche Version lautet „… eine mindestens sechs Monate andauernde funktionale Einschränkung …“ Dabei wird von rund 20% der Bevölkerung ausgegangen. Das sind rund ein Fünftel der Bevölkerung und wären in Österreich in etwa 1,72 Millionen Menschen. Eine sehr große Menge.

Das annehmen was da ist

Für die meisten Betroffenen heißt das, dass sie im Alltag auf irgendeine Weise eingeschränkt sind und nicht in derselben Art und Weise handeln können, wie Menschen ohne Behinderung. Manchmal ist die Behinderung aufgrund eines verwendeten Hilfsmittels, wie zB einen Rollstuhl, sofort zu erkennen. Bei anderen Menschen ist vielleicht ein verzögerte Reaktion oder ein schweres Atmen zu bemerken. Bei anderen wiederum ist für Außenstehende so gar nichts zu erkennen. Alle diese und noch unzählig viele andere Ausprägungen konnte sich keine der betroffenen Personen aussuchen und muss sich dennoch tagtäglich mit den jeweiligen Einschränkungen arrangieren.

Schon morgen kannst auch du dazu gehören

Jeder Mensch ohne Behinderung kann schon morgen als Mensch mit Behinderung gelten. Dazu braucht es nicht viel. Ein Unfall durch eigene Unachtsamkeit oder die eines anderen Menschen, eine Krebsdiagnose, vielleicht eine Ansteckung oder ein lauter Knall, der das Gehör zerstört. Es können aber auch ganz einfach Einschränkungen sein, die das zunehmende Alter mit sich bringt.

Menschen sollten Menschen in ihrer ganz individuellen Ausprägung wahrnehmen und als Teil unserer Gesellschaft akzeptieren. Die Gesellschaft ist einem ständigen Wechsel unterworfen. Menschen kommen, Menschen gehen. Dazwischen liegt die Vielfalt und die Ausprägung von Leben. Dazu gehören Erfolge, Katastrophen und eben auch Leben mit oder ohne Behinderung. Die Vielfalt macht unsere Gesellschaft bunt. Die Vielfalt macht Arbeitsplätze. Die Vielfalt macht das Leben spannend und lässt uns immer wieder Neues entdecken.

Einfach zum Nachdenken: Was denkt ihr, wie viele der Personen auf den Fotos haben eine Behinderung?


Ich erwähnte (nein, nicht klagte) ja schon, dass mein erster längerer Urlaub im Ausland holprig begann. [Lest hier Teil 1 und Teil 2 meines Berichts] Flug über mehrere Ecken, das erste Hotel nicht barrierefrei und nun auch noch am 3. Tag ein kaputtes Vorderrad bei meinem Rolli. Halleluja, so schwer bin ich nun auch wieder nicht! 102 kg bei 199 cm … alsgerade zart!

Am Vortag hatten wir ja schon versucht, telefonisch in Erfahrung zu bringen, wo wir meinen Ottobock (ja, der heißt wirklich so) reparieren lassen können. Leider ohne Erfolg. Also beschlossen wir, tags darauf unseren Portier um Hilfe zu bitten, dass er uns eine Stelle raussucht. Auch das war erfolglos. Also starteten wir los zur nächsten Apotheke. Die war schnell gefunden, aber die wussten auch nicht weiter. Also auf zur nächsten. Die war schon etwas abseits und in einem erschreckenden Zustand. Sowas hab ich noch nie gesehen, düster und mit abblätternder Wandfarbe. Natürlich auch ohne wirkliche Hilfe.
Zumindest erfuhren wir die Adresse einer anderen Apotheke, die vielleicht weiterhelfen kann. Noch nahmen wir es mit Humor. Das Handy lotste uns durch das Straßengewirr, aber das Lächeln verging uns, als wir um die nächste Kurve bogen. Das Altstadtviertel in dem wir uns bewegten, war sehr hügelig, ja gar bergig! Die Straßen von San Francisco sind ebene Boulevards dagegen. Oben erwähntes Gewicht wirkte da nicht mehr so zart. Die Schwerkraft forderte ihren Tribut. Natürlich konnte ich da unmöglich alleine rollen. Ich wurde daher geschoben. Zum Glück war das Frühstück üppig und die Schiebenden kräftig. Allerdings nicht geräuschlos! Das Schnaufen glich einer Turbine und der heiße Atem war wie ein Nackenföhn. Für so was bezahlt man bei modernen Cabriolets Aufpreis.

Wir hatten schon einige Höhenmeter geschafft

Oben angekommen, präsentierte sich ein wunderschöner Platz mit Straßencafes und Brunnen. Wir verschnauften ein wenig und sahen uns um. Der Ausblick war faszinierend. Weiter gings über den Platz in eine schmale Straße. Und hier wurde es auf einmal sehr interessant. Altes Gemäuer, teilweise ziemlich marode, aber viele mit wunderschönen Grafittis. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Robert von solongsuckers zeigt in seinem Artikel Sprühendes Marseille tolle Bilder davon. Diese optische Bereicherung tat gut und bald darauf fanden wir auch die beschriebene Apotheke. Eine moderne – mit tatkräftigen, freundlichen Mitarbeitern. Die konnten uns zwar nicht mit einer Reparatur dienen, aber dafür mit was? Richtig, mit einer Adresse.
Also wieder los, von unseren Handys geleitet. Auf dem Weg kamen wir an einer anderen Pharmacie vorbei und Robert ging einfach auf gut Glück rein. Kurze Zeit später kam er mit dem Apotheker raus. Ein Glücksgriff! Noch auf dem Trottoir telefonierte der Ap0theker mit mehreren Stellen und bat uns anschließend noch ins Geschäft. Er notierte uns die richtige Adresse und vereinbarte dort, dass wir in ca. 20 Minuten kommen würden. Auch ein Taxi bestellte er uns gleich. Wir waren begeistert von diesem tollen Menschen mit seiner wunderbaren Art zu helfen.

Am Schluss hatten wir uns etwas Süßes verdient

Bei der angegebenen Adresse angekommen, wurden wir bereits erwartet. Und das obwohl schon Mittagspausenzeit war. Nach sagenhaften 10 Minuten war alles erledigt. Mein Rolli hatte zwei neue Vorderräder. Wir fragten nach der Rechnung, doch der freundliche Rollstuhlmechaniker verlangte nur 10 Euro. 10 Euro? Auf Nachfrage meinte er, das ist nur für die Arbeit, die Räder gibt er uns gratis, die hat er von einem anderen, gebrauchten Rollstuhl abmontiert. Gratis! Wo gibts denn so was? Sensationell! Auf dem Weg zurück beschlossen wir noch im Taxi, dass wir dem Apotheker, der uns diese hervorragende Werkstatt vermittelte, ein Dankschreiben samt Salzburger Mozartkugeln schicken werden.

Glücklich und froh, dass wir es doch in relativ kurzer Zeit schafften, beschlossen wir, diesen Tag gänzlich Marseille zu widmen. Es gab noch viel zu sehen und auch kulinarisch wurden wir nicht enttäuscht.

Neu bereift und leicht rollend ging es weiter durch den Süden Frankreichs, natürlich teile ich meine Freude gerne wieder in Teil 4.

Mitte Januar wurde ich von einem lieben Freund angerufen. Es war ein kurzes Palaver, mir wurde mitgeteilt, dass ich mir vom 8. bis 17. April Zeit nehmen und mir das in den Kalender eintragen soll. Nun, die Verbindung hier in Grödig ist nicht immer die Beste, ich verstand vom 7. bis zum 10. April. Gut, dachte ich, fahren wir also da zum Gardasee, wie im Vorjahr schon mal für heuer geistig gesponnen. Ich fragte danach und bekam die Antwort: „Nein, nicht zum Gardasee. Nach Südfrankreich!“ „Hmmmm“, kam es mir über die Lippen. Vier Tage ist ein bisserl knapp für Südfrankreich. Jetzt wurde der 17. April noch mal laut und deutlich erwähnt. Huch! Sogleich bekam ich Schnappatmung! Wie? Was? Wiiie lange? Mit dem Automobil? Ja, es war tatsächlich der Zeitraum und nein, nicht mit dem Wagen, sondern mit dem Flugzeug!

Wieder einmal mit dem Flugzeug verreisen – zum ersten Mal seit 8 Jahren

Nun hatte ich ja ein Quartal Zeit, mein zartes Gemüt darauf vorzubereiten. Aber nach kurzer Zeit wich der Bammel der Freude. Ich erwarb einen Reiseführer und informierte mich in den Weiten des Internets, wie man denn mit einem Rolli reist. Just drei Tage vor Abreise postete der Salzburger Flughafen auf Facebook ein Video, wie Menschen mit Rollstuhl ins Flugzeug gebracht werden. Sehr spannend und fast ein bisserl First Class. Man kommt separat und als erstes ins Flugzeug.

Am Tag vor unserer Abreise teilte uns die Dame unseres Vertrauens vom Stammreisebüro mit, dass Air Berlin den Flug Salzburg Düsseldorf ersatzlos gestrichen hat – und das um 17:50 Uhr. Mann, da war die Aufregung groß! Die Gute machte Überstunden und letztendlich konnte die Reise doch noch am Samstag angetreten werden, nur halt den ganzen Tag dauernd. Geplant war Salzburg-Düsseldorf-Nizza, nun flogen wir Salzburg-Frankfurt-Stuttgart-Nizza. Mit drei verschiedenen Airlines. Das nenn ich aufregend!

Am Flughafen angekommen waren wir alle gut gelaunt, die Luft ist schon eine ganz andere. Wohlgeruch schwängerte die Luft. Gleich mal eingecheckt, durch die Sicherheitskontrolle und im Wartebereich ein zweites Frühstück genommen. Dann war es so weit. Ich wurde von den Wartenden separiert und in ein spezielles Gefährt gerollt. Über das Rollfeld gefahren und mittels Hydraulik direkt an die Eingangstüre des Flugzeuges gedockt. In dem Hubwagen musste ich auf einen speziellen, sehr schmalen Rollstuhl umsteigen. Mein Rolli kam in den Frachtraum. Ruckzuck war ich im Flugzeug und auf meinem Platz. Ein Fensterplatz. Den wollte ich sowieso, erfuhr später aber auch, dass unsereins immer einen hat, damit andere Passagiere nicht eingeschränkt werden. Wenn zum Beispiel wer auf die Keramik muss. Man kann natürlich auch boshaft sagen, bei einer Notlandung sollen erst die Gehenden fliehen können und den Maroden zerren wir zum Schluss raus. Aber so denke ich natürlich nicht!

Im VIP-Fahrzeug für Rollstuhlfahrer

Der Flug nach Frankfurt war denkbar kurz. Kaum auf Reiseflughöhe ging es schon wieder in den Sinkflug. Hüpf quasi! In Frankfurt war es toll und interessant für mich. Ich wurde aus dem Flugzeug geholt, da jetzt natürlich als letzter, und in einen Mercedes (Transporter) gehievt. Der Frankfurter Flughafen ist dermaßen groß, da fährt man schon eine zeitlang. In meinem Fall zum VIP Bereich direkt am Rollfeld zur Passkontrolle. Man, das hat schon was, das First Class Reisen: roter Teppich und Limousinen von Bentley und BMW der 7er Reihe. Das erlebe ich hoffentlich auch noch mal in diesem Leben. Der Fahrer brachte meinen Pass und mein Flugticket zur Kontrolle und weiter ging es zum Flugzeug. Schnell von Frankfurt nach Stuttgart und von dort weiter nach Nizza.

Endlich in Nizza angekommen hieß es sich erstmal orientieren, wo ist der Ausgang und der Autoverleiher. Wir landeten beim Terminal 1, der Verleiher war bei Terminal 2. In Salzburg zu Fuß erreichbar, in Nizza braucht man hierzu eine Viertelstunde mit dem Bus. Bei diesen Bussen fährt die Rollstuhlrampe elektrisch aus. Die Verleihstation wurde relativ schnell gefunden. Den Voucher für den gebuchten Wagen vorgelegt und wir erhielten den Wagenschlüssel. Leider nicht ganz ohne Komplikation, aber das erzähle ich im zweiten Teil. Unser Wägelchen, ein Blau-Metalise farbener Citrööön C4 Gran Picasso, war nagelneu. Ich liebe neue Autos, kann ich doch da als erstes in die Polster furzen. Dies tat tatsächlich einer meiner Freunde zuhauf.
Das Navi, wir tauften es Lieutenant Uhura, stellten wir auf Marseille ein und fuhren direkt dort hin.

Am Abend angekommen stellten wir fest, dass unser Hotel keinen Parkplatz hatte. Wir fuhren also gleich in eine nahegelegene Tiefgarage. Mit Sack und Pack ging es dann zum Hotel. Die Rezeptionistin war freundlich und gab uns unsere Schlüssel. Mir den zu meinem vorbestellten barrierefreien. Meines war im ersten Stock situiert, die der anderen verteilt auf die anderen Stockwerke. Beim Öffnen meines Zimmers traf mich fast der Schlag! Ein Mickey Maus-Zimmer, so klein, dass ich nicht mal zum Fußende des Bettes rollen hätte können. Geschweige denn jemals ins Bad. Was aber auch nicht gegangen wäre, hätte ich dort hinfahren können. Die Türe war viel zu schmal. Also blieb ich mitsamt Gepäck der anderen im Flur des ersten Stocks und hörte, wie die anderen mit der Dame am Empfang diskutierten. Die Gute hatte mir doch tatsächlich einen Schlüssel zu einem normalen Zimmer gegeben, da die vorhandenen drei barrierefreien Zimmer belegt waren. Ich weiß nicht, wie sich manche ein Leben im Rollstuhl vorstellen!

Herbergsuche mit Robert und Robert von solongsuckers.us

Die Diskussion im Parterre wurde immer lauter, ein Mix aus Englisch und Französisch. Letztendlich schickte uns die Rezeptionistin von diesem Hotel in ein anders, mit dem sie noch vorher telefoniert hatte. Dieses hatte auch tatsächlich ein rollstuhlgerechtes Zimmer. Hier checkten wir alle ein, mussten aber hier noch einmal bezahlen. Das schon bezahlte Geld holen wir uns von dem anderen Hotel zurück.

Halleluja! Endlich angekommen und die Fussi hochgelegt. Jetzt kann der Urlaub beginnen. Allerdings war der holprige Start noch nicht alles. Ich hab noch einiges zu erzählen. In Teil 2. Und 3. Und 4 und und und.

Wer regelmäßig zartbitter liest, wird sich bei der Überschrift denken: „Mei, was ist ihm denn jetzt wieder passiert, dem armen, alten Zausel?“ Momentan gibt es von meiner Seite aus im Umgang mit mir nichts zu meckern. Seit meinem letzten Telefonat mit der Direktion fruchtete scheinbar mein Anliegen und es wird zum Beispiel die Rampe zum Einschieben des Rollwagerls nicht mehr aus halber Höhe mit Getöse fallen gelassen, es wird so sanft wie möglich zu Boden geführt.

Heute gab es wieder einmal etwas, das mich schon vor einiger Zeit in Rage brachte. Und in diesem Fall gehts um einen anderen Rollstuhlfahrer.

Gratis ist ja mein Zauberwort, aber …

Leb dein Leben so, dass du dich in den Spiegel schauen kannst – denk ich mir

Leb dein Leben so, dass du dich in den Spiegel schauen kannst – denk ich mir

Ich wohne ja in einem so genannten betreubaren Wohnen, die Anlage nenne ich charmanterweise lieber „Schattige Pinie“. Ältere Golden Girls-Fans wissen, warum. ☺ In diesem Haus wohnt auch ein anderer Rollstuhlfahrer. Man sieht sich hie und da beim Briefkasten oder durch Zufall zur selben Zeit an der Bushaltestelle. Vor einigen Monaten war es so, dass wir just denselben Bus brauchten. Zum Glück besaß dieser eine ausreichend große Fläche für zwei Rollstühle. Nach dem Studium der Tarifseite des Salzburger Verkehrsverbundes, bestellte ich beim Chauffeur brav die von mir gewünschte Fahrkarte. „Tageskarte Minimum mit Umsteigen bitte“, tat ich mit meiner mir angeboren sonoren Stimme meinen Ticketwunsch kund. Kam doch damals glatt von meinem Nachbarn hinter mir mit seiner prägenden Stimme die Frage, warum ich denn bezahle?! Er bezahlt nie etwas, es hat auch noch kein Fahrer von ihm etwas verlangt. Daraufhin kam ich mit ihm diesbezüglich ins Gespräch, weil ich ein Stück weit verunsichert war und dachte, ich hab die Tarifbestimmungen nicht genau genug gelesen. Sachdienliche Hinweise diesbezüglich kamen vom Nachbarn allerdings nicht. Nur die profane Aussage: „Ich sitze im Rollstuhl, ich hab noch nie etwas bezahlt!“

Hmmmmm … Ich beließ es dabei und rief tags darauf beim Salzburger Verkehrsverbund an. Die überaus freundliche Dame klärte mich auf, dass man auf alle Fälle bezahlen muss, allerdings nur den Minimum-Tarif. Das ist in der Regel der halbe Preis. Begleitpersonen fahren kostenlos mit, wenn im Behindertenausweis der Vermerk steht „Inhaber bedarf einer Begleitperson“. Meine Frage, ob auch die Möglichkeit besteht, gänzlich gratis zu fahren, verneinte die auskunftsfreudige Dame. Der Minimum-Tarif ist eh günstig und ein gutes Entgegenkommen.

Geizig, arm oder doch nur stur?

Heute, nahm also mein anstrengender Nachbar wieder denselben Bus wie ich. Kaum im Bus an der Behindertenbucht angekommen und die Bremse angezogen, zückte ich einen 5 Euro Schein und überreichte ihn mit meinem Ticketwunsch dem Fahrer. Prompt keppelte hinter mir der Nachbar wieder, warum ich denn bezahle. Er macht das nie. Ich erklärte ihm wieder einmal, was in den Tarifbestimmungen steht. Man muss sehr wohl bezahlen, ebenso bestätigt durch das Telefonat. Das interessierte ihn wieder nicht. Er sagte mit einer unglaublichen Präpotenz: „Ich habe bisher nichts bezahlt, ich zahle auch zukünftig nichts!“ Solange der Fahrer nicht beim Einrollen kassiert, zahlt er nichts.

Ich finde, es ist nicht Sache des Fahrers, jedes Mal nach einer Karte zu fragen. Schließlich gibt es ja reichlich Monats- und Jahreskarteninhaber. Ich war alsgerade wütend und fuhr ihn lautstark an, dass ich sein Verhalten unmöglich finde und der Busunternehmer ja nichts dafür kann, dass er im Rollstuhl sitzt. Auf meinen Vorschlag, er möge doch bei der Zentrale anrufen und sich beraten lassen, ging er nicht ein. Danach war eisige Stille. Normalerweise erzählt der Nachbar stets ohne Punkt und Komma drauf los.

Ob Rollstuhl oder nicht: Es eine Frage des Anstandes für die Fahrt zu zahlen – so wie für alle konsumierten Leistungen. Wer Rollstuhl fährt ist nicht automatisch zu arm, um sich einen Busfahrschein zu leisten. Das Verhalten meines Nachbarn finde ich daher wirklich beschämend. Es handelt sich hier einfach um Schwarzfahren – da gibt es keine Ausreden. Ich wünsch ja niemandem was Schlechtes. Aber ich hoffe, er wird eines Tages dabei erwischt.

Ich bin ja seit meiner austherapierten Krebserkrankung aufgrund der Chemo-Nachwirkung auf den Rollstuhl angewiesen. Jetzt heißt es wieder gehen lernen. Das schon sichtbare Licht am Ende des Tunnels, lässt mich Hoffnungsschwanger meine Trainings und Physiotherapien absolvieren. Das nur zur Info für alle, die meine früheren Beiträge dazu auf zartbitter nicht kennen.

Als umsichtiger Mensch halte ich nicht nur nach etwaigen neuen Trainingsmethoden Ausschau, sondern auch auf diverse Hilfsmittel, die weltweit angeboten werden.

Christian FussiDank unbegrenztem Internetzugang stöbere ich gerne auf diversen Seiten. Auch bekomme ich den einen oder anderen Newsletter zugesandt. In einem davon entdeckte ich wunderbare und in meinen Augen auch wunderschöne Sportschuhe! Original DDR-Modelle von Carl Häßner, der 1897 die Zeha Ledermanufaktur gründete. In den 60er Jahren wurden alle DDR-Sportler mit den Zeha Sportschuhen ausgerüstet.

Mittlerweile ist ja weitläufig bekannt, dass in der untergegangenen DDR das Doping nicht nur opportun, sondern auch von ganz oben gewünscht war. Man wollte unbedingt dem dekadenten Westen zeigen, dass der Sozialismus in allen Bereichen überlegen ist. So manche erinnern sich noch das nasale Geplärre vom alten Zausel Ulbricht: „Nieeeemand hat die Absicht, unsere Sportler zu dopen!“ Hat Ulbricht gar nie gesagt? Stimmt. Diese Nichtabsichtserklärung war ja wegen der Mauer!

Nach diesem ganz kurzen Umschweif sind wir auch schon beim eigentlichen Thema dieses Beitrags. Auch wenn die besagten DDR-Sportler meist gedopt waren: Vielleicht trugen die berühmten Häßner Schuhe ja auch zum Erfolg bei?
Wunderbar überwiegend in Handarbeit in Leder gearbeitet, machen sie hoffentlich nicht nur schöne Fussi, sondern verhelfen mir durch das in Kalbsleder eingearbeitete Fußbett zu einem schönen, aufrechten Gang! Quasi mein Dopingmittel um in den Tritt zu kommen!

Zeha Berlin gibt es heute noch und die damaligen Schuhe erleben in den verschiedensten Farben ein Revival.