von Thomas Höllerer

Es war vergangenen Freitag im Vereinszentrum der Homosexuellen Initiative (HOSI) in der Gabelsbergerstraße und es war der Vorabend vom HOSI Fest. Ich und einige Kolleg*innen waren gerade schwer mit den Vorbereitungen dieses großen Events beschäftigt und natürlich ging es wie immer etwas hektisch zu, damit für den nächsten Tag alles vorbereitet ist. Also fuhr ich mit einem Kollegen noch zum Großhandel, um Einkäufe zu erledigen und erst dort merkte ich das Missgeschick: Ich hatte meine teure Tasche samt mehreren Kreditkarten, Bankomatkarten, Buchhaltungsbelegen, iPad sowie Bargeld auf der äußeren Fensterbank des Vereinszentrums stehen lassen. Ich rief sofort in der HOSI an, doch die Tasche war weg! Der Schock war groß und beim Gedanken an den materiellen Verlust und den zeitlichen Aufwand, der auf mich zukommen würde, wurde ich wütend, frustriert und traurig.

Serag, der ehrliche Finder

Natürlich gingen wir von einem Diebstahl aus, welcher in der stark frequentierten Straße absolut im Bereich des Möglichen liegt. Wir fuhren sofort zurück in die Stadt, suchten erfolglos die Gegend um das Vereinszentrum ab und ich erstattete Anzeige bei der Polizei in Gnigl. Wieder im Vereinslokal bemerkten wir einen Mann, der durch die Glastür schaute, schließlich hereinkam und mich fragte, ob ich etwas verloren hätte. Es war ein syrischer Mann namens Serag A., der die einsame Tasche bemerkte und zur Polizeiwache am Bahnhof gebracht hatte. Meine Erleichterung war riesig und ich bekam die Tasche samt vollständigem Inhalt wieder. Hätte dieser Mann nicht so ehrlich und couragiert gehandelt, wären diese Wertsachen womöglich für immer verschwunden. Ich bedanke mich hiermit nochmal herzlich bei Serag und möchte durch dieses Erlebnis auch dazu aufrufen, mehr über schnell gefasste Vorurteile und Hetze gegenüber Menschen mit ausländischen Wurzeln nachzudenken.

Lieber Feysal,

als ich dich gerade im Supermarkt am Bahnhof bei deiner Arbeit getroffen habe und wir einen kurzen Tratsch hielten, habe ich beschlossen dir diesen offenen Brief zu schreiben. Du fragst dich jetzt sicher, warum macht die Anja das? Weil ich stolz bin auf dich Feysal. Und weil ich dich brauche. Vor vielen Jahren habe ich dich als schüchternen Jungen aus Somalia kennen gelernt. Du warst ein sogenannter UmF, ein unbegleiteter minderjährig Flüchtling. Eine liebe Freundin hat dich mir vorgestellt. Da warst du gerade dabei den Pflichtschulabschluss zu beginnen. Dein Deutsch war, jetzt kann ich es ja sagen, sehr ausbaufähig. Deine Sorge galt immer deiner Familie, Mama, Papa und den Geschwistern. Deine Gedanken waren immer bei ihnen. Trotzdem hast du dich durchgebissen, den Hauptschulabschluss geschafft und eine Lehre begonnen. Ein halbes Jahr hattest du einen kleinen Durchhänger, da hat dich das Lernen nicht mehr gefreut. Aber dann bist du nochmals durchgestartet, hast die Lehre abgeschlossen, deine Frau kennengelernt und bist Vater geworden. Deine Geschwister sind jetzt auch hier, genau so fleißig wie du.

Es braucht viele Feysals

Und heute im Supermarkt hast du zu mir gesagt: „Anja, wenn du mich brauchst für ein Interview oder so, ich bin immer für dich da.“ Ja Feysal, jetzt auf dem Nachhauseweg ist mir klar geworden, dass ich dich brauche. Als Vorbild, Neudeutsch Role Model, für andere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie können es auch schaffen. Und als Beispiel für meine Kolleginnen und Kollegen aus der Politik. Ein Mensch, der eine Chance auf Bildung erhält, wird sie in den meisten Fällen nutzen. Noch immer hängt das für junge Flüchtlinge vom Zufall ab, denn ein Programm für alle gibt es immer noch nicht. Du hattest damals die Chance bekommen, du hast sie genutzt, lieber Feysal. Du bist ein Vorbild. Aber  viele hatten und haben nicht einmal die Chance, weil es keine Rahmenbedingungen gibt, die für alle jungen Flüchtlinge da und gleich sind. Lieber lässt man sie die Tage vergeuden, herumsitzen und fordert sie nicht. Feysal, du bist ein Beispiel dafür, was endlich Normalität werden sollte. Deutsch lernen, Pflichtschule nachholen, eine Ausbildung machen, arbeiten  und Teil der österreichischen Gesellschaft werden. So wie du Feysal!  Dein Beispiel soll helfen, dass viele diese Möglichkeit bekommen.

Weiterhin alles Gute dir und deiner wachsenden Familie ;)

Auf bald!

Anja

Mir ist heute mal ganz kurz das Frühstückskipferl im Hals stecken geblieben, als ich die Tageszeitung aufschlug. Im Lokalteil wird prominent auf Seite 2 und 3 darüber philosophiert, dass es mit der Integration der Türken noch immer nicht funktioniert. Das sehe man besonders in den Schulen. Und ein ranghoher Salzburger Politiker sagt da, dass man den Türken endlich mal erklären müsse, dass Lehrerinnen keine Menschen zweiter Klasse seien. Und mit Erstaunen stellt man fest, dass Kinder in den Kindergarten kämen, die nicht Deutsch können. Und überhaupt sagt der Landesschulratspräsident, wir reden mal mit den Eltern, wenn dann die Väter die Hilfe nicht annehmen, dann hätte man es zumindest mal probiert. Das nennt man scheint’s im Land Bildungs- und Integrationspolitik!

Die Integrationsmottenkiste aus den 1990er Jahren

Jetzt hab ich das Frühstückskipferl runtergeschluckt und stelle fest. 25 Jahre bin ich in der Integrationsarbeit tätig. Diese Aussagen sind aus der Integrationsmottenkiste der 1990er Jahre.

Ja Probleme gibt es, das ist mir klar und vielen anderen auch. Wir sprechen das auch immer wieder an und versuchen mit vielen Maßnahmen und Projekten es besser zu machen. Sprachdefizite, Uninformiertheit, manchmal auch die Weigerung sich für die Entwicklung  der eigenen Kinder zu interessieren. Auch Vernachlässigung, Gewalt in der Familie, das Nichtaufgeben von Traditionen, die unserem Wertesystem widersprechen. Das gibt es, bei Türken, Österreichern, Briten, Finnen, Afghanen und allen anderen. Da könnte unser Jugendamt  ganz viel erzählen. Aber sie an einer einzigen Gruppe festzumachen und Vorurteile weiter zu tragen ist schon heftig. Kinder, deren Eltern bildungsfern sind, haben größere Schwierigkeiten den Bildungsaufstieg zu schaffen. Egal welcher ethnischen Herkunft die Kinder sind.

Guten Tag Hoca!

Und als ehemalige Lehrerin sei allen ins Stammbuch geschrieben: Ja manchmal mag jemand eine Lehrerin nicht, manchmal sagt jemand, die sei unfähig, weil sie eine Frau ist. Pauschal zu sagen Türken sehen Lehrerinnen als Menschen zweiter Klasse ist weit hergeholt. Ich erinnere mich an den Respekt, der mir insbesondere auch von Türkinnen und Türken als Lehrerin entgegengebracht wurden. Noch heute werde ich manches Mal auf der Straße von ehemaligen Schülerinnen mit Guten Tag Hoca (türk. Für Lehrerin) angesprochen und voller Stolz wird mir erzählt, wie toll sie jetzt Deutsch gelernt hätten und die Kinder seien in der HTL oder im Gymnasium.

Ans Herz gelegt sei allen das statistische Jahrbuch aus dem Integrationsministerium. Als Beispiel hier die Entwicklung des Bildungsstandes der ÖsterreicherInnen und der Zugewanderten, Seite 49 im Bericht:

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von Dr. Muhran Muhran
Nach der Erklärung der Islamischen Republik Iran 1979, gab es viele islamisch politische Bewegungen, die sich in der Folge zu zahlreichen, unter anderem aggressiven, fanatischen, radikalen und terroristischen Parteien entwickelten. Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte breiteten sie sich weitgehend aus, verwendeten Waffengewalt und brutale Morde, um lokale und regionale Kriege hervorzurufen, alles unterstützt durch völlig nicht-islamische Transparente und verfälschte Sprüche. Schlussendlich schlossen sich diese Kämpfer zu armeeähnlichen Truppen zusammen, unter denen der IS und Al Kaida zu den Bekanntesten zählen. Durch die Aktivitäten dieser Islamistischen Politischen Parteien (IPP) wurde das Prestige der tatsächlichen islamischen Religion zutiefst zerstört, falsche Ansichten, schlechte Eindrücke und eine sehr negative Einstellung gegenüber der islamischen Religion sind die Folge. Heutzutage scheint das Wort „Islam“ schon ein Synonym für Terror und brutales Töten zu sein, vor allem seit dem 11. September.

Klarstellung der islamischen Geistlichen notwendig

Achtlos ihrer veröffentlichten Politik, ihrer Popularität, ihrer militärischen Macht und der religiösen Titel ihrer Führer, sind die IPP nichts als Organisationen, die aus grausamen Terroristen bestehen, aus extremen Fanatikern, aus Aktivisten mit ausländisch motivierten Absichten, aus Kriegskämpfern und korrupten Geschäftsleuten.

Man könnte die IPP als militarisierte, terroristische Institutionen beschreiben, die weder politische, noch religiöse Programme vorweisen können. Es ist notwendig, dass die islamische Geistlichkeit den Unterschied zwischen Islam als Religion und Islam als politische Partei klarstellt, sodass die islamische Religion und ihr heiliges Buch Koran von dem negativen Verhalten und den schlechten Taten des politischen Islams unterschieden werden kann. Wir sind davon überzeugt, dass es unter keinen Umständen auch nur die geringsten Zusammenhang zwischen der Demokratie und der Agenda der islamisch politischen Institutionen gibt, weswegen wir sie hier völlig ignorieren.

Fünf Unterschiede zwischen Demokratie und Islam

Dennoch ist das Zusammenspiel zwischen der Demokratie und dem Islam – der himmlischen, monotheistischen Religion – möglich, solange ihre Konzepte direkt mit dem Interesse der Menschen verbunden sind, trotz der Unterschiede in den folgenden Punkten:
1.       Die Demokratie ist ein von menschlicher Gesellschaft erschaffenes Projekt und wurde in allen Sprachen für alle Menschen festgelegt. Der Islam ist ein aus dem Himmel stammendes Projekt Gottes, welches durch den Koran nur eine kleine Anzahl an Menschen erreicht, da dieser in der arabischen Sprache verfasst wurde und jegliche Übersetzung strengstens verboten ist.

2.       Die Demokratie erkennt die permanente Evolution der menschlichen Gesellschaft an, wohingegen sich der Islam jeder Entwicklung, die von denen im Koran festgelegten Lehren Gottes abweicht, entzieht.

3.       Die Demokratie richtet sich nach den Interessen der Menschen auf der Erde, wohingegen sich der Islam hauptsächlich mit dem Leben nach dem Tod beschäftigt.

4.       Die Demokratie wurde als politisches Instrument erschaffen, um die Gesellschaft zu leiten und erlangte später neue humanitäre, fundamentale Konzepte, wie zum Beispiel soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung der Geschlechter, die Anerkennung der Meinungs- und Glaubensfreiheit, das Menschenrecht einen Lebenspartner zu wählen – gleichgeschlechtliche Partnerschaften eingeschlossen –, die Abschaffung der Rassendiskriminierung und schlussendlich auch die Abschaffung der Todesstrafe innerhalb der EU Staaten. Der Islam hingegen bleibt bei den Lehren Gottes, welche vor 14 Jahrhunderten formuliert wurden, dies bedeutet keinen Fortschritt, keine gesellschaftliche Evolution.

5.       Der Gemeinschaftsgedanke entwickelt sich kontinuierlich weiter, die Demokratie bewegt sich ständig vorwärts. Der Islam befindet sich bis heute in einer stillstehenden Lage.

Die Notwendigkeit und Hoffnung auf eine islamische Reformation

Aufgrund der fünf zuvor erwähnten Punkte, wird der Spalt zwischen Demokratie und Islam von Generation zu Generation immer größer. Ein Überwinden dieser Situation benötigt muslimische Reformatoren. Es benötigt die weltweiten Demokraten, die islamischen Geistlichen, die friedlichen Männer und Frauen moderater islamischer Parteien und islamischer akademischer Institutionen, welche ihr Potenzial zusammenschließen müssen und nur gemeinsam einen Kampf gegen diesen „islamischen Terror“ und die gleichzeitige Islamophobie gewinnen können. Sie sollten gegen die staatsfeindliche, destruktive und radikal religiöse Ideologie vorgehen, um Frieden für alle Menschen auf dem Planet Erde garantieren zu können. Dann ist vieles möglich.

Heute hatte ich ein kurzes aber sehr eindrückliches Erlebnis am Salzachsee. Ein kinderfeindliches. Ich hab mich so geärgert, dass ich das unbedingt auf Facebook teilen musste.

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Selten, dass eine Facebook Status-Meldung von mir so viele Likes und Kommentare bekommt. Auch Persönliche Nachrichten kamen hereingerauscht. Und das Erlebnis hat mich den ganzen Tag immer wieder beschäftigt. Weil ich es absolut nicht verstehen kann, wie man so grantig auf Kinder reagieren kann, die gar nix, aber rein gar nix machen. Keinen Laut von sich geben, brav im Wasser stehen, nicht pritscheln oder sonst einen Spaß machen. Und die Rückmeldungen zeigen mir, dass das nicht ein Einzelerlebnis war. Und eine Frage beschäftigt mich. Was wollen Menschen von der Zukunft, wenn sie so auf Kinder reagieren? Irgendwie sind die ja die Zukunft. Es sind die gleichen Menschen, die sich dann ganz furchtbar aufregen, wenn ein junger Mensch ihnen im Obus keinen Platz frei macht. Wen wunderts?

Mehr Kinderfreundlichkeit ist gefragt

Kinder lernen Respekt, Freundlichkeit und Miteinander nicht vom Verhalten der Spanischen Wegschnecke sondern von den Erwachsenen, denen sie begegnen. Und darum können wir nur eine respektvolle Zukunft miteinander haben, wenn wir Kinder mögen, ihnen auch mit Respekt begegnen, ganz einfach kinderfreundlich sind. Und ich freue mich über alle, die sich bemühen, genau das zu leben. Denn wenn wir „unsere Kinder“ nicht mögen, dann können wir den Laden zudrehen, dann haben wir als Menschen versagt. Darum  brauchen  wir mehr Kinderfreundlichkeit in Salzburg und dazu müssen wir alle miteinander beitragen. Damit Erlebnisse, wie das am Salzachsee einfach der Vergangenheit angehören!

von Nedžad Moćević

Es vergeht beinahe kein Tag, ohne dass ich an diesen gebrechlichen, alten Mann denke, wie er von zwei Sympathisanten des IS gedemütigt und ermordet wird. Teil meiner Arbeit ist es zu verstehen warum Menschen so etwas tun, darum soll es hier in erster Linie jedoch nicht gehen. Diese Schreckenstat warf in mir aufs Neue die Frage auf, wie um alles in der Welt man das „im Namen des Islams“ und in Berufung auf die „islamische Tradition“ ausführen konnte. Dabei musste ich insbesondere an folgende Erzählung denken:

Ein Kalif mit großem Respekt vor dem Christentum

Der Geschichtsschreiber Ibn Khaldun (1332-1406) überliefert folgende Begebenheit: als Omar, der zweite Kalif (Nachfolger Muhammads), im Jahr 638 Jerusalem eroberte, bot ihm der Patriarch (christliches Oberhaupt) von Jerusalem einen Stadtrundgang an. Als die Zeit zum Gebet kam, machte der Patriarch den Kalifen das Angebot in der Grabeskirche Jesu zu beten. Omar lehnte ab mit folgender Begründung: „Wenn ich in der Kirche beten würde, würden es vielleicht die Muslime zur Moschee machen.“ Seine Sorge war es, dass die MuslimInnen nicht zu späterer Zeit Anspruch auf das Gebetshaus erheben, weil der Kalif dort einst betete.

Omar gab außerdem folgendes Versprechen den ChristInnen von Jerusalem: „Das ist die Sicherheitsgarantie, die der Diener Gottes, Omar (…) den Menschen von Jerusalem gegeben hat. Er gewährt ihnen Sicherheit für ihr Leben, ihren Besitz, ihre Kirchen, ihre Kinder, die Kranken und Gesunden der Stadt (…). Ihre Kirchen dürfen nicht beschlagnahmt, zerstört, entheiligt oder entwürdigt werden – das Gleiche gilt für ihre Kreuze und ihr Geld. Sie dürfen weder gezwungen werden ihre Religion zu verändern noch darf keinem von ihnen Schaden zugefügt werden.“

Frieden zwischen den Religionen? Unerwünscht?

Mir geht es hierbei nicht alles schön zu reden und zu behaupten, dass diese Zeiten nur von Toleranz und Respekt geprägt waren aber auf solche Worte zu Beginn des sogenannten „dunklen“ Mittelalters zu stoßen, versetzen einen durchaus in Staunen.

Heute, mehr als tausend Jahre später, sind wir Zeugen eines anderen „Kalifen“, der sich auf den oberen beruft: Abu Bakr al-Baghdadi beansprucht der neue „Führer der Gläubigen“ zu sein und ruft die MuslimInnen weltweit auf sich ihm anzuschließen. In Vergleich zu ihm wirkt sein mittelalterliches Vorbild geradezu modern.

Hier wird deutlich, dass es bei der Ermordung des Pfarrers in Wirklichkeit auch gar nicht um Religion oder irgendeine Tradition geht. Der Terrorismus versucht nämlich zurzeit den eigenen Zorn und Hass zu exportieren. Er will uns verführen uns gegenseitig zu hassen, indem TerroristInnen Identifikations-Figuren wie zB. Pfarrer Jacques Hamel demütigen und töten. Seine Mörder sind sich dessen völlig bewusst, dass, wenn ein Pfarrer getötet wird, nicht nur die übliche Angst verbreitet wird, sondern Menschen, die sich mit diesem Pfarrer identifizieren (sprich ChristInnen), gekränkt und zum Kampf provoziert werden sollen. Im Gegenzug sollen sich wiederum MuslimInnen angegriffen fühlen und „gebacken“ ist der Religionskrieg. Der IS bezeichnet diese Strategie als die Zerstörung der „grauen Zonen“. Gemeint sind die „Zonen“, in denen MuslimInnen in Frieden mit anderen Menschen leben.

Mein Appell: tun wir den Mördern von Pfarrer Jacques nicht diesen Gefallen.

MuslimInnen und ChristInnen sind nicht im Krieg! Keiner ist des anderen Feind, nur weil man eine andere Religion oder Weltanschauung hat. Unsere Feinde sind ExtremistInnen auf allen Seiten, die uns genau das versuchen einzureden und von den eigentlichen Problemen auf der Welt ablenken: Ausbeutung, Umweltverschmutzung, 1% der Menschheit besitzt so viel wie die restlichen 99% etc. Und dafür sind weder „der“ Islam noch „das“ Christentum schuld. Meine Oma wurde im Bosnienkrieg (1992-1995) von einem katholischen, kroatischen Scharfschützen erschossen – ich sehe mich jedoch in keinster Weise im Krieg, weder mit KroatInnen noch mit KatholikInnen, sondern wie gesagt mit FanatikerInnen, egal welcher Art.

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Nedzad Mocevic

Die Revolution des Miteinanders

Die Antwort auf Terror muss eine Revolution sein. Keine Revolution, bei der Köpfe rollen, sondern eine Revolution des Miteinanders, Dialogs, Vertrauens und Abbauens von Ängsten.

Jede/r von uns hat NachbarInnen, ArbeitskollegInnen oder MitschülerInnen, die einer anderen Religion oder Weltanschauung angehören. Nun ist die Zeit gekommen sie einzuladen und nicht mehr teilnahmslos oder lächelnd aneinander vorbei zu spazieren. Nicht mehr einfach herum zu jammern, dass „alles nur noch schlimmer wird“ oder dass „die anderen auch nichts tun“. Dieses Gerede nützt niemandem! Gehen wir aufeinander zu und reden wir offen über unsere Ängste, Probleme, Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Und auch wenn man nicht mit allen in allem einer Meinung sein wird – was solls, mit wem bin ich das schon?

Wir müssen außerdem gemeinsam gegen Unterdrückung und Unrecht vorgehen im Namen von wem auch immer! Es kann und darf nicht sein, dass nur MuslimInnen die Unterdrückung von MuslimInnen beklagen, nur ChristInnen die Unterdrückung der ChristInnen erkennen, dass nur Frauen „FeministInnen“ sind und nur Schwarze „Black Lives Matter“ rufen. Dies wird uns helfen uns unabhängig von unseren Unterschieden zu organisieren und uns erkennen lassen, dass wir am Ende das Gleiche wollen: ein würdevolles Dasein.

Der muslimische Gelehrte Ibn Hazm al-Andalusi (994-1064) schrieb bereits im mittelalterlichen Spanien passend dazu:

„Vertraue einem Gläubigen, auch wenn er nicht von deiner Religion ist und verlasse dich auf keinen Fall auf einen leichtsinnigen Menschen, auch wenn er ein Anhänger deiner Religion ist.“