Unsere Gastronomie ist weltweit spitze. Zumindest liest man das des Öfteren – in Jubel-Aussendungen der österreichischen Tourismus- und Gastronomiewirtschaft. Auch die angeblich weltberühmte österreichische Gastfreundlichkeit wird weiterhin gepriesen. Diese erreicht regelmäßig dann ihre Grenzen, wenn man beginnt Fragen zu stellen. Wer aber als allergiegeplagter Mensch gutes Essen wirklich genießen will, muss einfach wissen, was genau serviert wird.
Die Allergen-Verordnung der EU ist daher für mich als Allergiker ein echter Segen. Und ich bin mir sicher, es stimmen mir viele zu, denen es gleich geht. Denn: Ab jetzt muss in jeder Speisekarte genau drinstehen, welche Allergie auslösenden Stoffe in den Speisen enthalten sind.
Gäste- oder Wirtesterben?
Manche Tourismusverbände befürchten durch den Zusatzaufwand ein Wirtesterben. Das ist vielleicht ein wenig überzogen. Aber viele Gastronominnen und Gastronomen sind vom Nutzen der Allergen-Verordnung noch nicht überzeugt. Als ich letzte Woche im Ö1 Mittagsjournal einen Beitrag über eine Schulung für diese Berufsgruppe hörte, war der Enthusiasmus der Befragten noch sehr gebremst. Sehr drollig fand ich einen Wirten, der meinte: „Bei uns ist noch keiner dran gestorben.“ Ob das ein guter Werbeslogan ist? „Am Verzehr unserer Gerichte ist noch keiner gestorben.“ Da fragt man sich doch unweigerlich: Aber ging’s den Gästen nach dem Essen richtig gut?
Ich habe gar nicht so viele Allergien, nur manche Rohkost und Nüsse – dafür muss ich bei diesen Dingen besonders aufpassen. Ich hab mir diese Allergien nicht ausgesucht und ich bilde sie mir nicht ein. Das wurde mir nämlich auch schon unterstellt. Nur: Asthma, Erstickungsanfälle, Übelkeit, Gesichtsfarbe zwischen bleich und lila wechselnd und Durchfall kann man wohl kaum durch Autosuggestion herbeiphantasieren.
Nicht selten kommen Käseplatten über und über mit Walnuss-Kernen bestreut, die in der Karte nicht erwähnt sind. Und: Nein, man kann die nicht einfach wegheben und damit alles in Ordnung bringen. Auf gemischten Salaten sind oft raue Mengen roher Karotten drübergeraspelt (je mehr Fertig-Kartoffelsalat, desto mehr Karottenraspeln, stelle ich fest).
Der lästige Kund‘
Dem Service-Personal falle ich deshalb mit meinen Fragen oft etwas lästig, denn sehr oft weiß es nicht Bescheid, was alles in den Gerichten enthalten ist. Manchmal bekomme ich eine leichte Ungeduld mit mir zu spüren und das Angebot, sich in der Küche zu erkundigen, wird von einem Seufzen begleitet. Auch wenn es bei Hochbetrieb sicher ein zusätzlicher Aufwand ist: immer noch besser als wenn ich nach einigen Bissen publikumswirksam zu röcheln beginne.
Den meisten Menschen mit Lebensmittelallergien bringt die Allergie-Verordnung viel Gutes. In Zukunft genügt ein Blick in die Karte und sie wissen genau, was sie bestellen können. Meist wird vom Buchstaben-Code berichtet, der eine erlaubte Art der Kennzeichnung ist (in anderen Ländern sind es Zahlen). Das wird sicher etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber die Betroffenen werden bald lernen, auf welche Buchstaben sie achten müssen.
Tu felix Austria!
Die typisch österreichische Lösung sieht auch vor, dass die Allergene nicht unbedingt in der Speisekarte angeführt sein müssen. Es ist auch erlaubt, dass das Service-Personal die Gäste darüber informiert, welche Allergene in den Speisen enthalten sind. Eine gute Lösung, wenn das Personal gut geschult und freundlich ist. Persönlich kompetent erklärt, kann sich die österreichische Gastronomie damit einen echten Pluspunkt bei der Gastfreundlichkeit verdienen.
Das bei jeder Neuerung herbeigeunkte Wirtesterben wird auch diesmal sicher ausbleiben. Und dem Wirten aus dem Ö1-Interview wird hoffentlich von seinem Essen auch in Zukunft kein Gast wegsterben. Durch die Allergie-Verordnung ist das sogar wahrscheinlicher.
Hier findet ihr eine Liste der Allergene, die gekennzeichnet werden müssen
(Alle Fotos: Robert Gisshammer)