von Elisabeth Kaplan

Heute geht es in meiner Österreich-Serie um das Wiener Pop-Duo Fijuka. Diese zwei Damen, Ankathie Koi (Gesang) und Judith Filimónova (Bass), haben sich an der Uni in Wien kennengelernt und haben Fijuka 2011 ins Leben gerufen. Sie beschreiben sich selbst als „synthie-pop-electronica minded band“, allerdings stelle ich mir unter der Bezeichnung etwas ganz anderes vor – nämlich eher den cleanen, digitalen Sound von Bands wie La Roux oder Chvrches. Fijuka, hingegen, klingt im Vergleich dazu sehr natürlich und warm, was der Verwendung von analogen Synth-Sounds und einem echten E-Bass zu verdanken ist. Was die Musik von Fijuka ausmacht ist für mich in erster Linie das Charisma und die Stimme von Ankathie Koi, zweitens die Synth-Sounds, und drittens der Bass.

Stimme
Hören wir erst mal auf die Stimme von Ankathie, die aus Burghausen an der bayerisch-österreichischen Grenze stammt und mit ihrer Darbietung den Geist von solch schrägen Pop-Damen wie Kate Bush, Elly Jackson, Feist, Imogen Heap oder Róisín Murphy beschwört. In den ätherischen Strophen von „Behave (From Now On)“, zum Beispiel, bietet sich ohne weiteres ein Vergleich mit Kate Bush an, während die rhythmischen Strophen von „Phantom Sentimental“ eine Ähnlichkeit mit „Bulletproof“ von La Roux haben. Und bei Fijuka stört mich der starke Akzent der Sängerin auch nicht. Das liegt, denke ich, am frechen, schrulligen Charakter der Musik, der Sängerin, des Gesamtkonzepts.

Ankathie Koi und Judith Filimónova sind Fijuka

Ankathie Koi und Judith Filimónova sind Fijuka

Ein starker Akzent bei SängerInnen, die sich der englischen Sprache bedienen, stört mich nur, wenn sie sich selbst zu ernst nehmen, oder wenn die Musik eindeutig darauf abzielt, amerikanisch oder englisch zu klingen. Ich kann aber einen Akzent durchaus akzeptieren, wenn er Teil eines ironischen oder experimentellen Konzeptes ist, oder wenn die Musik dezidiert Europa zuzuordnen ist. Der starke isländische Akzent von Björk, zum Beispiel, ist einfach ein integraler Bestandteil von ihrem gesamten Image und passt perfekt dazu. Außerdem überzeugt Ankathies selbstbewusste Performance und ihr Charisma. Man glaubt unweigerlich, dass es einfach so gehört, wie es ist. Ihre skurrilen Bewegungen im Video von „Behave (From Now On)“ sind einfach so schräg, dass man einfach hinschauen muss (abgesehen davon, dass ich diese bunten, schillernden Leggings haben muss!).

Synth
Fijuka verwenden klassische Synth-Sounds, die ihrer Musik ein eindeutiges Retro-Feeling verleihen. In ihren Live-Videos sieht man, dass Ankathie einen Roland RS-09 spielt, also einen Analog-Synthesizer, der 1979/80 auf den Markt kam und deswegen mit dem Sound der frühen Achtziger assoziiert wird. Aber ich glaube nicht, dass sich Fijuka mit einer Achtziger-Revival identifizieren, sondern eher dass die oft eher kitschigen Sounds des Roland eine logische Wahl sind für das spleenige Gesamtkonzept.

Fijuka experimentieren nicht nur gern mit Sounds der 80er Jahre, sondern auch mit dem passenden New Romantics-Makeup

Fijuka experimentieren nicht nur gern mit Sounds der 80er Jahre, sondern auch mit dem passenden
New Romantics-Makeup

Was Fijuka außerdem vom aktuellen Elektropop abhebt ist ihre vergleichsweise einfache Produktion. Während im Elektropop immer sehr viel los ist und viele verschiedene Ebenen und Sounds verschmelzen, beschränken sich Fijuka aufs Wesentliche, nämlich Vocals, Drums, Bass, Synth-Flächen für die harmonische Grundlage, und an ausgewählten Stellen melodische Synth-Lines. Und das war’s. Manche mögen das unter-produziert nennen, und wer weiß, ein guter Producer könnte vielleicht noch mehr aus den Songs rausholen, aber mir persönlich geht nichts ab.

 

Bass
Der Bass spielt bei Fijuka eine tragende Rolle, nicht nur weil Judith Filimónova, eine Hälfte des Duos, professionelle Bassistin ist. Dadurch, dass hier nicht ein ganzer Schwall an musikalischen Elementen um Aufmerksamkeit buhlt, kann man sich in aller Ruhe den einzelnen Bestandteilen widmen. Während die Hauptbasslinie in „Behave (From Now On)“ aus einer „Billie Jean“-artigen Achtelfigur besteht, ist der Bass in „Phantom Sentimental“ eher funky.

Videos
Die zwei Videos von Fijuka muss man sich einfach geben. Beide wurden von jungen Regisseuren gedreht und beide Male sind absolut professionelle Videos auf internationalem Niveau herausgekommen. In „Phantom Sentimental“ (Regie: Marie-Thérèse Zumtobel und Anselm Hartmann) werden Ankathie und Judith (wortwörtlich) wie Fleisch behandelt. Und das Video zu „Behave (From Now On)“ (Regie: Florian Pochlatko) ist einfach so exzentrisch und schrullig, dass ich es immer wieder gerne anschaue.

Video zu Phantom Sentimental auf YouTube
Video zu Behave (From Now On) auf YouTube

Alle, die in Salzburg und Umgebung wohnen: Fijuka spielen am 2. August im Rockhouse in Salzburg. Hingehen!

 

Der ehemalige Profifußballer Andreas Biermann hat sich das Leben genommen. Zehn Jahre litt er an Depressionen. Er ist geschieden und hinterlässt zwei Kinder. Die Depression muss endlich weg vom Tabuthema der Schwäche und hin zu einer normalen Erkrankung gerückt werden.

Der 10. November 2009 war ein Schock für alle Fußballfans. Der deutsche Nationaltorhüter Robert Enke hatte sich das Leben genommen. Gerade ein Mal 32 Jahre alt, hat er sich vor einen Zug geworfen. Der an einer schweren Depression leidende Profikicker hatte keinen anderen Ausweg mehr gesehen – nur die engsten Angehörigen wussten über seine Erkrankung Bescheid. Andreas Biermann nutzte diese Gelegenheit und teilte kurze Zeit darauf öffentlich mit, dass er bereits seit 2004 ebenfalls an Depressionen leide und zwei Selbstmordversuche hinter sich hatte.

Biermann spielte zu dieser Zeit für den FC St. Pauli. Die Hamburger gelten als Kultverein, weil sie gegen den Mainstream schwimmen und sich als äußerst liberal und weltoffen bezeichnen, in der angeblich jeder Mensch seinen Platz findet. Man rühmt sich damit, dass man auch schon Mal einen homosexuellen Präsidenten hatte. Alles andere als aufgeschlossen verhielt man sich allerdings in der Causa rund um Andreas Biermann. Als sich dieser nach dem Freitod von Robert Enke seinen Ängsten stellte und mit seiner Erkrankung an die Öffentlichkeit ging, wurde sein Leben noch schlimmer. Er wurde von da an von den Klubverantwortlichen und Mitspielern gemieden, fast schon wie ein Aussätziger behandelt. Obendrein wurde sein Vertrag nicht verlängert.

Biermann sagte später, dass er sein Outing in gewisser Weise bereut habe, auch wenn es menschlich gesehen richtig gewesen sei. Er hat dadurch aber seinen Job verloren, was die Situation drastisch verschlimmerte. „Eine Depression wird immer noch als Schwäche ausgelegt. Ich würde keinem Fußballprofi raten, damit ebenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagte er. Er verfasste ein Buch, in dem er seine Erfahrungen weitergab, besuchte Talkshows und sprach mit zahlreichen Menschen, die in einer ähnlichen Situation wie er waren. Er ging auf Lesetour und fing an, Psychologie zu studieren. All das half nichts. Andreas Biermann nahm sich am vergangenen Freitag mit 33 Jahren das Leben.

„Eine Depression wird immer noch als Schwäche ausgelegt. Ich würde keinem Fußballprofi raten, damit ebenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen“

Eine Depression ist keine Schwäche. Sie ist Ausdruck von persönlichen Befindlichkeiten, oftmals ein Zeichen, dass man gewisse Dinge im Leben verändern muss – ein Hilferuf. Man muss intensiv an sich selbst arbeiten und gewisse Lebensgewohnheiten umstellen. Therapien mit ausgebildeten Psychotherapeuten sowie die Einnahme von Antidepressiva können auf diesem Weg hilfreiche Begleiter sein. In einer Welt, in der oft nur noch Produktivität und die Ellenbogentechnik zählen, ist es kein Wunder, dass immer mehr Menschen an diesem erbarmungslosen System zerbrechen – selbst solche mit einer starken Persönlichkeit. Es ist an der Zeit, zumindest einen Gang zurückzuschalten und das eigene Leben wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

In the past four years I attended lectures and discussions hosted by the Salzburg International Summer Academy of Fine Arts in my capacity as an interpreter. Although I had always been aware of the institution and its international renown, like most of my fellow Salzburg citizens I didn’t really know a whole lot about it. Only that it’s something to do with the famous Austrian painter Oskar Kokoschka and somehow involves our city’s most prominent landmark, the Hohensalzburg fortress. Starting 21 July, this year’s programme might not only attract hundreds of students from around the globe, but also the interest of Salzburg residents.

The Summer Academy in a nutshell
Founded in 1953 by the Austrian painter Oskar Kokoschka as the “School of Vision”, the Salzburg Summer Academy of Fine Arts offers courses in the visual arts at a high academic level. International artists teach students (art students and mid-career artists as well as nonprofessional artists) from more than 40 countries.

Hildegund Amanshauser, director of the Summer Academy of Fine Arts in Salzburg

Hildegund Amanshauser,
director of the Summer Academy of Fine Arts in Salzburg

Although in principle the courses are open to anyone, applicants have to submit a portfolio to get in. As far as its course programme is concerned, the Summer Academy is a closed event that non-participants have no access to, which explains why most Salzburg citizens are not entirely sure what the Summer Academy really is or does.

But the Summer Academy is by no means out of bounds to the general public. In addition to courses, there are the lectures and discussions that anyone can attend – without registration or invitation. The topics are presented in a way that lets anyone interested join in, whether it’s “The artist’s studio” or “Global Art”. Of course, these topics will hardly lure large crowds. But then again, that’s not what the Summer Academy is aiming for.

Leaving the historical centre to explore a problem district
But this year’s topic, “CITIES – spaces for art, politics, living …”, might appeal to Salzburg’s population more than in years past. Especially as it includes city walks through our city – for example, through the district of Lehen, which isn’t generally considered one of our more presentable areas. Hildegund Amanshauser, director of the Summer Academy, chose this part of Salzburg for a particular reason, as “Lehen is a focal point of the city’s development”.

Since talking about a place isn’t half as good as seeing it for yourself, Lehen can be explored on a city walk that focuses on how the district is making the transition from a deprived fringe area to a modern and multi-faceted city district whose appeal and quality of life are constantly increasing.

Show and tell
Other parts of the city of Salzburg will also be explored on three more city walks, including “Salzburg from behind”, which shows the hidden corners in the historical centre, or one that deals with the water veins and fountains of the city – a tour that might prove popular simply for the fact that one of the things Salzburg citizens are extremely proud of is the excellent quality of our water.

Out and about a lot this summer

Out and about this summer

To underline its interest in the district of Lehen, the Summer Academy has moved the venue for lectures and discussions there. They will be held in the fairly recently built Stadtgalerie (municipal gallery). The questions asked will range from “What constitutes a city today? How does it function (or not)?” to, more pressingly for Salzburg, “How can we bridge the gap between the local situation in Salzburg Old Town, a UNESCO World Heritage Site, with its shopping streets and cultural venues, and global developments?”

“Salzburg’s citizens are very interested in the goings-on in their city and like being involved,” says Hildegund Amanshauser. And for this reason, the Summer Academy’s programme is likely to attract people who play an important role in the city’s development, e.g. urban planners, architects and artists. But Salzburg’s citizens are also called to take part. The aim is to get many different voices to contribute to the discussion.

Will we be gleefully scandalised?
All those who don’t find the discussion topics particularly riveting may still enjoy the output of the Summer Academy: for the first time a public art course is being held. The students’ work, usually presented in exhibitions at the end of a course, will be shown in public spaces. Since public art usually triggers scandals and emotional discussions, we can look forward to loving or hating what Polish artist Robert Kusmirovski and his class have in store for us. Hildegund Amanshauser doesn’t see a typical Salzburg public art scandal ahead. “That would be too easy,” she smiles at my question. What is important to her is that the public art interventions are relevant to the space where they are installed and that they are sensitively incorporated there. Also, the art will be removed at the end of the Summer Academy. “After all, we don’t want to clutter the whole city with art.”

In any case, we can look forward to an interesting summer with the programme of the International Summer Academy of Fine Arts.

Related links:

More information on the Salzburg International Summer Academy of Fine Arts

More information on the events

More information on the city walks

 

 

essbare blueten

Kapuzinerkresse, Malve und Ringelblume

Wer geht  nicht gerne durch einen Garten und bewundert die schönen Blumen? Also ich genieße so oft es mir möglich ist die bunte Vielfalt an Blüten, die gerade jetzt ihre Pracht zeigen. Letztes Jahr habe ich damit begonnen Blüten nicht nur mit den Augen zu genießen. Begonnen hat alles mit den Taglilien. Ein Freund meinte zu mir, dass die Taglilienblüten in der asiatischen Küche gerne zum Füllen verwendet werden. Also habe ich ein Blütenblatt gepflückt und vorsichtig hineingebissen. Köstlich! Die Taglilie schmeckt leicht süßlich und wenn man sich Zeit lässt, merkt man einen nussigen Nachgeschmack.

Taglilie

Taglilie

Heuer konnte ich es kaum erwarten die ersten Blüten zu ernten. Bei der Taglilie braucht man nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, denn wie der Name schon sagt, blüht sie nur einen Tag. Ihre Pracht endet am Abend entweder am Stiel oder im Salat. Aber nicht nur die Taglilie ist ein Genuss, viele Blüten sind essbar. Habt ihr schon mal eine Nelke probiert, oder eine Borretschblüte? Malvenblüten sind ganz zart, Ringelblumen etwas deftiger. Und die männlichen Zucchiniblüten sind hervorragend geeignet zum Füllen, während sich die weiblichen zur Frucht entwickeln.

 

blutenbrot

Brot, Käse und Blüten

Ein Klassiker ist natürlich die Blüte der Kapuzinerkresse, sie hat eine leichte Schärfe. Alles Blüten, die Brötchen und Salat einzigartig machen, durch ihre Farbe und den Geschmack. Als heuer der Brokkoli zu blühen anfing, habe ich mich zuerst geärgert, dann gefreut. Denn auch seine Blüten sind essbar und schmecken sogar wie Brokkoli. Fürs Dessert oder auf einen Eisbecher eignen sich die Blätter und Blüten von Duftgeranien. Ich habe Apfel- und Pfefferminzgeranien, ihre Blüten streue ich einfach über die Nachspeise.

Was ich lange nicht gewusst habe, ist, dass auch die Kräuterblüten zu essen sind. Ich freue mich schon auf die ersten Blüten von Thymian, Rosmarin, Schnittlauch und Ysop. Probiert es einfach mal aus. Blüten sind ein Genuss fürs Auge und für den Gaumen J

Ein Beitrag von Andreas Praher

Das syrische Mädchen Samira mit seiner kleinen Schwester im provisorischen Flüchtlingslager Moussa Taleb im Libanon. Bild: Caritas/Sebastian

Das syrische Mädchen Samira mit seiner kleinen Schwester im provisorischen Flüchtlingslager Moussa Taleb im Libanon. Bild: Caritas/Sebastian Philipp

Syrien kollabiert. In Aleppo ist kein Stein mehr auf dem anderen. Regierungstruppen des Assad-Regimes und Rebellen haben in jahrelangen Kämpfen die biblische Stadt und ihre Bewohner in eine dunkle Vorzeit bombardiert. Übrig ist eine Trümmerwüste aus der Tausende geflohen sind und in der die Dagebliebenen in Angst und Schrecken leben.

Als der deutsche Archäologe und Abenteurer Max von Oppenheim 1899 auf dem Tell Halaf in Nordsyrien Spuren eines aramäischen Fürstensitzes entdeckte, waren die Funde in der westlichen Welt eine Sensation. Ein Teil der Ausgrabungen landete in Berlin, wo sie in einer Bombennacht 1943 stark zerstört wurden. Erst vor ein paar Jahren wurden die Statuen mühevoll restauriert. Die Fragmente erinnern an das biblische Syrien sowie an das aramäische Königreich im Schatten des assyrischen Imperiums. Sie sind stumme Zeugen der frühen Zivilisation in Syrien. Die heutigen Bruchstücke waren einst Teil des mächtigen Palastes in der Stadt Guzana. 3000 Jahre haben sie überdauert. Stolz zeugt die wiederhergestellte Skulptur eines Skorpionvogelmannes von der Geschichte eines längst vergessenen Volkes. Die Skulpturen sind derzeit in einer Schau in Bonn ausgestellt, während Aleppo in Schutt und Asche liegt. Fassbomben haben dort zuletzt dutzende Menschenleben gefordert, abgeworfen von Regierungstruppen. Die mit Sprengstoff gefüllten Ölfässer trafen Kinder, junge Mütter und alte Männer.

150.000 Menschen sind seit Beginn des Bürgerkriegs getötet und ermordet worden. 2,9 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht. Allein 1,2 Millionen leben in provisorischen Zeltlagern im Nachbarland Libanon. Ihr Land ist zerstört, ihr Leben bedroht, eine Rückkehr unmöglich. Der Krieg hat ihnen alles genommen. Ihre Häuser, ihre Familien und ihre Kultur. Sie ist mit einem Bombenschlag ins Tal des Vergessens katapultiert worden.

Wegschauen hilft den syrischen Flüchtlingskindern im Libanon nicht weiter.

Wegschauen hilft den syrischen Flüchtlingskindern im Libanon nicht weiter.

Einst nahmen hier die Hochkulturen von Mesopotamien und Ägypten ihren Ursprung. Nun ist das reiche kulturelle Erbe nicht mehr als ein Trümmerhaufen – ebenso wie die syrische Gesellschaft. Diese ist zerfressen vom Krieg, unterdrückt und aufgerieben von der Machtgier eines Einzelnen. Hass und fundamentale Strömungen innerhalb der Gesellschaft machen Hoffnungen auf einen möglichen Frieden zunichte. Die Menschen in Syrien brauchen jetzt die Aufmerksamkeit, ebenso wie die antiken Funde damals. Ansonsten könnten sie in Vergessenheit geraten.

Seit vier Jahren nehme ich an den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst teil – und zwar beruflich, als Simultanübersetzer. Wenn ich davon erzähle, dann stelle ich oft fest: Die international renommierte Bildungseinrichtung ist den Salzburgern zwar ein Begriff, doch über den Namen hinaus ist den meisten wenig darüber bekannt. Irgendwas mit Oskar Kokoschka und irgendwas mit der Festung. Ehrlich gesagt, noch vor einigen Jahren ging’s mir nicht viel anders. Das Programm der Sommerakademie könnte dieses Jahr jedoch dafür sorgen, dass sich mehr Salzburger_innen für die Veranstaltungen der Institution interessieren als bisher. Ab 21. Juli.

Die Sommerakademie kurz umrissen
1953 vom österreichischen Maler Oskar Kokoschka als „Schule des Sehens“ gegründet, bietet die Sommerakademie jährlich Kurse in Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Bildhauerei u.v.a.m. auf hohem Niveau. Internationale Künstler_innen unterrichten Student_innen, welche ebenso aus aller Welt kommen – nur ca. ein Viertel der Teilnehmer_innen sind aus Österreich. Die Kurse der Sommerakademie stehen grundsätzlich allen offen: Kunststudent_innen und Kunstschaffenden ebenso wie Laien. Doch man muss schon einiges an Voraussetzungen mitbringen, damit die Bewerbung als Teilnehmer_in überzeugt. Was das künstlerische Kursprogramm betrifft, ist die Sommerakademie eine „geschlossene Veranstaltung“, zu der man als Nicht-Teilnehmer_in nur an den Tagen der offenen Tür Zugang hat.

Studentin der Klasse von Norbert Bisky  auf der Festung Hohensalzburg, 2013 (Foto: Ruth Ehrmann)

Studentin der Klasse von Norbert Bisky
auf der Festung Hohensalzburg, 2013
(Foto: Ruth Ehrmann)

Zusätzlich gibt es aber viele Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen. Jeder kann sie besuchen – ohne Vorkenntnisse und ohne Einladung. Diese Veranstaltungen sind so angelegt, dass jeder einsteigen kann, der sich für das Thema interessiert. In den letzten Jahren lauteten die Themen für diese Veranstaltungen z. B. „Das Atelier“ oder „Globale Kunst“. Die ganz breite Masse wird man damit nicht erreichen, aber das strebt Sommerakademie auch gar nicht an.

Raus aus der Altstadt, rein nach Lehen
Dieses Jahr jedoch verspricht das Programm für die Salzburger_innen besonders interessant zu werden. Das Thema lautet „STÄDTE – Räume für Kunst, Politik, Leben…“. Und dabei geht es nicht nur ganz allgemein um Stadt-Theorie, sondern sehr konkret um unsere Stadt, Salzburg. Zum Beispiel um Lehen. Dieser Stadtteil dient ja sonst nicht unbedingt als Vorzeigebezirk. Hildegund Amanshauser, die Direktorin der Sommerakademie, wollte aus ganz bestimmten Gründen dort hin, denn: „Lehen ist ein Zentrum der Stadtentwicklung.“
Darüber reden ist gut, noch besser ist es aber, sich alles vor Ort anzusehen. Bei einem Stadtspaziergang mit Sarah Untner vom Verein Stadtwerk erfährt man mehr, wie und wodurch Lehen sich gerade wandelt – von einer Randzone mit schlechtem Ruf zu einem modernen, urbanen und facettenreichen Stadtteil, der durchaus interessant und lebenswert ist.

Mitspazieren und mitdiskutieren

Hildegund Amanshauser leitet die international renommierte Bildungseinrichtung  (Foto: Victoria Schaffer)

Hildegund Amanshauser leitet die international renommierte Bildungseinrichtung
(Foto: Victoria Schaffer)

Aber auch andere Teile der Stadt Salzburg werden erkundet. Drei weitere Spaziergänge, führen zum Beispiel durch verborgene Winkel zwischen Nonntal und Mülln, oder folgen den Salzburger Wasseradern und Brunnen. Immerhin sind wir Salzburger besonders stolz auf unsere gute Wasserqualität. Die Vorträge und Diskussionen zum Thema Stadt finden ebenfalls in Lehen statt – in der Stadtgalerie. Dort werden Fragen behandelt wie „Wie funktionieren Städte heute (nicht)?“ Oder besonders heikel: „Wie können wir die Brücke von der lokalen Situation in Salzburg mit der Shopping- und Eventmeile ‚UNESCO Welterbe Altstadt’ zu globalen Entwicklungen schlagen?“

„In Salzburg engagieren sich die Einwohner sehr für ihre Stadt“, ist Hildegund Amanshauser überzeugt. Und weil das so ist, sollte das interessante Programm Menschen anlocken, die eine große Rolle bei der Stadtentwicklung innehaben – wie Stadtplaner_innen, Architekt_innen und Künstler_innen. Darüber hinaus können und sollen sich auch interessierte Bürger_innen daran beteiligen. Die Hoffnung ist, dass möglichst viele Stimmen etwas zur Diskussion beitragen.

Typischer Sommer-Aufreger in Aussicht?
Und wer sich für Diskussionen nicht begeistern kann, hat dieses Jahr trotzdem was von der Sommerakademie: Zum ersten Mal wird ein Kurs gehalten, bei dem Kunst im öffentlichen Raum entsteht, die auch in der Stadt zu sehen sein soll. So werden wir uns darüber freuen oder erhitzen können. Kunst im öffentlichen Raum sorgt in Salzburg ja regelmäßig für Aufregung. Ein Skandal könnte aber ausbleiben, denn „das wäre zu einfach.“ Hildegund Amanshauser ist es wichtig, dass die Interventionen einen speziellen Bezug zu dem Ort haben, an dem sie stehen, und nach Ende der Sommerakademie 2014 wieder verschwinden. „Wir wollen die Stadt ja nicht mit Kunst zumüllen.“
Wir dürfen trotzdem gespannt sein. Und uns auf einen interessanten Sommer mit dem Programm der Sommerakademie freuen.

 

Links:
Mehr über die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst

Veranstaltungsprogramm 2014 der Sommerakademie

Alle Stadtspaziergänge der Sommerakademie