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Also es ist mal wieder Frauentag. Schön und gut. Wir beschäftigen uns mit den Forderungen, die uns immer schon beschäftigen. Gleichstellung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Frauenquote und Halbe Halbe. Es ist viel weiter gegangen in den letzten Jahrzehnten, aber das Ende der Fahnenstange ist noch weit weg. Wie weit in 3 persönlichen Erlebnissen von mir in der letzten Zeit.

Erlebnis 1: Veranstaltungseröffnung

Ich stehe mit einigen Menschen zusammen, plaudere. Es kommt die Sprache auf die GAST, eine sehr beliebte Messe der Gastronomie und Hotellerie in Salzburg. Es kommt auch die Sprache auf das Thema Prostitution, dass gerade bei großen Veranstaltungen auch in den Bordellen viel Geschäft ist. Plötzlich sagt einer der anwesenden Herren: „Ja ja, es ist nicht weit vom Gastgewerbe ins horizontale Gewerbe.“ Ich bin nicht auf den Mund gefallen, aber da hat es mir Sprache verschlagen.

Erlebnis 2: Sitzung irgendwo

Es kommen Personalthemen auf den Tisch. Die Sitzungsteilnehmer sind mehrheitlich männlich. Es geht auch um Führungspositionen. Ich fordere bei zukünftigen Besetzungen gezielt Frauen anzuwerben. Kurze Bemerkungen dazu: Machen wir eh. Gibt halt keine geeigneten Frauen. Dann weiter in der Tagesordnung. Kein Frust bei mir, ich werde es immer wieder einfordern. Bis es den meisten einfach auf die Nerven geht und wir einen Schritt weiter machen und mehr Frauen in Führungspositionen haben.

Erlebnis 3: Tagung

In der Tagung geht es ums Bauen und um Normen. Ich betrete den Saal, zugegeben in meiner winterlichen Lieblingsjacke in knallpink. Im Saal fast hundert Männer in Anzügen, gedeckte Farben. Wichtige Gespräche. Ich gehe durch, manche grüßend, bis in die erste Reihe und spüre einige Blicke, die klar sagen: Blonde Frau, pinke Jacke, Thema Bauen. Was macht die hier? Dann werde ich als Vizebürgermeisterin begrüßt. Die gleichen Männer schauen mich wieder an, diesmal wissend: Ah, ja Politikerin, darum ist sie hier. Ich bin überzeugt, die hätten mir nie abgenommen, dass mich das Thema wirklich interessiert.

Es sind drei Erlebnisse unter vielen. Da bin ich sicher nicht alleine mit solchen Situationen. Manch einer oder eine mag wohl denken, das ist wohl nicht so schlimm. Schlimm ist es nicht, aber bezeichnend dafür, was manche Menschen halt noch so über Frauen denken. Und darum will ich auch darüber sprechen und schreiben, was nicht in Forderungen, Anträge und Gesetzesänderungen gepackt werden kann: Das Gefühl, als Frau nicht immer zu 100% dazu zu gehören und ernst genommen zu werden.

Aber eines könnt ihr mir glauben: Auch wenn es mir manchmal die Sprache verschlägt, macht es mir schon großen Spaß dagegenzuhalten, Vorurteile zu widerlegen und manchmal mit Augenzwinkern eine Retourkutsche zu geben ;)

Alles Gute zum Frauentag 2017!

von Gudrun Kavalir

Bei meinem Weg in die Arbeit gehe ich an mindestens fünf Menschen vorbei, die auf dem Gehsteig sitzen und betteln. Sie grüßen, bitten um Geld, wünschen alles Gute. „Griiieß Gott. Ein Euro, biiitteee. Alles Gute la familia.“ Ich kenne mittlerweile ihre Gesichter. Eigentlich wollte ich mich zum Thema „Betteln“ nicht äußern. Aber ich hatte eine Begegnung, die mich aus meiner Gleichgültigkeit herausholte.

Eine Frau kam eines Morgens auf mich zu:

„Entschuldigung, darf ich Sie bitte was fragen, junge Frau?“
Ich sah mir mein Gegenüber an. Die Frau war etwa so alt wie ich. Sie hatte blondgefärbte Haare. Roter Lippenstift. Ihre Kleidung etwas zerschlissen, aber sauber. Eine Handtasche und ein Einkaufssackerl in der Hand. Salzburger Dialekt. Eine von uns.
„Natürlich“, antwortete ich, „wie kann ich Ihnen helfen?“

„Ich war heute schon bei der Beratung …ähm … bin im Bus gefahren … ähm … dann haben sie mir meine Geldtasche gestohlen … ähm … jetzt steh ich da und ich muss doch einkaufen …ähm … jetzt hab ich doch kein Geld dabei und …“

… und schon hab ich sie stehen lassen und bin mit einem gemurmelten

„Tut mir leid“

weitergegangen. „Die bettelt doch auch nur“, dachte ich bei mir.

Nach ein paar Metern fühlte ich mich plötzlich unwohl.

„Nur betteln!“. Was für ein verächtlicher Gedanke, den ich da hatte. Sie hat mich angesprochen und um Geld gebeten. Punkt. Sie sitzt nicht auf der Straße, mit einem Becher, gegen die Kälte in Decken gehüllt. Offensichtlich bettelnd. Sie geht auf fremde Menschen zu, erzählt eine Geschichte. Sie möchte ihre Würde ein Stück weit behalten.
Ich habe Respekt vor den Notreisenden, die aus anderen Ländern und schlimmen Verhältnissen in die reiche Stadt kommen, um ein paar Euro zu erbitten. Ich habe auch Mitleid mit Ihnen. Hin und wieder gebe ich etwas. Orangen, Weckerl, im Sommer Wasser, im Winter warme Socken und Handschuhe.

Nie gebe ich Geld…

Es gibt aber auch in unserer Gesellschaft Menschen, die arm sind. Die von Sozialhilfe leben und bei denen es manchmal nicht reicht, aus welchen Gründen auch immer. Ich hatte das nicht mehr im Blick. Bin in meiner täglichen Routine zu weit davon weg. Arm, das sind die Bettler auf dem Gehsteig auf meinem Weg ins Büro.
Ich drehte um. Die Frau hatte jemanden angesprochen, wahrscheinlich dieselbe Geschichte erzählt. Ich sagte: „Entschuldigung, ich glaube, Sie haben da was verloren…“

Und drückte ihr einen Geldschein in die Hand. Zumindest ein bisschen Würde wollte ich ihr mit diesem Satz lassen. Ich habe damit zwar mein schlechtes Gewissen beruhigt. Unwohl ist mir aber noch immer.

Sie ist wohl Salzburgs älteste freie Trainingsgruppe: Der Senioren-Trainingskreis der Volkshilfe–Salzburg. Turnlehrerin Renate Huthmann (77) bewegt die muntere Seniorenrunde.

Die jüngste Teilnehmerin an diesem Training ist 83, die älteste, Burgi Krainer ist 90. Sie kommt etwas zu spät, da sie gerne noch persönlich im Stau steht und selbst fährt.

Die freundliche Einladung zum Mittrainieren ignoriere ich diesmal und beschränke mich aufs Fotografieren. Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer hat mich auf die Idee gebracht, doch einmal etwas über die älteren Sportler zu schreiben und lerne jetzt Sesselgymnastik kennen. Das Übungsgerät ist ein Theraball, den jede zuerst einmal selbst aufblasen muss. Koordinationsübungen, Kräftigungsübungen und Beweglichkeitstraining stehen am Plan. Die Seniorinnen haben bequeme Freizeitkleidung an. Keine Sportkleidung. Statt Sportschuhen haben sie Wollsocken an.

Renate Huthmann beginnt mit dem Training und wie auf Kommando stellen die Seniorinnen den Smalltalk ein und konzentrieren sich auf die Übung: Ball zwischen die Oberschenkel und zusammenpressen. Das kräftigt. Wer gerade erst an der Hüfte operiert ist, darf bei dieser Übung nicht mitmachen.

Theraball Übungen stehen beim Seniorentraining am Plan

Kniekreisen, Ball hochwerfen, Fangen, Ball zuwerfen – alles Übungen, die ich erwartet hatte. Ins Staunen gerade ich bei der nächsten Übung: Ball mit geschlossenen Augen hochwerfen und fangen. Die können das wirklich. Dann kommen Reaktionsübungen. Eine prellt den Ball unten, die andere wirft ihn oben. Mit zwei Bällen gleichzeitig. Oder gleichzeitig die Bälle zuwerfen. Ein Ball wird am Boden zugerollt, während der andere Ball oben gespielt wird. Die Seniorinnen sind super drauf. „Wir üben das auch jede Stunde“, erzählt mir Frau Huthmann und sieht das als Beweis, dass die Übungen wirklich was bringen.

Ihr Ziel ist das Lernen, nicht das Perfektionieren. Im Alter ginge es darum, das Gedächtnis zu stützen. Nur neue Impulse könnten das. Sobald eine Bewegung automatisiert ist, bringt das nicht mehr den gewünschten Trainingseffekt. Frau Huthmann ist Profi in ihrem Bereich. Sie hat mit 62 die Aufnahmeprüfung zum Sportlehrwart gemacht und mit 65 abgeschlossen. Privat trainiert sie mit viel jüngeren und kümmert sich begeistert um ihre Enkelkinder.

Die Teilnehmerinnen ihres Kurses wohnen alle noch selbstständig in ihren Wohnungen und betreiben regelmäßig Sport. Manche auch mehr als die Mittwochsstunde in den Räumen der Volkshilfe in der Ignaz Harrerstraße. Mathilde Lackner (89) geht zum Radeln in den Vitaclub Nord. Maria Fenk (85) besucht auch noch Rhythmische Sportgymnastik für Senioren und Käthe Lackner geht zum Turnen beim Roten Kreuz.

Ihr seid’s net zur Gaudi da

Die Seniorinnen bleiben nicht nur am Sessel für ihre Gymnastik. Sie stellen sich Rücken an Rücken und dann wird der Ball übergeben. Über den Kopf, zwischen den Beinen. Und dann Richtungswechsel. Unglaublich, wie beweglich man im hohen Alter noch sein kann, wenn man sich ständig bewegt. Endgültig fasziniert bin ich dann bei den Dehnungsübungen. Die 85jährige Maria Fenk kommt problemlos mit ihren Händen bei gestreckten Beinen zum Boden. „Bis 73 hab ich den Spagat können. Dann hab ich mir bei einer Showeinlage in Tunesien einen Muskelfaserriss zugezogen, seither hab ich das nicht mehr probiert.“

Für Stabilitätsübungen setzen sich die Seniorinnen auf die Bälle (auf den Sesseln) und heben die Beine. „Diese Übung wäre mir auf Pezzibällen zu riskant“, so die Turnlehrerin. Man muss immer auch darauf achten, dass manche auch Kreislaufprobleme haben können.

Wenn man in die Gesichter sieht, weiß man, dass alle Spaß haben. Auch wenn dazwischen schon mal kurz gestöhnt wird. „Ihr seid´s net zur Gaudi da“, erinnert Frau Huthmann und startet die letzte Runde mit Akkupressurpunkt drücken und über Meridiane streichen.

Die wirklich bewegliche und fitte 90jährige Burgi verrät mir zum Schluss ihr Altersgeheimnis: Nie mit dem Sport aufhören und viel Gemüse essen. Nur Zilli, die „Chefin“ im Volkshilfe Raum, macht nur bei ausgesuchten Übungen mit und murrt vor sich hin: „Und morgen jammern wieder alle, dass ihnen alles weh tut.“ Bis zur nächsten Turnstunde ist das allerdings wieder vergessen.

Doris Wild

Dieser Artikel erschien zuerst bei PROBETRAINING SALZBURG

alle Bilder: Doris Wild

One Billion Rising ist eine Demonstration, bei der weltweit Frauen, Männer, Mädchen und Burschen durch die Straßen tanzen, gehen, singen und rollen. Gegen Gewalt an Mädchen und Frauen. Jede dritte Frau, jedes dritte Mädchen muss in ihrem Leben einmal oder öfter Gewalt erleiden: psychische und physische. Das sind eine Milliarde auf der ganzen Welt – One Billion Rising!

Salzburg hat die Demo erstmals am Abend veranstaltet. Das ist ein Zeichen, dass Frauen und Mädchen am Abend und in der Nacht keine Angst haben dürfen. Dass Frauen und Mädchen am Abend und in der Nacht auf der Straße unterwegs sein können.


Und eine Demo für eine ernste Sache, kann auch Spaß machen. Keine und keiner muss mit betroffenem Gesicht und gereckten Fäusten durch die Straßen ziehen. Demonstrieren im 21. Jahrhundert heißt: es mit Überzeugung und Freude zu tun. Für One Billion Rising gibt es einen wunderbaren mitreißenden Song, den heuer die Cheerleaders der Daisy Ducks eingetanzt haben: Break the Chain von Tena Clarke. Und so hat Salzburg getanzt:

Vor einigen Tagen haben Niki Solarz und ich unsere Forderungen zur Verhinderung von Genitalverstümmelung öffentlich gemacht. Wir haben sehr viele Rückmeldungen bekommen. Die meisten Menschen wollen uns unterstützen. Aber es gibt auch einige, die mit unseren Forderungen ein Problem haben.

Die Einwände will ich nicht einfach auf die Seite wischen, sondern mich nochmal damit auseinandersetzen.

Keine Kritik und Bedenken kamen zur Forderung, noch mehr zu informieren, die betroffenen Mädchen und Frauen aufzuklären und auch die Männer mit ins Boot zu holen. Auch die Sensibilisierung von Ärztinnen und Pädagogen ist von allen gewünscht.

Sollte sich der Verdacht auf eine Genitalverstümmelung bestätigen, müssen die verantwortlichen Erwachsenen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Auch wenn die Tat im Ausland begangen wurde, ist sie in Österreich strafrechtlich zu verfolgen. Bis zum 28. Lebensjahr des Opfers ist die Tat nicht verjährt. Eine Genitalverstümmelung kann bis zu 10 Jahre Haft bedeuten.

Einige Menschen meinten, dass es nach der Verstümmelung nichts bringt die Eltern vor Gericht zu bringen und das Kind aus der Familie zu nehmen. Es sei ja schon passiert und könne nicht mehr rückgängig gemacht werden. Und wenn das Mädchen auch noch die Eltern verliert, dann wäre das wie ein zweites Trauma. Das hieße für mich die Genitalverstümmelung zu akzeptieren und das Opfer alleine zu lassen mit seinem Schmerz und seinem Leid.

Tradition oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit?

Um einer Genitalverstümmelung vorzubeugen braucht es verpflichtende Untersuchungen von Mädchen zwischen 0 und 14 Jahren. Natürlich ist es nicht sinnvoll ALLE Mädchen zu untersuchen, es soll auf diejenigen beschränkt sein, in deren Kultur diese Tradition fast verpflichtend ist. So wie in Somalia, Ägypten, Sudan und anderen Ländern, wo die Beschneidungsrate über 80 Prozent liegt. Der Vorwurf bei dieser Forderung lautet, dass dies diskriminierend, wenn nicht sogar rassistisch ist. Eine Genitalverstümmelung in Österreich nicht zu verhindern, ist für mich Ignoranz und die eigentliche Diskriminierung. Die körperliche Unversehrtheit eines Mädchens muss über der Freiheit der Religion und der Traditionen stehen.

Auch der Vorwurf, dass damit wieder ein schlechtes Licht auf den Islam geworfen wird, ist nicht nachvollziehbar. Auch Christinnen und Jüdinnen werden in diesen Ländern beschnitten. Genitalverstümmelung ist ein grausames Verbrechen, welche Religion die Täterin/der Täter hat ist mir wurscht.

Wir müssen alle hinschauen

Was zum nächsten Vorwurf führt, warum wir eigentlich die Beschneidung von Jungen nicht genau so ablehnen und dagegen kämpfen. Weil das nicht vergleichbar ist. Dem Jungen werden weder der halbe Penis, noch die Hoden abgeschnitten. Er verliert seine sexuelle Empfindsamkeit nicht und kann normal zur Toilette gehen. Und es ist wichtiger und notwendiger die grausame Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung zu bekämpfen.

Wir haben schon zu lange weggeschaut. Wir haben viele Jahre darüber geredet, Broschüren erstellt und Aufklärungsveranstaltungen organisiert. Das ist und bleibt wichtig. Das hat aber nicht dazu geführt, dass es keine Genitalverstümmelung in Österreich mehr gibt. Wir brauchen präventive Kontrolle und strenge Verfolgung dieser Straftat. Für ersteres wird Niki Solarz im Salzburger Landtag einen Antrag stellen, damit die Untersuchungen zur Pflicht werden. Für zweiteres sind wir alle aufgerufen. Wir müssen hinschauen, beim geringsten Verdacht das Jugendamt einschalten. Nur so können wir wirklich etwas ändern.

Jedes Jahr denken die SozialdemokratInnen an die Opfer der Widerstandskämpfe 1934. Ihr Motto heißt: Niemals Vergessen.

Vor 83 Jahren war meine Großmutter so alt wie heute mein Patenkind: 11 Jahre. Die Zeit jetzt wird oft mit den 1930er Jahren verglichen. Politisch unsichere Zeiten, eine Wirtschaft, die immer wieder wankt und eine Gesellschaft, die Angst hat. Eine Angst, die täglich von der Politik befeuert wird. 1934 war ein Wendepunkt in der Geschichte Österreichs. 1933 wurde Österreich zur Diktatur, ein Jahr später versuchten mutige Menschen aus der Sozialdemokratie den Aufstand. Sie scheiterten. In den mehrtägigen Februarkämpfen verloren Hunderte ihr Leben. Auch in Salzburg gab es Widerstand gegen das Dollfuß-Regime. Einmal im Jahr versammeln sich die Mitglieder des Bundes Sozialdemokratischer Widerstandskämpfer am Hauptbahnhof und denken, an jene, die ihr Leben für die Freiheit, die Demokratie und die Gerechtigkeit gaben. 2017 hielt Michaela Fischer die Rede:

„Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

am 12. Februar ist der 83. Jahrestag der Februarkämpfe, die im Jahr 1934 stattgefunden haben. Es war der Beginn vom vorläufigen Ende nicht nur der Sozialdemokratie sondern der Demokratie in Österreich. Der wirkliche Anfang liegt aber viel weiter zurück und der 12. Februar 1934 war nur das Ende einer jahrelangen Entwicklung hin zu einem totalitären faschistischen Staat, dem nur noch die Sozialdemokratie im Wege stand. Wir alle kennen die Geschichte und wie es dazu gekommen ist. Im von der Weltwirtschaftskrise erschütterten Österreich fand eine politische Polarisierung zwischen den Christlich-Sozialen und den Sozialdemokraten mit einem gleichzeitigen Aufschwung der Rechten, der Nationalsozialisten statt. Nach der Ausschaltung des Parlamentes im Jahr 1933 war der Weg für den Faschismus geebnet.

Gedenkversammlung am Salzburger Hauptbahnhof

Das Leben für die Demokratie geben

Die Sozialdemokratie als Widerstandsbewegung wurde in den Untergrund verbannt und nach und nach geschwächt. Der Republikanische Schutzbund wurde verboten, die Arbeiter-Zeitung einer Zensur unterworfen und Versammlungen und Demonstrationen verboten. Die nach wie vor legale Sozialdemokratische Partei wurde ihrer Betätigungsmöglichkeiten beraubt. Am 12. Februar 1934 fand dieser Kampf gegen die Sozialdemokratie schließlich seinen Höhepunkt und dieser letzte Widerstand der SozialdemokratInnen wird in die Geschichte eingehen. Die übriggebliebenen SozialdemokratInnen haben nicht kampflos aufgegeben. Sie haben sich bis zuletzt gewehrt und für ihre Ideale und Überzeugungen, für die Freiheit und Demokratie gekämpft und dafür ihr Leben gelassen. Nicht in ganz Österreich kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, was aber nicht heißt, dass es keinen Widerstand gab. Vor allem die Eisenbahner widersetzten sich im Rahmen eines Generalstreiks.

In Salzburg standen viele Züge still

Und darum befinden wir uns auch hier am Hauptbahnhof bei der Gedenktafel zu Ehren der im Kampf gegen den Faschismus gefallenen Eisenbahner. Der Streik umfasste auch Salzburg. Hier wurde am 12. Februar das Heizhaus blockiert. Durch diesen Sabotageakt konnten zahlreiche Züge aus Salzburg bis zum nächsten Abend nicht mehr abgefertigt werden, weil keine Lokomotiven vorhanden waren. Die Kämpfe in ganz Österreich dauerten bis zum 15. Februar 1934 und endeten in einer blutigen Zerschlagung der Sozialdemokratie, in Hinrichtungen und Verhaftungen. Was danach gekommen ist, wissen wir alle. Doch was vergangen ist, ist vergangen, sagt man, doch das stimmt nicht ganz und hier möchte ich den Sprung in die Gegenwart machen.

Der Frieden ist in Gefahr

Wir leben seit Ende des zweiten Weltkrieges in Frieden, in Freiheit. Wir leben in einem Europa, das für Demokratie, die Achtung der Menschenwürde, die Wahrung der Menschenrechte und die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung steht. Doch schauen wir einmal nach links und rechts, etwa in die Türkei oder nach Russland, wo die demokratisch gewählten Präsidenten alle KritikerInnen kurzerhand verhaften und einsperren lassen, die Versammlungsfreiheit einschränken und die Medien einer Zensur unterwerfen und mundtot machen. Oder in die USA, wo der neu gewählte Präsident seine populistischen und rassistischen Wahlversprechen in die Tat umsetzt und ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht stellt. Sein klar gegen die Verfassung verstoßendes Einreiseverbot wurde zwar aufgehoben, doch auch das hindert ihn nicht daran, weiter daran festzuhalten und sich über die Verfassung stellen zu wollen. Aber das ist alles so weit weg und betrifft uns nicht, könnte man sagen.

Marko Feingold ist der stete Mahner für Demokratie und Freiheit

Europa schwenkt nach rechts

Doch auch in Europa weht dieser Wind und erleben wir einen Aufschwung der Rechten. Etwa aktuell in Frankreich, wo Marine Le Pen mit ihrem hetzerischen und rassistischen Wahlkampf Spitzenwerte im Rennen um die Präsidentschaft prognostiziert werden. Doch wir müssen nicht einmal bis nach Frankreich schauen. Wir alle erinnern uns an den Präsidentschaftswahlkampf in Österreich, wo wir mit Schrecken miterleben mussten, wie der rechte Norbert Hofer mit seinen nationalistischen, rassistischen Äußerungen so weit gekommen ist. Gerade letzte Woche war der Akademikerball, bei dem in der Hofburg die rechten Größen Europas das Tanzbein geschwungen haben. In diesem Zusammenhang ließ es sich Innenminister Sobotka nicht nehmen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, eines Grundpfeilers der Demokratie, vorzuschlagen. Diese Entwicklung macht mir Sorgen und hier dürfen wir nicht schweigend zuschauen – wenn in Europa generell und auch in Österreich immer mehr menschenverachtende Aussagen getätigt werden und rassistische Hetze betrieben wird; nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand sondern öffentlich und mit tosendem Applaus.

Unsere Grundwerte sind in Gefahr

Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit, in der wir den zwar einfachen aber nicht richtigen Antworten und Lösungen klar entgegentreten müssen. Wenn Menschen vor Terror und Krieg flüchten und um ihr Leben fürchten, darf nicht einfach zugeschaut oder weggeschaut werden. Doch vielmehr werden diese Menschen unter Generalverdacht gestellt und als Gefahr für unsere Grundwerte gesehen. Doch die Gefahr für unsere Grundwerte geht von jemand anderem aus. Wenn diesen Menschen die Hilfe versagt wird und denjenigen, die sich bereits in Österreich und Europa befinden mit Hass, Feindseligkeit und Missgunst begegnet wird, haben wir diese Grundwerte in Wahrheit schon aufgegeben. Wenn bei Fragen der Menschlichkeit, Solidarität und Loyalität zwischen „uns“ und „denen“ unterschieden wird, haben wir uns von der Werteordnung, für die Europa steht, schon längst verabschiedet. Und immer mehr finden jetzt die vorher im Untergrund stattgefundenen und vorbereiteten Angriffe auf die Grundrechte, die für alle gelten müssen, statt. Die Einschnitte in die Freiheit und Demokratie werden unter dem Deckmantel des Schutzes der Bevölkerung des Schutzes von „uns“ gegen „die“ eingeschleust.

Vorsitzender Matteo Gebhart: Niemals vergessen!

Wir dürfen niemals vergessen

Das Vergangene ist also längst nicht so vergangen, wie man uns weismachen will – genau wie vor 83 Jahren bewegen wir uns hin zu einem Aufschwung der Rechten und des Nationalismus – einer Gefahr für unsere Demokratie. In ganz Europa ist die Rede davon, dass „wir zuerst“ kommen, dass die Grenzen wieder hochgefahren werden müssen und diese mit Waffengewalt zu verteidigen sind, im Ernstfall also auf Flüchtlinge geschossen werden soll, wie etwa die AfD das in Deutschland fordert. Schon damals waren die SozialdemokratInnen die ersten, die Widerstand geleistet haben und auch heute müssen wir SozialdemokratInnen diejenigen sein, die sich für die Menschlichkeit, die Freiheit und die Demokratie einsetzen. Wenn wir heute denjenigen gedenken, die in den Kämpfen um den 12. Februar 1934 ihr Leben gelassen haben, weil sie ihre Werte und Ideale bis zuletzt vereidigt haben, müssen wir uns gleichzeitig ermahnen, dass ihr Opfer nicht umsonst gewesen sein darf. Wir schulden es ihnen, mit derselben Entschlossenheit für diese Werte einzustehen, für Menschlichkeit, für Solidarität wir schulden es ihrem Vermächtnis, unsere Werte zu verteidigen und den Frieden, in dem wir leben und wir schulden es denjenigen, die nach uns kommen, damit auch sie in derselben Freiheit und Demokratie leben dürfen.

Wir müssen an das Vergangene erinnern. Wir müssen dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Wir dürfen niemals vergessen! „

Fotos: Arne Müseler