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Refugees welcome – Demo startet am Hauptbahnhof Salzburg

Seit zwei Wochen setzen die Salzburgerinnen und Salzburger ein klares Zeichen: Refugees Welcome am Salzburger Hauptbahnhof. Hand in Hand mit den Einsatzkräften von Caritas, Rotem Kreuz, Malteser, Stadt und Land, zeigen die Menschen, dass nur ein Miteinander Zukunft hat. Und heute lud die Plattform gegen Rechts zu einem Solidaritätsmarsch für die Flüchtlinge auf. Und mehr als 1000 Menschen kamen. Ein starkes Zeichen und die Fortführung dessen, was seit Wochen als Welle der Hilfsbereitschaft durchs Land geht.
Das ist gut so!
Aber das ist alles erst der Beginn einer riesigen Herausforderung: die Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft. Das erledigt sich nicht in ein paar Wochen oder Monaten. Das dauert Jahre. Und dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung notwendig. Wir alle sind gefordert. Und wir PolitikerInnen müssen die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen:

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Mehr als 1000 Menschen kamen zur Refugees welcome Demo in Salzburg

Die Zeit des Wegschauens und Ignorierens ist vorbei – die Flüchtlinge sind da und es werden noch mehr kommen, egal wie hoch die Zäune sind.

⇒Wir dürfen keine Zeit verschwenden mit Streitereien um das richtige Vorgehen. Es gibt nicht den EINEN erfolgversprechenden Weg, sondern viele Wege zu einer gelingenden Integration.

⇒An erster Stelle müssen Flüchtlinge Deutsch lernen, erst dann ist Integration auf Augenhöhe möglich. Dann können die Menschen aktiv ihr Leben in die Hand nehmen und bleiben nicht Geduldete oder Bittsteller.

⇒Alle Schritte, die wir tun, müssen transparent sein. Alle BürgerInnen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie die Integration funktionieren soll.

⇒Wir müssen so viele Menschen wie möglich, um ihre Unterstützung, ob ideell oder mit Taten, bitten. Nur gemeinsam geht es.

⇒Es warten in den nächsten Jahren viele Herausforderungen und Probleme auf uns. Wir werden vielen Flüchtlingen in der Schule, am Arbeitsmarkt und in der Nachbarschaft begegnen. Und das wird nicht ohne Konflikte sein. Ein verschwiegener Konflikt schwelt weiter, offene Konflikte können gelöst werden. Darum müssen wir Probleme ansprechen, Lösungen finden und die Probleme nicht unter den Teppich kehren.

⇒Ängste und Sorgen, die Menschen angesichts der Flüchtlinge haben, dürfen wir nicht abtun. Integration ist keine „Happy Peppy Party“ sondern miteinander reden, Ängste ernst nehmen und hinschauen.

⇒Integration kostet Geld, das darf aber niemandem genommen werden. Hier braucht es Gerechtigkeit und Transparenz.

⇒Und Integration ist Fördern und Fordern, respektvoll aber mit einer klaren Ansage für alle.

⇒Es ist eine Chance und keine Krise. Ich bin überzeugt, dass wir das miteinander schaffen.

Also packen wir es an! 

Stadtbiblioführung

Die DeutschschülerInnen mit IHREM Lehrer Hans!

Seit Juli gibt es an der Volkshochschule Salzburg Deutschkurse für 500 Asylberechtigte, bezahlt von der Stadt Salzburg. Ein Projekt, das mir als ehemaliger Deutschlehrerin natürlich besonders am Herzen liegt und so bekomme ich immer wieder Infos aus den Kursen. Heute hat mich dieses Email erreicht, ich hab’s einfach schön gefunden und habe gefragt, ob ich das Email „weitererzählen“ darf. Ich darf und hier ist es:

Liebe Anja!

Unlängst waren sie so süß: Eine Kollegin holt mich, dass im 4. Stock vor unserer Bürotür alle von unserem Vormittagskurs stehen und mich sprechen wollen. Ich bin total erschrocken, dachte, sie machen eine Palastrevolution und beschweren sich über irgendetwas.
Weißt du, was sie wollten: Eine Petition, dass sie ihren Lehrer, den Hans, behalten dürfen. Es kommt jetzt eine Kollegin aus dem Urlaub zurück, wie ausgemacht übernimmt sie den Kurs in der Hälfte, Hans hat jetzt Vormittag und Nachmittag gemacht, jetzt dann nur noch Nachmittag.
Alles Mögliche haben sie versucht, dass ich ihnen Hans lasse. So süß. Heute haben sie für ihn ein Riesenabschiedsjauseessen gemacht (ich hab auch was abgekriegt!), Hans war fast am Heulen. Dann sind sie in die Stadtbibliothek zur Führung abgedampft, mit vollen Bäuchen und Tränen in den Augen

Grüße

Uli

Übrigens die ersten 50 Kursteilnehmer sind schon zur Prüfung angetreten, 47 von ihnen haben bestanden! Ist doch toll, oder?

Weitere Infos hier!

 

Hunderte Menschen zwischen Wien, Salzburg und München haben in den vergangen Tagen Solidarität bewiesen. Sie haben einfach und unbürokratisch geholfen. Der Flüchtlingsstrom nach Europa wird aber auch in den kommenden Monaten nicht abreißen. Menschen auf überfüllten Schlauchbooten werden weiterhin versuchen die griechische Küste anzusteuern, ob auf Lesbos oder Kos. Sie werden trotz Stacheldraht ungarischen Boden betreten und in Kühltransportern ihr Leben riskieren. In Syrien herrscht Bürgerkrieg, der Islamische Staat ist auf dem Vormarsch. Im Sudan tobt ein ethnischer Konflikt. Das an Bodenschätzen reiche Land ist gleichzeitig das weltweit am höchsten verschuldete. Die Nachbarländer dieser Staaten sind überfordert. Allein zwei Millionen Flüchtlinge hat die Türkei aufgenommen. Das Limit ist überschritten. 30.000 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln stellen die dortigen Behörden täglich vor Herausforderungen, die mitunter in Ausschreitungen münden. Während ein Teil Europas diese Menschen versorgt und aufnimmt, verschließt sich der andere Teil vor der Realität, will nicht damit konfrontiert werden und zieht Zäune hoch. Laut dem Bericht eines Rechercheteams hat Europa seit dem Jahr 2000 knapp 13 Milliarden Euro ausgegeben, um Menschen davon abzuhalten den Kontinent zu betreten. Schlepper sollen dafür 15 Milliarden von Flüchtlingen eingenommen haben, um diese auf illegale Weise über die Grenze zu bringen.

Dennoch ist das humanitäre Gesicht Europas verglichen zu den klassischen Einwanderungsländern wie den USA, Kanada, Australien oder gar Neuseeland vorbildhaft. In dem Inselstaat kommen auf tausend Einwohner 0,3 Flüchtlinge und auch die USA setzen mit wirtschaftlich gesteuerten Migrationsprogrammen auf eine rigide Einwanderungspolitik, während ein 1125 Kilometer langer, mit Drohnen überwachter Grenzzaun zu Mexiko vergeblich versucht die jährlich 350.000 Einwanderer aus Lateinamerika abzuhalten. Im Vergleich zu manch asiatischen Ländern, deren Volkswirtschaften in den vergangenen Jahrzehnten rapide Zuwächse verzeichnen konnten, sind diese Abschreckungsmaßnahmen aber noch harmlos. So wies das wirtschaftlich starke und an Rohstoffen reiche Malaysia zuletzt Hunderte Bootsflüchtlinge aus Myanmar zurück und schickte diese aufs offene Meer hinaus.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker präsentierte indes am Mittwoch seinen Plan für die Verteilung von 160.000 Schutzsuchenden auf alle EU-Staaten. Ein engagiertes Vorhaben, allerdings nur ein kleiner Mosaikstein in der Frage, wie Europa und vor allem die gesamte westliche Welt künftig mit Menschen auf der Flucht umgehen wird? Die Schaffung legaler Fluchtwege ist eine mögliche Strategie, doch sollten diese nicht an der französischen Atlantikküste enden. Mit einer Einwanderungspolitik wie in Neuseeland, die Massen-Ankünfte, so genannte „mass arrivals“, bereits ab 30 Asylwerber gesetzlich auf die Weise regelt, dass die Menschen für bis zu ein halbes Jahr weggesperrt werden können, wird die Welt nicht voran kommen – weder politisch noch moralisch. Die Europäische Staatengemeinschaft muss in der Flüchtlingsfrage zusammenrücken. Nur so können grenzüberschreitende Lösungen gefunden werden, die rechtspopulistischen Parteien die Argumentationsgrundlage nehmen und der restlichen Staatenwelt als Vorbild dienen können.

Von Tarik Mete

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Tarik Mete

Salzburg dient den Flüchtlingen als Zwischenstopp für die Durchreise nach Deutschland. Freiwillige Helferinnen und Helfer übernehmen in den ersten Tagen – bis die Behörden und die Politik reagieren können – die Begrüßung und Verpflegung der Flüchtlinge. Volle Einkaufswägen mit Getränken, Verpflegung sowie Proviant für die Weiterreise stehen bereit für die Hilfesuchenden. Bis tief in die Nacht – ob unter der Woche oder an Wochenende – die Salzburgerinnen und Salzburger zeigen, dass Mitgefühl und Solidarität eine Selbstverständlichkeit ist. Ein klares Zeichen dafür, dass für Angstmacherei und Hetze kein Platz in Salzburg ist. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich niemals stolzer war ein Salzburger zu sein, als in diesen Tagen.

Ich möchte in diesem Rahmen auch eine Gruppe hervorheben, die sich eher seltener in der medialen Berichterstattung Platz findet – nämlich die Salzburgerinnen und Salzburger mit Migrationshintergrund. Selbstlos und mit vollem Einsatz kamen jede Nacht viele Menschen, die einfach helfen wollten. Neben den zahlreichen interkulturellen Vereinen in Salzburg, waren es vor allem Privatpersonen, die mit einer unendlichen Selbstverständlichkeit zur Hilfe eilten. Unter den Helferinnen und Helfern waren auch zahlreiche anerkannte Flüchtlinge und auch Asylwerber, die zur Zeit in Salzburg untergebracht sind. Sie sammelten selbst – mit dem Wenigen, was ihnen zur Verfügung stand – Nahrungsmittel, um sie den durchreisenden Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Viele meldeten sich auch freiwillig für Dolmetschtätigkeiten und andere Hilfsaktionen.

Alle wollen helfen

Es kamen derart viele Anfragen an mich, wo und wie man helfen und spenden könne. Es wollten so viele helfen, wussten aber nicht wie sie das am besten anstellen sollten. Da ich am vergangenen Samstag bereits als Delegierter zum Bundesparteirat eingeladen war, entschloss ich mich kurzer Hand, dass mit einer Fahrt nach Traiskirchen zu verbinden und Sachspenden in das Flüchtlingslager, in dem rund 4.000 Menschen untergebracht sind, zu bringen. Die Landesparteiorganisation der SPÖ Salzburg stellte einen Kleinbus zur Verfügung, um die Sachspenden zu transportieren und ich startete einen privaten Spendenaufruf via Facebook. Nach dem Aufruf waren nur zwei Tage Zeit bis zur Abfahrt Richtung Wien und Traiskirchen. Um ehrlich zu sein, war ich mir nicht wirklich sicher, ob dieser Spendenaufruf in so kurzer Zeit überhaupt wahrgenommen wird – aber ich wurde eines Besseren belehrt. Am Freitagabend gab es für eine Stunde, zwischen 18:00 und 19:00 Uhr die Möglichkeit Spenden in mein Büro in der Vogelweiderstraße zu bringen. Das Interesse und der Andrang waren enorm. Es kamen mehr als 50 Personen und brachten Kisten und Säcke voll mit neuwertigen oder gar neuen Textilien, Hygieneartikel, Spielzeug und anderen Sachspenden. Als Zwischenlager diente mein Büro, das letztendlich zum Bersten voll mit Kisten und Hilfsgütern stand.

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Mein Büro vorher….

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…und danach!!!

Einerseits war ich natürlich überwältigt und über alle Maße positiv überrascht von der unermesslichen Hilfsbereitschaft der Menschen, aber andererseits stand ich nun gegenüber einem neuen Problem. Wie sollte ich das ganze Zeug transportieren. Der Bus, den ich organisiert hatte, war nicht annähernd groß genug, um die Sachen, die gespendet worden sind, zu transportieren. Während ich so vor mich hingrübelte, kam ein junger türkischstämmiger Mann mit einem Kleintransporter vorbei, der ebenfalls etwas spenden wollte. Er fragte mich, wie ich den das ganze Zeug zu transportieren gedenke. Ich deutete auf den kleinen Bus. Scherzend sagte er auf Salzburgerisch: „Des wird sie owa ned gonz ausgehn“ und gab mir, ohne zu zögern und mit der Wimper zu zucken – die Schlüssel von seinem Kleintransporter. Abermals konnte ich nicht glauben, wie zuvorkommend und hilfsbereit die Menschen sind, wenn es darum geht, zusammenzuhalten und zu helfen.

Nicht ohne Facebook

Leider war das nicht das letzte Problem, dass an diesem Abend noch zu lösen war. Die ganzen Kisten, die mein Büro zugestellt hatten, mussten in den Transporter geladen werden. Es war aber schon 20:00 Uhr und alleine hätte es bestimmt bis in die Morgenstunden gedauert. Gerade als ich am Verzweifeln war, kam mir die Idee, es wieder über die sozialen Medien zu versuchen. Ich ersuchte mein Netzwerk auf Facebook, um 22:00 Uhr zu meinem Büro zu kommen und gemeinsam das Fahrzeug zu beladen. Bereits um halb zehn waren mehr als ein Dutzend Leute da, die innerhalb einer halber Stunde das ganze Fahrzeug beladen hatten. Es waren so viele Leute da, dass die Arbeit kurz nach dem vereinbarten Start um 22:00 Uhr erledigt war.

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Beladung mit allen Spenden

Nicht einmal der Kleintransporter war in der Lage all die Sachen zu fassen, weshalb wir auch den Kleinbus bis zum Anschlag füllen mussten – dennoch blieben ein paar Kisten übrig. Kurz nach zehn waren rund 25 Personen anwesend, die beim Beladen halfen. Da aber die Arbeit bereits getan war, stand man noch gemütlich bis Mitternacht zusammen und tauschte sich darüber aus, wie man den Leuten noch helfen könnte. Währenddessen fiel jemanden auf, dass die Reifen des Transporters unter dem Gewicht der Ladung etwas nachließen. Da gleich um die Ecke eine Tankstelle war, erklärte sich jemand bereit eine Luftpumpe von dort zu holen. Er holte dankenswerterweise die Pumpe und ein zufällig anwesender Mechaniker kümmerte sich um die Reifen. Ein kleines Detail am Rande: Später erfuhr ich, dass der freiwillige Helfer die Pumpe jedoch nur mitnehmen durfte, weil er 300 Euro beim Tankwart als Pfand hinterlassen hatte. Das war ebenfalls keine Selbstverständlichkeit und ich war ein weiteres Mal in dieser Nacht komplett baff. Schließlich war das Fahrzeug war startklar und es war Zeit nach Hause zu gehen.

Um 6.30 Uhr ging’s los. Gemeinsam mit einem Freund, der von Anfang an die Aktion unterstützte, machten wir uns bei heftigem Regen auf in Richtung Wien. Zuerst zur Parteiveranstaltung rund um das Thema Bildung und danach nach Traiskirchen – so war zumindest der Plan. Mehr als das Thema Bildung stand beim Themenrat berechtigterweise, nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Ereignisse, das Thema Flüchtlinge im Mittelpunkt. Der Kanzler verkündete „die Grenzbalken auf für die Menschlichkeit!“ und Genosse Häupl versicherte, jedes Flüchtlingskind in Wien werde einen Schulplatz erhalten. Klare Worte von der SPÖ-Spitze. Vielleicht wäre es klüger gewesen, aus aktuellem Anlass das Thema für die Veranstaltung zu ändern und gemeinsam über die Flüchtlingsthematik zu diskutieren. Ich verabschiedete mich zeitig von den Genossinnen und Genossen und machte mich auf den Weg.

Am Vortag und in der Nacht vor unserer Abfahrt machten sich zahlreiche Menschen, in Zügen und anderen Transportmitteln auf den Weg nach Österreich. Der sogenannte #marchofhope sollte auch den Plan unserer Spendenaktion wesentlich ändern. Meine Freunde von den Hilfsorganisationen teilten mir mit, dass am Hauptbahnhof die Lage besonders prekär ist und dort eine Art Ausnahmestand ausgerufen worden ist. Gemeinsam mit meinem Begleiter entschieden wir uns zuerst zum Hauptbahnhof zu fahren und unsere Spenden zuerst dort anzubringen.

Ausnahmezustand am Bahnhof

Das was ich dort gesehen habe, war für mich einerseits rührend und andererseits verstörend. Meine Freunde hatten nicht übertrieben – es herrschte tatsächlich ein Ausnahmezustand am Hauptbahnhof. Tausende Menschen quetschten sich durch die Halle, wo eine Art Verpflegungsstraße aufgestellt wurde. Es herrschte regelrechtes Chaos und ich fühlte mich, wie in einem Katastrophen-Film. Kleinkinder, die am Boden oder auf Feldbetten lagen und auf Verpflegung warteten. Menschen, die ihre Verwandten suchten. Von Behörden oder Einsatzkräften war eigentlich keine Spur. Es waren vor allem private Helferinnen und Helfer gekommen, um ihren Beitrag zu leisten. Es fehlte jedoch an Koordination und Organisation, was vor allem der Grund für die Unordnung und das Durcheinander war. Dort am Wiener Hauptbahnhof konnten wir den ersten Teil unserer Ladung anbringen. Vor allem Jacken und dicke Pullover waren gefragt, um auf dem Weg nach Deutschland der Kälte zu trotzen.

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Ein Teil unserer Spenden für die Flüchtlinge an der ungarischen Grenze

Über einen anderen Kontakt erfuhren wir, dass an einer Sammelstelle in Wien gerade Sachspenden für die Flüchtlinge an der ungarischen Grenze gesammelt wurden. Da die Situation dort aktuell am brisantesten war, haben wir uns kurzerhand entschlossen einen Teil der Sachspenden dorthin zu bringen. Vor Ort waren zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die uns tatkräftig beim Entladen und Sortieren der Spenden halfen. Die Spenden traten noch am selben Tag den Weg in Richtung Grenze und Nickelsdorf an.

Da wir noch nicht alle Spenden anbringen konnten, fuhren wir als letzte Station, wie eigentlich geplant, das Flüchtlingslager in Traiskirchen an. Dort besuchten wir zunächst den islamischen Verein, der im Ramadan jeden Tag mehrere Tausend Menschen mit Speis und Trank versorgte und begaben uns danach zum Haupteingang des Lagers. Auch hier trafen wir chaotische Umstände vor. Es lagen überall auf den Straßen Kleidungsstücke und Nahrungsmittel herum. Es kamen jede Minute neue Privatfahrzeuge mit Spenden an und verteilten sie unter den Leuten. Sobald man die Türe oder den Kofferraum aufmachte, stürmten sofort mehrere Flüchtlinge das Fahrzeug und versuchten die besten Sachen zu ergattern. Verstörend, wenn sich rund 30 Personen aneinander vorbeidrängen, um ein Laib Brot zu ergattern.

Traiskirchen

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Traiskirchen

Um uns einen Überblick zu verschaffen, bevor wir den Rest der Spenden verteilen, haben wir einen Rundgang um das riesige Areal des Lagers gemacht. Am Vordereingang sind keine Zelte zu sehen. Diese hat man nach den negativen Medienberichten entfernt. Stattdessen campieren die Flüchtlinge nun auf der Rückseite des Lagers. Eine unscheinbare weiße Tür mitten in der Mauer führt zu den Zelten am hinteren Ende. Neben den großen Zelten des Ministeriums, die wir von der Alpenstraße in Salzburg und anderen Zeltlagern kennen, gab es dort auch einige kleine Campingzelte, die eigentlich für den privaten Gebrauch bestimmt waren. Hier konnte man seine Spenden etwas ruhiger an den Mann, die Frau oder das Kind bringen. Als ich die Zelte durch die Tür fotografieren wollte, kam eine Sicherheitskraft und haute die Tür sofort zu. Ich schoss trotzdem ein Bild über die Mauer hinweg.

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Direkthilfe

Nach unserem Rundgang übergaben wir die restlichen Spenden an die Bewohnerinnen und Bewohner der Zeltstadt. Wir haben versucht vor allem Frauen und Kinder zu versorgen. Insgesamt war ich froh, dass wir den Großteil unserer Ladung in Wien bei der Sammelstelle für die ungarische Grenze abgegeben haben. In Traiskirchen war das eigentliche verstörende, dass so viel Zeug auf den Straßen herumlag und die Leute sich dennoch um alle Fahrzeuge scharrten, um neue Sachen zu bekommen. Ich habe dort auch versucht Geldspenden zu verteilen, aber die Leute nehmen sie nicht an – sie sind zu stolz und fühlen sich dadurch gekränkt.

Dank und Stolz

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Spenden auch für die Kleinsten!

Nachdem unser Transporter leer war, war es endlich an der Zeit die Heimreise anzutreten. Nach einer kurzen Irrfahrt durch die Pampa rund um Traiskirchen und Baden fanden wir schnell wieder zurück auf die Autobahn und waren drei Stunden später gegen 22 Uhr wieder in Salzburg. Zwischenzeitig erfuhren wir, dass zahlreiche Flüchtlinge in der Nacht in Salzburg erwartet werden. Ohne Pause begaben wir uns daher wieder zum Bahnhof. Die Behörden und die Politik waren hier sehr organisiert und in dieser Nacht lief alles reibungslos ab. An dieser Stelle sei allen Einsatzkräften, die ohne wenn und aber über mehrere Stunden im Einsatz waren, von ganzem Herzen gedankt. Nach den Bildern am Wiener Hauptbahnhof war ich froh zu sehen, dass es auch weniger chaotisch funktionieren kann. Nachdem der letzte Zug um kurz nach 24 Uhr den Bahnhof Richtung München verlassen hatte, war es auch für uns endlich Zeit den Weg nach Hause und ins Bett anzutreten. Am nächsten Morgen brachte ich einige der übriggebliebenen Kisten zur Sammelstelle der MJÖ in Salzburg. Von den Lebensmitteln, die die JUSOS im Rahmen ihrer „Kauf plus eins Kampagne“ gesammelt haben, brachten wir einen Großteil in ein Flüchtlingsheim in der Elisabeth-Vorstadt. Es sind noch ein paar Sachen übrig, aber diese werden morgen in die Flüchtlingsheime in Werfen, Radstadt und Lend gebracht. Somit werden auch die letzten Pakete, die im Rahmen unserer privaten Spendenaktion gesammelt wurden, bedürftigen Menschen zukommen.

Alles in Allem war es für mich eine sehr läuternde und spannende Woche, die aber auch sehr viel Energie gekostet hat. Es waren zahlreiche Eindrücke und Erfahrungen dabei, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Ich habe mein Bestes getan, um eure Spenden dort hinzubringen, wo sie am meisten benötigt werden. In Österreich sind wir derartige Bilder einfach nicht gewohnt, aber nun ist mir umso mehr bewusst, dass jeder und jede von uns auch in eine derartige missliche Lage geraten kann. Und dann würden wir uns auch wünschen, dass es Leute gibt, die uns Schutz, Geborgenheit und ein freundliches Lächeln schenken. Vielen Dank für eure Unterstützung, eure Hilfe und die Selbstverständlichkeit mit der ihr an die Sache herangegangen seid.

Dieser Bericht kommt hiermit zum Abschluss, aber die kommenden Tage, Wochen und Jahre wird weiterhin unsere Hilfe benötigt. Daher darf ich euch alle einladen, euch weiterhin so engagiert und unermüdlich für Hilfesuchende einzusetzen und zu zeigen, dass Salzburg eine Stadt ist, die für Vielfalt und Solidarität einsteht. #refugeeswelcome

Und ich muss es noch Mal sagen:

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich niemals stolzer war ein Salzburger zu sein, als in diesen Tagen.

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Fotos by Tarik Mete, mehr auf Tariks Facebook Seite

Und hier geht es auf Tariks Seite!

Einkaufswägen

Die gefüllten Einkaufswägen stehen für die Flüchtlinge bereit.

Salzburg Hauptbahnhof: Zwei leere Semmeln, eine Packung Butterkekse, ein Apfel und eine Tafel Schokolade. Fertig geschnürt wandert ein Jausensackerl nach dem anderen in den Einkaufswagen. Daneben steht bereits einer mit Mineralwasser und zwei weiter einer mit Hygiene-Artikel. „Wie kann ich mich nützlich machen?“, fragt eine Frau mittleren Alters. Keine Minute später hat die freiwillige Helferin das erste Sackerl gefüllt, abgepackt und mit einem Mascherl versehen.

„Ein Einkaufswagen mit Lebensmittel, einer mit Getränken. Nicht mehr als drei Personen pro Wagen“. Caritas-Direktor Johannes Dines gibt die letzten Anweisungen an die Freiwilligen. Dann setzt sich die Kolonne in Bewegung. Im Zick-Zack-Kurs bahnt sich der Hilfskonvoi seinen Weg zwischen Geschäftsreisenden, Touristen, Urlaubern, Schülern und Studenten hindurch. Je ein Caritas-Mitarbeiter begleitet die Helfer Richtung Bahnsteig. Mit dem Aufzug geht es nach oben zu den Gleisen des Salzburger Hauptbahnhofs. Eine ältere Dame mit Koffer nähert sich den Helfern. Ihr Dank kommt spontan und von Herzen: „Thank you for helping people. Great work!“

„Thank you for helping people. Great work!“

Wie viele Flüchtlinge in dem ÖBB-Railjet aus Wien sein werden, weiß keiner genau. Gestern Abend waren es bis zu Tausend pro Zug. „Die Ungarn haben die Grenze zu Österreich schon wieder dicht gemacht“, macht eine Nachricht schnell die Runde. Das Rote Kreuz steht mit Sanitätern bereit, die Polizei hat Beamte abkommandiert. Alles wartet auf die Ankunft des Zwölf-Uhr-Zugs aus östlicher Richtung. Für eine Gruppe junger Männer geht es nach einem Wochenend-Trip zurück in ihre Heimat nach Vorarlberg. Für die ankommenden Flüchtlinge heißt es in Salzburg umsteigen in den Anschlusszug nach München. Die Destination ist unbekannt. Der Regionalexpress steht am gegenüberliegenden Bahnsteig zur Abfahrt bereit.

Minderjährige syrische Flüchtlinge sind gekommen, um zu übersetzen. Durch das Megaphon sollen sie den Menschen in ihrer Sprache erklären, dass es gleich gegenüber  nach Deutschland weitergeht. Die Helfer machen sich bereit. Sie bringen ihre mit Semmeln, Keksen, Äpfel, Bananen und Mineralwasser gefüllten Einkaufswagen in Position. Der Zug rollt ein, die Türen öffnen sich. Hastige Blicke scannen den Bahnsteig. Eine Mutter hält ihre Tochter im Arm. Der Vater streckt schnell die Hand für eine Flasche Wasser aus. Dann verschwinden die Drei im Zug Richtung München. Ein kleines Mädchen löst sich kurz von ihrer Mutter. Ihr Blick trifft auf jene zwei Helfer, die unweigerlich seufzen. Ein Pfiff. Die Türen schließen und der Zug fährt ab. Die Menschen im Zug winken zum Abschied. Die Helfer tun es ihnen gleich. Dann sind die Flüchtlinge wieder verschwunden. Zurück bleibt ein leerer Einkaufswagen und das gute Gefühl geholfen zu haben. Wenn auch nur für einen kurzen Moment.

So viele erschütternde Bilder in den letzten Tagen: im Lastwagen erstickte Menschen, an den Strand gespülte Leichen, verzweifelte Flüchtlinge am Bahnhof in Budapest. Das Entsetzen darüber ist groß und die Hilfsbereitschaft der Menschen wächst. Doch einige haben weiterhin nichts anderes als Hass und Gewalt für die Flüchtlinge übrig.

Darum beschloss ein Musiklehrer, den Ultra-Rechten eine lautstarke Botschaft entgegenzuschleudern – und zwar den 22 Jahre alten Song „Schrei nach Liebe“ der Punk-Band DIE ÄRZTE. So startete er die Aktion Arschloch, benannt nach der bekannten Textzeile des Songs „Schrei nach Liebe“, die schlicht und eingängig einfach „Arschloch, Arschloch, Arschloch“ lautet. Die Ärzte veröffentlichten den Song 1993, als Asylbewerberheime in Rostock brannten. Jetzt, wo wieder Asylquartiere die Zielscheibe von Flüchtlingshassern sind, war es naheliegend, gerade diesen Song auszuwählen.

Die Absicht der Aktion Arschloch. „Schrei der Liebe“ soll auf Platz 1 der deutschen Charts – als Zeichen gegen die Rechte Hetze und Gewalt. Die Ärzte begrüßen die Aktion, wollen aber nichts daran verdienen. Es wird alles an die Organisation Pro Asyl gespendet – und zwar auch die Erlöse durch Airplay.

Die Aktion ist ein voller Erfolg. Es gibt viel Zustimmung von der Presse und auch die Verkäufe von „Schrei nach Liebe“ sind in die Höhe geschnellt, auch in der Schweiz, in Österreich und Luxemburg.

Tadellose Aktion? Nicht für alle.
Es gibt auch herbe Kritik an der Aktion. Schindluder.net, sonst spezialisiert darauf, uns mit lustigen Bildchen und Sprüchen zu erfreuen, nennt das Ganze die „Aktion der Arschlöcher“.

[Sorry, den folgenden Absatz musste ich streichen. Hier hab ich den Sin der Aussage von Schindluder.net völlig entstellt – ohne Absicht, einfach durch Schlampigkeit. Ich entschuldige mich.]
Die Argumente gegen die Aktion Arschloch sind einerseits subjektiv:
Es ist nicht cool, […] „Schrei nach Liebe“ anzuhören […] macht auch definitiv keinen Spaß.
Das mag für manche stimmen. Ich mag den Song und singe gerne lauthals mit. Und viele andere offenbar auch.

Andere Die Argumente sind finde ich naiv:
Man muss immer, immer, immer, immer, immer und immer wieder mit Flüchtlingsgegnern reden und ihnen die Ängste nehmen. Nur wenn sie verstehen und sehen, dass Flüchtlinge verdammt arme und hilfsbedürftige Menschen sind, dann überlegen sie es sich vielleicht zweimal ob sie ein Heim anzünden.
Wie bitte? Das ist idealistisch aber nicht realistisch. Rassisten sind für Argumente und das Leid der anderen nicht offen. Sie sind Hasser, keine Skeptiker und keine „besorgten Bürger“. Menschen mit Ängsten und Sorgen zünden nichts an, verbreiten keine Gewalt und urinieren nicht auf Flüchtlingskinder.

Ist es ok, Ultra-Rechte als Arschlöcher zu bezeichnen?
Es ist sicher nicht der feine Ton. Argumente gehen den Rechten am, ‘Tschuldigung, Arsch vorbei. Und ob man sie Nazi, Pack oder sonstwas nennt, ist ihnen auch egal. Gerade das ist für alle normalen, empathischen Menschen so frustrierend – Argumente und Beschimpfungen bringen nichts. Aber: Man kann sich so seiner Frustration einfach Luft machen und es rausschreien: Arschloch!

[Hier zur Auflockerung das Lyrics-Video – bitte weiter unten weiterlesen]

Freilich, ist es ein Schrei der Ohnmacht, doch wenn viele ihn gemeinsam schreien, dann fühlt man sich nicht allein. Dann weiß man, dass es viel Menschlichkeit gibt und es sich lohnt, den Rechten gegenzuhalten.

Flüchtlingsjunge_Aylan_übermalt

„Wir TRAUERN NICHT wir FEIERN ES“ Welche Unmenschen denken so? Arschlöcher?

Dieses Gefühl tut auch einfach mal gut. Besonders wenn die Flüchtlingsgegner sich von ihrer hässlichsten und unmenschlichsten Seite zeigen. Zum Bild des 3-jährigen ertrunkenen Aylan, das dieser Tage wieder viele Menschen bewegt hat, tauchte auf Facebook dieses Posting auf:

Werden solche Unmenschen durch Argumente klüger? Nein. Sorry, aber in solchen Augenblicken fällt mir auch nichts anderes ein, als laut zu schreien: Arschloch! Arschloch! Arschloch!