von Daniel Eckhart

Was ist das Deep Web?
In Wikipedia findet man diese Definition:
Das Deep Web (auch Hidden Web oder Invisible Web) bzw. Verstecktes Web bezeichnet den Teil des World Wide Webs, der bei einer Recherche über normale Suchmaschinen nicht auffindbar ist. Im Gegensatz zum Deep Web werden die über Suchmaschinen zugänglichen Webseiten Visible Web (Sichtbares Web) oder Surface Web (Oberflächenweb) genannt. Das Deep Web besteht zu großen Teilen aus themenspezifischen Datenbanken (Fachdatenbanken) und Webseiten. Zusammengefasst handelt es sich um Inhalte, die nicht frei zugänglich sind, und/oder Inhalte, die nicht von Suchmaschinen indexiert werden oder die nicht indexiert werden sollen.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Deep_Web)

Ich war jung und neugierig
Ich habe das Deep Web durch einen damaligen Schulfreund gefunden und möchte darüber erzählen. Ich war 14 Jahre alt und sehr am Internet Interessiert. Als mir ein Freund von einem geheimen Internet erzählt hat, war meine Neugier geweckt. Er erklärte mir, dass es nicht so leicht ist, in das Deep Web zu kommen und schickte mir ein Tutorial, wie ich den Zugang einrichte. Ich machte alles, wie es in dem Tutorial beschrieben war.

So weit, so gut. Nun konnte ich das Deep Web besuchen. Es war aber schon spät. Am nächsten Tag musste ich zur Schule und wollte darum erst einmal schlafen. Im Bett ging mir das Ganze aber einfach nicht aus dem Kopf. Ich wollte mehr über das Deep Web erfahren – und zwar gleich. Also stand ich wieder auf und setzte mich vor den PC. Ich startete den Browser und suchte im visible Web (im normalem Internet, so, wie wir es kennen) nach Beiträgen. Da fand ich dann eine Seite auf der komische Links zu sehen waren. Sie bestanden aus verschiedenen Buchstaben- und Zahlen-Kombinationen. Ich kopierte den Link und stieß auf ein deutsches Forum. Auf den ersten Blick sah es nicht anders aus, als andere Foren. Ich scrollte durch die Seite und las ein paar Beiträge durch. Dabei stieß ich auf eine Person, die gerade online war. Wir unterhielten uns. In der Unterhaltung ging es eigentlich nur um ganz normale Themen, wie es mir und ihm geht usw. Nach kurzer Zeit fragte er mich, ob ich Skype habe. Das hatte ich natürlich und schickte ihm meinen Skype-Namen. Mit 14 machte ich mir keine Gedanken darüber, was da für eine Person am anderen Ende der Leitung sitzt.

deep web_imageLass dich nicht mit Fremden ein
Er addete mich und rief mich an. Sollte ich das Gespräch wirklich annehmen? Nach dem fünften Klingeln hob ich erst ab. Wir unterhielten uns über das Deep Web und ich fragte ihn aus, was es so im Deep Web gibt und was der Unterschied zum normalen Internet ist. Er lachte nur und schickte mir Onion Links – das sind Links aus willkürlichen Zahlen- und Buchstaben-Kombinationen). Ich öffnete die Links und es öffnete sich vorerst wieder nur ein Forum. Als ich dann genauer hinsah, erschrak ich: In diesem Forum ging es um Vergewaltigung und Kinderpornografie. Ich war zuerst sprachlos. Als ich mich dann wieder gefangen hatte, fragte ich ihn, was er auf solchen Seiten macht. Ich war echt verstört. Er schmunzelte nur und meinte das ist erst der Anfang.

Wieder schickte er mir einen Onion link. Ich öffnete ihn und kam auf eine Seite, die Silk Road hieß. Dort waren Pflanzen, Tabletten und weißes Pulver abgebildet. Ich wusste nicht, was das alles bedeutet. „Klick einmal auf ein Bild“, sagte er. Ich zögerte. Doch dann klickte ich auf das Bild mit dem weißen Pulver. Koks to a small price of 0.00124635 BTC stand da. Ich fuhr mit meinem Stuhl zurück. Er lachte lauthals: „HAHAHA! Hast du Angst vor Drogen, oder wie?“ Ich wusste zuerst nicht was ich darauf sagen sollte. Nach gefühlten fünf Minuten antwortete ich dann ganz leise: „Das ist doch krank!“ Ich wollte aufhören, mir all das anzusehen. Andererseits konnte nicht aufhören. Ich war einfach zu neugierig. Ich fand wirklich alles auf der Seite: Koks, Marijuana, Extasy, Crystal Meth. Ich war erschrocken darüber, wie einfach es ist, an diese Drogen zu kommen.

Er schickte mir noch einen letzten Onion Link. Ein paar Sekunden später schickte er mir noch irgendwelche Zugangsdaten und meinte nur mit einem Zwinkersmilie: „Die wirst du brauchen.“ Damit verabschiedete er sich und beendete den Skype-Anruf. Ich kopierte alles und speicherte die Links in einem Textdokument ab. Ich sah auf die Uhr und sah, dass es schon Zwei Uhr in der Früh war.

Um meine Gedanken abzulenken, wollte ich noch einfach ein paar nomale YouTube Videos ansehen. Ich konnte mich aber gar nicht darauf konzentrieren. Ständig musste ich über alles nachdenken, was ich gesehen hatte. Außerdem ging mir der letzte Onion Link und die Zugangsdaten nicht aus dem Kopf. Ich glaube, ich überlegte zwei Stunden, ob ich mir anschauen soll, was er mir geschickt hat. Ich zwang mich, ins Bett zu gehen und zu schlafen. Am nächsten Morgen musste ich nämlich schon um 06:00 Uhr aufstehen, damit ich nicht den Bus zur Schule verpasse. Den ganzen Schultag über war ich sehr abwesend und wenn mich Lehrer darauf ansprachen, meinte ich nur, ich habe schlecht geschlafen. Mein Schulfreund war an dem Tag krank, also konnte ich mich mit niemanden darüber unterhalten, was ich gesehen und erlebt habe. Als ich dann heim kam, aß ich mit meiner Familie. Meine Mutter merkte mir an, dass ich nicht ganz anwesend war. Also redete sie mich darauf an. Ich meinte, nur es war ein sehr anstrengender Tag in der Schule. Ich ging nach dem Essen nach oben und schaute gleich in Skype ob „er online war. Er war offline… Nun konnte ich nicht mehr warten und kopierte den Link in den Onion Browser. Es öffnete sich eine Seite mit einem Login Feld:
Eingabemaske Deep Web
Ich fügte den Benutzernamen und das Passwort ein. Eine weitere Seite öffnete sich mit den Auswahlfeldern:

„I can handle this“ und „I am a Pussy. Quit“

Wie viel erträgst du?
Ich klickte natürlich auf „I can handle this“. Darauf öffnete sich noch eine Seite. Was ich da sah, veränderte mein Leben komplett. Ich sah mehrere Bilder. Auf dem ersten saß ein Mann auf einem Stuhl. Er bewegte sich nicht. Das zweite zeigte ein traurig aussehendes Kind. Ich klickte auf das Bild mit dem Mann auf dem Stuhl. Ein Video startete automatisch. Es begann mit trauriger Musik. Ein anderer Mann betrat den Raum und schaute mit einer Scream Maske in die Kamera. Er zückte ein Messer und begann wie wild auf den sitzenden Mann einzustechen! Ich wollte das Video beenden oder den Browser schließen, aber ich war starr vor Angst. Ich konnte mich kaum bewegen. Und so sah ich mir das Video bis zum Ende an – ohne dass ich es wirklich wollte. Als das Video aus war, fing ich an zu weinen. Als ich mich wieder etwas gefasst hatte, schloss ich den Browser und deinstallierte alles, was nur irgendwie mit dem Deep Web zu tun hatte. Ich löschte Skype und alle Daten, die mich nur irgendwie an das Deep Web erinnern könnten. Ich würde heute nie mehr das Deep Web nutzen. Denn die Dinge, die ich gesehen habe, waren zu verstörend, grausam und krank.

Meine Warnung
Ich möchte noch einmal betonen: Das ist eine wahre Geschichte. Ich habe sie selbst so erlebt! Bitte nehmt meine Warnung ernst: Überlegt euch genau, was ihr im Internet tut. Wenn Eltern unter euch sind, dann habt bitte ein Auge darauf, was eure Kinder eure Kinder im Internet machen. Mich hat dieses Erlebnis persönlich sehr verstört. Noch heute denke ich an die Dinge, die ich da gesehen habe, und bekomme selbst jetzt, wenn ich darüber schreibe, schwitzige Hände. Die Bilder bekomme ich wahrscheinlich mein Leben lang nicht aus meinem Kopf.

Die drei Landtagswahlen sind geschlagen und mein Fazit lautet: Willkommen im Durcheinander, Willkommen in der Vielfalt! Auch politisch ist es noch lebhafter und unberechenbarer geworden für Links, Rechts und die Mitte!


Es gibt keine großen Volksparteien mehr, die Koalitionen werden bunter. Und auch in Deutschland festigt sich jetzt eine Partei rechts der CDU/CSU. Die SPD hat in Rheinland-Pfalz zugelegt, trotz der AfD und trotz der Frontalangriffe der CDU-Spitzenkandidatin. Die regierende Ministerpräsidentin Dreyer überzeugte mit Sachpolitik und Ruhe. In Baden-Württemberg legt der grüne Ministerpräsident fulminant zu, während SPD und CDU abstinken. In Sachsen-Anhalt hat die AfD einen riesigen Zulauf, die CDU kann sich an der Spitze halten, die SPD wird zur Kleinpartei und selbst die Linken müssen massiv Federn lassen. Die FDP ist in allen drei Landtagen vertreten. Parteiobmann Lindner scheint den richtigen Kurs zu fahren. SPD-Chef Gabriel wird sich einigen Diskussionen stellen müssen, die massiven Verluste in zwei Bundesländern sind nicht so einfach wegzustecken. Und für Kanzlerin Merkel heißt es weiter auf ihrem Kurs bleiben. Denn alle drei Wahlen waren keine richtige Entscheidung der Wähler über die Flüchtlingspolitik, sondern eher ein sowohl für eine offene Gesellschaft als auch für Grenzzäune. Julia Klöckner hat mit ihrem Anti-Merkel-Kurs für die CDU Verluste eingefahren, die Unzufriedenen sind gleich zur AfD übergelaufen. Während ein grüner Ministerpräsident offen den Merkelkurs unterstützt und noch dazu gewinnt, dafür verliert der CDU-Herausforderer.

Für mich heißt das, dass die Vielfalt der Gesellschaft endgültig in der Politik angekommen ist. Und PolitikerInnen müssen lernen es auszuhalten, dass es nicht mehr die EINE Antwort auf eine große Herausforderung gibt. Und dass die Wählerinnen und Wähler sich aus einem großen bunten Korb an Antworten, Meinungen und Positionen bedienen können. Und für PolitikerInnen heißt das:

Zuhören, Lernen, Abwägen und dann Entscheiden, weil:

Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!

Nachtrag zur Erstanalyse von 18.45: Die FDP scheint die 5 % Hürde in  Sachen-Anhalt nicht zu schaffen… also hat sie es nur in 2 Landtage geschafft heute!

Gedanken zum Fastenbild „Flüchtlingslager Abu Shouk“ in der Pfarrkirche Salzburg-Parsch

Ein Beitrag von Günther Jäger

Im Zentrum der Kirche von Parsch hängt das Bild des Flüchtlingslagers Abu Shouk

Im Zentrum der Kirche von Parsch hängt das Bild des Flüchtlingslagers Abu Shouk

Die Fastenzeit, zur Vorbereitung auf Ostern hin, verstehen wir als eine Zeit, in der wir unser Leben, unseren Lebensstil bedenken und überdenken. Für viele bedeutet die Fastenzeit auch „Reduktion“, ein Sich-Zurücknehmen. Eine Zeit, in der man auf Liebgewonnenes oder Gewohntes verzichtet, damit der Blick frei wird für das Wesentliche im Leben.

Auch die Tradition der Fastentücher – die, soweit mir bekannt ist, bis ins Jahr 1000 zurückreicht – zielt auf Reduktion, auf Verzicht. Mit dem Fastentuch werden Altar, Kreuze, Bilder verhüllt. Neben das körperliche Fasten tritt dadurch ein sinnliches Fasten; gleichsam ein „Fasten für die Augen“.

Das Fastenbild, das wir in der Pfarrkirche Parsch heuer aufgehängt haben, verhüllt nicht den Altar. Es schränkt auch nicht den Blick ein. Ganz im Gegenteil, es möchte uns anregen, unseren Blick zu öffnen und zu weiten.

Das aus vielen Kilomentern Höhe gemachte Satellitenbild zeigt uns einen Teil unserer Erde in ihrer faszinierenden und staunenswerten Schönheit. Es wurde bereits während der „Offenen-Himmel-Woche“ Anfang Oktober letzten Jahres mit 11 weiteren Satellitenbildern am Salzburger Domplatz gezeigt.

Das Satellitenbild zeigt mir aber auch wie brüchig das Leben auf unserer Erde ist. Die Erde: ein für den Menschen von Menschen bedrohter Ort. Die Aufnahme bildet das Flüchtlingslager Abu Shouk im afrikanischen Nordsudan ab. In diesem Flüchtlingscamp leben als Folge des Dafur-Konflikts 50.000 aus ihren Heimatdörfern vertriebene Flüchtlinge. Insgesamt verloren in diesem Konflikt, der ab 2003 den Sudan erschütterte, über 2,5 Millionen Menschen ihre Heimat.

Ich denke, dieses Bild steht für die Situation, in der wir uns heute befinden. Es könnte nicht aktueller sein. Ich brauche Ihnen nichts über die aktuelle Flüchtlingssituation sagen. Tagtäglich berichten die Medien davon, und wir sind direkt und persönlich damit konfrontiert. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht; ich aber fühle mich inmitten dieser beklemmenden Ereignisse meist ohnmächtig, zerrissen, schockiert und traurig.

Mir ist aber bewußt, dass mein Tun entscheidend ist für die Situation, die wir zu bewältigen haben. Mein Handeln prägt. Und als Christ weiss ich mich eingebunden in die Verantwortung für dieses Welt und für die Menschen.

Wenn es in der Fastenzeit darum geht, auf das Wesentliche in unserem Leben zu schauen, es zu suchen und zu finden, dann möchte ich Ihnen gerne einen Gedanken mitgeben, der mir in den letzten Wochen – inmitten der anhaltenden Flüchtlingskrise – wichtig geworden ist.

Wenn ich mich als Christ eingebunden weiß in die Verantwortung für die Welt und für die Menschen, dann merke ich gleichzeitig, dass diese Verantwortung wie eine Last auf meinen Schultern liegt und mich verzweifeln lässt. Ganz einfach: Sie überfordert mich.

Weiß ich denn, ob mein Protest gegen Krieg auch nur ein Menschenleben in Syrien und im Irak rettet; oder in Afghanistan oder in der Ukraine, in der Zentralafrikanischen Republik, im Sudan, in Somalia, in Libyien, im Ghasastreifen oder auf einem anderen der zahlreichen Kriegsschauplätzen dieser Welt? Oder weiß ich, ob meine konsumkritische Haltung im Alltag nur einen Menschen vor Hunger und Ausbeutung bewahrt?

Vielleicht bin ich ja für das Schicksal der Menschen in Syrien oder im Sudan gar nicht verantwortlich?! Vielleicht bin ich auch für das Kind im Kongo nicht verantwortlich, das für die Handyindustrie in einer Koltanmine schuftet?! Vielleicht bin ich für diese Menschen nicht verantwortlich, weil ich diese globale Verantwortung gar nicht übernehmen kann! Weil die Vorgänge auf der Welt bereits so komplex sind, dass es unmöglich ist, sie zu durchschauen.

Aber ich fühle mich mit den Menschen verbunden. Ihr Schicksal ist mir nicht gleichgültig, ihr Schicksal berührt mich. Ja, es ist mein größter Wunsch, dass sie ihr Leben selbstbestimmt führen können.

Wenn wir uns als Teil dieser Welt und des lebendigen Geschehens auf ihr begreifen, dann denken, fühlen und handeln wir anders. Flüchtlinge, Fremde, Notreisende begegnen uns dann nicht als Problemfälle, die wir „lösen“ müssen, sondern sie begegnen uns als Mitmenschen, deren Augen uns zur Begegnung auffordern, unmittelbar.

„Verbundenheit ist etwas anderes als Verantwortung“, so der Soziologe Hartmut Rosa aus Jena,in ihr liegt nicht eine Verpflichtung, sondern vor allem ein Motivationsgrund, globale Zusammenhänge in unserem Handeln mit zu bedenken“.

Wir dürfen uns bei einer globalen Verantwortung überfordert fühlen. Verantwortlich aber sind wir dafür, ob wir uns als abgetrennt oder als verbunden begreifen.

Das Fastenbild, das uns einen Erdteil zeigt, der weit entfernt von uns liegt, möchte uns einladen, uns als Teil dieser Welt zu begreifen. Auch wenn ich immer wieder Ohnmacht den Ereignissen der Geschichte und meinem Leben gegenüber verspüren, möchte ich doch immer wieder Mut aufbringen, zu Handeln. Diesen Mut, tatkräftig zuzupacken, Gottes Ruf an uns bewußt zu werden, sich mit den Menschen verbunden zu fühlen, wünsche ich Ihnen in dieser Fastenzeit.

 

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Bei One Billion Rising 2016

Zum Frauentag 2016 nehme ich mein liebstes Kochbuch zur Hand. Darin sind alle Klassiker der österreichischen Küche von Apfelstrudel über Marmorkuchen bis zu Zwiebelrostbraten in einfachen Rezepten drinnen. Es ist das Kochbuch meiner Mutter, das sie als junges Mädchen für den Unterricht in der Hauptschule hatte. Das war von 1951- 1955. Aber meine Mutter lernte nicht nur kochen in der Schule, sondern auch vieles, was von einer guten Hausfrau erwartet wurde. Dazu gehörte natürlich die immerwährende Sorge um die Familie und auch wie wichtig das Essen für die Gesundheit ist. Das lag damals ganz in der Hand der Hausfrau. Aber einfach so das Essen, sei es noch so gesund, auf den Tisch stellen war nicht genug. Da brauchte es auch ein „sauberes Schürzchen“ und die „Ruhe, das Bereitsein“ und einen „freundlich gedeckten Tisch“. Erst dann war es perfekt. (siehe Bild oben!)

Unvorstellbar für heute. Jetzt lernen Buben und Mädchen kochen in der Schule und saubere Schürzen tragen eigentlich nur mehr die Männer, wenn sie am sommerlichen Grill die Würstchen und die Steaks für Familie und Freunde zubereiten. Bevorzugt haben die Schürzen Sprüche aufgedruckt wie: „Männer, die kochen sind unwiderstehlich!“, „Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle.“ Oder „You kill it, I grill it.“.

Es ist was weiter gegangen mit der Emanzipation. Aber so ganz am Ziel sind wir alle, Männer wie Frauen, noch nicht. Die Reaktionen auf die Kölner Silvesternacht haben das wieder gezeigt. Sofort war da die Rede von „unseren Frauen“, die geschützt werden müssen. Das alte Muster war bei einigen wieder da. Frauen gehören jemanden und nicht einfach sich selbst, das können sich manche, auch westliche Männer,  gar nicht vorstellen. Und gleichzeitig beschworen viele, wie wichtig die erlangte Gleichstellung zwischen den Geschlechtern ist. Besonders Männer und Frauen, die in den letzten Jahrzehnten nicht dadurch aufgefallen sind, dass sie die Gleichstellung auf ihre Fahnen geheftet haben. Ich erinnere an die Diskussionen rund um „Ein Nein muss genügen.“, die „Quotenregelungen  in Aufsichtsräten“ und „Gendern“,  ob bei den Finanzen oder in der Sprache. So schnell hat die Frauenbewegung in ihrer langen Geschichte noch nie so viele neue UnterstützerInnen bekommen. Sehr schön! Denn viele, die die Frauenbewegung eher belächelt denn unterstützt haben, tun sich jetzt sehr schwer wieder in die Argumentation von 2015 zu verfallen. Denn Frauenrechte sind jetzt  bei der Mehrheit in den Kanon „westlicher Werte“ aufgenommen worden und die sind schließlich die Basis unseres Zusammenlebens sagen alle. Also bin ich guter Dinge, dass wie die noch verbliebenen Forderungen der Frauenbewegung wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ oder „Halbe –Halbe“ schneller durchsetzen.

Wer teilt meinen Optimismus noch?

Ich reise in Sachen Bildung und sitze im Airbus der Lufthansa nach Teheran. Es ist Mitternacht vorbei, da sehe ich ein Lichtermeer tief unter mir, fröhlich, bunt, riesig- Teheran! Lange Autobahnen, blinkende Lichter des Verkehrs und der Wohnhäuser, voller Leben, aber auch mit einer fröhlichen Gelassenheit, die auch die Menschen besitzen, die dort wohnen, wie ich in den Tagen darauf feststelle. Karma ist das Zauberwort, die Iraner glauben daran und das verbindet mich bereits mit ihnen.

Ich steige aus dem Flieger und werde von freundlichen, lächelnden Menschen empfangen. Bei der Passkontrolle sieht der Beamte mein Visum an und fragt:“ A visa only for 5 days? Why would you leave us so soon?“ Ich erkläre ich bin auf einem Businesstrip mit der Chamber of Commerce, er wünscht mir gute Geschäfte. Scheint hier für Frauen normal zu sein.

b2Ich hole mein Gepäck, werde durch einen besonderen Gang ohne Kontrolle mit freundlichen Handzeichen geleitet und stehe in der Ankunftshalle. Wo sind meine Delegationskollegen, wer holt uns ab? Ich sehe niemanden und warte gut zwanzig Minuten. Es ist nach ein Uhr nachts. Die Menschen haben die Halle verlassen, ich beschließe, nicht länger zu warten und mir ein Taxi zu nehmen, das mich in das wie man sagt beste Hotel der Stadt bringen soll. Ich trete vor die Tür und sehe einen Taxifahrer, der mir vertrauenswürdig erscheint, zeige ihm die Adresse des Hotels, werde zum Auto geleitet. Auf meine Frage, ob ich im Auto rauchen darf, kurbelt er sofort das Fenster hinunter und sagt zu mir: „ Feel free!“ Nun geht es also vom Flughafen hinaus in die Finsternis einer unbekannten Stadt, in Begleitung eines unbekannten Mannes, in eine unbekannte Richtung, und mir ist schon leicht mulmig. Ich sehe nicht, wohin wir fahren, die Schilder sind für mich alle nicht lesbar. Wir fahren auf einer breiten Autobahn, und wie ich mit Erleichterung feststelle , es wird bewohnter. Wir fahren also richtig in Richtung Zentrum. Meine Tochter bietet unsere bewährte Reiseassistenz für solche Situationen an- alle 5 bis 10 Minuten ein Sms, damit klar ist, es steht jemand mit mir in Verbindung. So etwas, das wissen wir, schreckt ab. Nach einer Stunde Fahrt scheint das Zentrum nahe, da hält der Fahrer unter einer Unterführung ohne Licht bei einer Ansammlung Männer- es sind Straßenhändler. Er sagt er braucht change. Ich will ihm einmal glauben. Er macht einen U- Turn- die Fahrweise ist atemberaubend ähnlich der wie ich es von Sao Paulo gewohnt bin (freier Fahrstil)- in eine Einfahrt und biegt in beleuchtete Straßen ein. Eine halbe Stunde und nervöse zwei Zigaretten später fährt er in eine Einfahrt zu einem riesigen Wolkenkratzer und ich stehe vor einem hellerleuchteten, sehr eleganten Portal des Hotel Azadi. Na schön, denke ich, nach eineinhalb Stunden Fahrt wird die Rechnung jetzt saftig. Doch er verlangt 30 € und freut sich über 2€ Trinkgeld riesig.

In der Lobby werde ich sofort von 2 Pagen mit den Koffern unterstützt und an der Rezeption höflich und zuvorkommend begrüßt, ich werde ins Zimmer begleitet und darf auch hier mein Zigaretterl rauchen. „ Just open the window and feel free!“

Der folgende Sonntag ist Arbeitstag und beginnt für mich um halb acht, ich lerne die Delegationsteilnehmer aus Österreich endlich kennen und werde vom Wirtschaftsdelegierten, den ich bereits gut kenne, sehr freudig begrüßt. Wir frühstücken und gleich geht es durch die Straßen zum ersten Termin, einem Ministerium. Auch hier sind freundliche Menschen, Männer und Frauen, wir Frauen eben alle mit Kopftuch, aber sehr geachtet. Eine Frau stellt die Agenden und Interessen des Ministeriums vor, die Männer sprechen nach ihr zu uns, sehr ruhig, sehr erklärend, sehr ausführlich und fast didaktisch aufbereitet und dann bekommen wir Delegierte aus Österreich jeder das Wort. Ich bin die einzige österreichische Frau. Das Wort wird an mich gerichtet, bevor ich spreche, lächeln mir alle, besonders die Männer, ermunternd und wertschätzend zu. Das Interesse an  dem, was ich sage, ist groß, ich werde in ein intensives Gespräch verwickelt, es endet damit dass man mir sagt: „ We are very happy to have you here!“ Ich bekomme als einzige der Delegation eine Mappe mit wichtiger Information über das Ministerium und die Visitenkarten der iranischen Vertreter. Ich bin als Frau völlig ernstgenommen, das Kopftuch stört mich zwar, weil es heiß ist und dauernd rutscht und festgezogen werden muss, aber das hindert niemanden daran, mir eine Kooperation vorzuschlagen. Super!

Nach vielen guten Wünschen für unseren Aufenthalt geht es weiter zum nächsten Ministerium, dort ist die Atmosphäre für mich genau gleich, ich bekomme sogar in der Pause einen eigenen Raum für eine Zigarette am Fenster und eine Begleitung zur Unterhaltung.

Nun geht es mit der Delegation zu einem berühmten Restaurant zum Lunch- ein kulinarisches Erlebnis. Es biegt sich der Tisch zuerst unter dem Angebot der Vorspeisen, Fladenbrot, Salate- dazu herrliche antialkoholische Getränke wie Granatapfelsirup oder Zitronensirup oder Joghurt verdünnt mit Minze und Salz. Es gibt auch antialkoholisches Bier.

Die Hauptspeise ist Fisch oder Kebab aus verschiedener Zubereitung- ich liebe das in Granatapfelsaft eingelegte Fleisch. Es ist besonders weich und hat einen leicht säuerlichen Geschmack. Überall ist Wildknoblauch dabei, der nicht ganz so scharf wie unserer ist und, wie mir versichert wurde, keinen Geruch erzeugt. Ich habe einen Iraner, der nun in Österreich lebt, stets als Tischnachbarn. Er erklärt mir alle Speisen und die Zubereitung.

b3Wir müssen nach einem Kaffee und einer Nachspeise wie Baklava wieder ins Verkehrsgetümmel, lange Anfahrt zur iranischen Wirtschaftskammer. Nach einem sehr enthusiastischen Empfang mit Fernsehkamera und einer Unterzeichnung eines Memorandum mit Österreich gibt es wieder die Präsentation unserer Projekte und Firmen und dann habe ich dort einen Einzeltermin mit einem Geschäftspartner aus Gilan am Kaspischen Meer, mit dem ich schon lange in Kontakt bin. Ich habe einen eigens mit meinem Namen beschrifteten Raum und als ich dorthin geleitet werde, stehen vier Menschen drinnen auf, fallen mir- auch die Männer- um den Hals, präsentieren mir einen wunderschönen Strauß weißer Rosen und ich bekomme zwei Gastgeschenke, ein wunderschönes handgewirktes Tuch für den Tisch und ein Bild aus getriebenem Silber auf schwarzem Samt mit Rahmen. Ich bin überwältigt- sie freuen sich über die Überraschung und können nicht aufhören zu sagen, sie freuen sich so, dass ich nun wirklich gekommen bin. Es gibt Tränen der Rührung von der weiblichen Teilnehmerin.

Nun werden die Gespräche über eineinhalb Stunden bis zu einer Übereinkunft besiegelt mit Handschlag intensiv, konstruktiv und mit großer Ehrerbietung vor mir geführt und beschlossen, einen Vertrag zu machen mit bereits feststehendem Datum des Beginns der Zusammenarbeit. Bevor wir uns trennen müssen, weil mein nächster Termin und mein Auto schon warten, gibt es noch Fotos mit Geschenken und meinem Namensschild als Erinnerung für ihre Organisation, die ich auch bekommen soll und auf die ich mich freue.

Der Montag ist programmmäßig ebenfalls dichtgedrängt, es geht unter anderem zur Universität, wo der Gesprächsstil bereits amerikanisch locker ist und ich nach einem Angebot seitens der Universität liebevoll gefragt werde. „ Are you happy now?“

Ich habe mich lange nicht so bewusst wertgeschätzt gefühlt in Gesprächen mit Männern wie in diesen bisher geführten, und das, obwohl ich bewusst niemandem die Hand anbiete, um niemanden in Verlegenheit zu bringen, sie mir nicht geben zu dürfen. Ich sehe das bereits als Zeichen des Respekts einer Frau gegenüber an, dass man sie nicht berührt. Ich habe keinen einzigen dispektierlichen Blick eines Mannes weder zu mir noch zu anderen Frauen gesehen in diesen Tagen in Teheran- obwohl viel mit den Augen und dem Lächeln geflirtet wird…aber unschuldig.

Nun muss ich nach dem Essen noch alleine weiter zu einem Einzeltermin- das Auto der Wirtschaftskammer samt Fahrer steht zur Verfügung. Wieder eine lange Anfahrt und dann eine Institution die uns nützlich sein kann, unsere Lehrpläne sogar beim iranischen Unterrichtsministerium akkreditieren zu lassen. Es ist eine Dame, die federführend das Gespräch leitet, sie erinnert mich in ihrer Art ein wenig an meine in ihrem Beruf schon in den Jahren nach dem Krieg sehr anerkannte Mutter- einziger Unterschied ist das Kopftuch. Wir unterhalten uns zu siebt und ich bekomme alle Informationen über dieses Institut, das uns sehr nützlich sein kann, da es viele Zweigstellen für Bildungsangebote im Iran hat. Wir vereinbaren eine mögliche Vorgangsweise unserer Zusammenarbeit und ich habe beim Weggehen noch die Gelegenheit, mit der jüngeren Dame des Komitees privat bei einer Zigarette zu sprechen. Sie beklagt sich über den Kopftuchzwang, aber schöpft große Hoffnung aus dem Wahlergebnis, das ja für die Gemäßigten und die Reformpartei die Mehrheit gebracht hat. Wir tauschen unsere facebook- Adressen aus, versprechen in Kontakt zu bleiben, der Wagen holt mich und nun ist der letzte Fixpunkt gekommen: der Empfang von österreichischer Botschaft und Wirtschaftskammer unter der rot-weiß-roten Flagge mitten in einem Villenviertel in Teheran. Ich komme hin und die Tür steht bereits einladend offen, unser Kulturattache sagt gleich: „ Frau Pilshofer, das Tuch brauchen Sie bei uns nicht zu tragen, nehmen Sie es nun ruhig herunter! „ Es gibt Bier und Wein, iranische und österreichische Damen mit Abendrobe, tolle Gespräche sowie neue, überraschende Geschäftsoptionen, denen ich unbedingt nachgehen will, höchst interessante iranische Geschäftspartner mit großer Auslandserfahrung und viel Liebe zu Österreich, eine Unterhaltung, die mehrheitlich in perfektem Englisch geführt wird, es gibt ein köstliches Buffet. Es gibt neue Freunde. Der Abschied fällt schwer, als der Wagen zum Flughafen uns abholt.

Nun bin ich einen Tag zurück, um eine riesige und so positive Erfahrung mehr in nur zwei Tagen und habe das Wort meiner Tochter wieder einmal wahrgemacht, die einmal gesagt hat: „ Fahr nur, ich weiß, du kommst immer wieder zurück!“

 

Theater kann sehr heftig sein. Theater, das eine Reportage zur Grundlage hat, kann  an die Nieren gehen. Theater, das eine aktuelle Reportage zur Grundlage hat, sollte viel öfter gemacht werden.

Wolfgang Bauers „Die geraubten Mädchen“ hatten im Salzburger Landestheater Uraufführung. Bauer, einer der Zeit-Chefreporter, nimmt seine Leser immer in die Krisenherde der Welt mit. Er geht mitten hinein und gibt den Lesern Geschichten und Bilder mit, die nicht in der Schublade des Kurzzeitgedächtnisses verschwinden. Mit der einstündigen Bühnenfassung der Reportage und des Buches „Die geraubten Mädchen“ gelingt Theresa Hübchen die Zuschauer zu fassungslosen Beteiligten zu machen. Das Publikum ist für eine Stunde genauso Geisel der Terrorgruppe Boko Haram, wie Sadyia, Batula, Rabi und Agnes. Hervorragend gespielt von Sofie Gross. Alles Frauen, die den unvorstellbaren Schrecken des Terrors überlebt haben. Die alleine bleiben mit dem Schrecken des Tötens, Vergewaltigens und Folterns. Deren Erlebnisse Wolfgang Bauer festhält, aus der namenlosen #bringbackourgirls-Masse macht er Gesichter, Individuen. Aus der Hashtag-Betroffenheit von 2014 ist jetzt zumeist ein großes Schweigen geworden, die Hashtags sind weitergezogen. Aber noch immer gibt es Mädchen und Frauen in den Händen der Terroristen, aber dieser dauerhafte Schrecken dringt nicht mehr ein in die Nachrichtenflut über Syrien, Flüchtlingsströme und Obergrenzen.

Ein hartnäckiger  Reporter, eine beharrliche Theatermacherin und eine ausgezeichnete Schauspielerin schaffen es den Platz zu machen, der den nigerianischen Frauen genau so zusteht wie den Obergrenzenpolitikern, den Generälen und den Wirtschaftsbossen. Den Frauen, die mehr Kraft und Überlebenswillen bewiesen haben als wir uns vorstellen können. Und die dadurch auch die Hoffnung überleben lassen.

Sehens- und lesenswert!

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