von Christian Namberger, Oberinspektor in Ruhe

Die geneigte Leserschaft hier auf zartbitter wie auch in Facebook weiß, dass gratis und Essenseinladung zu meinen Zauberwörtern gehören! Gut, es muss natürlich nicht sein, aber wenn wer diese Wörter nur im Gedankengang hat, spring ich beim Aussprechen schon an und sage sofort zu!

a2So auch heute! Einer meiner ehemaligen Gebietsleiter bei der Versicherung erfragte bei ehemaligen Kollegen meine Telefonnummer, weil er mich nach Jahren wieder mal sehen wollte. Durch den Flurfunk erfuhr er von meiner Erkrankung und wollte alles aus erster Hand erfahren. Am Montag bekam ich das SMS, für nächsten Tag haben wir uns gleich verabredet. Zum Mittagstisch im Zentrum Herrnau. Für mich relativ gut gelegen, mit nur einmal Umrollen in einen anderen Bus bin ich hausierermäßig äußerst pünktlich angekommen! Glockenschlag 12 Uhr! Verabredet waren wir beim Indigo. Natürlich musste ich noch auf den Guten warten, das hätte ich aber sowieso müssen, als ich den Eingangsbereich sah! Die Tür ging mit Zuziehhilfe nach außen auf, also streng! Der Bereich davor war ein paar Zentimeter abgesenkt, darin wurde ein Plastikrasen arrangiert! Das ginge vielleicht gerade noch, nur war mitten im Eingangsbereich in der Rasenversenkung ein großer, quadratischer Kanaldeckel mit geschätzten 50×50 cm! Dieser stand ein paar Zentimeter raus, so dass man mit dem Rollstuhl nur quer zufahren konnte! Ich hab zwar lange, mittlerweile gut trainierte Arme, aber hier wäre ich nicht reingekommen! Einerseits die strenge Tür, andererseits die ca. 5 cm hohe Kante, die ich schräg natürlich nicht händeln kann!

Selbst im Rolli zu groß?

a1Mittlerweile kam der liebe Joseppe, ich nenn ihn immer so, er heißt eigentlich ganz ordinär Sepp! Wir wählten dann anstatt dem Indigo das Raschhofer´s Rossbräu! Schön barrierefrei zu erreichen mit reichlich freien Plätzen. Allerdings!!! Alle Sitzplätze waren auf ca. 20 – 30 cm hohen Podesten! Wie blöd ist das denn! Ein paar lasse ich mir vielleicht designmäßig noch eingehen, aber alle? Ok, dann halt nicht!

Wir also wieder zurück zum Indigo, Joseppe machte untertänigst die Tür auf, blockierte sie mit dem Haxerl und schob mich leicht gekippt rein! Mitten drin der nächste Schock! Auch hier waren ALLE Essplätze auf einem 20 cm Podest! Grauenhaft! Linkerhand vor der Türe war ein Tisch frei, wir verschoben die Stühle und diesmal mit reichlich Kippen und Schnaufen seinerseits erklommen wir das Podest! Mir machte es jetzt nicht soooo viel, ich ließ mein silbriges Kopferl auf seine trainierte Brust fallen! J

Leider war das noch nicht alles in diesem Etablissement! Die Tischarrangements waren mit den Sesserl zwar schön anzusehen, aber nur für maximal 1,70 Meter große Menschen! Da bin ich ja im Rollwagerl größer! Sowas von fehlgeplant!

Wie die nassen Handerl trocknen?

Nach der Keramik fragte ich erst gar nicht! Musste ich auch nicht, selbst das scharfe Hühner-Curry und die zwei Bier trieben mich nicht dahin. Nach kurzweiligen zwei Stunden Palaver verabschiedeten wir uns, mit den tröstenden Worten, dass wir das bald wiederholen! Allerdings werde ich zukünftig das Zentrum Herrnau meiden. Wenn ich mit meinen sauer verdienten Berufsunfähigkeitspensionseuros einkaufe und mich dann noch stärken möchte, könnte ich das alleine nicht!

a4Ich rollte zur Bushaltestelle und ließ mich von einem Bus der Linie 3 zum Ginzkey-Platz kutschieren. Dort rollte ich durch das erschreckend leere Einkaufzentrum namens Shopping Arena. Apropos Keramik! Beim Lift war die Behindertenkeramik leicht zu finden. Diesmal sogar ohne Eurokey zu öffnen und vom Platz her großzügig! Hier erleichterte ich mich vorsichtshalber noch mal, hatte ich doch bald mein Training und anschließende Massage! Das Erklimmen der Keramik gestaltete sich problemlos und nach Erledigung des Geschäfts wollte ich natürlich meine Handerl reinigen. Das Waschbecken war groß und man konnte gut unterfahren.  Nur, die Montage des Seifenspenders und des Papierhandtuchspenders war vollkommen unkontrolliert! ICH habe ja wie schon erwähnt, lange Arme und konnte so den Seifenspender erreichen! Aber den Handtuchspender…der war selbst mir zu weit weg! Geschätzt 1 Meter! Wer plant denn so was? Selbst für aufrecht gehende eine Zumutung! Ich musste mit meinen nassen, manikürten Handerl den Rollstuhl zum Spender schieben! Also wirklich….

Training und Massage waren wunderbar, zuhause musste ich aber trotz Hunger erst meine Erlebnisse darnieder schreiben und hab gleich eine Flasche guten Zweigelt vom Grassl aufgemacht! Dann gab es aber schnellstmöglich Gorgonzola-Sahne Nudeln und Tomatensalat!

Teil 1 über meine erste Reise im Rolli ist schon eine Weile her: Lest hier: Der Anreisetag

Die erste Nacht im französischen Bett war sehr angenehm. Gut, ich kann eigentlich immer und überall schlafen. Aber hier war es trotzdem schön. Bei Beginn der Reise, vereinbarten wir, dass wir nicht im Hotel, sondern jeden Tag woanders in einem kleinen, typisch französischen Cafe unser Frühstück zu uns nehmen. Ich kann ja ohne Frühstück gar nichts! Die Idee mit den kleinen, niedlichen Cafés gefiel mir sofort, hatte ich doch noch die wunderbare alte American Express Werbung mit Alfred Biolek aus den 90ern im Gedächtnis.

Allerdings haben wir dahingehend die Rechnung ohne den Wirt gemacht, dass wir nicht wussten, wie weit unser Hotel vom Zentrum entfernt ist. Ängstlich wie wir allesamt waren, nahmen wir das erste Frühstück doch lieber im Hotel ein. Gut, die Angst der anderen bestand darin, dass ich in buntesten Farben schilderte, wie zickig ich ohne Frühstück sein kann! Das Gebotene war den Preis wert, kurz gesagt gut und preiswert. Gestärkt bestiegen wir unseren eleganten, silbermetallicfarbenen Bus und starteten zeitgleich das Handy-Navi. Die Fahrt führte uns über die Autobahn durch eine schöne Landschaft. Sehen konnten wir die schöne Gegend, weil es hier keine Verschachtelung der Autobahn wie bei uns gibt.

Ich hab mir alles aus der Ferne angesehen

Ich hab mir alles aus der Ferne angesehen

Ohne Verfahren kamen wir im Laufe des Vormittags an der Kriegsgräber-Gedenkstätte nahe Verdun an. Alleine die Zufahrt war schon sehr beeindruckend. Tausende weiße Kreuze und Grabsteine in Reih und Glied! Als wir anreisten, waren nur wenige Besucher da und wir konnten direkt an der Gedenkstätte parken. Kaum war der Turbodiesel abgestellt, ging schon die hintere Schiebetür auf. Mein Rollstuhl wurde mir schnell hingestellt und nicht wie sonst gewartet, bis ich aus dem Wagen rutschte. Nein, zwei der Jungs zischten sofort mit der Kamera los und bestaunten die Anlage. Die anderen zwei hatten noch Hunger und stürzten sich auf die Reste der Jause, die noch vom Anreisetag übrig waren. „Gut“, dachte ich mir. „Schwingst dich halt alleine aus der Fuhre!“ Ich rutschte wie schon zuvor nicht sonderlich elegant aus dem Wagen. Fest hielt ich mich an der offenen Tür. Das war ja kein Problem. Im Hintergrund hörte ich die beiden anderen schwatzen und schmatzen. Vorm hinsetzen in den Rollstuhl musste ich mich aber zurecht machen. Das Unterhemd gehörte in die Hose gesteckt und diese raufgezogen. Nur ist das Ganze schwierig, wenn man sich festhalten muss. Also lehnte ich mich mit der Stirn an den Fensterrahmen des Busses und versuchte, die Prozedur zu erledigen. Nun ist es bei mir so, dass ich mich beim Stehen und Gehen auf meine Fussi konzentrieren muss. Während ich mit beiden Händen an meiner Hüfte hantierte, ließ die Spannkraft in meinen Knien nach und ich rutschte mit der Stirn langsam über die Seitenscheibe nach unten. X-beinig lehnte ich da. Ich sah aus wie eine Giraffe am Wasserloch! Die beiden hinter mir stehenden Mitreisenden, nahmen davon keine Notiz. Leises bitten um Hilfe wurde von ihren Schmatzgeräuschen übertönt. Ich musste also etwas lauter auf mich aufmerksam machen, während ich mit der Stirn immer weiter übers Seitenfenster runterrutschte. Endlich. Die Schwatzenden und Schmatzenden, wandten sich mir zu. Sicherlich gleich mit helfender Hand, aber auch schallend lachend! Gerade noch gerettet und schnaufend im Rollstuhl angekommen, konnte ich mir mindestens fünf Minuten lang schallendes Gegacker über meine schiefe Optik anhören! Furchtbar und nicht der Gedenkstätte angemessen!

Alles in Verdun dreht sich um den ersten Weltkrieg. Die Souvenirläden sind voll mit solchen Dingen. Der Schrecken: ein Geschäft

Alles in Verdun dreht sich um den ersten Weltkrieg. Die Souvenirläden sind voll mit solchen Dingen. Der Schrecken: ein Geschäft

Als die Lachtränen letztlich doch noch versiegten, ging es dann doch los, die Gedenkstätte zu erkunden. Sehr spannend und bedrückend. In einem Raum sind abertausende, nicht zuordenbare Gebeine aufgetürmt. Die sterblichen Überreste der gefallenen Franzosen liegen in den Gräbern mit den weißen Kreuzen und Grabsteinen. Die identifizierten, gefallenen Deutschen wurden außerhalb beerdigt, hier unter schwarzen Kreuzen. Dieser Friedhof war an einem ziemlich steilen Hang angelegt und ich betrachtete ihn nur vom Auto aus, während die anderen den Hügeln hinaufstiegen und interessiert die Inschriften lasen. Nach ausgiebiger Besichtigung, fuhren wir los zu einer anderen Sehenswürdigkeit in der Nähe. Nämlich die Schützengräben. Wieder konnte ich nicht mit, da die Anlage nicht barrierefrei war. Wieder blieb ich derweilen wie ein zurückgelassener Pudel in dem Auto sitzen. Die Ruhe war dann doch ganz gut, schließlich wurde während der Fahrt noch mal mein Türerlebnis breitgetreten! Meine treusorgenden Freunde kamen bald wieder, die Gräben waren nicht sehenswert. Also fuhren wir los um das Fort Vaux zu besichtigen. Das ist eine alte Wehranlage aus dem 17. Jahrhundert.

Wenn man mit dem Rollstuhl unterwegs ist, hält man zuerst Ausschau, wo denn eine barrierefreie Keramik ist. Bei dieser Anlage war überhaupt keine, weder eine normale, noch eine barrierefreie. Unsere mitreisende Freundin ging in den Touristenshop und erkundigte sich, ob und wo denn eine Toilettenanlage sei. Die Dame verneinte und sagte gleichzeitig, dass das Wildpinkeln strengstens verboten sei. Nun, das kommt ja im Rollstuhl sitzend ohnehin nicht infrage. Wir rollten weiter und nach ungefähr zehn Metern kam die besorgte Dame aus der Touristenfalle und plärrte uns nach, dass wir auf gar keinen Fall Lulu machen dürften. Also Leute gibts! Wir beschwichtigten sie, dass wir das eh nicht vor hatten und nur zur Vorsicht gefragt hatten. Somit war für mich der Besichtigungstag vorüber.

Zum Abschied köstlich gegessen im sehr urigen Chez Mamie

Zum Abschied köstlich gegessen im sehr urigen Chez Mamie

Bereits bei der Anfahrt zur Gedenkstätte, waren wir in „Downtown” Verdun an einem kleinen, typisch französischen Lokal mit dem klingenden Namen „Chez Mamie“ vorbeigefahren. Ob das wohl gut ist? Es gab jedenfalls einige Treppen rauf in das Lokal im alten Häuschen. Für mich nicht ideal. Nach unserem Sightseeing-Tag bei den Kriegsgedenkstätten fuhren wir nochmals nach Verdun hinein und schlenderten 15 Minuten herum. Zufällig kamen wir zu einer kleinen, aber feinen Chocolaterie. Dort stöberten wir ein wenig und machten natürlich Beute. Die zwei Herren darin, der Schokomeister und sein Angestellter, waren sehr freundlich und hilfsbereit. Bevor wir mit unseren vollen Taschen das Geschäft verließen, fragten wir, wo wir denn in Verdun zum Essen gehen könnten. Das sei schwer. Sie nannten ein, zwei Lokale, die in Ordnung seien. Es sei schwierig, in Verdun richtig gut essen zu gehen. Auf Nachfrage, was sie von „Chez Mamie“ halten, erhellten sich die Antlitzer der beiden. Wenn wir einen Platz bekämen, seien wir dort bestens aufgehoben. Wir riefen an und das Glück war uns tatsächlich hold.

Die Treppe hinauf ins Lokal hielt uns nicht ab, denn manchmal geb ich meine Selbstbestimmtheit gerne auf. Ich ließ mich mitsamt meinem Rollstuhl von den anderen hochhieven und genoss unseren Platz mitten unter den Einheimischen. Herrlich würziges Brot, Foie Gras, Miesmuscheln, Entrecote und Rotwein. Aber nicht nur Essen und Trinken waren wie im französischen Film – auch die Stimmung.

Nach der wunderbaren Labung ging es hauptsächlich über die Landstraße zurück nach Metz – durch eine Gegend so stockfinster wie man es selten erlebt. Nach der Ankunft zogen sich alle erschöpft, zufrieden und eindrucksschwanger in unsere französischen Betten zurück. Gute Nacht Mary-Ellen!

Wissend dass ich für derartige Hinweise dankbar bin, erhielt ich die Info, dass es da ein Lokal im Herzen von Schallmoos gibt, das barrierefrei nutzbar sei. Wir planten uns mit Freunden zu treffen. Eine gute Gelegenheit das empfohlene Lokal zu testen. Ich mache mir einfach gerne selbst ein (Fachfrau-)Bild. Zu oft habe ich mich auf Einschätzungen verlassen und wurde dann herb enttäuscht.

Als erstes prüfte ich die Homepage www.fuxn.at, ob es irgendwelche Infos zur Barrierefreiheit gibt. Ein hippe moderne, aber leider nicht barrierefrei nutzbare Homepage informierte mich über Vieles, aber nicht zu den barrierefreien Gegebenheiten.

Dann prüfte ich die Online-Reservierung. Immerhin ist dies für gehörlose Menschen eine wichtige Möglichkeit zur Reservierung. Leider funktionierte diese nicht.

Also Telefon. Trotz Abendzeit eine freundliche Stimme, die ebenso freundlich meine Reservierung niederschrieb. Bewusst erwähnte ich nicht, dass bei den sechs reservierten Plätzen eine Rollstuhlnutzerin dabei ist. Ich wollte testen ob und wie das Fachpersonal darauf reagiert. Ich gab auch noch den Hinweis, dass die Online-Reservierung nicht funktioniert. Professionell entschuldigte sich der Mitarbeiter sofort und fragte auch noch nach meinem Browser. Er meinte, dass man sich sofort darum kümmere. Am Schluss sagte er noch äußerst freundlich, aber nicht übertrieben, „Danke für die Reservierung, wir freuen uns auf euch“. Wie nett, da fühlt sich Gast so richtig willkommen!

Wir fuhren also am Reservierungstag mit dem Auto zum Parkplatz. Es gab einen als barrierefrei markierten Parkplatz. Allerdings war er nur am Boden markiert. Daher bei vollem Parkplatz und auch bei Schnee schwer zu finden. Es wäre gut, wenn er auch stirnseitig gekennzeichnet wäre. Er war auch nicht der nächste zum Eingang. Daher wählten wir einen anderen Platz.

Dann ging‘s zum Eingang. Ein gut berollbarer breiter Weg führt hin, vorbei an einem Gefäß, dass uns mit einem lodernden Holzscheit warm empfing. Eine große schwere nicht automatisierte Tür musste ich mir öffnen lassen. Mit Rollstuhl nicht möglich. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und gefragt, ob wir zu dem reservierten Tisch gehören. Frau wies uns ebenso freundlich den Weg. Wir kamen in einen Raum mit äußerst angenehmer Atmosphäre. Die Stube ist überwiegend in Holz gehalten und verfügt über großzügigen Platz um zu den Tischen zu kommen.

Die Tische selbst sind teilweise für Rollstuhlnutzerinnen unterfahrbar. Alle anderen haben diese unangenehmen Querbalken unter der Tischplatte, die ein Unterfahren unmöglich machen. Die Speisekarte ist vielfältig, hat aber leider keine Fotos der Speisen. Diese wäre für alle Nichtdeutschsprechenden oder Analphabetinnen (ja, es gibt eine hohe Dunkelziffer!) und Menschen mit Lernschwierigkeiten sehr wichtig. Für unsere blinden Mitmenschen wäre eine Audioversion oder eine Karte in Brailleschrift äußerst hilfreich. Für unsere (stark) sehbeeinträchtigten Mitmenschen müsste die Schrift größer und ohne Serifen sein. Auch der Kontrast spielt eine große Rolle.

Wir wurden freundlich und zuvorkommend bedient. Sonderwünsche waren kein Problem. Das Essen war exzellent und nicht 08/15, die Preise ok.

Dann natürlich CAM00467unvermeidlich: die Toilette. Sie befindet sich im EG neben der Eingangstür. Was mir sofort auffiel war der außen angebrachte Türschließer, der nicht als barrierefrei gilt. Wie sollte eine Rollstuhlnutzerin gleichzeitig die Tür aufmachen, gegen den Druck des Türschließers ankämpfen und dann mit beiden Händen den Rollstuhl antreiben? Hier wäre eine Automatisierung der Tür oder ein Entfernen des Türschließers notwendig. Vor allem da von innen keine Anfahrmöglichkeit zur Türschnalle gegeben ist.

Drinnen bot sich ein Bild zum Heulen. Genug Platz, doch am erforderlichen Umsitzplatz für Rollstuhlfahrerinnen war ein Pissoir montiert! Nicht nur dass dies so dicht neben einem WC unhygienisch ist, im barrierefreien WC ist es vollkommen fehl am Platz.

Der Stützgriff neben dem WC lässt sich Hochklappen, kann aber nicht fixiert werden. CAM00466Der knallt jeder Person auf den Kopf, wenn sie sich neben das WC positionieren möchte um umsitzen zu können. Kein Spülknopf in Greifnähe. Wie soll sich eine Rollstuhlfahrerin verdrehen, dass sie zum an der Rückwand vorhanden kommt? Ein Rufknopf ist vorhanden, doch wie so oft hängt die Schnur zusammengefaltet direkt am Knopf. In einer Höhe wo sie kein Mensch erreicht, wenn er am Boden liegt und um Hilfe rufen möchte. Das WC hat keine Rückenlehne für Menschen mit Querschnitt und weist auch eine zu geringe Tiefe auf. An der Wand fehlt der Winkelgriff. Die WC-Bürste ist für Rollstuhlnutzerinnen nur erreichbar, wenn sie sich bäuchlings über das WC legen.

Auch ein Klassiker: der Spiegel. Er hängt so hoch oben, dass er aus sitzender Position überhaupt nicht eingesehen werden kann. Die Armatur ist ebenso nicht den Anforderungen entsprechend. Auch das Handpapier hängt in einer Höhe, die für so manche Rollstuhlnutzerinnen weit entfernt des Möglichen liegt.

Alles in allem ist dieses WC als nicht barrierefrei einzureihen – schade. Aber Nachjustieren ist natürlich möglich. Ich hoffe drauf, das Lokal ist es Wert!

(Die Autorin ist Sachverständige für barrierefreies Bauen und Gestalten und Rollstuhlnutzerin.)

 

Hinweis: Der Text ist bewusst in der weiblichen Form geschrieben, da er die männliche automatisch mit einschließt.

von Christian Namberger

Heuer im Frühjahr erzählte eine Freundin während eines gemütlichen Zusammenseins von Reims. Sie schwärmte alsgerade von der schönen Stadt und von der Möglichkeit, direkt beim Champagnerbauern zu kaufen.

Der Tag verging mit viel Plaudern, Essen und Lachen. Einige Freunde und ich beschlossen, im Herbst mit einem großen Mietwagen nach Rääää zu reisen. So spricht man den Ort korrekt aus! [Anmerkung der Redaktion: Eben nicht ;-)]

Mein erster Auslandsaufenthalt seit sechs Jahren – im Rollstuhl

Mein erster Auslandsaufenthalt seit sechs Jahren – im Rollstuhl

Kann ich mit Rollstuhl verreisen?
Einerseits war ich natürlich über meinen eigenen Mut erschrocken, war ich doch seit meiner Erkrankung und im Rollstuhl nie weiter weg von Zuhause als am anderen Ende der Stadt! Andererseits ist die Aussicht, günstigst edlen Champagner vor Ort zu erwerben, eine ganz wunderbare. Günstigst ist nach gratis mein zweites Zauberwort!
Meine Ängstlichkeit überwog etwas. So sehr, dass ich eigentlich hoffte, dass es die anderen nicht so ernst gemeint hätten. Doch bald wurde gebucht: fünf Tage im Herbst.

Die Vorgabe fürs Reisebüro war natürlich, dass ich ein barrierefreies Zimmer benötige. Die Dame dort hatte ziemlich Mühe, etwas Geeignetes zu finden. Das erste Hotel, das wir gebucht hätten, bot uns tatsächlich ein Zimmer mit Badewanne als barrierefrei an. Ich benötige aber eine Dusche, und zwar eine ohne Schwelle. Letztendlich klappte es doch und das Reisebüro buchte für uns ein schönes Hotel an der Peripherie von Metz. Diese Stadt wählten wir als Hauptquartier, wir wollten ja nicht nur Rääää erkunden.
Jedenfalls wollte ich vorsichtig sein, falls das mit der Barrierefreiheit doch nicht so klappt. Darum besorgte ich vorsorglich einen zusammenlegbaren Duschhocker und einen Vakuumgriff für Schwerlasten, denn ich brauche jedenfalls etwas zum Anhalten.
Wir brauchten auch ein großes Auto: mit genügend Platz für fünf Leute samt Gepäck, kistenweise Champagner und natürlich meinen Rollstuhl. Also organisierte ich bei einem Autoverleih einen Mini-Bus.

Muss ich jetzt daheim bleiben?
Los ging es am Donnerstag in der Frühe. Am Vorabend holten wir den Wagen schon ab, damit wir anderntags in Ruhe loszischen konnten. Beim abholen war ich leicht panisch. Der Mini-Bus, ein 9-Sitzer Modell, war nämlich viel zu hoch! Trotz meiner 1,99 m war er für mich fast nicht zu erklimmen. Dummerweise hatte der Wagen weder einen Haltegriff über dem Einstieg, noch am Fensterrahmen. Auch wenn ich meine Beine anheben kann – die Stufen waren viel zu weit oben für meine geschundenen Haxerl. Mit Müh und Not konnte ich, mit starken Drücken und Schieben an meinem mittlerweile knackigen Hintern, in den Wagen gehievt werden! Da musste noch eine Lösung her. Und zwar schon bis zum nächsten Tag in der Früh.

Am Abreisetag wurde ich als letzter abgeholt. Das war mir nur recht, konnte ich mich doch so in Ruhe zusammenrichten. Und siehe da: Die lieben brachten tatsächlich einen Holzschemel mit. Somit konnte ich beinahe elegant in den Wagen steigen.

Die älteren Damen in Augsburg haben Geschmack – so feine Kuchen gabs im Café

Die älteren Damen in Augsburg haben Geschmack – so feine Kuchen gabs im Café

Jause in Augsburg 
Das Wetter war ideal zum Reisen. Wir vereinbarten, dass wir auf der langen Fahrt nach Frankreich und auch auf der Fahrt zurück jeweils in einer deutschen Stadt auf der Strecke Halt machen. Bei der Hinreise wählten wir Augsburg. Von der Autobahn abgefahren, fanden wir ganz leicht den direkten Weg ins Zentrum – und auch sofort einen Parkplatz. Am Stadtplatz entdeckten wir ein typisches Alte-Leute-Café, das wählten wir zum Frühstück. Die wenigen Tische im Erdgeschoß waren alle besetzt. Ich dachte, bei der Ansammlung von Rollatoren und älteren Damen mit lilafarbenen Dauerwellen, gibt es sicher einen Lift in den ersten Stock. Doch dem war nicht so. Die freundliche Dame an der üppigen Kuchentheke bot uns aber an, das Stiegenhaus zu öffnen. Dort gäbe es einen Lift. Er sei allerdings so klein, da könne ich sicher nur stehend(!) rein. Na toll.

Wir versuchten es. Raus aus dem Café und zum Seiteneingang des Hauses. Nach Demontage der Fußstützen war das Reinschieben reine Millimeterarbeit. Die Knie standen an der Rückwand des Lifts an, aber die Tür ging immerhin gerade noch zu. Ich kam mir vor, wie eine Lieferung in einem Lastenaufzug! Aber egal. Oben angekommen, gings raus aus dem Käfig und rein ins entzückende Cafe. Wir blieben eine zeitlang bei je einem Kännchen Kaffee und bewunderten, den Altersschnitt in dem Raum deutlich senkend, die Aussicht durch das Panoramafenster. Wir wollten aufbrechen, also nutzten alle die Keramik vor Ort. Außer ich. Seltsamerweise besaß das Café keine Behindertentoilette – bei einem Altersschnitt von 75! Macht nichts. Aus dem Panoramafenster hatten wir nämlich eine öffentliche Toilettenanlage mit dem Rollstuhlzeichen gesehen. Also wieder raus ins Treppenhaus und in den Minilift gepfercht. Wieder draußen, rollte ich zu besagter Anlage und bemerkte, dass ich meinen Eurokey im Auto vergessen hatte. Mit dem kann man die meisten Türen sperren. In der Touristen-Information nebenan erfuhren wir, dass in der anderen Toilettenanlage für aufrecht Gehende, jemand sitzt, der einen Schlüssel für die Behindertenkeramik hat. Nur saß der Gute im Keller (ohne Lift) und man musste ihn erst holen. Alleine wäre ich da aufgeschmissen gewesen. Nach Öffnen der Tür besuchten die anderen das Rathaus mit seinem spektakulären Goldenen Saal. Dadurch hatte ich mehr als genug Zeit, um mein Geschäft zu verrichten. Alle hatten also etwas davon. Anschließend lotste uns das Navi wieder zurück auf die Autobahn und wir rollten für deutsche Geschwindigkeiten gemütlich gen Nordwesten.
Nach drei weiteren Stopps kamen wir abends in Metz an und checkten im Hotel ein. Mein Zimmer war Parterre mit Blick auf den Parkplatz. Die anderen nächtigten oben mit Blick ins Grüne. Aber was soll’s. Ich war schon auf die Barrierefreiheit gespannt!

Die Dusche ist schwellenlos, aber den Hocker musste ich selbst mitbringen

Die Dusche ist schwellenlos, aber den Hocker musste ich selbst mitbringen

Der Hotelzimmer-Check
Beim Hinrollen entdeckte ich, dass sich in der Zimmertür nicht nur der reguläre Spion befand, sondern auch ein zweiter in Sitztiefe. Und die Schilder mit den Zimmernummern wiesen auch Blindenschrift auf. Nicht schlecht! Der gute erste Eindruck wurde aber gleich wieder zunichte gemacht. Die Tür ging nämlich dermaßen schwer auf, da brauchte man fast eine zweite Person zur Hilfe – oder gute Armmuskulatur! Ich schaffte es allein. Gerade mal so.

Im Zimmer folgte gleich als erstes der Blick ins Bad. Siehe da, tatsächlich barrierefrei! Allerdings ohne Sitzgelegenheit zum Duschen. Gut, dass ich mich mit dem Duschhocker gerüstet hatte. Den Haltegriff brauchte ich nicht.

Nachdem alle ihre Zimmer bezogen hatten, trafen wir uns noch kurz im Hotelrestaurant auf eine Kleinigkeit zu essen und dann ging es ab ins französische Bett. Wir waren doch alle ziemlich erledigt. Der Fahrer wegen der vielen Kilometer und wir anderen ob der vielen Eindrücke. Am nächsten Tag sollte es nach Verdun gehen. Es würde also ein neuer Tag mit vielen neuen Eindrücken werden. Darum: Gute Nacht John Boy!

ab2

Herrlich im Mirabellgarten – da war ich noch guter Dinge!

Ich hab ja schon von diversen Erlebnissen als Rollstuhlfahrer mit verschiedenen Transportmitteln berichtet! Am meisten fahre ich Bus und dachte, ich hätte hierbei schon alles erlebt! Mitnichten!

Heute war ein schöner Tag bis 17.24!

Nicht nur vom Kaiserwetter her! Den halben Tag von der Frühe an verbrachte ich mit dem ganz lieben Oliver! Die Goschn lief unentwegt, beidseitig! Schließlich haben wir uns schon lange nicht mehr gesehen! Nach der Verabschiedung noch ein bisserl Sonne im Mirabellgarten tanken und dann weiter zum Fitnessstudio! Beim Landestheater wartete ich auf die Buslinie 3. Natürlich kam ein ganz alter Bus ohne Rampe! Also wartete ich auf den nächsten. Das war der 25er. Den nehm ich auch ab und an und winkte ihn herbei! Dummerweise war ich ob des bisherigen schönen Tages ein bisserl derangiert. Der 25er fährt ja gar nicht über die Alpenstraße! Der Fahrer fragte mich während des Reinschiebens, wohin ich denn wolle. Ich antwortete „Polizeidirektion“! Er sagte, da fährt er ja gar nicht hin. Er fährt über Hellbrunn! Vollkommen vertrottelt! Ich entschuldigte mich und entschwand ungebremst über die Rampe!

Der nächste 3er konnte mich zum Glück kutschieren. Ich genoss das Training und die anschließende meisterliche Massage vom Pedro! Zeitig rollte ich zur Busstation und wartete! Beim 17.24 Uhr Bus der Linie 28 hob ich die Hand als Zeichen des Mitfahrwunsches! Der Fahrer kam sehr zackig in die Haltestelle gefahren und öffnete die mittlere Türe! Meinen Gruß erwiderte er natürlich nicht, dafür ließ er die Rampe mit Getöse niederknallen! Da er die Absenkhydraulik nicht betätigte, war die Rampe recht steil und ich bat um einen Schubser! Wie so oft!

Und jetzt kommt es!!!

Beim Reinschieben fragte mich der eilige Busfahrer, ob ich es mir zukünftig so einteilen könnte, nicht mit diesem Bus zu fahren! Es pressiert meist und beim Reinschieben vergehen meist so 3-4 Minuten! Wenn ich zukünftig den nächsten Bus nähme, könnte er eventuelle Verspätungen leichter aufholen!

Wie bitte?

Was entgegnet man denn so einem Menschen? Ich bin ja schon vieles gewöhnt von der Marazeck-Linie, aber das entgeisterte sogar mich! Ich antwortete nur kurz, dass ich nicht absichtlich auf den 17.24er warte! Er meinte nur beschwichtigend, er wisse, dass ich ja nichts dafür kann, dass ich im Rollstuhl sitze, nur haut ihm das halt den Zeitplan zusammen! Wenigstens trug er seinen Wunsch mit Engelszungen freundlich vor! Man glaubt es kaum…

Um ein bauliches Desaster wie in der Linzergasse zu vermeiden, wurde bei der Neugestaltung der Getreidegasse in Salzburg der Rat behinderter Menschen miteinbezogen. Die Barrierefreiheit sollte eigentlich oberste Priorität haben. Bereits seit 2006 gilt  dahingehend das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Am 1. Jänner 2016 endet die zehnjährige Frist zur Umsetzung. Im kommenden März beginnen dann in der Getreidegasse die Arbeiten mit der Pflasterung.

Viele Geschäftsleute wollen umbauen oder ihre Lokale adaptieren, haben aber dabei vor allem mit bürokratischen Problemen und einzelnen Grabenkämpfen zu tun. Einer der Betroffenen ist Reinhard Hanel. Der Pharmazeut hat im Juli dieses Jahres die Apotheke zum Goldenen Biber in der Getreidegasse 4 übernommen. Er weiß, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch sein Geschäft ohne Hindernisse betreten kann. „Die Barrierefreiheit nutzt jedem von uns. Egal ob jemand im Rollstuhl sitzt oder mit einem Kinderwagen rein will. Durch den Umbau bekomme ich mehr Kunden dazu“, sagt er.

„Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert.“

In den vergangenen Wochen hatte Hanel Besuch von acht Beamten aus acht unterschiedlichen Ressorts des Magistrats. Das reichte vom Straßenverkehrsamt über das Amt für Hoch- und Tiefbau bis hin zum Straßen- und Brückenamt. „Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert“, erklärt der Apotheker.

Die Nachtglocke wird demnächst nach unten verlegt, damit auch Menschen im Rollstuhl sie erreichen können. (c) Harald Saller

Die Nachtglocke wird nach unten verlegt. (c) Harald Saller

Hanel verspricht allerdings, dass so bald wie möglich eine Rampe beim Eingang gebaut werde. „Wie die allerdings genau aussehen wird, weiß ich noch nicht.“ Zudem wird die Glocke für den Nachtdienst nach unten verlegt, damit sie unter anderem auch für Rollstuhlfahrer erreichbar ist.

Sabine Neusüß, Behindertenbeauftragte der Stadt Salzburg, kennt diese Probleme nur allzu gut. „Es stimmt, dass es mehrere Lösungsvorschläge gegeben hat, die aber alle vom Straßen- und Brückenamt abgelehnt wurden. Derzeit ist eine mobile Rampe angedacht, die allerdings ohne fremde Hilfe nicht zur Seite geschoben werden kann“, so Neusüß. Sie wird diesbezüglich Gespräche mit der Baustadträtin Barbara Unterkofler (Neos) führen. Derzeit seien noch rund 30 weitere Geschäfte vom Umbau betroffen. „Wir haben alle Inhaberinnen und Inhaber angeschrieben und Beratungsgespräche angeboten. Einige davon sind sehr interessiert, ihren Geschäftsraum barrierefrei zu gestalten“, erklärt die Behindertenbeauftragte.