Sommerzeit ist Lesezeit, auch wenn es wettermäßig eher Herbst ist. Was wiederum zum Buch passt, das mir unter die Finger gekommen ist. Der Titel klingt eher nach Science Fiction Roman: Apokalypse Jetzt! Aber die Autorin Greta Taubert beschreibt einen Selbstversuch. Ein Jahr lang will sie allem Konsum entsagen. Damit sie vorbereitet ist auf die Apokalypse, wo jeder auf sich selbst gestellt ist, um zu überleben. Ich mag ja Menschen, die Ungewöhnliches machen, also ist es das richtige Buch, um in eine ganz andere Welt einzutauchen. Eine Welt, die nicht Science Fiction ist, sondern real ist.

buchUnd das was sie in diesem Jahr kennenlernt ist manchmal freakig und manchmal eigentlich schon Teil des Mainstream. Sie beginnt mit dem Notwendigsten, um zu überleben. Es gibt im Internet genug Anbieter von „Überlebenspaketen“, das sieht sie sich an. Ich mir auch! Da gibt’s unzählige Listen mit Vorschlägen, was man alles braucht. Ganz wichtig scheinen Dosennahrung und Trockenfrüchte zu sein. Natürlich auch Wasser und eine Wasserfilter. Spannender wird das Buch, wenn Greta Taubert über ihre Besuche bei Menschen berichtet, die einfach anders leben. Menschen, die sich in einem Leben mit wenig bis gar keinem Konsum, wie wir ihn tagtäglich leben, eingerichtet haben. Menschen, die von zweierlei leben: Dem was unsere Konsumgesellschaft an Müll produziert und der Solidarität mit anderen. Man mag ja über diese Aussteiger denken, was man will, aber sie haben eines geschafft: Sie halten uns den Spiegel vor! Wir kennen alle die Berichte über das „Waste diving“. Meist junge Leute holen sich aus den Mülltonnen der Supermärkte Nahrungsmittel, die nicht verdorben sind. Alleine die Tonnen von Brot, die täglich im Müll landen, nur weil wir um halb sechs noch frisch aufgebackenes Gebäck aller Sorten haben wollen. Am nächsten Tag ist das natürlich unverkäuflich.

Die Autorin gibt auch Einblicke in „nomad bases“, das sind Wohnungen und Häuser, die für jeden offen stehen. Hier ist man Gast und Gastgeber zugleich, alle tragen etwas bei. Diese Idee hat es schon in unsere Konsumwelt geschafft, natürlich etwas exquisiter. Wohnungstauschbörsen, wie AirBnb, sind hip, die ersten Hotels klagen schon über Umsatzrückgänge.

Was auch aus dieser Szene kommt und jetzt schon überall zu finden ist sind diverse Tauschbörsen, Gemeinschaftsgärten und Repaircafes, das alles gibt’s auch hier bei uns in Salzburg. Was ich sofort nachgegoogelt habe war die Idee der Earthships. Menschen bauen Häuser aus weggeworfenen Sachen und konstruieren sie so, dass sie energieautark sind. Wer meint, das müssten durchwegs windschiefe Hütten sein, der irrt. Manches dieser Häuser könnte einen Architekturpreis gewinnen: https://www.google.at/search?q=earthship&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=W4fzU4rsI-X5yQPd3oKYCA&ved=0CB0QsAQ&biw=1366&bih=581

Was Taubert unter anderem nach einem Jahr feststellt ist:

Im Konsumstreik habe ich gelernt, meine Sucht nach immer Neuem zu kanalisieren. Nach Dingen jenseits der Kaufhausregale zu fahnden, ist ein neues Hobby geworden…und… bei mir ist Do-it-Yourself nur als Do-it-Together möglich.

Empfehlenswert das Buch!

Georg Djundja, 25-30 Jahre alt, ist gelernter Bautechniker, engagierter Rettungssanitäter beim Samariterbund und leidenschaftlicher Organist.

Zartbitter: Georg, du spielst seit deinem 14. Lebensjahr Orgel, warum immer noch?

Georg spielt auf der Domorgel in Passau

Georg: Die Orgel fasziniert mich, dazu die Musik und die Literatur. Sie ist ein Ausgleich zu meiner Arbeit. Weißt du, wie schön das ist, wenn man Orgel spielt, dazu singen 200 Menschen. Das sind einfach erhebende Gefühle.

Zartbitter: Was ist das Besondere an einer Orgel?

Georg: Schon Mozart sagte: „Es ist der  (!) König der Instrumente.“ Die Vielfalt des Klangs, das geht von den leisen, zarten Tönen bis zur feierlichen, erhabenen, prunkvollen Musik. Ich liebe die Kompositionen aus dem 15 Jahrhundert genauso wir die des 20. Jahrhunderts. Aber der größte Komponist bleibt für mich Johann Sebastian Bach. Am Anfang ist der Zugang zur Orgelmusik schwierig, aber dann! Dann kann es zur Sucht werden. Ich habe Hunderte CDs, Berge von Noten, ohne sie je alle spielen zu können. Ich bin vom Orgelvirus befallen. In jeder Stadt führt mein erster Weg in die Kirche, um die Orgel zu sehen.

Zartbitter: Woher kommt eigentlich die Orgel?

georg 3Georg: Ursprünglich war sie ein Zirkusinstrument im alten Rom. Damals hatte sie die Größe einer Drehorgel. Über die Karolinger ist sie dann ins Deutsche Reich gekommen. Die Entwicklung der Orgelmusik und des Orgelbaus hat sich gegenseitig hochgeschaukelt. In den USA gibt es eine Orgel mit mehr als 300 Registern und 8 Klaviaturen. Aber wir Menschen haben nur zwei Hände. Diese Orgel kann man nicht spielen.

Zartbitter: Was ist dein größter Traum als Organist?

Georg: Ich habe da mehrere Träume. Einmal auf der Orgel in Sankt Sulpice in Paris zu spielen, das ist die aus Dan Browns „Da Vinci Code“. Und einfach Organist auf einer tollen Orgel zu sein. Was mir eine große Freude wäre, den Bau einer Orgel begleiten zu dürfen. Ich bin sehr dankbar, wenn die Menschen beim Sonntagsgottesdienst bis zum letzten Takt des Auszugsliedes warten, manchmal applaudieren sie auch. Ja und ich möchte nicht durch eine CD ersetzt werden.

Zartbitter: Danke Georg und weiterhin viele schöne Momente beim Orgelspielen.

Info: Georg könnt ihr jeden Samstag um 19 Uhr und jeden Sonntag um 9 Uhr beim Gottesdienst in der Pfarre Ebenau hören und manchmal spielt er auch in der Franziskanerkirche.

vielfalt 2Man kann zu Facebook und Co stehen wie man will, aber da kommt manch Gutes raus. Rochus Gratzfeld hat vor einiger eine Facebook-Gruppe gegründet, die sich mit Multi-Kulti auseinandersetzt. Aber es blieb nicht beim Kontakt im Cyberspace. Es gab schon Treffen der Mitglieder und dann die Idee von Rochus: „Machen wir ein Multikulti-Lesebuch“. Er hat alle eingeladen ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Er hat den Tandem Verlag gewonnen das Buch zu verlegen und jetzt ist es da. Es ist eine bunte Mischung an AutorInnen und Inhalten. Es geht um Heimat, Asyl, Sprache Religion und Politik. Es ist ein buntes Mosaik an Erinnerungen, Gedanken, Erlebnissen und Analysen. Ein Lesebuch, das anregt der Multi-Kulti Gesellschaft angstfrei und vorurteilsbewusst zu begegnen. Danke Rochus, dass du es uns ermöglicht hast unsere Betrachtungen zu Multi-Kulti aufzuzeigen. Lesenswert!

Und hier geht’s zum Buch:

http://www.edition-tandem.at/index.php/buecher/sachbuecher/206-vielfalt-bereicherung-oder-bedrohung-ein-multi-kulti-lesebuch

Ein Gastbeitrag von Uwe Höfferer

Hitlers Aufstieg wäre durch entschlossenes Handeln aufzuhalten gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt der Historiker Volker Ullrich in seiner aktuellen umfassenden Hitler Biografie.

ahaIm Herbst 2013 erschien der erste Band einer neuen Biografie über Adolf Hitler des deutschen Historikers Volker Ullrich. Auch der Autor selbst fragt sich, wozu eine weitere Biografie über den Massenmörder, wenn doch das Thema bereits derart umfassend erforscht ist. Ullrich rechtfertigt sein Werk damit, dass seit der letzten großen Aufarbeitung (gemeint sind die zwei Hitler-Bände von Ian Kershaw aus den Jahren 1998 und 2000) mehr als ein Jahrzehnt vergangen ist und etliche neue Quellen eingearbeitet aufgetaucht sind, die Kershaw nicht zur Verfügung standen. Und in der Tat. Das Ergebnis ist eine detail- und quellenreiche Geschichte „der Jahre des Aufstiegs bis 1939“ in spannenden 840 Seiten. Lesenswert halte ich das Buch vor allem deswegen, weil wir aus der Geschichte der Zwischenkriegszeit auch heute viel über den Umgang mit Extremisten und Demokratiefeinden lernen können. Die Basis für den Aufstieg Hitlers und der NSDAP war die Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Not der Menschen. Ohne weltweite Wirtschaftskrise und einer Politik, die diese verschärfte, wäre Hitler nicht an die Macht gekommen. Wer heute noch an eine rigide Sparpolitik glaubt, die die Menschen ins Elend treibt (siehe Griechenland), der macht das Geschäft der Extremisten.

aha2Es war kein Automatismus, dass Hitler an die Macht kam. Man hätte ihn mit entschlossenem Handeln aufhalten können. Ohne Hitler wäre die NSDAP eine Randerscheinung geblieben. Er war die Integrationsfigur, der die nationale Rechte einte, er zog viele (verzweifelte) Menschen insbesondere mit seinem Redetalent in seinen Bann. Ein hartes (staatliches) Vorgehen gegen Hitler und seine Partei hätte den Aufstieg rasch gestoppt. Ohne die Unterstützung aus Reichswehr, Polizei und Justiz hätte man dem Spuk schnell ein Ende machen können. Seine Politik der Gewalt gegen Andersdenkende, der Judenvernichtung und des Krieges waren keine Überraschung. Sowohl in „Mein Kampf“ als auch in seinen Reden machte Hitler nie ein Hehl daraus, was kommen wird, wenn die NSDAP erst an die Macht kommt. Ullrich räumt auch mit dem Vorteil auf, bei Hitler handelte es sich um einen beschränkten Opportunisten. Es war ein Fehler seiner Zeitgenossen, dass sie ihn sträflich unterschätzten. Allein die Tatsache, dass Hitler zum größten Dämonen der Menschheitsgeschichte aufstieg und die ganze Welt ins Unglück stürzte, straft diese Analyse Lügen.

Was kann die demokratische Zivilgesellschaft von heute also aus dem Buch von Ullrich mitnehmen?

Politik muss wirtschaftliche Krisen bekämpfen, wo es geht. Massive (Jugend-) Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Abstieg sind nicht zu akzeptieren.

Heer, Polizei und Justizwesen brauchen eine demokratische Kontrolle und dürfen nicht Tummelplatz für jene sein, die mit der extremen Rechten sympathisieren. Gerade die Zivilgesellschaft muss ihr Augenmerk auf diese höchste sensiblen Bereiche legen (und nicht nur auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik).

Der Staat muss hart gegen Gesetzesverstöße der extremen Rechten vorgehen. Wer glaubt, man kann diese Strömungen durch Entgegenkommen domestizieren, der irrt. Viele Bürgerliche haben diesen historischen Irrtum nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit ihrem Leben bezahlt.

Lest Primärquellen und nehmt ernst, was Extremisten sagen und schreiben. Sie kündigen an, wie sie nach einer etwaigen Machtübernahme herrschen. Und das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Und nehmt diese Menschen ernst. Indem man sich überheblich lustig über sie macht, hält man sie nicht auf.

Volker Ullrich: Adolf Hitler. Die Jahre des Aufstiegs 1889 bis 1939. Biographie, Band 1. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013.

http://www.perlentaucher.de/buch/volker-ullrich/adolf-hitler.html

 

zlatanIch lese gerne und viel. Eine Sportskanone bin ich nicht und außer ein bisschen Fußball interessiert mich Sport eigentlich nicht. Und Bücher über Sportler und Sport sind mir eigentlich völlig egal. Bis auf zwei Ausnahmen. Obwohl ich mein Leben nie ein Tennisspiel gesehen habe, geschweige, denn selbst einen Tennisschläger in der Hand hatte, habe ich mir vor vier Jahren zu Weihnachten ein besonderes Buch geschenkt. Es war die Autobiografie von Andre Agassi „Open“. Ich habe es von der ersten bis zur letzten Seite verschlungen. Ein bisschen was wusste ich ja über sein Leben, denn als brave „Neue Post“-Leserin war ich über den Mann von Steffi Graf natürlich informiert. Sein Selbstportrait ist schonungslos offen, er war kein angepasster Sportler, er hat immer angeeckt. Das hat mir gefallen.

Ähnlich ist es mit der Autobiografie von Zlatan Ibrahimovic „Ich bin Zlatan“. Das war mein heuriges Buchweihnachtsgeschenk an mich. Und ich habe es ebenso verschlungen. Zugegeben, Zlatan Ibrahimovic ist mir in der „Neuen Post“ noch nie begegnet. Aber ich habe ihn einmal live spielen gesehen, 2008 bei der EM in Salzburg. Und seither gehört er zu meinen Fußballstars neben Oliver Kahn, Miroslav Klose, Zinedine Zidane, Rüstü und dem guten alten Salvatore Schillaci. em2008

Ibrahimovic steht zu seiner Herkunft, seiner schwierigen Kindheit. Er verschweigt nicht, wie schwer es ein Jugendlicher hat, der nicht in einem Villenvorort aufwächst. Sein Erfolg verbiegt ihn nicht. Er ist exzentrisch und macht verrückte Dinge, aber man kann es verstehen. Die Sprache ist temporeich, authentisch, es gibt fast keine erzählerischen Pausen. Und er umschreibt nichts, sondern sagt, was er denkt. Er sieht sich selbst als Krieger, trotzdem gibt es viele einfühlsame Momente, ob am Rasen oder im Privatleben. Und er hat eine klare Botschaft, er widmet sein Buch unter anderem „all den Kindern dort draußen, die sich ein wenig anders und als Außenseiter fühlen, die nicht richtig ins Schema passen…Es ist okay nicht so zu sein wie alle anderen…“.

Ibrahimovic‘ Autobiografie werde ich in einigen Jahren wieder lesen, so wie Agassis auch. Und ich kann es nur weiter empfehlen.

http://www.buecher.de/shop/fussballer/ich-bin-zlatan/ibrahimovic-zlatan/products_products/detail/prod_id/37678050/lfa/related-7/

http://www.buecher.de/shop/tennis/open/agassi-andre/products_products/detail/prod_id/32394290/

Es hat mich schon gefreut, als mich mein Chef Pepo Mautner gefragt hat, ob ich mit ihm die Lesung halte für die Buchpräsentation seines neuen Buches „Agenda Menschenrechte“. Er hat zwar gleich gesagt „Honorar gibt’s dafür leider keines“, aber das ist wirklich Ehrensache. Vor allem, weil dieser Abend am 5. November im Literaturhaus in Salzburg ein besonderes Zuckerl zu bieten hat: Die urcoole Ute Bock wird da sein. Also das ist eigentlich schon Grund genug hinzugehen.

Pepo Mautner

Pepo Mautner

Hier gleich ein kleiner Vorgeschmack auf das Buch, das an diesem Abend druckfrisch zu erwerben ist. Bei der ersten Lektüre wird gleich deutlich, wer die Hauptpersonen sind. Es handelt sich um Menschen, denen Mautner in seiner mehr als zehnjährigen Arbeit in der „Plattform für Menschenrechte“ begegnet ist. Sie sind die Hauptprotagonisten, die in kurzen Kommentaren und Erzählungen ins Blickfeld rücken. Die sogenannten Anderen, die wir gerne aus unserer abgesicherten Position Fremde, Asylanten und BettelmigrantInnen nennen, ohne sie wirklich zu kennen.

Die beschriebenen Szenen fokussieren die unsichtbaren Grenzen, denen sie gegenüberstehen. Die Schranken von Institutionen und Behörden, aber auch denen, der „Einheimischen“. Diese unsichtbaren Barrieren beschrieb auch Franz Kafka in seinem Roman „Der Prozeß“, auf den sich Mautner bezieht. Die Agenda Menschenrechte inspiriert, aufmerksam zu sein, wahrzunehmen, was ist und die abstrakt wirkenden Menschenrechte lebendig werden zu lassen. Bei zwei Erzählmomenten konnte ich meine Tränen nicht verbergen. Der Autor macht einer breiteren Öffentlichkeit die berührenden Geschichten zugänglich, die sonst in der Anonymität verloren wären. Der wesentliche inhaltliche Unterschied zum „Prozeß“ von Kafka besteht darin, dass in der Agenda Menschenrechte begründete Hoffnung durchscheint. Menschenrechtsverletzungen sind kein Schicksal, sondern wir haben die Möglichkeit, im Sinne der Einhaltung der Menschenrechte zu handeln. Das wird erst geschehen, wenn wir uns von diesen Geschichten der anderen berühren lassen, und sie in ihrem anders Sein anerkennen.

Mehr dazu am 5. November, um 19 Uhr im Literaturhaus