von Gabriele Rothuber

 Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einer Linie, neben Ihnen 9 andere Menschen.

Bei jeder der folgenden Fragen, die Sie mit JA beantworten können, dürfen Sie einen Schritt machen.

Los geht’s:

  1. Können Sie Ihren Arbeitskolleg*innen von Ihren Freizeitaktivitäten oder Ihrer Familie erzählen? 2.
  2. Können Sie Ihre Partnerin / Ihren Partner zu Betriebsfeiern mitnehmen? 3.
  3. Konnten Sie oder könnten Sie heiraten, so wie Sie das wollten?
  4.  Wird Ihre Familienform in Kinder- oder Schulbüchern, in Romanen abgebildet?
  5. Gehen Sie mit Ihrer Partnerin / Ihrem Partner zu Schul- oder Kindergartenveranstaltungen? (Wenn auch nicht immer gerne, aber doch gemeinsam)
  6. Können Sie Ihre Liebe öffentlich zeigen, etwa durch Händchenhalten oder zärtliche Küsse?
  7. Können Sie gemeinsam gefahrlos in jedes Land reisen, in das Sie reisen möchten?
  8. Haben Sie in der Schule Liebesgeschichten über Ihre Form des Begehrens gelesen?
  9. Könnten Sie in einem Kindergarten arbeiten?
  10. Können Sie offen mit Ihrer Familie über Ihre Beziehung sprechen?

Sollten Sie in Gedanken 10 Schritte gemacht haben, so gehören Sie höchstwahrscheinlich der heterosexuellen Mehrheit an.

Es gibt jedoch viele Menschen, die weit weniger Schritte gehen können, die viel weniger Fragen mit Ja beantworten können – aus dem einzigen Grund, weil sich ihre Liebe und ihr Begehren an das selbe Geschlecht richtet.

Vieles wurde gerade in letzter Zeit für die Gleichstellung auf rechtsstaatlicher Ebene in Österreich erreicht, etwa das Adoptionsrecht oder die Öffnung der Standesämter . Doch sind „wir“ noch lange nicht so weit, dass gleichgeschlechtlich Liebende alle 10 Fragen (und diese sind selbstverständlich erweiterbar) mit JA! beantworten können.

Wir alle können dazu beitragen, dass die nächsten Generationen JA! sagen können: unter anderem mit der Unterzeichnung der Parlamentarischen Bürger*inneninitiative.

Mehr Infos bei:

Courage

Hosi

Verein Ausgesprochen

Regenbogenfamilien

An die VS und NMS Liefering

Band der NMS Liefering

Liebe Schülerinnen und Schüler,
nochmals Danke für eure Einladung zu eurer Feier am Mittwoch. Ihr seid jetzt offiziell Menschenrechtsschulen. Das finde ich sehr gut. Menschenrechte sind sehr wichtig. Aber leider passiert es immer wieder, dass Menschen unterdrückt, missachtet und sogar getötet werden.

Was könnt ihr, was können wir alle tun, damit die Menschenrechte respektiert werden? Das Wichtigste ist die Menschenrechte zu kennen. Ich war sehr beeindruckt am Mittwoch, wie viel ihr wisst. Ihr habt euch wirklich sehr genau mit diesem Thema beschäftigt. Ihr habt das nicht einfach auswendig gelernt, sondern in vielen Workshops die Menschenrechte praktisch umgesetzt. Das Handbuch mit den vielen Ideen, wie ihr selbst die Menschenrechte gut anwenden könnt.

Oder die Interviews, die ihr auf der Straße gemacht habt. Ihr habt erzählt, dass viele Menschen euch nicht einmal gegrüßt oder eine Antwort gegeben haben. Und trotzdem seid ihr höflich und respektvoll geblieben. Damit seid ihr Vorbilder! Respekt ist ganz wichtig für die Menschenrechte. Der Respekt vor dem anderen Menschen, auch wenn er eine andere Kultur, Religion oder Sprache hat.


Und die vielen Logo-Entwürfe für eure Menschenrechtsschule waren super. Ein Logo zu zeichnen heißt nicht einfach etwas hinzukritzeln. Eure Logos zeigen, dass ihr euch auskennt mit den Menschenrechten. Und dass ihr motiviert seid die Menschenrechte umzusetzen, direkt hier in Salzburg, in Liefering, in eurer Schule, bei den Freunden und in der Familie.

Ihr jungen Menschen macht uns Mut, ihr gebt uns Hoffung.
Danke und bleibt so engagiert!

Eure Anja Hagenauer

PS: Ihr wolltet ja dem neuen Bundespräsidenten die Menschenrechtsschule vorstellen. Habt ihr die Einladung schon geschickt?

Gewalt gegen Frauen und Kinder. Gibt es. Auch wenn es in unserem Alltag meist nicht zu sehen ist. Das war früher noch anders. Da war die Gewalt auch Teil des Alltags.

Ich erinnere mich noch gut, dass bei uns im Dorf einige Frauen Schläge und mehr aushalten mussten. Alle haben davon gewusst, auch wir Kinder. Das ist halt so, war der allgemeine Tenor. Was hätte die Frau auch machen können? Scheidung? Fast undenkbar, denn dann hätte sie nicht mehr dazugehört zur Gemeinschaft. Also durchhalten, es als normal und gottgegeben sehen.
Die Zeiten sind vorbei. Die Zeiten, in denen Gewalt gegen Frauen und Kinder einfach toleriert wurde. Gewalt ist heute alltäglich und sichtbar im Fernsehen, im Internet. Aber nicht mehr im alltäglichen Zusammenleben. Aber Gewalt gibt es weiterhin, wegschauen gilt nicht. Darum braucht es öffentliche Aufmerksamkeit.

Heute ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.

Noch immer ist nicht der dunkle Park der gefährlichste Ort für Frauen und Kinder. Es sind Familie und Bekanntenkreis in denen die Gewalt meist passiert. In all den Jahren, die ich in der Sozialarbeit tätig war, ist mir die Gewalt in vielfältiger Form untergekommen. Vom blauen Auge über Würgespuren bis zu Schnittverletzungen. Und psychisch durch Drohungen, Erpressungen und Kleinmachen. Einsperren, Zwangsheirat und Genitalverstümmelung. Aber eines ist heute besser als vor 40 Jahren in meiner Kindheit. Jede Frau und jedes Kind kann Hilfe bekommen. Es gibt viele Organisationen, die den Weg raus aus der Gewalt unterstützen. Und die Gesetze dulden keine Gesunde Watschen und Vergewaltigung in der Ehe mehr. Viel hat sich geändert. Weil wir darüber reden, es öffentlich machen, Hinschauen und Handeln. Diesen Weg müssen wir weitergehen.

Bildnachweis: Land Salzburg

Ich habe in den letzten Tagen hier in San Diego mit mehreren Leuten darüber gesprochen, wie sie sich nach dem Ergebnis der Präsidentenwahlen fühlen. Sie erzählen von sich selbst, von ihren Ehepartnern, Kindern, ihren Schulen und Universitäten. Der Ehemann, der nach bekanntwerden des Ergebnisses vor Sorge nicht schlafen konnte (kein Angehöriger einer Minderheit), die Uni-Professorin, die in der Wahlnacht vor Ärger und Verzweiflung einen Herzinfarkt erlitt (auch keine Angehörige einer Minderheit), Mitschüler, die weinten und einfach diejenigen, die sich Sorgen machen, was eine Trump-Regierung alles anrichten kann. So geht es sehr, sehr vielen. Und viele davon demonstrieren auf den Straßen. Auch hier in San Diego – ob in Downtown, im beliebten Balboa-Park oder im hippen Schwulenviertel Hillcrest.

Ihre Sorgen sind berechtigt, denn während die einen demonstrieren, häufen sich verbale und physische Übergriffe auf Minderheiten wie Schwarze, Muslime, Latinos und Homosexuelle.

Donald Trump betonte nach der Wahl, er wolle ein Präsident für alle Amerikaner sein. Man müsse das Land jetzt einen und die Wunden heilen. Am Arsch, Mr Trump! Wer hat denn die Ressentiments gegen Minderheiten so geschürt? Es ist nicht genug, dann zu sagen, ich möchte alle einen. Das Problem ist: Die hartgesottenen Trump-Anhänger fühlen sich jetzt zu ihren Übergriffen legitimiert. „Wir haben ja gewonnen, jetzt geht’s euch Schwarzen, Muslimen und Schwulen an den Kragen.“ Sie fühlen sich im Recht und als Ausführende ihres neuen starken Führers.

Wie reagiert Trump darauf? Auf die Übergriffe angesprochen, sagt er: „Wenn es was nützt, dann werde ich sagen: Hört auf damit.“ Er selbst habe seit seiner Wahl nur ganz wenige rassistische Äußerungen wahrgenommen – nur eine oder zwei. Und gleich darauf redet er lieber über die Proteste gegen ihn. Er findet das „einfach schrecklich“. Er will doch das Land einen.

Tut mir leid, Mr Trump. Ihr angebliches Anliegen, die USA zu einen, kann niemand ernst nehmen. Wer das zum Ziel hat, spaltet die Gesellschaft erst gar nicht. Gegen alles und jeden hat Trump mit markigen Worten Härte angekündigt. Es wäre jetzt die richtige Zeit Härte anzudrohen. Und zwar gegen diejenigen seiner eingefleischten Fans, die Minderheiten drangsalieren, bedrohen und körperlich angreifen.

Ein Präsident für alle könnte den Gedanken nicht ertragen, dass so etwas in seinem Namen passiert. In den letzten Tagen haben wir von vielen Politikern gehört: „Wir müssen Trump eine Chance geben, ihn mal machen lassen und dann urteilen.“ Nein. Das Urteil können wir uns sehr gut jetzt schon bilden. Wie unser Bundeskanzler schon des öfteren betont hat, führt die Gewalt der Worte rasch zur Gewalt der Taten. Donald Trump hat diese Gewalt der Worte gesät und tut sich jetzt schwer, deren Folgen anzuerkennen. So jemand ist auf keinen Fall tragbar und kein Partner.

Die Situation in den USA ist eine Warnung für andere Staaten. Je stärker die minderheitenfeindlichen, rassistischen Parteien wie der Front National, die AfD oder die FPÖ in ganz Europa werden, desto legitimierter fühlen sich auch ihre Anhänger, zu pöbeln, zu drangsalieren und anzugreifen, was ihnen nicht passt.

In zwei Wochen bin ich wieder zurück in Österreich. Nur eine Woche darauf wird unsere Bundespräsidentenwahl stattfinden. Ich mache mir Sorgen, ob Österreich ein freies, liberales Land bleibt.

Die nächste Debatte steht in Österreich an. Deutschland diskutiert seit einigen Tagen über  die Kinderehe. Knapp 1500 Asylsuchende unter 18 Jahren sind in Deutschland als verheiratet registriert. Davon sind 361 unter 14Jahren. Das heißt für Österreich, dass etwa 150 Jugendliche verheiratet sind, 35 von ihnen sind unter 14 Jahren.

Aber wie umgehen mit dieser Tatsache. Wegsehen finde ich nicht gut. Die einen plädieren dafür, Ehen von 16-18 Jährigen auch anzuerkennen, um insbesondere die Ansprüche von Mädchen zu schützen. Die anderen wollen alle Ehen für nichtig erklären lassen. Einig sind sich eigentlich alle, dass die Ehen von unter 14jährigen zu annullieren sind, auch wenn die Ehepartner jetzt schon über 18 Jahre alt sind. Das sieht auch der Entwurf des deutschen Justizministers Heiko Maas so vor. Für 16-18 Jährige sieht der Entwurf allerdings vor, dass die Ehe nicht automatisch für nichtig erklärt wird, um Ansprüche nicht zu verlieren und etwaige Kinder nicht zu benachteiligen.

Beim zweiten Mal freiwillig?

Ein juristischer Eiertanz, allerdings auch eine Frage der Werte. Anerkennen wir, dass Kinder geheiratet haben? Haben sie das freiwillig getan? Würden die Mädchen, aber auch die Jungen zugeben, dass sie unter Zwang geheiratet haben?

Mir scheint der Weg die Ehen für nichtig erklären zu lassen eigentlich der vernünftigste. Das gibt die Chance die Mädchen und Jungen eindringlich darüber aufzuklären, dass weder in Deutschland noch in Österreich jemand zur Ehe gezwungen werden kann. Und auch, dass jeder Mensch mit 18 Jahren selbst über sein Leben bestimmen kann. Und wenn beide mit über 18 Jahren nach Aufklärung über die Werte und Gesetze in Deutschland oder Österreich noch immer miteinander leben wollen, dann können sie jederzeit heiraten. Aber dieses Mal legal in Deutschland oder Österreich und hoffentlich auch aus freien Stücken.

Wie soll man sich auf den Besuch informeller Flüchtlingslager vorbereiten? Darüber lesen wir alle, sehen die Bilder im Fernsehen. Aber was ist die Realität? Wie geht es den Menschen wirklich? Wie schaut es dort aus? Wie riecht es? Gibt es Wasser? Strom? Wie organisieren die Menschen ihren Alltag? Wie kommen die Flüchtlinge dort hinein? Und gibt es eine Hoffnung auch wieder rauszukommen? Viele Fragen. Ich habe viele Antworten gefunden.

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Die Bekaa-Ebene im Libanon

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Ramsi aBojzid, Leiter der Caritas in der Bekaa-Ebene

Wir fahren nach Zahle , eigentlich bekannt für seinen Weinanbau, in der Bekaa-Ebene im Libanon. Dort hat die Caritas einen Stützpunkt und betreut Menschen in mehreren informellen Flüchtlingslagern. Der Caritasleiter für die Bekaa-Ebene, Ramsi aBojzid, empfängt uns in seinem Büro. Er ist Jurist, war Manager und ist seiner Berufung gefolgt in einer NGO zu arbeiten. Über ein Jahr macht er den Job. „Unsere Mission ist helfen. Unabhängig von der Religion oder Herkunft der Menschen. Unsere größte Schwierigkeit ist es, dass wir jeden Tag entscheiden müssen, wer Hilfe bekommt. Es ist nie genug für alle da.“

Ein besonders großes Problem ist die medizinische Versorgung. Wenn Menschen körperlich oder geistig erkranken, ist die Situation noch unerträglicher. Besonders für Kinder und Alte. Dazu kommen Rahmenbedingungen, die die Zukunft der Flüchtlingskinder, die im Libanon auf die Welt kommen fast hoffnungslos machen. Sie können nicht registriert werden. Der libanesische Staat tut das nicht. Nach Syrien können nur die allerwenigsten zurück, um ein Baby registrieren zu lassen. Aktuell sind es um die 300.000 Kinder im Libanon, deren Existenz im besten Fall durch eine Krankenhausbestätigung nachgewiesen ist. Alle anderen sind illegal. Kein regulärer Schulbesuch, keine Identifikation, keine richtige Arbeit oder Heirat ohne Papiere. Das heißt, keine Zukunft als Mensch des 21. Jahrhunderts.

Offiziell gibt es knapp eine Million registrierte Flüchtlinge im Libanon, doppelt so viele sind hier. In einem Land mit 4,5 Millionen Einwohnern. Unvorstellbare Realität.

Die Schawis sind die Chefs

Aber warum kommen so viele in den Libanon? Schon vor dem aktuellen Krieg gab es viele syrische Saisonarbeiter, besonders in der Landwirtschaft und am Bau. In der Bekaa-Ebene haben viele dieser Menschen von ihren alten Arbeitgebern gegen gutes Geld Land gepachtet. 30.000 Dollar zahlen sie für ein Grundstück.

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Das erste Lager, das wir in Zahle besuchen

Hier entstehen die informellen Lager, die die Menschen selbst bauen und die nicht etwa von der UNHCR errichtet werden. Schawis heißen diese Pächter, die anderen Flüchtlingen wiederum ermöglichen Zelte zu errichten. Für ein Zelt kassieren sie bis zu 1000 Dollar im Jahr. Die Schawis sind die Lagerchefs. Sie sorgen für Strom und Wasser. Sie vermitteln Saisonarbeit, dafür kassieren sie einen Teil des Lohns. 4-5 Dollar verdienen die Menschen am Tag in der Landwirtschaft. 1-2Dollar davon gehören dem Schawis. Es sind vor allem die Frauen, die raus müssen zur Arbeit. Auch der kleine Lagerladen gehört dem Schawis, hier gibt es Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel.

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Unser Besuch ist eine willkommene Abwechslung für die Kinder

Mit diesem neuen Wissen fahren wir zum ersten Lager. Als wir ankommen bildet sich innerhalb von Sekunden eine Traube von Kindern. Da stehen wir nun, mitten unter ihnen. In einem Lager mit Zelten aus Plastikplanen über die Stromleitungen laufen. Die Wege dazwischen staubig. Ein Vertreter des Schawis kommt. Wir setzen uns mit ihm zusammen, stellen Fragen über Fragen. Ein Caritasmitarbeiter übersetzt.

Die größte Sorge der Menschen hier ist, wie sie sich auf den Winter vorbereiten können. In der Bekaa-Ebene kann es bis zu minus 10 Grad haben. Sie brauchen Decken, warme Kleidung, kleine Öfen und Heizmaterial.
Im Zelt einer Familie


Wir dürfen uns ein Zelt anschauen. Es ist kein gutes Gefühl, ich fühle mich unwohl. Frauen und Kinder sitzen am Boden. Ich gehe wieder raus. Ein Junge folgt mir. Er nimmt mich an der Hand und sagt „mutfak.“ Das verstehe ich. „Küche“ Das Zelt hat Nebenzelte. Zwei Schlafräume, ein kleiner Waschraum. Eine Miniküche. Stolz zeigt er mir den Kühlschrank, der nicht funktioniert. Darin sind Essen und ein paar Medikamente. Für Grippe erklärt er mir. Ich gebe ihm zu verstehen, dass er ein sehr höflicher und gastfreundlicher Junge ist.

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Freundlich verabschieden uns die Kinder – es gibt auch einen Luftkuss

Wir verlassen das Lager nicht ohne noch viele Bilder mit den Kindern gemacht zu haben. Jedes von ihnen will auf jedes Bild.

Keine Gebetsräume in den Flüchtlingslagern

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Der Gehilfe des Schawis führt uns durch das Lager

Das zweite Lager ist wesentlich schlechter. Es gibt nicht für jeden Strom. Das Wasser muss beim Wasserlastwagen gekauft werden, der jeden Tag vorbei kommt. Auch hier gehen wir mit dem Gehilfen des Schawis durchs Lager. Aus einem Lautsprecher tönen religiöse Gesänge. Es ist eines der ganz wenigen Lager, das auch einen kleinen Gebetsplatz hat. Das ist den guten Beziehungen des Schawis zu den Behörden geschuldet. Ansonsten verbietet der libanesische Staat Gebetsräume und kleine Moscheen, sie fürchten die Freitagspredigten, die die Menschen radikalisieren könnten. Oft werden informelle Lager auch um einige hundert Meter verlegt, weil die Armeeposten in der Nähe angegriffen werden könnten. Auch dieses Lager wurde verlegt.

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Wie ist es erst bei Regen hier im Flüchtlingslager?

Die Wege zwischen den Zelten sind uneben. Vor manchen Zelten steht eine Feuerschale, hier wird Wasser erhitzt. Bei einer unbeaufsichtigten Feuerstelle liegen glühende Kartonteile herum. Der Gehilfe schreit die Menschen aus dem Zelt heraus, deutet auf die glühenden Kartons, zertritt sie energisch. Es ist ein größeres Lager.

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Ein Schluck Kaffee für alle – Gastfreundschaft auch in größer Armut

Wir werden ins Empfangszelt gebeten und bekommen einen Kaffee serviert. Der Schawis-Helfer schenkt abwechselnd in zwei Tassen je einen kleinen Schluck starken Kaffees ein. Diese Zeremonie kenne ich aus der Südosttürkei. Und wieder stellen wir viele Fragen. „Möchten Sie weg aus dem Libanon? Nach Europa?“ Seine Antwort verblüfft uns:“Ich hätte für die ganze Familie eine Ausreise der UNHCR für Kanada bekommen. Ich, meine Frau und die 13 Kinder. Das wollte ich nicht. Dort habe ich keine Kontrolle über meine Familie. Mein Cousin ist schon dort. Er musste in Kanada für vier Tage ins Gefängnis, weil er eines seiner Kinder geschlagen hat.“

„Die Hoffnung, dass es besser wird, treibt uns an. Jeden Tag!“

Es wird uns klar, dass die Menschen sich auf längere Zeit im Libanon einrichten. Ihr Leben ist davon bestimmt, das Überleben für den nächsten Tag zu sichern. Die Caritas unterstützt in diesem Lager vor allem die Kinder, sie sorgt für den Transport in verschiedene Schulen, wo Flüchtlingskinder Unterricht bekommen. Dazu gibt es Nahrungsmittelspenden und manchmal eine kleine Geldsumme für die Familien.

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Stolz zeigt das kleine Mädchen ihr Bild in einer Publikation der Caritas Salzburg. Mit Hilfe von Spenden aus Salzburg kann sie eine Schule besuchen.

Ohne die Hilfsorganisationen wäre ein Überleben für den Großteil der Flüchtlinge nicht möglich. Sie sorgen dafür, dass es eine fragile Stabilität gibt. Ansonsten würde im Libanon das Chaos ausbrechen.

Wir haben zwei Lager gesehen von unzähligen, die es in der Bekaa-Ebene gibt. Mir wird klar, dass hier auch ein Teil der Zukunft Europas bestimmt wird. Wenn der Libanon zusammenbricht, dann steht Europa vor einer Herausforderung, die das Jahr 2015 nur als kleines Vorspiel erscheinen lässt. Es liegt auch in unserer Hand, dies zu verhindern. Oder um es mit den Worten eines Caritasmitarbeiters zu sagen: „Die Hoffnung, dass es besser wird, treibt uns an. Jeden Tag!“

Wir sollten alle unseren Beitrag leisten, dass der Funken der Hoffnung weiterglüht.