von Manfred W.K. Fischer

Fast alle politischen Parteien drängen in die Mitte. Gar Links will kaum jemand stehen, außer die Linke in Deutschland. Vermeintlich linke Parteien, wie die SPÖ in Österreich oder die SPD in Deutschland positionieren sich allerhöchstens ein wenig links der Mitte. Dies nicht in ihren Grundsatzprogrammen oder bei Parteitagsreden, aber in ihrer realen Politik. Ähnliches gilt für die Wähler. Was ist geschehen?

Wegen Überfüllung geschlossen

Durch das Gedränge in der Mitte fällt es dem Wähler schwer, die Parteien zu unterscheiden. Gewählt werden in der Folge populistische Gruppen und Politiker, die das Blaue vom Himmel versprechen, deren reale Politik jedoch am Wählerinteresse vorbei geht. Die FPÖ etwa, die mit ihrem Abstimmungsverhalten im Nationalrat eine andere Sprache als in den Bierzelten spricht. Oder auch Gruppierungen die ihre Politik nach gewonnen Abstimmungen gar nicht mehr umsetzen wollen. Nigel Farange etwa machte sich nach gewonnener Brexit-Abstimmung in Großbritannien nicht mit Elan daran, den Brexit umzusetzen, sondern suchte das Weite und trat zurück.

Grundwerte als Basis realer Politik fehlen

Viele finden es schlimm, als Linke/Linker bezeichnet zu werden. Warum?

Ein politischer Standpunkt sollte auf grundlegenden Werten aufbauen. Was sind linke Werte? Die Solidarität mit den schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft etwa. Pflegegeld und Mindestsicherung dürfen nicht ausschließlich als Kostenfaktoren gesehen werden, wie dies das rechte politische Spektrum tut. Deren Bezieher sind nicht faule Menschen, die sich in der „sozialen Hängematte“ des Staates ausruhen. Es sind ältere Arbeitssuchende, denen die Wirtschaft keine Chance mehr gibt. Oder Menschen mit unterschiedlichen Krankheiten, die Unterstützung brauchen, um die dadurch entstehenden Kosten abzudecken. Geht aufgrund von Gesetzesänderungen die Zahl der Pflegegeldbezieher zurück, ist das kein politischer Erfolg, sondern ein Armutszeugnis für einen reichen Staat wie Österreich.

Man hat dann nicht unrechtmäßige Bezieher ausgesondert, wie das oft anklingt, sondern hat Bürgern die staatliche Unterstützung in einer schwierigen Situation entzogen. In einer Gesellschaft, deren Durchschnittsalter steigt, sind steigender Pflegebedarf und damit –kosten eigentlich logisch. Dies sei allen rechten „Möchtegern-Realisten“ ins Stammbuch geschrieben, die Empfänger von Sozialleistungen pauschal als Sozialschmarotzer verdächtigen.

Zu den Kosten des Sozialstaates sei gesagt, das einzige Was wir uns nicht leisten können, ist es KEINEN Sozialstaat zu haben, weil wird damit Menschen an Rand der Gesellschaft drängen.

Mittelstand hinters Licht geführt

Wie wären die steigenden Sozialausgaben zu finanzieren? In Österreich fehlen etwa Steuern auf große Vermögen und Erbschaften. Hier wird von der rechten politischen Seite immer argumentiert, man wolle den „Mittelstand“ (Besserverdiener im mittleren Management, Hausbesitzer) nicht abzocken – und dieser Mittelstand glaubt dies dankbar. Doch die kluge Besteuerung von großen Erbschaften und Vermögen würde den Mittelstand gar nicht treffen – dies zeigen Studien. Weil diese Besteuerung fehlt und es derzeit leicht ist sein Vermögen zu anonymisieren, ist die Steuerlast auf die erarbeiteten Einkommen des Mittelstandes so hoch. Dieser zahlt also die Zeche dafür, dass er sich von rechten „Wirtschafts- und Steuerexperten“ verschaukeln läßt. Der Mittelstand schreibt die Schuld aber nicht diesen, sondern fälschlicherweise steigenden Sozialausgaben wie Mindestsicherung, Pflegegeld und Kosten für Asylwerber zu.

Neoliberales Dogma ist falsch

Die soziale Marktwirtschaft ist heute abgemeldet. Fast alles wird dem Wirtschaftlichkeitsdenken neoliberaler Zeitgenossen untergeordnet. Die freie Wirtschaft mit ihrem Gewinnstreben könne alles besser, wenn sie der Staat nicht störe, hört man mantraartig. Diese Meinung bahnte sich seit den 1980er Jahren ihren Weg in den Mainstream. Auch sozialdemokratische Regierungen wie jene von Schröder in Deutschland, Vranitzky und Klima in Österreich oder Blair in Großbritannien sind dieser Fehleinschätzung unterlegen.

Wohin das führt, zeigte die Finanzkrise 2007/2008. Der deregulierte Finanzsektor brach zusammen. Plötzlich war der Staat wieder gefragt, denn dieser musste mit Zuschüssen die ins Trudeln geratenen Banken retten. Die Spekulationsgewinne vor 2007 hatte man individualisiert und dem Staat noch vorgeworfen, dafür zu hohe Steuern und Abgaben zu kassieren. Die Verluste aus der Finanzkrise wurden jedoch sozialisiert und dem kleinen Steuerzahler aufgehalst. Gleich war auch wieder davon die Rede, dass der Staat nun sparen müsse – vornehmlich bei Sozial-, Gesundheits- und  Bildungsausgaben. Also bei Institutionen, die Dienstleistungen und Unterstützungen für den Normalbürger anbieten. Bei denen also, die von den Spekulationsgewinnen nie profitiert haben.

Sparwut verursacht Unzufriedenheit

Die Übernahme der Verluste aus der Finanzkrise wurde von kaum einer politischen Partei thematisiert. Man wollte nicht „Wirtschaftsfeindlichkeit“ unterstellt bekommen. Gleiches galt für die Sparnotwendigkeit. Diese ergriff auch die staatliche Investitionstätigkeit. Keine sozialdemokratische Regierung lehnte sich dagegen auf. Folgen waren/sind die steigende Arbeitslosigkeit, weniger Unterstützung für Bürger in Notsituationen und geringere Löhne. Letzteres senkte die Konsumausgaben, was die Wirtschaftsflaute verstärkte, da der wichtige private Konsum zurück ging.

Populisten erhielten Meinungsführung

Die Folge war eine steigende Unzufriedenheit der Bürger. Diese nützten rechte und populistische Bewegungen aus, die die Regierungen zu Sündenböcken machten. In neuester Zeit kam die Fluchtbewegung aus dem Nahen Osten dazu. Hurra, jetzt hatte man einen Sündenbock, der an allem Schuld war – die Asylwerber, die vor gräßlichen Zuständen in ihren Heimatländern flohen.

Niemand wollte erkennen, dass die dadurch entstandenen Kosten minimal waren im Vergleich zu denen, die die Finanzkrise verursacht hatte. Gierige Banker und neoliberale Wirtschaftsgurus tauchten unter. Kein politisches Lager griff dies auf. Stattdessen begann man, damit auf den Zug des Flüchtlingsbaschings der populistischen Gruppen (FPÖ, AfD) aufzuspringen. Den Wählern werden Asylwerber als Schuldige präsentiert. Parteien wie die ÖVP aber auch die SPÖ erkennen nicht, dass  damit keine Wähler zu gewinnen sind. Dieses Themenspektrum ist besetzt und das Original dieser Denkweise kommt eben besser an als die Kopie, also werden FPÖ und AfD gewählt.

Resümee – Populismus vor Visionen

Linke Werte wie Solidarität, das Eintreten für die Schwächeren in der Gesellschaft, mäßige Regulierung der Wirtschaft und Umverteilung haben keine Abnehmer mehr, meint man links der Mitte. So entfernt man sich von den eigenen Idealen und Visionen der Parteiprogramme. Man klopft lieber die öffentliche Meinung danach ab, was populär ist, anstatt Politik nach den eignen Grundsätzen zu machen und diese dem Wähler nahe zu bringen und populär zu machen.

Dabei wären genau die genannten linken Werte gefragt, denn sie bieten andere Antworten auf die zu lösenden Probleme. Jene, die sich an diese Werte erinnern, verunglimpft man als „Gutmenschen“ und unterstellt ihnen realitätsferne Naivität. Sich selbst hingegen, sehen die Denker rechts der Mitte als „Realisten“, die die Probleme mit Zäunen und anderen untauglichen Mitteln lösen wollen. Das nenne ich „Möchtegern-Realismus“. Dieser hatte für den Flüchtlingsstrom im letzten Jahr keine realen Lösungen, denn die Menschen kamen und mussten versorgt werden. Hier zeigten glücklicherweise die „Gutmenschen“ Realitätssinn, packten an und halfen die anstehenden Probleme zu lösen.

Daher: Keine Angst ein LINKER zu sein und zu Werten wie der Solidarität mit den schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft zu stehen.

In einer Moschee in Afghanistan detoniert eine Bombe. 14 Menschen sterben. Pilger, die in dem Gotteshaus einen religiösen Feiertag begehen wollten. Einen Tag zuvor werden 17 Menschen in Kabul bei einem Bombenanschlag in den Tod gerissen. Männer, Frauen, Väter, Mütter, Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern. Sie müssen sterben, weil einige Fanatiker es so wollen. Weil sie sich dazu berufen fühlen. Seit Generationen ist das Land am Hindukusch Kriegsgebiet. 1979 marschieren sowjetische Truppen dort ein. Zehn Jahre später ziehen sie sich aus der „abtrünnigen“, schwer kontrollierbaren Teilrepublik zurück und hinterlassen das Feld der Zerstörung den Mudschaheddin. Von der Außenwelt unberücksichtigt nimmt die Radikalisierung ihren Lauf. Die afghanische Gesellschaft verliert ihre Basis und ihre Mitte. Stattdessen regieren Chaos und Gewalt in den Straßen von Kabul. Gottesfürchtige Krieger, die in pakistanischen Flüchtlingslagern aufgewachsen sind und dort das Kämpfen und den Islam verinnerlicht haben, wollen angeführt von dogmatischen Talibanführern in einem „Heiligen Krieg“ einen Gottesstaat installieren. Bis Anfang der 1990er-Jahre werden die Mudschaheddin zunächst mit fünf Milliarden US-Dollar unterstützt. Sie sollen die Sowjets abschütteln und bekommen dafür Waffen und Munition. Ein Jahrzehnt später bekämpft die US-Regierung die Taliban mit Milliardenbeträgen aus amerikanischen Steuergeldern. Die Appelle der UNO dazwischen finden kein Gehör. Die internationalen humanitären Hilfsmittel sind im Vergleich zu den Militärausgaben Peanuts. Stattdessen verwandelt sich Afghanistan auf der Suche nach Osama Bin Laden und weil seit jeher Öl durch die kaspische Region fließt einmal mehr zum internationalen Kampfschauplatz.

In der syrischen Stadt Aleppo begräbt ein eingestürztes Wohnhaus 25 Menschen unter sich. Syrische Kampfjets haben im Duett mit russischen das Gebäude in Schutt und Asche verwandelt. In den Trümmern werden später die Leichen von Kindern geborgen. Sie sind Opfer eines Bürgerkrieges, der das Land im Nahen Osten in die Steinzeit katapultiert hat. Doch jenseits der Grenze im Irak sieht die Situation nicht wesentlich besser aus. In drei sogenannten Golfkriegen und immer wiederkehrenden Wirtschaftsembargos hat die Bevölkerung über Generationen hinweg das Überleben aber auch das Kämpfen gelernt. Krieg, Zerstörung und Armut haben dem IS-Staat und seiner Miliz den Weg geebnet und einen Nährboden für unendlichen Hass geschaffen.

Der Tod ist in diesen Regionen der Welt ein ständiger Begleiter. Er löscht Leben aus und begräbt die Hoffnung. In der fernen Schweiz verhandeln indes Vertreter von Großmächten über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien. Sie schmieden Allianzen, besprechen ihre taktische Vorgehensweise, entwickeln Strategien mit Bündnispartnern und setzen neue Ziele für ihre politischen und militärischen Missionen. Währenddessen treffen Waffentransporte in Saudi-Arabien ein. Die selbstgesteuerten Raketen, entwickelt in einem westlichen Industriestaat, werden später Häuser im Jemen dem Erdboden gleichmachen und Menschen unter den Trümmern begraben. Diese Menschen werden Opfer einer vermeintlich hochentwickelten Technologie und eines zweifelhaften Fortschritts.

Krieg ist global. Er ist ein lukratives Geschäft und kennt keine Grenzen. Warum sollte er auch? Wer seine Spielregeln bestimmt, kann gut von diesen leben. Ähnlich verhält es sich mit dem Terror. International gesehen ist der Terrorismus, von einem Staat ausgeübt oder einer radikalen Gruppierung, ein Big Business. Ein globaler Wirtschaftszweig, hinter dem bestimmte Interessen und Absichten stecken – irrational, unbegreiflich und menschenverachtend – aber selbst wenn Millionen sterben, profitieren einige wenige von ihrem Tod. Religionen und Ideologien sind den wahren Beweggründen vorgeschoben. In Wirklichkeit geht es um Bereicherung, Machtentfaltung, Ausbeutung, Unterdrückung und Unterwerfung ganzer Bevölkerungen.

Nationalismus kann diesem Terror nichts entgegensetzen. Er ist eine hilflose Antwort, die wiederum Unfrieden stiftet. Nationalismus ist die Triebfeder für kriegerische Auseinandersetzungen. Europa sollte das aus seiner Vergangenheit wissen. Ultra-Nationalisten und Faschisten haben den europäischen Kontinent und die Welt im 20. Jahrhundert in zwei Kriege und in den Untergang geführt. Nationalisten haben nicht nur Neid, Missgunst und Hass geschürt, sondern Millionen Menschen auf dem Gewissen. Sie haben die Massen mit falschen Idealen und Versprechen auf ihre Seite gebracht. Familienväter wurden zu Henkern und Totengräbern, Mütter zu Vollzieherinnen eines Unrechtssystems.

Im 21. Jahrhundert machen Autokraten ihre Grenzen dicht, um Flüchtlinge auszusperren, zensurieren oder verbieten Oppositionsmedien und verletzten Persönlichkeitsrechte der eigenen Bevölkerung. Militärbudgets werden aufgestockt und Sozialleistungen eingespart. Von öffentlicher Seite finanzierte Bürgerwehren sollen Städte und zuweilen das Land sicherer machen. Videokameras in Straßenbahnen sollen Passagiere vor Übergriffen schützen. In politischen und medialen Diskursen bestimmen Bedrohungszenarien die Debatten, gesellschaftliche Probleme werden kaum diskutiert. Bevölkerungsgruppen werden zu Sündenböcken abgestempelt. Neonazis marschieren auf Plätzen und Straßen auf. Unterkünfte von Asylsuchenden brennen.

Rechtspopulistische Politiker scheinen einfache Antworten auf komplexe Fragen zu kennen. Sie befinden sich mit ihren national-chauvinistischen Spinnereien und Phobien im Aufwind und fühlen sich im Glauben bestärkt „ihre“ Bürger beschützen zu können, während sich die Spirale der Gewalt unaufhaltsam weiterdreht, weil die Gier nach der eigenen Macht keine Grenzen kennt und die Welt zu verschlingen droht.

Seit vielen Jahren mache ich mir meine Überlegungen, wo unsere Gesellschaft hinwandert. Sie sind nicht so positiv, wie uns Mentalcoaches und Lebensberater zu denken anempfehlen. Begonnen hat alles in den späten 80er und frühen 90er Jahren, als Österreich noch nicht bei der EU war, ich aber die internationalen Wirtschaftskongresse bereiste. Es war mir damals schon klar, dass dieses System nicht funktionieren kann, da sich die Katze in den Schwanz beißt. Der Kapitalismus und Neoliberalismus fordern den Menschen immer mehr Konsum ab, der Westen schielte ständig nach neuen Märkten, die man aber nicht aufbaute, sondern nur ausbeuten wollte, man erfand Geräte, die ihr Verfallsdatum schon einprogrammiert haben, man erfand Begehrlichkeiten für den Osten und den Süden der Welt und vergaß auf Solidarität und Brüderlichkeit. Ökologisch betrieb man schon lange Selbstmord und die Konsumschraube konnte ihn nur verstärken. Wenige Menschen horteten und horten Vermögen, die sie nie ausgeben können und die ihnen nichts bringen. Damals schon kam ich mit einer ganzen Wandzeitung von Argumenten aus Brüssel zurück und sagte: Der Crash ist vorprogrammiert!

Jeder gegen jeden

Brita Pilshofer

Brita Pilshofer

Der Neoliberalismus, lean management, Privatisierung von Banken, öffentlichen Betrieben etc. verschafften kurzzeitig Einhalten in diesem chaotischen Treiben, es wurden neue Arbeitsplätze geschaffen, für Manager, die die richtigen Arbeitsplätze wegrationalisierten und dafür Belohnungen kassierten. Wir stehen immer wieder davor, dass Menschen durch Maschinen und IT ersetzt werden. Sie hatten die „ schönen Arbeitsplätze“ , der Rest wäre obsolet, so wurde mir vor wenigen Tagen noch von höchster politischer Ebene versichert. Ich bezweifle sehr stark, dass wir diese Tendenz weiter verfolgen sollten. Es beißt sich auch hier die Katze in den Schwanz, denn ich kann nicht die Bevölkerung gegen Mindestsicherungsbezieher mobilisieren und gleichzeitig diesen vorher ihre Arbeitsplätze und damit verbunden, ihre Wertschätzung in der Gesellschaft entziehen.

Gestern führte ich ein Gespräch mit einem jungen Sozialdemokraten mit Migrationshintergrund, der sein Engagement für die österreichische Gesellschaft und die europäische mit für ihn einnehmender Offenheit philosophisch begründete- so viel Einsicht und gesellschaftliche Rücksicht würde man von maßgeblichen Politikern erwarten, doch viel zu oft trifft man auf plumpes taktisches Agieren im Sinne von:  „Wie kann ich den politischen Gegner desavouieren, austricksen, ihm die Wähler wegnehmen?“

Das gesellschaftliche Miteinander bleibt auf der Strecke, vitale Themen wie Integration, wirtschaftliche Entwicklung von Regionen etc. verschwindet völlig. Es wäre ja auch selbstlos, an der Gesundung einer  schon kranken Gesellschaft zu arbeiten. So wird aus politischem Kalkül eine Gegend, die das touristische Aushängeschild einer Stadt ist, zum Glasscherbenviertel gemacht, weil man sich erhofft, dem Bürgermeister damit eines auswischen zu können, bei der Erstellung eines Budgets wird gestritten um das Prestige der agierenden Parteien. Wo bleibt das Bekenntnis zum Bürger, zum Mensch, zur Gesellschaft?

Der Adel und Persephone

Heute zum Abschluss dieser zwei kognitiven Einkehrtage traf ich einen Mann aus dem Hochadel, der politisch gesehen auf der anderen Seite der Sozialdemokratie steht, aber große Bedenken für die Entwicklung der Gesellschaft hat. Er sprach von dem System des Hades und der Persephone (Tochter der Mutter Erde, die in der Unterwelt gefangen gehalten wird laut antiker Sage). Er sieht die Menschen immer mehr getrieben zu leeren, gierigen Verhaltensweisen von Konsum und Rausch, bis laut der Lehre des Zen die Welt gesäubert wird vom Wildwuchs und neue Pflänzlein zu setzen begonnen wird. Ein spannendes Gespräch mit einem hochgebildeten Menschen, der ein bisschen Verschwörungstheoretiker ist, aber auf realem und mir nachvollziehbarem weltpolitischen Hintergrund.

Nun wählen wir also wohl CETA nicht ab. Ein neuer Wirbel im Chaos um uns wird beginnen. Wieder ein Stück Vernunft geht den Bach hinunter. Mir schwant nichts Gutes, es sei denn, es finden sich genug Menschen möglichst bald, die guten Willens sind und in allen Positionen des Lebens das Schielen nach billigem Profit und Boni aufgeben und an einer Zukunft, getragen von Bildung, Selbstbeherrschung und Solidarität mitwirken und die auch den Mut haben, sich zu artikulieren.

Christine Nöstlinger hat zum 80er ein Interview in der Wiener Zeitung gegeben, in dem sie bekennt: Ich hasse das Binnen-I!

Sie bleibt damit nicht unkritisiert. Was sollen Binnen-I und gegenderte akademische Titel bewirken? Sie sollen ein Bewusstsein in der Bevölkerung für den weiblichen Anteil hervorrufen. Sie sollen sichtbar werden, die Frauen.

Meine Erfahrung ist sehr häufig dass gerade Frauen besonders die Titel der Männer, und seien es nicht einmal akademische, hofieren und bei den Titeln von Frauen große Schwierigkeiten haben. Ist dies nun fehlende Information? Oder die Abneigung gegen Titel? Warum dann bei den Männern?

In Österreich sind Titel seit jeher ein Statussymbol. Wie viele Präsidenten, Vorsitzende, Bezirks- und sonstige Räte es gibt, ist nicht zählbar. Männer legen großen Wert darauf und haben auch generell kein Problem damit, Frauen mit akademischen Titeln anzureden. Ja, sie gendern sie sogar.

Mehr Lohn durch das Binnen-I ?

Vor vielen Jahren auf einer Konferenz in Brüssel sagten mir schon die Frauen Südamerikas, sie würden die gegenderten Formen nicht verwenden,  obwohl es sie auf Portugiesisch und Spanisch per se gibt. Das bedeute Prestigeverlust und sogar Verdienstentgang. Ich konnte mich davon später selbst überzeugen und in Brasilien wird selbst die weibliche Form obrigada für ein einfaches Wort wie “ danke“ durch das männliche obrigado ersetzt, weil es mehr Gewicht für die Sprecherin bedeutet.

Nun, was sollen wir tun? Ich denke, wir haben die gegenderten Formen nun einmal eingeführt- sie haben nichts daran geändert, dass Frauen in Aufsichtsräten so gut wie gar nicht vertreten sind, dass Führungspositionen oft durch minderqualifizierte Männer besetzt sind, dass equal pay for equal work noch immer nicht erreicht ist, obwohl wir 1987 bereits equal pay for work of equal value forderten- nun sollen sie ruhig eine Bewusstseinsveränderung bewirken. Vor allem bei Frauen, die sich einerseits nicht schämen sollen, sich mit ihren Leistungen vorzustellen ( diese Scham nennt man impostor syndrome), andererseits ihre Artgenossinnen mit dem gleichen Respekt behandeln sollten wie die Männer auch. Wenn die Arzt- oder Industriellengattin ohne Abschluss noch immer mehr zählt als die alleinerziehende eigenständige Akademikerin, fehlt es an weiblichem Umdenken noch weit.

Viele Menschen glauben, dass politisch links heißt:

·         Man muss alles tolerieren, auch patriarchale Denkweisen solange sie von südlich der Alpen kommen

·         Regeln sind völlig überbewertet, Ordnung braucht kein Mensch und was ist Sicherheit?

·         Forderungen müssen völlig kompliziert sein und mindestens 5 Jahre diskutiert werden

·         Alles ist besser als die eigene Kultur und das eigene Land

·         Nur große Konzerne sind gut – kleine Betriebe sind pfui

Populistisch rechtskonservativ?

Mit diesen Vorurteilen möchte ich heute mal aufräumen. In den letzten Tagen und Wochen bin ich von einigen KollegInnen aus der Politik öffentlich als populistisch und rechtskonservativ bezeichnet worden. Wo ich bis dato doch als „links“ gegolten habe. Also hab ich mir gedacht, den Vorwurf schau ich mir an. Zwei Themen haben mich zur vermeintlich populistischen Rechtskonservativen gemacht:

Einmal meine Forderung, dass kleine Mädchen kein Kopftuch tragen sollen

Und dann will ich doch glatt ein strenges Gesetz für Wettbüros mit Mindestabständen

Aha!

Linke zurück ins 19. Jahrhundert?

Wenn ich, als eine, die sich jetzt schon über 20 Jahre in der Integrationsarbeit engagiert, Entwicklungen aufzeige, die es vor 20 Jahren nicht gegeben hat, bin ich dann konservativ? Vor 20 Jahren habe ich kein einziges Kindergartenkind mit verhülltem Haupt gesehen. Jetzt schon. Ich empfinde das aber nicht als besonders fortschrittlich. Ich möchte nicht, dass in unserer Gesellschaft ein Denken Einzug hält, das kleine Mädchen wieder ins 19. Jahrhundert zurückkatapultiert. Dafür hat die Frauenbewegung, die durchwegs von „Linken“ mitbestimmt wurde, nicht mehr als 100 Jahre gekämpft. Ich empfinde es als gut links darauf hinzuweisen. Auch, wenn ich damit Menschen aus anderen Kulturen oder Religionen kritisiere. Das Recht nehme ich mir heraus. Die Kritik habe ich auszuhalten, allerdings als Linke ;)

einfach=populistisch?

Und wenn ich ein strenges Gesetz für Wettbüros fordere und es den im Landtag zuständigen Kollegen nicht schmeckt, bin ich populistisch. Strenge Regeln, Ordnung und Sicherheit fordern keine Linken. Machen sie doch. Linke finden nur Megakonzerne cool. Gewerbebetriebe, Ein-Personen-Unternehmen sind nicht auf der linken Agenda. Stimmt bei Wettbüros aber sonst nicht. Ich unterstütze nicht die Wettbüros, sondern die kleinen Gewerbebetriebe, die mir in dicht besiedelten Stadtteilen einfach lieber sind, die aber nicht so hohe Mieten zahlen können, wie Wettbüros und es dadurch schwerer haben. Und weil ich nicht irgendwelche komplizierten rechtlichen Regelungen fordere, die man nur mit Hilfe von Juristen versteht und die die Situation nicht verbessern, sondern einen einfachen Mindestabstand zu Kindergärten und Schulen und zwischen den Wettbüros selbst. Für alle verständlich und nachvollziehbar. Dann scheint das populistisch zu sein. Dann bin ich halt populistisch, allerdings als Linke ;)

Pinke Schlösser am 11.Oktober

Da soll vieles in Pink erstrahlen. In Salzburg das Schloss Mirabell und das Schloss Leopoldskron. Pink so hat mir die Organisatorin Bettina Strobl von Plan International erklärt, ist eine starke Farbe. Historisch gesehen war Pink bis in die 1920er Jahre die Farbe der Männer, während das helle Blau für Zartheit stand und den Mädchen vorbehalten war. Das Pink am Weltmädchentag soll die Stärke der Mädchen zeigen und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass wir weltweit noch viel Arbeit vor uns haben:

·         Mädchen werden immer noch abgetrieben, weil nur Buben erwünscht sind von der Familie

·         Mädchen haben es schwerer eine Schulbildung zu bekommen

·         Mädchen erleiden Genitalverstümmelungen

·         Mädchen sind öfters Opfer von Menschenhandel und Prostitution

Mit pinken Socken ein Zeichen setzen

Heut habe ich mit Susanne Kurz, Bundesrätin und Frauenpolitikerin, ein langes Gespräch gehabt. Über Frauen- und Mädchenpolitik und über den Weltmädchentag. Und da meinten wir, wieso eigentlich nur Gebäude in Pink bestrahlen. Wir könnten uns ja Pink anziehen am 11. Oktober und damit auch ein Zeichen setzen. Zumindest ein pinkes Tuch oder einen Schal hat man ja zuhause. Und die ganz tollen modernen Männer haben im Kleiderkasten sicher ein rosa Hemd oder pinke Socken, oder?

Susanne und ich wollen am 11. Oktober ein pinkes Zeichen setzen für Mädchen weltweit! In pinkem Rock, pinker Hose und einem schicken pinken Schal. Wer ist dabei? Hier geht’s zur Anmeldung!