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Der 10. Dezember ist immer ein besonderer Tag. Vor 65 Jahren unterzeichneten die Vereinten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. In 30 Artikeln ist dargelegt, was die Rechte eines jeden Menschen sind. Diese Rechte sind aktuell noch genauso wichtig wie damals. Wenn ich an das vergangene Jahr denke, fallen mir spontan einige Menschenrechtsverletzungen ein.

MRDa ist einmal die große Diskussion um Edward Snowden. Ihm verdanken wir das Wissen um die Verletzung unserer Privatsphäre. Staaten können jeden von uns rund um die Uhr ausspionieren ohne, dass wir davon wissen.

In Bangladesch und vielen anderen Ländern arbeiten Menschen unter unwürdigsten Umständen für unsere Konsumgesellschaft. Passiert ein großes Unglück, wie der Einsturz einer Nähfabrik, schauen wir betroffen hin, um dann doch wieder weiter zu shoppen.

Frauen und Männer, die in Europa Schutz suchen, ertrinken zu Tausenden im Mittelmeer auf ihrer hoffnungsfrohen Reise. Und wir schotten uns immer weiter ab, bauen noch höhere Mauern und Hürden. Im vollen Bewusstsein, dass dadurch nicht weniger Menschen kommen werden, aber die Flucht noch risikoreicher wird.

Auch Menschen aus Europa sind bei uns, die hier auf Ablehnung und Vorurteile stoßen und keine Chance auf ein menschenwürdiges Leben finden, weder in Österreich noch in ihrem Herkunftsland.

Darum ist es umso wichtiger nie zu vergessen, dass die Menschenrechte für alle gelten, egal welchen Geschlechts, welcher Herkunft, Religion und politischen Haltung. Der 10. Dezember soll uns daran erinnern, dass jeder von uns seinen Beitrag leisten kann, dem oder der Nächsten zu seinen Rechten zu verhelfen. Denn „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“!

Der Heilige Nikolaus ist um die 1700 Jahre alt, Bischof und Heiliger aus Myra in Kleinasien. Er ist unter anderem der Schutzpatron der Bettler.

Zartbitter trifft ihn im Cafe.

Zartbitter: Seit 1700 Jahren gehst du Anfang Dezember auf der Erde herum. Warum eigentlich?nikolaus 2

Nikolaus: Ich werde hier noch gebraucht, denn es gibt immer noch Ungerechtigkeit auf der Welt. Und das ärgert mich auch. Ich will mich für benachteiligte Menschen einsetzen, mit meinen Fähigkeiten. Denn die Menschen freuen sich von Herzen, wenn sie mich sehen. Ob Erwachsene oder Kinder, sie öffnen sich. Und ich bekomme sehr viel Anerkennung und Respekt, das macht meine Arbeit leichter.

Zartbitter: Du machst ja keinen Unterschied zwischen Reichen und Bettlern. Ein Reicher kann dir Geld geben, was gibt dir eigentlich ein Bettler?

Nikolaus: Immer wenn ich Bettler sehe, grüße ich sie freundlich, sie bekommen von mir Schokolade. Die Bettler geben mir freundliche Worte zurück, manche bestaunen mich. Gestern habe ich am Domplatz eine Gruppe von Romamusikern getroffen. Sie haben mit mir gesungen und getanzt. Viele Passanten haben dann Geld gegeben. Aber was Bettler eigentlich tun, ist ihre Armut nicht zu verstecken. Wir sind dann alle konfrontiert damit. Armut ist sehr schambesetzt und sie wird oft versteckt. Ich achte einen Bettler, da er sich in eine eigentlich menschenunwürdige Situation begibt. Weißt du, mein größter Wunsch ist es, dass die Armut weniger wird. Dazu müssen wir die Armut aber auch sehen, wir müssen hinblicken.

Zartbitter: Was wünschst du dir im Umgang mit dem Nächsten?

Nikolaus: Dass wir darauf schauen, was wirklich wichtig ist. Auf unsere Beziehungen, wie wir miteinander umgehen. Wir müssen die kleinen Dinge schätzen. Und ich mag diese Gier nach Geld nicht. Für mich ist jeder Mensch gleich wertvoll, egal wer oder was er ist. Menschen sollen nach ihren Fähigkeiten leben und ihren Träumen folgen können. Beziehungen sind viel mehr wert als das Geld auf dem Konto. nikolaus 1

Zartbitter: Für was setzt du dich heuer besonders ein?

Nikolaus: Heuer möchte ich auf ein Projekt in Nicaragua aufmerksam machen. Wir haben eine Schule für 600 Kinder gebaut. Wir wollen, dass die Kinder Schulkleidung, ein Essen und Lehrmittel haben. Mein Motto ist: Befreiung aus der Armut durch Bildung.

Zartbitter: Alles Gute für dein Vorhaben und wir wünschen viele fruchtbare Begegnungen!

Infos zum Projekt von „Sei sei frei“: http://www.seisofrei.at/site/article_list.siteswift?do=all&c=gotosection&d=site%2Faktionen%2Fadventsammlung

 

Jawohl, in unserer Welt passieren viele schlimme Dinge. Tagtäglich gibt es große Katastrophen und millionenfach kleine Tragödien. Und oft denkt man sich, wieso kann man da nichts tun? Es geschieht in fernen Ländern und nah bei uns. Und man fühlt sich oft so hilflos. Man möchte das große Ganze ändern, aber es geht nicht. Und doch haben wir alle die Möglichkeit ein ganz kleines bisschen dazu beizutragen die Welt ein Stückchen besser zu machen. adventkarnz

Das kann der Augenblick sein, wo man seinen Nächsten ernsthaft fragt, wie es ihm geht. Und dann zuhört, weil sich ein Herz öffnet und ein Mensch sich ausspricht, seine Last teilt. Das kann der Moment sein, wo man seine Geldbörse öffnet und gibt, um jemandem Fremden zu helfen. Das kann eine Geburtstagstorte für einen Obdachlosen sein, der das nie erwartet hätte und der merkt, dass auch er dazu gehört. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir selbst in der Hand haben, um einfach etwas zu tun, was einem anderen wieder Hoffnung gibt.

Es ist ganz einfach, es geht mit Dasein, materiellen Dingen und Zuhören. Und schon fühlt man sich nicht mehr so hilflos, wenn  man an all die kleinen und großen Tragödien in der Welt denkt. Und man merkt, dass Helfen die eigene Seele stärkt und Kraft gibt. Und es ist nicht naiv zu glauben, dass man die Welt ein Stückchen besser machen kann.

Astrid Steindl über ihren ersten Dienst in der Obdachlosenunterkunft der Caritas

Zartbitter trifft sie am Tag nach ihrem Einsatz.Astrid

Zartbitter: Astrid, du hast erstmals ehrenamtlich mit Obdachlosen gearbeitet. Wie ist es dir gegangen?

Astrid: Sehr ambivalent. Es schockiert mich, dass es in einer so „reichen“ Stadt ein solches Elend gibt. Andererseits bin ich froh, dass es Institutionen gibt, die da helfen. Es gibt aktuell 140 obdachlose EU-BürgerInnen in Salzburg und wir können sie nicht alle unterbringen.

Zartbitter: Du hattest sicher vorher über Obdachlose ein Bild im Kopf und seit gestern kennst du die Realität. Gibt es da einen Unterschied?

Astrid: Ja, man hört darüber, aber es ist ganz weit weg. Jetzt habe ich die Menschen vor Augen, ich war mitten drin. Es ist nicht mehr abstrakt für mich. Und es waren alle sehr nette Leute. Sehr dankbar, fast schon zu viel. Sie freuten sich, dass sie etwas zu essen bekommen haben. Nicht alle konnten gut Deutsch und so haben wir uns mit Gesten verständigt.

Zartbitter: Hattest du Angst?

HilfeAstrid: Zuerst schon. Vielleicht ist ja die Stimmung aggressiv. Ich bin skeptisch hingegangen und jetzt ist es eine positive Erfahrung. Wir waren zwei ehrenamtliche Frauen und die Männer waren sehr respektvoll uns gegenüber. Obwohl die Nudeln ein bisschen sehr verkocht waren, muss ich dazu sagen. Einer hat mir die Fotos seines Kindes gezeigt, ein ganz süßes Baby. Er hat mir gesagt, dass er 30 Jahre ist und am Tag am Bau gearbeitet hat. Sein Lohn war ein Schnitzel. Arbeit findet er am Bahnhof und manchmal gibt es nicht mehr als ein Essen als Lohn.

Zartbitter: Würdest du das nochmals machen?

Astrid: Ich werde diese Arbeit noch mehrmals machen. Denn das Klima dort war sehr menschlich. Es gab keine Selbstdarstellung an diesem Abend, sondern das ehrliche Interesse am anderen war im Vordergrund. Wir schimpfen gerne über unser System, aber jeder von uns kann einen Beitrag leisten. Und die täglichen „großen“ Probleme relativieren sich, denn wir haben Arbeit und einen gewissen Lebensstandard. Ich freue mich auf meinen nächsten Dienst, denn ich weiß jetzt wie es ist und ich habe keine Angst und Skepsis mehr.

Zartbitter: Danke Astrid für deine Offenheit und für deinen Einsatz!

Mehr Informationen zum Projekt der Caritas hier: http://www.caritas-salzburg.at/aktuell/news/news/artikel/8037/

MeerIch weiß, ich weiß, der Titel klingt zynisch. Aber eine Woche nach der Tragödie vor Lampedusa, bei der mehr als 300 Menschen gestorben sind, ist der Alltag zurück. Es gab viele Schlagzeilen und viele Politikerinnen und Politiker machten ein betroffenes Gesicht, allen voran Herr Barroso auf Lampedusa. Die Tragödie ist wieder fast verschwunden aus den Nachrichten.

Das was mir in Erinnerung bleibt ist einmal der Beschluss der Europäischen Union die Grenzen künftig noch schärfer zu bewachen. Natürlich zum Wohl der Menschen, die ein besseres Leben suchen. Man kann ihnen dann schneller helfen, sollten sie drohen unterzugehen. Neben der Frontex, eine von der EU privatisierte Grenzschutztruppe gibt es nun Eurosur, die neue Grenzüberwachung. Das wird dazu führen, dass die Schlepper mehr Geld verdienen können, eine schwierige Überfahrt ist halt einfach teurer. Den Flüchtlingen hilft das nicht. Die einzige EU-Strategie ist, die Mauern höher zu bauen. Wenn der Unterschied zwischen reichen und armen Ländern groß ist, kann keine Mauer der Welt Menschen davon abhalten, ein menschenwürdiges Leben zu suchen. Ich glaube der einzige Weg ist einerseits den Flüchtlingen, die kommen eine Chance in Europa zu geben und andererseits  den Menschen in ärmeren Ländern eine realistische Aussicht auf ein zukunftsträchtiges Leben.

Und der englische Premier meint, man könne ja aus der Menschenrechtskonvention austreten, dann geht es schneller mit dem Abschieben. So weit ist ein führender Politiker schon gegangen, die Menschenrechte in Frage zu stellen. Er ist ein westlicher Politiker des  21. Jahrhunderts, Premier einer uralten Demokratie, kein Despot, kein Monarch aus dem 17 Jahrhundert.

Da bleibt mir bloß Papst Franziskus zu zitieren: „Da fällt mir nur das Wort Schande ein.“

monikaJede und jeder von uns ist von irgendwas abhängig. Davon, dass der Zug pünktlich kommt, damit der Anschlussbus erwischt wird. Dass das Gehalt pünktlich am Konto einlangt, damit die Miete bezahlt werden kann oder dass die Sonne scheint, damit der Urlaubstag genutzt werden kann. Meine Abhängigkeit ist anderer Natur. Ich bin von meinem elektrischen Rollstuhl abhängig. Vielmehr davon, dass er funktioniert. Er macht möglich, dass ich selbstständig essen, Dinge vom Boden aufheben, von A nach B kommen, kopiere, Geld abheben, Toilette benutzen und mich selbstbestimmt im Alltag bewegen kann.

Nun haben aber Rollstühle auch ein Eigenleben und dramatisch wird’s, wenn sich die Elektronik verabschiedet oder ein Teil bricht. Dann heißt es ab in die Werkstatt. Grundsätzlich kein Problem, aaaaber was ist mit mir? Soll ich mich nun bis zur Rückkehr meines Hilfsmittels tiefkühlen lassen? Manche werden nun denken, na dann halt einen Ersatzrolli nehmen. Wenn das so einfach wäre. Mein Rolli ist auf mich persönlich zugeschnitten und da gibt es leider keinen Ersatz. Wenn dann gäbe es nur die Möglichkeit eines zweiten Rollstuhles, doch das verwehrt mir der Sozialversicherungsträger – seit eineinhalb Jahren.

Und so fühlte ich mich ohne meinen E-Rolli die letzten zehn Tage wie amputiert und „ans Bett gefesselt“. Wobei fesseln müsste mich da niemand, wenn mensch mich ins Bett reinlegt, kann ich sowieso nichts selbständig ausführen – nicht mal Nasenbohren. Wie sehen nun die Tage ohne meinen E-Rolli aus? Morgens in einen Schieberolli setzen und wissen, dass ich spätestens nach drei Stunden Verspannungen am ganzen Rücken habe. Nichts trinken. Wenig essen. Mittags warten, dass mein Mann oder mein Sohn schnell von der Arbeit nach Hause kommt und mir hilft die Toilette zu benutzen. Danach wieder warten, bis mein Mann von der Arbeit nach Hause kommt. Diese Stunden dazwischen ziehen sich wie bester Kaugummi. Jetzt habe ich meinen E-Rolli wieder zurück und fühle mich wie neugeboren.

Schnell verschiebe ich die Gedanken, dass er bald wieder defekt ist, doch sie sind da …