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Mit elektrischem Rollstuhl ist jede Obusfahrt eine Herausforderung. Daher versuche ich es zu vermeiden. Doch heute war es wieder so weit, mir war nach Abenteuer!

Als Obusnutzerin mit Erfahrung wusste ich, dass das heute möglich ist, weil es erstens nicht regnete und zweitens kein einzuhaltender Termin meine pünktliche Ankunft erforderte, sondern ein lockeres Treffen, wo ein Zuspätkommen keine gröbere Rolle spielt. Ich plante also vom Mirabellplatz bis zu meinem Ziel in Salzburg Süd mit dem Obus zu fahren. Eine Linie und somit ohne Umsteigen.

Ich rechnete zwar ohnehin damit, hatte dann aber doch ein leises Grummeln im Bauch, als der erste Bus der Linie 3 ohne Rampe und sogar einer der ganz alten Generation vorfuhr. So einer, der beim Einstieg Stufen hat und sich das Geländer in der Mitte befindet. In diesem Fall auch für Kinderwägen nicht wirklich nutzbar, von Rollstühlen und Rollatoren ganz zu schweigen.  Der zweite Bus, zehn Minuten später, war schon neuerer Bauart, aber ohne ausklappbare Rampe. Wie soll ein 180 kg schwerer Rollstuhl den Spalt zwischen Gehsteig und Obus überwinden? Flügel als Zusatzausstattung werden nicht bezahlt. So schickte ich meine Assistentin zum Fahrer, mit der Bitte in der Leitzentrale nachzufragen, ob denn der nächste eine Rampe hat. Der Fahrer meinte spontan, dass auf der Linie 3 „nie mehr Rampenbusse“ fahren. Auf das etwas verdutzte Gesicht meiner Assistentin rief er dann doch an und gab zur Auskunft, dass wir Glück (!) haben, der nächste hat eine.

Wieder zehn Minuten später kam dann die ersehnte Transportmöglichkeit … und kaum zu glauben erst der dritte und schon MIT Rampe! Juhuuu!

Der Fahrer dieses Busses gab auf die Bitte die Rampe auszuklappen zur Antwort „ja, ich bin ja ohnehin schon zu spät“. Kurz zog das Wort „Beleidigung“ durch mein Gehirn. Ich wollte über die Bedeutung dieser Aussage aber nicht intensiver nachdenken, also ignorierte ich sie.

Er kam mit dem Eisenhaken den er zum Ausklappen der Rampe benötigt (Anm.: dieser Obusfahrer war ein ganz pfiffiger, da ich ihm nicht sagen musste, wo genau er diesen Haken findet), ich stand schon einfahrbereit, er zog die Rampe mit dem Haken aus dem Bus hoch und …. ließ sie aus dem Scheitelpunkt mit einem lauten Knall außen auf den Boden donnern. Ich stand in einer meterhohen Staubwolke und konnte nur noch schnell die Augen zumachen.CAM00173[1]

Als ich sie wieder öffnen konnte, erblickte ich auf dem für Rollstühle angedachten Platz zwei Kinderwägen und drei Personen mit je einem großen Reisekoffer. Etwas ratlos blickte ich in den Bus und genauso ratlos und auch etwas mitleidig und gelangweilt blickten die im Bus stehenden oder hinter den Fensterscheiben sitzenden Fahrgäste aus dem Bus heraus.

Der Fahrer sagte (wiederum unerwartet), dass sie aussteigen und hinten einsteigen sollen. Menschen und Koffer folgten der Aufforderung, die Kinderwägen blieben stehen. Freundlicherweise wurde mir so viel Platz gemacht, dass ich gerade noch reinpasste – im Einparken bin ich Meisterin meines Fachs! Vor mir das Schild mit dem Rollstuhlzeichen und daneben das mit dem Hund mit Beißkorb ……  Sollte ich darüber nachdenken? Nein, heute nicht!

In meinem Rücken hörte ich das Einklappen der Rampe mit einem Knall. Ich freute mich richtig, dass ich diesmal die Augen nicht schließen musste, da nun meine Rückseite gleichmäßig bestaubt wurde und auch andere Fahrgäste in den Genuss der kostenlosen Staubwolke kamen – so haben mehrere was zum gleichen Preis.

Die Unruhe im Obus legte sich langsam und alle begannen wieder vor sich hinzustarren. Beim Aussteigen war dann nur noch ein einziges Knallen und eine einzige weitere Staubwolke zu überstehen und mit Schwung verließ ich die Busstation fluchtartig. Gestärkt für die nächsten Unbilden des Lebens erreichte ich also nach 45 Minuten meinen Zielort. Das Ziel des Abenteuers zeigte sich durch meinen angestiegenen Adrenalinspiegel ebenso als erreicht.

Ich fahre sicherlich bald wieder mit dem Obus. So viel Abenteuer ist kaum sonst wo für so wenig Geld zu bekommen.

Wenn ein weiteres Abenteuer meine Lebenslinie ziert, werde ich euch wieder berichten. Bis dahin – one life, live it! :)

Kaffeemaschinen, Jacken, Teller, Decken: Vieles findet im Kost-Nix-Laden in Salzburg bei den Asylwerberinnen und Asylwerber einen dankbaren Abnehmer. Vom 10. bis 21. Juni können die Bewohnerinnen und Bewohner Salzburgs einen Teil dazu beitragen.

kaffeemaschine320 Euro. Mit dieser lächerlichen Summe müssen Asylwerberinnen und Asylwerber jedes Monat in Salzburg auskommen. Dass damit eine menschenwürdige Existenz kaum möglich ist, sollte jedem klar sein. Es fehlt oft an den grundlegendsten Dingen. Daher veranstaltet das Jugendzentrum Iglu in Salzburg auch im Monat Juni einen Kost-Nix-Laden. Dabei können Asylwerberinnen und Asylwerber unter anderem Elektrogeräte, Herdplatten, modernes Gewand, Teller und Decken gratis mitnehmen.

Die Idee dazu kommt aus Wien, wie der Initiator des Kost-Nix-Ladens, Johannes Witek, erzählt: „In der Bundeshauptstadt gab es ebenfalls Sachen im Gratis-Angebot, die noch gut in Schuss waren. Daher haben wir dieses Modell gleich für Salzburg übernommen.“ Witek ist Obmann des Vereins Synbiose. Dieses Integrationsprojekt wurde im Juli 2010 gegründet und setzt sich für Asylwerber und Migranten ein. Das besondere Anliegen ist die Vermittlung von Deutschkenntnissen im Rahmen von Sprachkursen. Diese Kurse werden auch im Jugendzentrum Iglu angeboten.

„Es ist uns aber auch wichtig, dass der Kost-Nix-Laden keinen Almosencharakter hat“

Der Kost-Nix-Laden hat sich in Salzburg bewährt. Er findet am Mittwoch, dem 25. Juni, in der Haydnstraße 4, zum dritten Mal in diesem Jahr statt. „Es ist uns aber auch wichtig, dass der Kost-Nix-Laden keinen Almosencharakter hat“, erklärt Witek. Jeder Salzburger und jede Salzburgerin kann zwischen dem 10. und 21. Juni (Montag bis Freitag zwischen 10 und 17 Uhr) nicht mehr gebrauchte Utensilien in der Haydnstraße 4 vorbei bringen. Voraussetzung ist, dass alles in einwandfreiem Zustand ist. Ausgenommen sind Fernseher, Möbel, Unterwäsche und Zierartikel.

Verzeiht mir, wenn ich gleich noch ein Mal über Bischof Erwin schreibe. Aber es liegt ein Zwang auf mir. Das ist einfach so guter Stoff. Nach der ausverkauften Salzburger Universitätsaula, einem für mich begeisternden Gottesdienst in der Kollegienkirche und einem persönlich gehaltenen Seminar in St. Virgil: Dieser Mensch ist ein Star am Katholischen Himmel. Er hält sich schon lange in den Charts. Gleichzeitig könnte er aber dein Nachbar sein. Er ist erschütternd menschlich und interessiert sich für dich.

Er spricht von etwas anderen Wirklichkeiten. Etwa von einer Diözese in der Größe Deutschlands, die er mit Hilfe von 27 Priestern leitet. Dass hier nicht geweihte Frauen und Männer eine ganz andere Bedeutung bekommen, ist selbstverständlich. Dieser Bischof ermächtigt die Menschen. Er weist hin auf die offenen Türen zu mehr Miteinander, Natur- und Gottverbundenheit. Er handelt mystisch und gesellschaftspolitisch. Christentum ist immer beides.

Papst Franziskus sagte ihm in einer Privataudienz am 4. April: Er solle gemeinsam mit den Bischöfen couragierte, kühne und verwegene Reformvorschläge machen. Diese Aussage lese ich in seiner druckfrischen Biographie auch als Aufforderung an mich selbst. Die Zeit des Jammerns ist vorbei.

 

Danke an Bischof Erwin und allen, die  zum Gelingen der Veranstaltungen in Salzburg beigetragen haben!

Mit Wolfgang Kumpfmüller und Wolfgang Heindl bei der Pressekonferenz

Mit Wolfgang Kumpfmüller und Wolfgang Heindl bei der Pressekonferenz

Melanie Eckschlager, Maria Zehner, Peter Ebner und Andreas Meier als Kräutler Band - Cool

Melanie Eckschlager, Maria Zehner, Peter Ebner und Andreas Meier als Kräutler Band – Cool

Josef Bruckmoser (Redakteur der Kräutler Biograph) und Gottfried Kompatscher (Tyrolia) freuen sich über ein gelungenes Werk.

Josef Bruckmoser  (Kräutler Biograph) und Gottfried Kompatscher (Tyrolia Verlag) freuen sich über ein gelungenes Werk.

Auch Erzbischof Franz Lackner ist begeistert

Auch Erzbischof Franz Lackner ist begeistert

Ein Gastbeitrag von Alexandra Schmidt

Bettelmigrant in Salzburg…hat´s immer gegeben. Im Mittelalter und zur Zeit von Jesus Christus. (War da nicht so eine Geschichte mit….na,egal.) Und nach dem 2. Weltkrieg hat sogar meine Omi öfters die Bauern um Milch und Eier anbetteln müssen für ihre fünf Kinder. Ich schau mir die Bettlerinnen und Bettler von heute deswegen immer genau an. Sie interessieren mich. Ich finde nämlich, Betteln ist kein leichter Job. Kniet euch mal hin und haltet die Hand auf. Und bleibt in dieser Stellung, sagen wir……20 Minuten. Ich kenne einen Haufen Leute – mich eingeschlossen – die zahlen ihrer Yoga-Lehrerin einen Haufen Geld, damit sie zehn Minuten im Schneidersitz nur auf ihren Atem horchen. Das schafft fast keine/r. Bettlerinnen und Bettler bleiben oft Stunden fast unbeweglich – in der Kälte. Und dann: Wem von ihnen gibt man Geld? Den lachenden? Den „Biette, Biette“ wimmernden? Denen mit den Kinderfotos? Denen mit den Zeitungen? Den Jungen/Alten? Denen mit Behinderung? Ich hab eine Bettlerin ausgesucht, die ich so fünf Mal in der Woche mit ein, zwei Euro unterstütze. Sie ist mir sympathisch.  Sie schaut freundlich aus und ist auf ihrem Platz akzeptiert. Wir können uns nicht unterhalten aber wir kommunizieren – mit Händen und Füßen. Gegenüber, im Flagship-Store darf sie die Toilette benutzen und bekommt – wie alle anderen auch – gratis ein Glas Wasser. Über Weihnachten und Neujahr war sie daheim in Rumänien. Ich hoffe, sie hat mit meinen Euros ein paar Menschen dort eine Freude gemacht. Hand aufs Herz: Wer träumt zu Weihnachten nicht  von einem Kinderlachen, das man selber gezaubert hat?

XelaUnd außerdem bringe ich jede Woche Frühstück in die Notschlafstelle in der Linzer Gasse 72 – ich geh sowieso Semmerl holen, da geht’s in einem. Und soll ich was verraten? Es fühlt sich richtig gut an:  Samstag, 7:20 Uhr und schon „Gutes tun“. Kann jede/r mal ausprobieren, tut nicht weh und kost nicht viel. Weil nämlich: vor Weihnachten sammeln und spenden alle alles Mögliche. Aber jetzt wird’s erst richtig kalt bei uns, da brauchen diese Menschen unsere Hilfe besonders.

Ist verständlich, was ich meine?

Das fragt sich, ehrlich wahr, eure Xela

Michael Schölzl, 45 Jahre, glücklich verheirateter Familienvater, hat 2 Töchter  und eine vielfältige Berufserfahrung. Michi ist gelernter Lebensmittelkaufman, war Barman, Fernfahrer, Brauereimitarbeiter und ist jetzt überzeugter EZA-Mitarbeiter.

Zartbitter: Michi, du hast ja in vielen verschiedenen Berufen gearbeitet. Seit 2 Jahren bist du bei der EZA. Das passt eigentlich nicht zu deinem vorherigen Berufsleben, wie ist das gekommen?fodi

Michi: Ich habe mich dort beworben. Ich bin ja ausgebildeter Kaufmann. Aber ich mag das Verkaufen um jeden Preis nicht. Meine Devise ist, dass es beiden Seiten gut tun muss. Und die Arbeit muss mir Freude machen und das tut sie. Geld ist nicht das Wichtigste im Leben.

Zartbitter: Hast du dich vorher schon mit dem Thema Fair Trade beschäftigt?

Michi: Jein. Ich habe das Siegel gekannt. Aber erst in den letzten zwei Jahren habe ich viel darüber gelernt. Die EZA macht mir keine Vorgaben, denn jeder Verkauf läuft anders. Ganz wichtig ist, dass man nicht einfach was runterplappert, sondern man muss hinter der Sache stehen. Mich überzeugt die Philosophie von Fair Trade. Das betrifft ja nicht nur die Produzenten und die Konsumenten, sondern auch uns Mitarbeiter. Und es geht bei Fair Trade nicht um Almosen, es geht um eine gerechte Entlohnung für alle. Das ist der Grundgedanke.

Zartbitter: Ist es schwierig Menschen von Fair Trade zu überzeugen? ft2

Michi: Nein eigentlich nicht. Manchmal hört man, dass es gut aber teuer ist. Dann zeige ich ihnen einen Kaffee mit „auserlesenen Bohnen“ und erkläre, dass die 50 Cent mehr an den Bauern gehen. Kaffee ist ja börsenabhängig. Ein Bauer bekommt derzeit 100 Dollar für einen 60 Kilo Sack. Um zu überleben, sollte er aber 140 Dollar verdienen. Den Bauern, die nicht für Fair Trade arbeiten, denen geht’s nicht so gut jetzt. Unsere Bauern bekommen 140 Dollar, eine Prämie und dazu noch 30 Dollar extra von EZA, damit sie dort für die Allgemeinheit was tun. Das kann sein, dass sie eine Schule unterstützen oder bei einem Straßenbau mitmachen. Das nützt dann allen. Wir zahlen auch vor der Ernte, das heißt die Bauern müssen keinen Kredit aufnehmen und können ihre Arbeiter bezahlen. Wir machen heuer schon die Verträge für nächstes Jahr und wir haben keine Zwischenhändler. Außerdem sind unsere Produkte biologisch angebaut. Diese Argumente überzeugen auch unsere Kunden.

Zartbitter: Was ist dein liebstes Fair Trade Produkt?ft1

Michi: Schokolade in Form von Schokoaufstrich. Und unser Reis und der Löskakao ist der Renner bei unseren Töchtern. Beim Zucker haben wir komplett umgestellt, wir nehmen nur mehr den Mascobado- Zucker, das ist ein Vollrohrzucker mit einem karamelligen Geschmack. Er ist getrocknet und nicht raffiniert, das macht ihn gelblich. Auch meine Schwiegermutter ist schon überzeugt. Ich süße damit den Tee und meine Frau bäckt damit.

Zartbitter: Was wünscht du dir für die Zukunft von Fair Trade?

Michi:  Ich wäre gerne arbeitslos, wenn wir es nicht mehr brauchen. Dann wäre es gesünder und gerechter in der Welt. Bei Fair Trade ist alles durchdacht, vom Produzenten über den Transport, die Verpackung bis zu den Mitarbeitern. Das ist gerecht und gut.

Zartbitter: Weiterhin viel Erfolg in deiner Arbeit!

Mehr Infos unter http://www.eza.cc/

Ein Beitrag von Monika Rattey

Grau ist die Straße in der Nähe des Salzburger Hauptbahnhofs. Keine bunt herausgeputzten Barockbauten für aufgeregt herumwuselnde Touristen, die täglich in Reisebusgrößen aus allen Teilen der Welt in die Altstadt kommen, sondern unscheinbare Vor- und Nachkriegsbauten säumen die Plainstraße. Es ertönt kein helles, fröhliches Gebimmel vom Glockenspiel-Turm auf dem Salzburg Museum. Nein, hier zischt und rauscht es in den Ohren, wenn der ICE langsam auf Touren kommt und auf dem Weg von Wien nach München beschleunigt.SOMA_7_Rattey

Es ist Mittwoch, 14.00 Uhr, und eine lange Traube von Menschen sammelt sich um das Haus Nummer Zwei in der Plainstraße, ganz ähnlich wie vor Mozarts Geburtshaus. Aber hier sprechen die Menschen eine andere Sprache nicht jene der Touristen in Salzburgs Altstadt. Sie sprechen deutsch, serbokroatisch, bosnisch oder türkisch. Manchmal auch yoruba, vietnamesisch, bulgarisch, mongolisch oder arabisch. Sie stehen Schlange. Sie warten darauf, dass sich endlich die Tür zum SOMA (Sozialmarkt) öffnet.

Es reicht net aus

In der Reihe steht auch die 82-jährige Theresia G. Gebückt, vom Alter gezeichnet, hält sie sich mit ihren zittrigen Händen an ihrem Rollator fest und wartet wie die anderen mit blasser, geduldiger Miene. Es ist soweit, die Ladentür öffnet sich und die Menschen strömen in das Geschäft. Frau G. schiebt sich auf ihren wackeligen Beinen langsam hinterdrein.SOMA_6_ChristineWeißkind_ChristineSteiner_Rattey

„I kauf hier einmal die Woche ein, weil’s billig is, und i mir sunst nix leisten kann“, sagt die Salzburger Pensionistin aus Itzling, die erzählt, dass sie mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung, das sind für den Lebensunterhalt 596,18 Euro und fürs Wohnen 380 Euro auskommen muss. Davon gehen für die Miete und Betriebskosten ihrer 50-Quadratmeter-Wohnung allein 450 Euro weg. „Was bleibt, reicht net aus, um im Supermarkt ums Eck einz`kaufen“, so die alte Dame.

Im Sozialmarkt in der Elisabeth-Vorstadt darf nicht jeder einkaufen. Es ist ein Lebensmittelmarkt für Menschen mit geringem Einkommen. Die Kunden müssen vor dem ersten Einkauf darüber einen Nachweis den Mitarbeitern des Geschäftes vorlegen. Dann erhalten sie eine Einkaufskarte, mit der sie dort jeweils am Montag, Mittwoch oder Freitag, von 14.00 bis 17.00 Uhr günstig Lebensmittel einkaufen können. Die Waren werden nicht kostenlos an bedürftige Menschen abgegeben, sondern zu einem fairen Preis. Durch die Ersparnis beim Einkauf im Sozialmarkt, werden Mittel frei, sodass anderweitig etwas Nötiges gekauft werden kann.

50 Freiwillige engagieren sich

Die alte Dame hat heute ihre Lebensmittelkarte in ihrer Zweizimmerwohnung vergessen, doch Georg Steinitz, Obmann vom SOMA kennt sie bereits und grüßt sie freundlich: „Grüß sie Frau G., i schick gleich meine Kollegin, die wird ihnen helfen“,  sagt Steinitz, der den SOMA vor elf Jahren mitgegründet hat und dort seither wie 50 andere Freiwillige ehrenamtlich tätig ist und er ist stolz darauf: „Wir sind der einzige Sozialmarkt in Österreich, der sich alleine – ohne Subventionen durch die öffentliche Hand trägt und alleine durch ehrenamtliche Hilfe ermöglicht wird.“SOMA_5_MairHelga_Rattey

Frau G. kramt in ihrem dunkelgrauen Lodenmantel nach dem Einkaufszettel: „Heut bräucht i Joghurt, Butter, Nudeln. Da Kaffee is ma a ausgangen. Habens vielleicht wieder einen kriegt?“ Die ehrenamtliche Mitarbeiterin ist schon zur Stelle, muss die Seniorin jedoch vertrösten: „Heute haben wir leider keinen Kaffee, aber am Freitag soll eine Lieferung kommen.“

Im Sozialmarkt ist nicht immer alles parat. Dieser wird von verschiedenen Firmen, wie etwa Recheis, Hipp, Efko, Inzersdorfer oder Pfanner und einigen mehr gratis beliefert. Die Produkte, die falsch etikettiert wurden, kurz vor dem Ablaufdatum stehen, oder aus dem Verkaufssortiment genommen wurden, werden dem SOMA geschenkt. Es kann dann schon mal passieren, dass sich Paletten mit Essig-Kombucha Getränken stapeln, oder Zitronenteegranulat in der Größe eines Kleinlieferwagens im rund 60 Quadratmeter großen Geschäftsraum untergebracht werden muss. „Aber die Menschen sind dankbar für alles und wir werden auch das ganze Sortiment los“, erklärt die SOMA-Mitarbeiterin und durchsucht aufmerksam das Kühlregal nach den Milchprodukten für Frau G.

Auf der Kühlregalleiste sind die Preise verzeichnet: vier Becher Bio-Joghurt von der Firma Alpro kosten 30 Cent, ein viertel Kilo Butter auch nur 30 Cent. In den Regalen daneben ist heute Machland Apfelmus um 20 Cent pro Viertelglas zu haben. Die Packung Tortellini von Barilla gibt’s um 40 Cent. Und das Schwarzbrot vom Bäcker Ketter ist heute gratis, weil es gestern abgelaufen ist.

Aber der Andrang ist groß und Frau G. kann gerade noch ein viertel Kilo Brot ergattern. Denn durchschnittlich 100 Menschen aus der Stadt Salzburg aber auch aus dem Umland kaufen in den drei Stunden, in denen das Geschäft offen hat, ein. Insgesamt sind es 1.200 Menschen, die eine Einkaufskarte des SOMA besitzen.

Viele  Jüngere schämen sichSOMA_4_Einkaufskörberl

„Nach einer neuester Erhebung sind in Salzburg fast 13 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet, sie leben also unter der Armutsgrenze“, erklärt Robert Buggler, Leiter der Salzburger Armutskonferenz. „In absoluten Zahlen sind das 66.000 Menschen; das ist rund jede beziehungsweise jeder Achte“, so Buggler.

„Nicht nur Mindestrentnerinnen und -rentner sind darunter, auch viele Alleinerzieherinnen mit Kindern. 60 Prozent der Kunden kommen aus anderen Ländern, hauptsächlich aus Ex-Jugoslawien und der Türkei. Sogar ausländische Studenten aus der Mongolei oder Flüchtlinge aus Nordkorea kaufen hier billig ein“, erklärt Steinitz.

Viele Österreicher, besonders Jüngere würden sich jedoch nach wie vor schämen in einem Sozialmarkt einzukaufen, obwohl laut Steinitz, in den letzten Jahren ein Anstieg an Bedürftigkeit auch unter Jüngeren zu bemerken war.

Frau G. hingegen schämt sich ihres Einkommens nicht: „I kauf hier ein, weil i mir was von meiner klanen Rente zammsparen kann, des Leben is einfach z` teuer und i hab schon zu viel erlebt, als dass i mi schämen müsst.“ Sie wackelt, den Rollator vor sich hinschiebend, zur Kasse, sucht ihr Geldbörsel und zahlt ihren Einkauf. Ein viertel Kilo Butter, ein Glas Marmelade, vier Joghurt,  zwei Packungen Tortellini, ein Apfelmus und ein Packerl Sauerkraut und zahlt 1,70 Euro. „Des Brot zahl i ah noch“, meint sie bestimmend.

„Nein Frau G.“, antwortet die Mitarbeiterin von SOMA, „das brauchen s` nicht. Das Brot ist heute gratis.“

INFOBOX:

Im Land Salzburg gibt es an insgesamt vier Standorten Sozialmärkte, in der Stadt Salzburg, Hallein, in St. Johann im Pongau und in Zell am See. Zusätzlich wird im Pinzgau ein mobiler Sozialmarkt angeboten. Weitere Informationen und Öffnungszeiten auf der Website der Laube GmbH. Die Laube GmbH ist Träger der Sozialmärkte in den Bezirken. In der Stadt Salzburg betreibt der Verein SOMA den Sozialmarkt. Informationen dazu unter der Website vom SOMA Salzburg Stadt.

Die Sozialmärkte suchen laufend Firmen, die ihre Lebensmittel und Produkte, statt diese teuer zu entsorgen, zur Verfügung stellen und damit soziales Handeln beweisen. Vor allem Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel oder Waschmittel werden benötigt.