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Sonnenaufgang auf der Quelle zartbitter Peter Christian EbnerHeute am frühen Morgen fing ich Fotos aus meinem Zimmer ein. Hoch oben über Dechantskirchen am Wechsel in der Steiermark. Ich nehme mir jährlich mindestens drei Tage Auszeit, um innerlich Kraft zu tanken an einem wunderbaren Ort, der nicht nur „Die Quelle“ heißt, sondern für mich echte Kraftquelle ist. Hier entstand um 6:45 Uhr dieses wunderbare Foto. Mitten in diesen herrlichen Morgen hörte ich beim Frühstück die Schreckensnachricht aus Paris. Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr ist diese pulsierende europäische Metropole, die Stadt der Liebe, von einem hasserfüllten Terroranschlag ins Herz getroffen worden.

Da werde ich ganz sprachlos. Da gibt es keinen adäquaten Ausdruck, der dem gerecht wird – Entsetzt höre ich die Schreie bis hierher in die friedliche Stille des erwachenden Tages. – Bewusst hatte ich keinen Laptop mitgenommen, um Ruhe zu finden. Doch selbst an diesem entlegenen Ort kann ich mich dem Terror nicht entziehen. Er ist nun überall angekommen. Auch bei uns, bei mir, bei dir. Das ist die Realität.

Es ist mir ein großes Anliegen, niederzuschrieben, wie ich reagieren möchte angesichts der allgegenwärtigen kriegerischen und terroristischen Gewalt. Möglicherweise kann dieses individuelle Ich zu einem Wir wachsen, um uns in angemessener Weise gegenseitig zu unterstützen.

  • Bleiben wir ruhig und gelassen und lassen wir uns nicht provozieren.
  • Lassen wir uns Zeit für die Trauer.
  • Bleiben wir bedingungslos respektvoll gegenüber anderen.
  • Lassen wir uns in unserer von Vielfalt geprägten Freiheit in keiner Weise einschränken. Treffen wir uns und begegnen wir uns vorurteilsfrei, auf Augenhöhe und mit Freude.
  • Wir zeigen nicht nur keineswegs unsere Angst. Sorry, wir haben keine Angst. Weil wir im tiefsten Inneren wissen, dass wir alle miteinander verbunden sind. Gleichgültig welcher Nation wir angehören, welche religiöse Weltanschauung wir bevorzugen oder welches Geschlecht wir haben. Denn wir alle entstammen demselben Ursprung.

In tiefer Verbundenheit mit allen Opfern von Terror und Gewalt, spüre ich und bin zutiefst überzeugt, dass die Liebe weitaus stärker ist als der Hass.

von Sonja Schiff

sonja schiff für SVB

Sonja Schiff

Seit Wochen beschäftigt unsere Gesellschaft und die Politik das Thema Flüchtlinge. Berichte in den Medien versuchen uns die Not der geflüchteten Menschen näherzubringen, versuchen zu beschreiben, warum Menschen ihre Heimat verlassen und in der Fremde Schutz suchen. Unsere Gesellschaft ist derzeit gespalten, da finden sich auf der einen Seite jene, die Schutzsuchende willkommen heißen, ihnen aktiv helfen und da gibt es auf der anderen Seite jene, die sich fürchten, vor dem Verlust der eigenen Kultur, vor einem Absinken des eigenen Wohlstands und vor allem vor dem Unbekannten, vor dem Fremden an sich.

Mir geht dieser Tage immer wieder eine berufliche Begegnung durch den Kopf, eine Begegnung, die mich in jungen Jahren sehr verändert hat, die letztlich mein Herz geöffnet hat für Menschen auf der Flucht.

Jänner 1991.

Ich bin eine junge Krankenschwester und arbeite in der Hauskrankenpflege. Ich pflege und betreue also alte Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Mein Haupteinsatzgebiet ist die Bessarabiersiedlung, das sogenannte Glasscherbenviertel von Salzburg, entstanden aus Flüchtlingsbaracken, für Flüchtlinge aus dem Banat und Bessarabien. Bessarabiersiedlung, das sind 1991 vor allem Sozialbauten und es heißt, wer hier einmal gewohnt hat, kommt nicht mehr raus aus dem Elend.

Seit etwa einem Jahr besuche ich täglich zwei Mal die gehbeeinträchtigte Martha Gerner (Name frei erfunden, Anmerkung der Autorin), sie ist 85 Jahre alt und hat  eine leichte Demenz. Eingezogen in eine Flüchtlingsbaracke in der Bessarabiersiedlung irgendwann gegen Ende des zweiten Weltkriegs als junge Frau, hat sie tatsächlich ihr gesamtes Leben in dieser Siedlung verbracht. Aus der ehemaligen Baracke wurde irgendwann eine kleine Wohnung, mit einer richtigen Toilette und einem eigenen Bad. Hier lebte Frau Gerner ihr Leben, sie heiratete, bekam drei Kinder und wurde irgendwann wieder Witwe.

Martha Gerner kann sich nicht mehr alleine waschen, braucht Hilfe beim Anziehen und beim Ausziehen und bekommt als Diabetikerin von mir täglich zwei Mal ihre Insulininjektion. Neben der Pflegearbeit sprechen wir viel miteinander und so erfahre ich von Martha Gerners Flucht, damals Ende des zweiten Weltkrieges. Sie berichtet mir von den Ängsten, die sie damals durchlebt hat und davon, wie sie im Winter tagelang barfuß lief und ihre Zehen erfroren. Heute noch schmerzen diese und erinnern sie bei jedem Schritt an die lange beschwerliche Reise.

Als junge Krankenschwester höre ich mir ihre Geschichten an. Es ist Teil meiner Arbeit, mir die Geschichten der alten PatientInnen anzuhören. Aber wer täglich sieben oder acht solcher Geschichten hört, kann nicht jedes Gefühl an sich heranlassen. Was es bedeutet auf der Flucht zu sein, welche Ängste man durchlebt, das alles perlt an mir ab. Bis zu dem einen Tag im Jänner 1991.

Saddam Hussein hat vor einigen Monaten Kuweit besetzt. Amerika erklärt dem Irak den Krieg. Der Golfkrieg beginnt. Der erste Krieg, der via Fernsehen in die Wohnzimmer der Welt übertragen wird. Damit jene Welt, die sich nicht im Krieg befindet, Krieg schauen kann. Kriegserklärung, Angriffe, Bomben die detonieren, alles wird live in die Wohnzimmer der Welt übertragen.

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Fotocredit: www.pixabay.com

Als ich am ersten Tag nach der Kriegsankündigung Amerikas zu Frau Gerner komme, finde ich die alte Frau in ihrer Küche unter dem Esstisch. „Gehen Sie weg, gehen Sie weg“, schreit sie gellend und schaut mich funkelnd an. Nicht sofort verstehe ich den Grund für diese seltsame Situation, die ich da vorfinde. Doch dann höre ich, dass im Wohnzimmer der Fernseher läuft. Man hört Bomben einschlagen, Detonationen, Stimmen die rufen. Der Golfkrieg ist also auch im Wohnzimmer von Frau Gerner gelandet.

„Gehen Sie weg, weg mit Ihnen“ schreit die ehemalige Flüchtlingsfrau und droht mir mit einem Küchenmesser. „Ich steche Sie ab! Gehen Sie weg!“. Nach einigem Überlegen gehe ich in ihr Wohnzimmer und schalte den Fernseher aus. Ich warte ein paar Minuten und betrete dann erneut die Küche, spreche Frau Gerner mit ihrem Namen an, erkläre ihr, dass es nur ich wäre, ihre Krankenschwester. Da fängt sie an zu weinen und dieses Weinen wächst zu einem langen schweren Schluchzen. Als sie irgendwann, immer noch unter dem Tisch kauernd, Kraft findet zu sprechen, höre ich die 85 jährige Frau fragen: „Kommen jetzt wieder die Soldaten? Haben wir jetzt wieder Krieg, Schwester?“

Ich weiß noch, wie es mir damals die Gänsehaut aufgezogen hat. Die Angst der Patientin war für mich junge Frau, die ich zum Glück ohne Krieg aufgewachsen bin, mit einem Mal so präsent, ihr erlebtes Grauen war so nah. Was muss ein Mensch alles erlebt haben, dass er mit 85 Jahren und mit einer Gehbeeinträchtigung unter den Esstisch kriecht, um sich zu verstecken? Was muss ein Mensch gesehen haben, dass er hochbetagt wie paralysiert unter einem Tisch kauert und um sein Leben wimmert.

Wenn ich heute in die Gesichter der Flüchtlinge schaue, dann denke ich immer und immer wieder an Frau Gerner, die ich eigentlich schon lange in meinen Erinnerungen vergraben hatte. Dann ist mir ihr Grauen wieder nah, ihr Schreien, ihre Angst und ich ahne, was jene Menschen, die gerade auf unseren Bahnhöfen schlafen und hoffen, erlitten haben.

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Sonja Schiff, MA ist Gerontologin und Altenpflegeexpertin. Sie hält Seminare für Altenpflegeeinrichtungen, sowie Pensionsvorbereitungsseminare für Firmen. Im Oktober 2015 erscheint ihr erstes Buch „10 Dinge, die ich von alten Menschen über das Leben lernte“.

Mehr Infos zu Sonja Schiff finden Sie unter:

careconsulting

vielfalten

Ein Held befreit sein Volk von seinen Unterdrückern und wird zum König. Er regiert in einer Zeit des Friedens – bis ein Mann des Nachbarvolks (die ehemaligen Unterdrücker) sich versehentlich in das Reich dieses Königs begibt und aus Angst einen jungen Mann erschießt. Anstatt den ängstlichen Mörder zu töten, lässt ihn der König nur aus seinem Reich fortjagen. Ein Fehler, denn ein bislang treuer Gefolgsmann unterstellt dem König Schwäche. Ihm dürstet nach Rache und Macht. Vordergründig noch immer den treuen Vasallen spielend, vereitelt er wiederholt das friedliche Nebeneinander mit dem Nachbarvolk und wiegelt sogar den jugendlichen Sohn des Königs gegen seinen Vater auf.

Ach ja, bei dem Film, den ich hier gesehen habe, handelt es sich nicht um ein Fantasy-Epos in einer pseudo-mittelalterlichen Welt, sondern um „Planet der Affen – Revolution“ (Rise of the Planet of the Apes).

Will er genauso wie ein Mensch sein? (Foto: Thomas Lersch/http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Will er genauso wie ein Mensch sein?
(Foto: Thomas Lersch http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)


Viele Verfilmungen

Ich mochte die „Planet der Affen“-Filme der 70er Jahre, wobei natürlich der erste Film ein unsterblicher Klassiker ist. Das Remake mit Mark Wahlberg aus dem Jahr 2001 war uninspiriert. Einzig das Ende hätte originell sein sollen, doch leider war es nur völlig unsinnig. Als vor drei Jahren „Planet der Affen – Prevolution“ (Rise of the Planet of the Apes) in den Kinos lief, war ich überrascht: Der Film bot eine wirklich gute Geschichte. Das Schicksal des im Pharma-Labor geborenen Schimpansen, Caesar [in beiden Filmen: Andy Serkis], war berührend und dramatisch. Die gesellschaftskritische Geschichte war gut aufgebaut und ein überzeugendes Prequel, das die Auslöschung der Menschheit und den Aufstieg der Affen ankündigte.

Nach so einem Film durfte man sich von der Fortsetzung einiges erwarten. „Planet der Affen – Revolution“ setzt 10 Jahre nach dem Ende des ersten Teils an: Die Menschen sind fast vollständig ausgelöscht und die Affen, dank früherer Medikamenten-Versuche nun mit stark erhöhter Intelligenz, haben die Wälder außerhalb San Franciscos besiedelt. Dort haben sie sich eine Burg gebaut, Waffen gefertigt, Pferde zugeritten. Sie beleuchten ihr Zuhause und jagen Wild, das sie dann über offenem Feuer braten.
Das Leben ist ein bisschen wie das der Wildlinge in der Fantasy-Serie „Game of Thrones“. Ich wurde ich den Vergleich die ganze Zeit über nicht los. Der einzige Unterschied ist: Wäre die Geschichte von „Game of Thrones“ so konventionell und ihre Charaktere so platt, wäre die Serie nie zum weltweiten Hit geworden.

So schön war San Francisco mal – bevor die Menschen fast ausgestorben waren

So schön war San Francisco mal – bevor die Menschen fast ausgestorben waren


Nachahmenswerte menschliche Gesellschaft?

Ich habe den Eindruck, dass man sich bei „Planet der Affen – Revolution“ ein bisschen zu sehr darauf verlassen hat, dass das Publikum sich von den aufwändigen computer-generierten Bildern und den Affen (in beeindruckender Motion bzw. Performance Capture-Technik) blenden lässt.

Auch wenn man bereit ist, die Handlung als sehr konventionell aber grundsätzlich solide zu akzeptieren, bleibt ein Makel: Würde der Film die Geschichte zweier Menschenvölker erzählen, müsste man nichts daran verändern. Sprich: Es gibt keinen Grund, warum die Geschichte überhaupt von Affen handelt. Offenbar haben sich die Drehbuchautoren keine Gedanken dazu gemacht, wie Affen ihre Gesellschaft organisieren könnten. Würden sie diese wirklich 1:1 so gestalten wie die Menschen es tun würden? Bei aller Ähnlichkeit zwischen Hominiden und Menschen: Ist genau wie ein Mensch zu sein das einzig erstrebenswerte Ziel intelligenter Affen? Und wäre ihre Einstellung anderen Tieren gegenüber genau dieselbe, wie jene des Menschen?

Doch das sind nur Nebenfragen. Im wesentlichen geht es darum, wie Menschen und Affen einander als Feinde betrachten. Die jeweils andere Spezies gehört vernichtet, so die Propaganda der Unruhestifter auf beiden Seiten. Der Film bietet psychologische Erklärungen für das Handeln der Kriegstreiber – das ist auf der Seite der Affen das ehemalige Versuchtstier, Koba [Toby Kebbell], und auf Seite der Menschen Dreyfus [Gary Oldman]. Doch anstatt Vielschichtigkeit wurden diesen Figuren nur platte Klischees aufgestülpt. Und wo diese zu finden sind, bleiben reichliche Sentimentalitäten auch nicht weit.

Computer- oder Schauspielkunst?
Wo der Film überzeugt, ist natürlich die technische Perfektion, mit der die Affen sich bewegen. Die Mimik ist freilich ebenso großartig. Es gibt auch schauspielerische Glanzleistungen. Da die Menschen eher auf Statistenrollen reduziert sind (schade um Keri Russel), findet man diese bei den Affen. Koba hat zwei sehr starke, sehenswerte Szenen. Er erinnert Caesar daran, was Menschenwerk ist, und zeigt auf seine Entstellungen, die ihm ein unheimliches Aussehen geben – wie das eines Affenzombies. In einer anderen wandelt er sich vom gerade noch ziemlich furchteinflößenden Eindringling bei den Menschen in einen lustigen Zirkusaffen, der Späße macht und die ängstlichen, schwerbewaffneten Menschen mit seinen Kunststücken köstlich unterhält.
Wie viel davon die CGI und wie viel Schauspielerei ist, ist zwar schwer zu sagen. Aber bei aller Tricktechnik: Ich denke, dass das ohne eine tolle Leistung von Toby Kebbell nicht möglich gewesen wäre.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
„Planet der Affen – Prevolution“ (Rise of the Planet of the Apes) hätte eine interessantere Fortsetzung verdient. Doch gibt es sehenswerte, atemberaubende Bilder und ein paar wenige, schauspielerisch packende Momente.

Hier der Link zum Trailer

krieg 2Ich weiß nicht wie es euch geht, aber mir fällt es immer schwerer Nachrichten zu sehen und zu lesen. Mir scheint, dass monatlich eine neue Weltregion dazu kommt, die im Krieg versinkt. Die Bilder gleichen sich immer mehr. Junge Männer mit Waffen in der Hand. Explosionen und zerstörte Gebäude. Frauen und besonders Kinder mit vor Angst geweiteten Augen oder mit einem abgestumpften toten Blick. Menschen auf der Flucht oder Tote, die auf den Straßen liegen. Gewalt, Gewalt, Gewalt. Im Irak töten Muslime Muslime, Christen und Jesiden. In Israel und Gaza vernichten sich Juden, Muslime und Christen. In der Ukraine passiert der Wahnsinn zwischen prorussischen und ukrainischen Christen. In Syrien, in Nigeria, in Afghanistan, in Pakistan, in Somalia, im Kongo und so weiter und so fort – Menschen töten Menschen, so berichten es die Medien tagtäglich.

krieg 1Ian Morris meint in seinem Buch „Krieg- Wozu er gut ist“, dass Krieg zu Fortschritten führt, zu mehr Menschenrechten, zu Demokratie. Dem kann ich nicht zustimmen. Wie soll Gewalt zu Gewaltfreiheit führen? Viele Kriege und Konflikte entstehen ja nicht aus dem Frieden heraus sondern aus Situationen, in denen Menschen unter Gewalt und Unterdrückung leiden. Oder wenige  wollen Macht haben über viele und über Ressourcen. Nicht eine religiöse Überzeugung oder eine politische Haltung machen aus Menschen Mörder, das ist nur eine schnelle oberflächliche Erklärung, um Menschen dazu zu bringen über andere herzufallen. Die, die den Krieg antreiben wollen Macht, die sie sich mit Gewalt holen.

 

Mut zum Frieden, das sollen wir uns wünschen. Denn Mut zum Frieden heißt nicht draufschlagen, töten und vergewaltigen. Mut zum Frieden heißt respektvoller Umgang, miteinander reden und zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Das ist anstrengend, kostet Zeit, aber tötet nicht und bringt auch kein Leid über die Millionen Unschuldigen.

Ich wünsche mir Nachrichten, die über  mutige Männer und Frauen berichten, die sich für den Frieden einsetzen. Das bleibt wahrscheinlich ein naiver Wunsch.

„Ich bin gestern über mich sehr erschrocken.“, das meinte heute eine Freundin.wolken

Sie hatte die Nachrichten gesehen, dabei war auch ein Bericht über den Bürgerkrieg in Syrien. Das Erschreckende für sie war, dass sie die Nachrichten aus diesem Land als Normalität empfindet. Kurze Nachrichten über Bombenangriffe, Heckenschützen, Flüchtlinge, Tote und Verletzte. Es gehört einfach dazu, aber ich muss zugeben, auch ich nehme es nur als eine von vielen Meldungen wahr. Das beschämt mich. Wie kann Krieg eigentlich zu einer Gewohnheit werden? Während jeden Tag Kinder, Frauen und Männer einen sinnlosen Tod sterben, streiten die Nationen seit zwei Jahren herum. Streiten darüber, ob sie eingreifen sollen, Sanktionen was helfen oder eine Flugverbotszone den Krieg verkürzen könnte. Auch die Europäische Union, deren Teil wir sind, ist sehr vornehm zurückhaltend. Ist es uns wirklich so egal, was einen Katzensprung übers Mittelmeer passiert?

Es scheint so…

Kürzlich fiel mir das Buch „Fremde Heimat“ in die Hände, es erzählt vom Schicksal der Vertriebenen nach 1945. Flucht und Vertreibung beschäftigen mich schon lange, allerdings steht die Gegenwart im Vordergrund. Die Kriegsschauplätze unserer Tage vertreiben wie in fremde heimatvergangenen Zeiten Menschen aus ihrer Heimat. Ob aus Bosnien, dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Somalia oder Syrien. Viele Menschen aus diesen Ländern leben unter uns. Ich kenne viele berührende Geschichten. Ich sehe wie groß die Herausforderungen sind, in der neuen Heimat Fuß zu fassen. Was für die Gegenwart gilt, war auch vor fast 70 Jahren das Schicksal von Millionen. Es stellten und stellen sich viele Fragen:

Wie erträgt man es, wenn einem jede Sicherheit genommen wird? Was geht in einem vor, wenn man jeden Besitz und die festen Bindungen zu Familie und Freunden verliert? Vermisst man die vertraute Landschaft mit ihrem besonderen Licht und ihren Gerüchen? Und was passiert mit einem, wenn man in der Fremde völlig neu anfangen muss? Neue Sprache, neue Kultur. Wie haben die Menschen auf die Flüchtlinge reagiert, damals als es bei uns das Wirtschaftswunder noch nicht gab? Wie schwierig das Ankommen und Bleiben ist, erzählen die Menschen in „Fremde Heimat“. Als Erinnerung sollen nicht nur Straßennamen bleiben, wie zum Beispiel in Salzburg: Bessarbabierstraße, Banater- und Siebenbürgerstraße.

Wer sich für das Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen interessiert, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Der Umweg über die Vergangenheit macht manchmal den Blick klarer auf die Gegenwart.

http://www.rowohlt.de/buch/2923322