von Christian Namberger, Oberinspektor in Ruhe

Letzte Woche erzählte ich ja von meinen zwei großen leidigen I, der Inkontinenz und der Impotenz. Leider konnte ich da nicht weiter ausholen, was ich in diesem Kapitel jetzt mal mit der Inkontinenz mache.

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Die Utensilien

Ich erwähnte ja schon, dass die Zeit nach der gelungenen Chemotherapie eine kraftlose und somit leidige war. Zuhause konnte ich nur liegen und halbwegs auf meiner beigen Couch im Wohnzimmer sitzen. Im Krankenhaus kam sowieso nur Liegen infrage. Im 2011er Jahr begannen auch die Rehaaufenthalte. Ich musste zum Glück nicht lange reisen, meine Reha wurde in der Neurocare in Salzburg bewilligt. Dort bekam ich ein schönes Einzelzimmer und einen Rollstuhl. Die Transfers vom Bett zum Rollstuhl waren sehr mühsam, meine dünnen Haxerl konnten relativ wenig Gewicht tragen. Noch dazu war ich ja seit geraumer Zeit Windelträger. Moderne Windeln sind zwar relativ dünn, doch beeinträchtigen sie einen doch, wenn man mit darüber gezogener Sporthose im Bett rutschen möchte.  Weiters war ein Problem, dass schon bei geringer Belastung sein konnte, dass die vor einigen Stunden konsumierte und mittlerweile verdaute Fressalie mit Schwung ungehindert ins Hoserl raste. Ganz toll!. Dann hieß es gleich wieder zurück ins Bett und die Schwester oder den Pfleger rufen. Nicht gerade prickelnd.

Tipps aus dem Internet

Ich hatte relativ viel Zeit, im Internet zu stöbern. Ich weiß, da ist auch nicht alles wahr. Durch Zufall stieß ich auf einen Erfahrungsbericht einer Schweizerin mit ähnlichem Krankheitsverlauf. Lymphknotenkrebs, Polyneuropathie, Inkontinenz. Dass ich da nicht alleine war, war mir klar. Ich hab´s zwar gerne exklusiv, aber ist halt doch eine gängige Erkrankung. Jetzt las ich da allerdings was ganz Interessantes. Wir Behinderte mit sogenannten inkompletter Querschnittlähmung spüren ja das eine oder andere Verlangen. Nein, ich mein jetzt nicht das Horizontale, darüber spreche ich in Kapitel 147. Ich meine das Verlangen des Körpers nach Ausscheidung. Die Schweizerin hatte wie ich einen Bauchdeckenkatheter und konnte ebenso wie ich das AA nicht halten. Aber die Gute hatte erfahren, dass man sich durch Selbststimulation zackig entleeren kann. Und zwar durch massieren der Rosette das AA quasi locken. Ha! Da muss eine Frau mich drauf bringen! Nichts leichter als das. Ich bin ja schon viele, viele Jahre den Umgang mit meiner Rosi gewöhnt. Ich nenne sie so, weil Rosi charmanter klingt als Rosette. Viele wissen ja nicht, dass die Gute zu den erogenen Zonen gehört. Ungeübte nehmen sie nur zur Ausscheidung her und kratzen mit billigem Papier darüber. Ich habe sie immer schon gehegt und gepflegt. Des Morgens unter der Dusche immer generalgereinigt, um nett und adrett in den Tag zu starten. Außerdem hatte ich immer im Kopf, dass wenn ich einen Unfall hätte und notoperiert werden müsste, dann der junge, gut aussehende Arzt auf dem Tisch mir die Hose auszieht und Winterkirschen im Hinternhaar vorfände. So was ginge ja gar nicht.

So geht es einfach

Also versuchte ich es auch mit der Stimulation.  Was aber gar nicht so einfach war. Natürlich fand mein geschickter Finger sofort zur Rosi, nur wie ging ich weiters vor? Bettunterlagen und Wegwerfhandschuhe aus Molton gab´s in der Anstalt. Nur sah ich nichts. Also hab ich Muttern gebeten, mir einen Kosmetikspiegel zu bringen, den man aufstellen kann. Gesagt, getan. Beim nächsten Besuch konnte ich loslegen. Gut, nicht während des Besuchs, am Abend dann. Ich wartete den Dienstwechsel der Pflegerschaft ab, denn da wusste ich, dass ich einige Zeit hatte, bis die Nachtschwester oder der Nachtpfleger kam. Aus dem Nachtkastl fischte ich das nötige Material und entledigte mich des Schutzhoserls. Ich drehte mich auf die linke Seite, da ich Rechtshänder bin. Außerdem hatte ich so auch die Tür im Blick und konnte eventuelle Eindringlinge verscheuchen. Ich breitete die Bettunterlagen aus und stellte den Spiegel auf, um zu sehen was ich tat. Gesehen hab ich allerdings auch meine Rückseite. Nach der Chemo kamen ja relativ schnell wieder die Haare. Das Haupthaar wieder überwiegend silbrig schimmernd, ein idealer Hausierer-Chic der Seriosität vermittelt sowie das Körperhaar. Das Schamhaar blieb die ganze Zeit erhalten, ich sehe das als Zeichen, dass man da keinen Rasierer ansetzen sollte. Schlimmer kam mir aber die Rückenbehaarung vor. Dermaßen üppig, Schwarz-Silber im Mix. Ich kam mir wie eine Mixtur aus Grzimeks Tierreich vor. Die Leserschaft wird sich jetzt fragen Mixtur? Ja, die war es. IMG_0290[1]Der Rücken sah aus wie der Silberrücken eines Gorillas und der Hintern war rot wie der Arsch von nem Pavian. Nicht gerade sehenswert. Zum Glück hatte ich ja Einzelzimmer. Nach dem Schock über das Aussehen meiner Rückseite, begann ich mit der Prozedur. Finger gecremt und Rosi behandelt. Und siehe da, es funktionierte auf Kommando. Ich war alsgerade selig. Mit feuchten Molton-Waschhandschuhen noch die Rosi schön gereinigt und die Unterlage mit der Beute kleinstmöglich zusammengelegt. Das Paket stopfte ich noch in einen Wegwerfhandschuh und legte es auf den Boden. Zur Pflegerschaft sagte ich dann, ich hätte da eine kleine Gabe, was immer für ein Lächeln sorgte. Auch waren sie sicher froh, dass sie mich nicht mehr säubern mussten. Allerdings gingen sie nach Betreten des Zimmers gleich zum Fenster um zu lüften. Man kann nun wahrlich nicht behaupten, dass Wohlgeruch die Luft schwängerte.

Diese Methode behielt ich lange bei. Auch als Vorbereitung, wenn ich außer Haus musste oder durfte. Ist schon unangenehm, wenn man ständig im Kopf hat, wann wohl die nächste Ladung kommt. Aber so hatte man zumindest für ne kurze Zeit Ruhe.

Mit dieser Schilderung belasse ich es für heute und schließe wie Johannes, äh James Bond. In dessen Nachspann steht immer “James Bond will return in…“, ich halts lieber in Deutsch und sag:

Christian Namberger kommt wieder, in Kapitel 8.

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Mit elektrischem Rollstuhl ist jede Obusfahrt eine Herausforderung. Daher versuche ich es zu vermeiden. Doch heute war es wieder so weit, mir war nach Abenteuer!

Als Obusnutzerin mit Erfahrung wusste ich, dass das heute möglich ist, weil es erstens nicht regnete und zweitens kein einzuhaltender Termin meine pünktliche Ankunft erforderte, sondern ein lockeres Treffen, wo ein Zuspätkommen keine gröbere Rolle spielt. Ich plante also vom Mirabellplatz bis zu meinem Ziel in Salzburg Süd mit dem Obus zu fahren. Eine Linie und somit ohne Umsteigen.

Ich rechnete zwar ohnehin damit, hatte dann aber doch ein leises Grummeln im Bauch, als der erste Bus der Linie 3 ohne Rampe und sogar einer der ganz alten Generation vorfuhr. So einer, der beim Einstieg Stufen hat und sich das Geländer in der Mitte befindet. In diesem Fall auch für Kinderwägen nicht wirklich nutzbar, von Rollstühlen und Rollatoren ganz zu schweigen.  Der zweite Bus, zehn Minuten später, war schon neuerer Bauart, aber ohne ausklappbare Rampe. Wie soll ein 180 kg schwerer Rollstuhl den Spalt zwischen Gehsteig und Obus überwinden? Flügel als Zusatzausstattung werden nicht bezahlt. So schickte ich meine Assistentin zum Fahrer, mit der Bitte in der Leitzentrale nachzufragen, ob denn der nächste eine Rampe hat. Der Fahrer meinte spontan, dass auf der Linie 3 „nie mehr Rampenbusse“ fahren. Auf das etwas verdutzte Gesicht meiner Assistentin rief er dann doch an und gab zur Auskunft, dass wir Glück (!) haben, der nächste hat eine.

Wieder zehn Minuten später kam dann die ersehnte Transportmöglichkeit … und kaum zu glauben erst der dritte und schon MIT Rampe! Juhuuu!

Der Fahrer dieses Busses gab auf die Bitte die Rampe auszuklappen zur Antwort „ja, ich bin ja ohnehin schon zu spät“. Kurz zog das Wort „Beleidigung“ durch mein Gehirn. Ich wollte über die Bedeutung dieser Aussage aber nicht intensiver nachdenken, also ignorierte ich sie.

Er kam mit dem Eisenhaken den er zum Ausklappen der Rampe benötigt (Anm.: dieser Obusfahrer war ein ganz pfiffiger, da ich ihm nicht sagen musste, wo genau er diesen Haken findet), ich stand schon einfahrbereit, er zog die Rampe mit dem Haken aus dem Bus hoch und …. ließ sie aus dem Scheitelpunkt mit einem lauten Knall außen auf den Boden donnern. Ich stand in einer meterhohen Staubwolke und konnte nur noch schnell die Augen zumachen.CAM00173[1]

Als ich sie wieder öffnen konnte, erblickte ich auf dem für Rollstühle angedachten Platz zwei Kinderwägen und drei Personen mit je einem großen Reisekoffer. Etwas ratlos blickte ich in den Bus und genauso ratlos und auch etwas mitleidig und gelangweilt blickten die im Bus stehenden oder hinter den Fensterscheiben sitzenden Fahrgäste aus dem Bus heraus.

Der Fahrer sagte (wiederum unerwartet), dass sie aussteigen und hinten einsteigen sollen. Menschen und Koffer folgten der Aufforderung, die Kinderwägen blieben stehen. Freundlicherweise wurde mir so viel Platz gemacht, dass ich gerade noch reinpasste – im Einparken bin ich Meisterin meines Fachs! Vor mir das Schild mit dem Rollstuhlzeichen und daneben das mit dem Hund mit Beißkorb ……  Sollte ich darüber nachdenken? Nein, heute nicht!

In meinem Rücken hörte ich das Einklappen der Rampe mit einem Knall. Ich freute mich richtig, dass ich diesmal die Augen nicht schließen musste, da nun meine Rückseite gleichmäßig bestaubt wurde und auch andere Fahrgäste in den Genuss der kostenlosen Staubwolke kamen – so haben mehrere was zum gleichen Preis.

Die Unruhe im Obus legte sich langsam und alle begannen wieder vor sich hinzustarren. Beim Aussteigen war dann nur noch ein einziges Knallen und eine einzige weitere Staubwolke zu überstehen und mit Schwung verließ ich die Busstation fluchtartig. Gestärkt für die nächsten Unbilden des Lebens erreichte ich also nach 45 Minuten meinen Zielort. Das Ziel des Abenteuers zeigte sich durch meinen angestiegenen Adrenalinspiegel ebenso als erreicht.

Ich fahre sicherlich bald wieder mit dem Obus. So viel Abenteuer ist kaum sonst wo für so wenig Geld zu bekommen.

Wenn ein weiteres Abenteuer meine Lebenslinie ziert, werde ich euch wieder berichten. Bis dahin – one life, live it! :)

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

…wie unpassend, bei den zwei großen I in den Leiden des jungen Christian N. Vorab gesagt, handelt es sich bei den besagten I um die Inkontinenz und die Impotenz. Nicht gerade prickelnde Themen für einen mitten im Leben stehenden Mann.

Im letzten Kapitel erzählte ich ja, dass der Krebs mit 8 Zyklen Chemotherapie restlos besiegt wurde. Klingt jetzt nicht so üppig, aber da ich jeweils 96 Stunden an den Nadeln hing, summierte es sich doch auf 768 Stunden. Die Chemo besiegte auch meine Libido, während dieser Zeit war mein Verlangen gleich Null.

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Kein Klogehen möglich!

Die Chemotherapie endete im Dezember 2010. Im darauffolgenden Jahr durchschritt ich mein bisher tiefstes Tal. Durch die Abmagerung auf zarte 80 kg und der mittlerweile schweren Polyneuropathie, konnte ich mich so gut wie gar nicht selbst fortbewegen. Ich wohnte damals noch in meiner alten Wohnung am Fuße des Untersbergs, in einem 60er-Jahre Bau im vierten Stock ohne Lift. Durch die Schwäche verbrachte ich die meiste Zeit liegend. Muttern besuchte mich fast täglich und versorgte mich. Die Polyneuropathie lähmt mich ja vom Becken abwärts. Somit sind nicht nur die Haxerl beeinträchtigt, auch die Ausscheidungen waren gestört. Anfangs hatte ich eine Stuhl-und Harninkontinenz. Wobei das mit der Harninkontinenz nicht so war, wie man es sich vorstellt. Ich hatte eine spastische Beckenbodenverkrampfung. Beim Mann läuft der Harnleiter scheinbar durch den Beckenboden, durch die Verkrampfung wurde dieser abgedrückt und somit kam nichts mehr durch. Was man nicht alles lernt im Krankheitsfall. Dafür kam es hinten unkontrolliert. Lulu und AA (so heißt es in der Fachsprache J) konnte ich also nicht mehr steuern. Somit verbrachte ich einige Wochen stationär auf der Urologie.

Leben mit Windeln

chr2Fürs Lulu wurde mir empfohlen, mich selbst zu katheterisieren. Ich habe mein Gemächt wahrlich gerne in der Hand und erfreue mich jeden Tag darüber, aber ein Plastikschläucherl ins Spitzerl einzuführen und bis zur Blase durchzuschieben, das gehört nicht zu meinen Freuden.  Also wurde versucht, mir einen Blasenschrittmacher einzusetzen. Hierzu wurden Drähte an meine Nerven angeschlossen und diese mit einem elektronischen Kastl verbunden. Leider funktionierte es bei mir nicht und ich bekam einen sogenannten suprapubischen Katheter gelegt. Das ist ein Katheter, der durch die Bauchdecke in die Blase geführt wird. Ein praktisches Teil. Wenn ich Druck verspürte, machte ich das Ventil auf und lies das Lulu in die Harnflasche laufen. Alle vier Wochen wurde das Teil gewechselt. Nach drei Wochen bildeten sich meist Keime, was den Harn verunreinigte und mich zusätzlich schwächte.

Das AA wie gesagt, konnte ich gar nicht steuern. Wenn der Druck da war, flutschte es und ich konnte nichts dagegen tun. Somit wurde ich mit Ende Vierzig wieder Windelträger. Entzückend! Speziell bei körperlicher Anstrengung ging es dahin. Damit ich nicht nur in meinem taubenblau gestrichenen Schlafzimmer liegen musste, hievte mich Muttern immer ins Wohnzimmer. Natürlich konnte sie mich nicht aufrichten. Ich rutschte mit Mühen ans Bettende und ließ mich auf eine Decke plumpsen. Muttern zog mich dann übers Echt-Eiche Parkett ins Wohnzimmer. Niemand hatte solch ein glänzendes Parkett wie ich. Dort schob sie mich zur Couch und ich versuchte mich mit den Händen nach oben zu drücken. Das klappte auch, nur durch die Anstrengung ist´s meist schon wieder geschehen…sprich das Hoserl war voll. Zum Glück hatte ich damals eine pflegeleichte Ledercouch. Natürlich legten wir Handtücher unter, doch alles abdecken funktioniert auch nicht. Leder ist ja zum Glück resistent gegen Flüssigkeiten, oder hat schon mal wer eine Kuh gesehen, in die es rein regnet?

Durch Reha-Aufenthalte ging es mir in kleinen Schritten besser. Im Spätsommer nötigten mich Robert und Anjabella in eine barrierefreie Wohnung zu ziehen. Ich sträubte mich natürlich, da ich dachte, das ist so was wie ein Altersheim. Zum Glück waren sie energisch genug und ich willigte ein. Die beiden organisierten auch eine passende Wohnung samt Umzug, somit konnte ich Anfang 2012 in die schattige Pinie einziehen. Als alter Golden Girls Fan nenne das Gebäude so als Reminiszenz an die göttliche Sophia Petrillo. Dadurch konnte ich wieder rollstuhlmobil einigermaßen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Meist im Hause von Robert&Robert.  Das Schutzhoserl machte in der Feincordhose sogar einen knackigen Hintern. Da ich mich immer schon gerne am Weinglas festhielt, stieg natürlich auch immer der Blasendruck. Dort eingeladen ging der Druckabbau relativ einfach. Ich wurde auf die Terrasse gekarrt und ich konnte ganz einfach das Schläucherl rausfischen, den Zapfhahn öffnen und mit dem gräflichen Lulu die Rabatten beglücken. In dieser Zeit grünte es auffallend üppig bei den Roberts.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

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Wird es wieder?

Mit der Zeit kam ich immer mehr zu Kräften und siehe da, es kam auch was übers Gemächt und dass AA konnte ich großteils halten. Nach einiger Zeit wurde mir der Katheter entfernt. Jetzt musste ich wieder das Zusammenzwicken lernen. Was aber ein mühsamer Prozess war. Ich brauchte zwar keine Windeln mehr, jetzt reichten Einlagen. Tena men! Zuerst die stärkste Variante, was in besagter Stretchcordhose wie nach einer Erektion aussah. Aber eben leider nur so aussah. Peu a peu konnte ich die Stärke der Einlage reduzieren, jetzt komm ich tagsüber ohne aus.

Nach der Chemo kam auch schön langsam die Lust wieder zurück. Nur rührte sich das einst so stolze Teil noch immer nicht. Ist schon blöd, wenn der Kopf funktioniert und man mit Fantasie gesegnet ist, aber nicht für Entspannung sorgen kann. Das ist bis zum heutigen Tag so, aber seit ein paar Wochen regt sich ab und an wieder was, wenn auch nur auf Halbmast. Jetzt bin ich hoffnungsschwanger, dass sich zumindest da bald wieder der Urzustand herstellt. Mein überaus aufgeschlossener Urologe hat mir letztes Mal eine Probepackung mit den berühmten blauen Pillen mitgegeben. Mangels vis a vis spare ich mir die vier Stück auf und hoffe derweilen auf eine natürliche Erholung.

Mit diesen zum Schluss doch erfreulichen Erlebnissen schließe ich für heute und ziehe mich ins mittlerweile höher gelegte Bett zurück. Im teuer bezahlten Fernsehen läuft nichts Sehenswertes, somit lösche ich das Licht, schalte die in Regenbogenfarben schimmernde Unterbettbeleuchtung ein und höre über Kopfhörer die bezaubernde Daliah Lavi mit ihrem tollen Liedchen “Willst Du mit mir gehen“.

Von wegen Fantasie und so… :)

Zu Kapitel 5 der Leiden des jungen Christian N.

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

Letztens erzählte ich ja von dem Martyrium der Biopsie und der darauffolgenden Diagnose nach einer Woche. Diese erhielt ich an einem Freitag, zusammen mit dem Einrückbefehl ins Krankenhaus am Montag. Die liebe Anjabella, meine älteste Freundin, lud mich aufgrund ihrer Herzensgüte am Samstag zum Abendessen beim Italiener ein.

Zusammen mit Robert & Robert (ich weiß, klingt wie ein 70er-Jahre Schlagerduo) fuhr ich in die Stadt zum Italiener, wo wir uns mit meiner Gönnerin treffen wollten. Ich schreib deshalb wollten, weil mir beim Einfahren in die Tiefgarage schon schummrig wurde. Da ich gratis ja sehr liebe, wollte ich unbedingt durchhalten. Das Geschaukel im Lift gab mir allerdings den Rest und ich brach gleich nach dem Aussteigen zusammen. Ich mitten im geschäftigen Trubel am Boden liegend. Ich kam relativ schnell wieder zu mir, allerdings wurde schon der Notarzt gerufen, der mich gleich abtransportierte. Somit kam ich ums leckere Essen. Erwähnte ich schon, dass ich Einladungen liebe? Im Krankenhaus fanden sie nichts und entließen mich nach Hause, ich sagte denen auch von meinem Einchecken am Montag.

Brav begab ich mich wie gewünscht ins Krankenhaus und bezog mein Zimmer. Da die Onkologie neu baute, war ich noch im Altbau. Ich liebe normalerweise Altbau, aber diese Bude war dermaßen finster, ich hatte ein Zimmer zum Hinterhof im 60er-Chic. Aber das war mir eigentlich egal, Hauptsache Einzelzimmer. Wenn ich eine Liste samt Foto von den momentan anwesenden Patienten bekommen hätte mit freier Wahl, dann wär es was anderes. Aber so …

Mager und kahl – so war ich nach der Chemo

Mager und kahl –
so war ich nach der Chemo

Gespannt war ich schon auf die Behandlung. Man hört und liest ja soviel von Krebstherapien. Leider meist Schlechtes. Ich musste zehn Tage warten, bis die für mich passende Chemotherapie zusammengestellt wurde. Ich dachte, die fangen gar nicht mehr an. So viel Blut wurde mir noch nie abgenommen. Na ja, ich hatte ja meine Ruhe und konnte mein seichtes Fernsehprogramm sehen und das Essen war auch gut. Nach zehn Tagen, wie gesagt, ging es los. Normalerweise hört man immer, dass die Patienten vier Stunden am Tropf hängen und dann nach Hause gehen. Bei mir waren es drei Flüssigkeiten vier Tage rund um die Uhr, noch tragischer klingt es bei 96 Stunden! Eine Flüssigkeit wurde sogar mit einer elektrischen Pumpe in mich befördert. War natürlich sehr umständlich, mit dem Infusionsständer und der Pumpe um den Hals auf die Keramik zu gehen. Mit dem typischen halben Nachthemd schritt ich mit nackten, aber doch wohlgeformten Hintern ins Bad.

Demis RoussosDie erste Chemo empfand ich wie einen Jungbrunnen. Mir ging es fabelhaft und ich hatte noch mehr Appetit. Nach den besagten 96 Stunden konnte ich am darauffolgenden Tag nach Hause. Nicht krankgeschrieben, wie die meisten Chemotherapeutler, ging ich in die Arbeit. Ich fühlte mich auch fit genug. Meiner Erinnerung nach erzählte ich schon, dass ich Versicherungsberater im Außendienst war. Mein Beritt war sehr groß, eigentlich das ganze Salzburger Bundesland, mit vielen lieben und treuen Kunden. Für die Servicierung dieser fuhr ich viele Kilometer mit meiner havannabraunen, bayrischen Eleganz, ein kostengünstiger Turbodiesel.

Im Dreiwochen-Rhythmus gings dann zur 96-Stunden-Chemo. Das ganze für acht Zyklen, also bis Ende des Jahres. Mir fielen die Haare während der ersten zwei Chemos nicht aus und ich dachte, dieser Kelch geht an mir vorüber. Schließlich ist silbernes Haupthaar im Versicherungsverkauf opportun. Aber bei der dritten Chemo gings dann doch los mit dem Haarausfall. Der ganze Körper, bis auf den Schritt. Da komischerweise nicht. Nach dem dritten Chemozyklus ging ich auch schlechter. Ich dachte, das liegt an meiner Gewichtsabnahme auf 80 Kilo und dem langen Liegen. Mein damaliger Hausarzt sagte zu mir, dass nach der Chemo die Polyneuropathie sich zurück bildet. Poly… was? Es stellte sich raus, dass diese Art der Chemo ein Nervenleiden namens Polyneuropathie auslösen kann, aber nicht muss. Ich hab da scheint’s gleich hier geschrien. Nach sechs Zyklen war ich krebsfrei, jedoch meinte der Professor, es wäre klug, noch zwei anzuhängen. Das bejahte ich natürlich und war froh, dass der Krebs erfolgreich besiegt wurde. Leider verschwand durch die Chemo auch die Libido. Da hätte sonst wer nackig neben mir auf und ab hüpfen können, ich hätte nur lapidar „pfff, und?“ gesäuselt. Und das mir! In der Blüte- und Halbzeit meines Lebens. Aber es sollte noch schlimmer kommen, davon erzähle ich nächste Woche. Von den zwei großen I. Wird grauslich, zarte Gemüter lassen das nächste Kapitel am besten aus.

Für das heutige Ende bemühe ich den guten, alten Demis Roussos mit seinem damaligen Platz 1 Hit „Goodbye My Love, Goodbye“. Passend zum Brachliegen meiner Lust.

Die Leiden des jungen Christian N. Teil 4

Die Rhabarberzeit ist wieder voll da und fast jeder denkt sich wie jedes Jahr: „Was mach ich bloß mit all dem Rhabarber?“. Schon wieder die Nachbarn beglücken? Oder einfach einziehen lassen und auf nächstes Jahr warten und sich dann Gedanken darüber machen?

Rhabarber

Der Rhabarber wurde Heuer umgesetzt und ist nun ein wenig beleidigt

Rhabarber wächst nahezu in jedem Garten, verwendet werden allerdings nur die Stängel. Die Blätter enthalten sehr viel Oxalsäure, die bei rohem Verzehr zu Erbrechen und Kreislaufstörungen führen kann. Rhabarber wird aber auch seit Urzeiten als Heilmittel eingesetzt. Er wird wegen seiner Zubereitung immer noch zum Obst gezählt, obwohl er eigentlich zum Gemüse gehört.

Es gibt so viele Rezepte mit Rhabarber. Er ist universell einsetzbar und lässt sich einfach verarbeiten. Gut, das Schälen ist ein wenig mühsam aber die Arbeit wird belohnt.
Wir zuhause haben früher Rhabarber-Kompott, Erdbeer-Rhabarber Marmelade und Rhabarbersirup gemacht. Aber am liebsten war mir aber der Rhabarberkuchen – der geht schnell und ist einfach wunderbar.

Und so einfach geht’s:Kuchenrohr

Gleichschwer-Kuchen
Je dasselbe Gewicht von:
Eiern (abwiegen)
Mehl
Butter
Zucker

Außerdem:
½ Päckchen Backpulver

Rhabarberstangen schälen und in ca. 1 cm Große Stücke schneiden, beiseite stellen.
Eier abwiegen (das Gewicht der Eier ist das Gewicht für alle restlichen Zutaten) Butter und Zucker abwiegen und schaumig schlagen, nach und nach die Eier dazugeben und immer weiter kräftig schlagen. In der Zwischenzeit Mehl abwiegen und das Backpulver mit dem Mehl vermischen. Nach und nach in den Teig geben und gut durchrühren, sollte der Teig ein wenig zu fest erscheinen einfach ein wenig Milch zugießen. Ich mache alles in der Küchenmaschine – das geht schnell und ich hab die Hände frei.

KuchenrohDen Teig in die bemehlte Kuchenform einfüllen und mit dem davor geschnittenen Rhabarber belegen und nun ab ins nicht vorgeheizte Rohr.
Ich backe den Kuchen bei ca. 170 Grad 30 bis 40 Minuten lang. Hier muss man öfter nachsehen (Stäbchenprobe), denn es kommt auf die Menge der Eier an, wie lange der Kuchen braucht. Er ist fertig wenn er oben schön goldgelb ist.

Dieser Kuchen kann auch ganz einfach auf dem Blech gemacht werden oder wie wir meist in der Schweinebratenform, da schmeckt er einfach gleich nochmals viel besser.

Mein besonderer Tipp:
Einen Teil des Mehls durch Vanillepudding-Pulver ersetzen (1 Päckchen). Dadurch wird der Kuchen besonders fluffig.
Und: Wunderschön gelb wird der Kuchen, wenn Ihr Eier von Weieregg verwendet.

Gutes Gelingen und denkt daran: Rhabarber hat ganz wenig Kalorien.

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Lauch glasig braten

Börek zu machen ist sehr praktisch. Sie gelingen zuverlässig. Den Teig kaufe ich, weil ich es niemals schaffen würde ihn sooo dünn auszurollen. Und man kann eigentlich alles hineinfüllen. Diesmal habe ich was Neues probiert, ich liebe Lauch. Also rein damit in die Börek!

Das braucht man für 24 Stück:

1 Packung Yufkateig (gibt’s beim türkischen Händler ums Eck)

1 großer Bund Petersilie

2 Stangen Lauch

250 Gramm Schafskäse

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Die Füllung mit Lauch und Käse

Joghurt

1/8 Liter Milch

2 Eier

5 Deka Butter

Sesam und Schwarzkümmel zum Bestreuen

 

 

Und so geht’s:

Den Lauch klein schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Darin den Lauch weich braten, aber nicht braun werden lassen, ein bisschen Pfeffer dazugeben, abkühlen lassen. Die Butter in einem kleinen Topf zerlassen.

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Daraus eine Schnecke formen

Den Schafskäse mit der Gabel in einer großen Schüssel zerdrücken. Die Petersilie waschen und klein schneiden, zum Schafskäse geben. Dann den Lauch darunter mischen.

Milch, Eier, Joghurt und Butter mit dem Schneebesen rühren.

Die Yufkablätter aus der Packung nehmen. Meist sind sie sehr trocken. Vorm Befüllen einzeln durch ein Suppenteller mit lauwarmen Wasser ziehen, dann sind sie geschmeidig und gut zu formen.

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Ab ins Backrohr!

 

Auf ein dreieckiges Yufkablatt etwas von der Lauch-Käse-Mischung auf die lange Seite geben. Das ganze Einrollen und dann zu einer Schnecke formen. Mit der Joghurt-Sauce bepinseln und mit Sesam und Schwarzkümmel bestreuen. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben, 12 Stück passen normal auf ein Blech.

Das Blech mit den Börek ins auf 200 Grad vorgeheizte Backrohr geben. Etwa 25-30 Minuten backen.

Am besten schmecken die Börek lauwarm. Dazu ein Gläschen Tee und der Nachmittag ist perfekt!