Das Salzburger BühnenErlebnis packt aus, was am „Jedermann“ fasziniert

Der Mammon (Daniel Kranawitter) mit seiner geballten Kraft. Alle Bilder: Bühnenerlebnis / Angelika Leitner

Der Mammon (Daniel Kranawitter) mit seiner geballten Kraft gegen Jedermann (Peter Christian Ebner). Alle Bilder: Bühnenerlebnis / Angelika Leitner

Mit seinem „Jedermann“ hat Hugo von Hofmannsthal ein zeitloses Theaterstück geschaffen. Im Jahre 1911 wurde es in Berlin in einem Zirkuszelt uraufgeführt. Er war es, der dieses Stück gemeinsam mit dem Regisseur Max Reinhardt nach Salzburg brachte. Seit dem Jahre 1920 wird es nun ununterbrochen bei den Salzburger Festspielen auf dem Domplatz gespielt. Dabei verwob Hofmannsthal dramaturgische Vorbilder aus mittelalterlichen Mysterienspielen, wo Allegorien und Personifikationen abstrakter Wirklichkeiten auftreten und den frühneuzeitlichen Stoff „Von dem sterbenden reichen Menschen“, den der Nürnberger Meistersinger Hans Sachs verfasste. Zweifellos spricht der Stoff auch über die Festspiele hinaus sein Publikum an.

Angelika Bamer-Ebner als Buhlschaft und Regisseurin mit Peter Christian Ebner als Jedermann

Angelika Bamer-Ebner als Buhlschaft und Regisseurin mit Peter Christian Ebner als Jedermann

Denn nicht nur in Salzburg, sondern an vielen Orten und anderen Schauplätzen wird er lebendig inszeniert. Zartbitter fragte beim Salzburger BühnenErlebnis Bamer Ebner nach. Das Ensemble spielt im August den Jedermann im Gut Edermann bei Teisendorf in Bayern nun schon zum vierten Mal. Die SchauspielerInnen sprechen aus ganz persönlicher Sicht über die Faszination, die der „Jedermann“ auf sie ausübt.

 

 

Hier sehen Sie einen kurzen Einblick in die Inszenierung. Lesen sie unten weiter …

 

Intensive Kindheitserinnerungen

Daniel Holzbauer und Erwin Slavetinsky als Dünner und Dicker Vetter beim Abschied

Daniel Holzbauer und Erwin Slavetinsky als Dünner und Dicker Vetter beim Abschied

Beginnen wir mit dem Schauspieler, der den Jedermann schon am längsten kennt. Erwin Slavetinsky (Dicker Vetter, Spielansager) ist seit seiner Kindheit vom Theater begeistert. Er begleitete seine Eltern auf den Salzburger Domplatz und war bereits als Kind sehr beeindruckt. „Damals mimte Will Quadflieg (1952-1959) den Jedermann. In den Autobussen saßen die kostümierten Schauspieler.“ Erst später, als Slavetinsky den „Teufel“ bei der Inszenierung auf der Festung Hohensalzburg spielte, hat er sich intensiver mit den Texten auseinander gesetzt. Der Stoff beschäftigt sich mit menschlichen Grundfragen: „Was soll aus unserem Leben werden? Die Sucht nach Materiellem wird bedeutungslos. Der Tod holt uns alle ein.“

Barbara Hagen-Walther als Mutter

Barbara Hagen-Walther als Mutter

Von ähnlich intensiven Kindheitserinnerungen spricht Barbara Hagen-Walther (Mutter, Glaube). Als Maximilian Schell (1978-1982) den Jedermann zum Besten gab, war sie als kleines Kind dabei. Sie begleitete ihren Vater, der damals den Gerichtsdiener (Büttl) spielte. Stolz zeigt sie mir ein Bild aus dem Jahre 1984, wo sie mit dem kostümierten Vater posierte. „Dieses Bild habe ich immer in meiner Geldbörse bei mir.“

Allegorien werden lebendig
Die Rolle der Mutter macht ihr Spaß und die des Glaubens, findet Hagen-Walther inhaltlich schwierig, wenn auch sehr inspirierend. Das Stück lebt stark von den Personifaktionen der abstrakten Wirklichkeiten. Diese beeindrucken alle Schauspieler des Ensembles. Daniel Kranawitter (Schuldknecht und Mammon) fasziniert die eigene persönliche Auseinandersetzung mit der Rolle des Mammons. „Die Allegorien verleihen dem Stück Lebendigkeit und Witz.“

 

Christine Walther als Teufel versteht die Welt nicht mehr

Christine Walther als Teufel versteht die Welt nicht mehr

Dieser ist in außerordentlichen Maße in der Worten des Teufels zu erkennen, den Christine Walther verkörpert. Sie sieht im Stück die Urfragen des Lebens gestellt: „Gibt es Gott oder nicht? Menschliche Themen wie Beruf, Freunde, Familie und Krankheit werden hinterfragt.“ Walther spielt außerdem die Rolle des Todes. Der führt vor Augen, dass die Zeit begrenzt ist. „Im Sterben ist jeder allein. Jedermann hat Angst vor dem Tod, weil er mit sich nicht im Reinen ist.“

Die Kinder des Schuldknechts fühlen mit ihrem Vater

Die Kinder des Schuldknechts fühlen mit ihrem Vater

Dem Blumenkind und Schuldknechtsbild Johanna gefällt speziell der Teufel, „denn er ist gut und lustig gespielt.“ Ihre Schwester Elena findet dagegen den Tod spannend, da er so gruselig echt ist. Für die zehnjährige Laura ist „einfach alles“ faszinierend.

 

Die kritische Stimme im Ensemble
Bühnenerlebnis Bamer Ebner Jedermann zartbitter Gut EdermannDaniel Holzbauer (Dünner Vetter, Spielansager) spielt mit, weil er schon oft gemeinsam mit Angelika Bamer-Ebner und mir auf der Bühne gestanden ist. Das macht ihm Freude. Im Stück kommt ihm zu oft das Wort Gott und das Thema Schuld vor. „Der Jedermann ist ein Theaterstück für nicht Theatermenschen. Die Message ist leicht zu verstehen.“ Trotzdem ist auch er im vierten Jahr wieder mit von der Partie. Die Kinder haben ein besondere Freude mit ihm, denn als Jukebox hinter der Bühne hat er immer ein lustiges Lied auf Lager.

 

Zeitlose Aktualität, die jedermann betrifft

Jedermann hält seine geschwächten Werke (Monika Seidenfuß-B.) in den Armen

Jedermann hält seine geschwächten Werke (Monika Seidenfuß-B.) in den Armen

Für Monika Seidenfuß-B. (Werke, Schuldknechts Frau) verliert der Stoff nie an Aktualität. „Der Jedermann zieht die Menschen immer in den Bann. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit.“ In dieselbe Kerbe schlägt Arnold Niederhuber (Koch, Büttl, Knecht). Er weiß, dass sich jeder Mensch mit diesen Themen beschäftigt und „sich darüber Gedanken macht, warum er auf dieser Welt lebt.“

Arnold Niederhuber als unterwürfiger Koch

Arnold Niederhuber als unterwürfiger Koch

Irmgard Böttcher (Arme Nachbarin, Tischdame) befasst sich intensiv mit dem religiös gefärbten Schluss und „die Konfrontation mit dem eigenen Tod.“ Für mich selbst als Jedermann Darsteller ist ein ganz entscheidendes Kriterium für das Gelingen der Rolle: Schaffe ich in der Begegnung mit dem Glauben und den Werken den Wandel vom skrupellosen Lebensmenschen zum Mann, der wirklich glauben kann und mit sich ins Reine kommt. Ist diese Veränderung glaubwürdig, dann hast du es geschafft und kannst in Ruhe sterben. Der Tod verliert so seine Angst einflößende Macht.

Der Wunsch Schauspielerin zu werden

Der prachtvolle Auftritt der Buhlschaft

Der prachtvolle Auftritt der Buhlschaft Angelika Bamer-Ebner

Zum Schluss lassen wir die Regisseurin und Buhlschaft Angelika Bamer-Ebner zu Wort kommen: „Mich beeindruckt der Spannungsbogen zwischen dem historischen Stoff in schöner Kunstsprache und der immerwährenden Aktualität des Inhaltes. Zum anderen lässt dieses vielseitige Stück sehr viel Kreativität und Freiraum in der Umsetzung zu.“ In der Bildgewalt hat dieses Meisterwerk für sie etwas Mystisches. Es war zudem das erste Schauspiel, das sie je gesehen hat. „Mit diesem Stück entstand auch der Wunsch, Schauspielerin zu werden.“ Ihr Traum ging in Erfüllung.

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So lässt es sich schreiben

Meine Lieben, das Ende naht. Keine Angst, mir geht es gut. Sehr gut sogar. Heute kommt das letzte Kapitel, zur Vollendung des ganzen Dutzend. Ich nutze die laue Sommernacht und habe mich zum Schreiben auf den Balkon drapiert. Dank nur ganz geringem Lüfterl konnte ich auch den Tischkamin befeuern, zwecks Idylle. Zur eigenen Belohnung habe ich mir eine Flasche Champagner geöffnet und frische Tiroler Himbeeren ins Martiniglas gekippt.

Meine treuen Leserinnen und Leser werden sich denken, der alte Zausel ist schon nach einem Glas Champagner abgefüllt und verwechselt Miktion (hängt mit dem Lulu zusammen) mit Migration. Mitnichten, ich bin geeicht, was edle Tropfen anbelangt. Die Erklärung folgt natürlich wieder im Kapitel, wo verrate ich nicht. Man muss schon alles lesen. Ich hab ja quer Beet so gut wie alles erzählt, was meine Erkrankung und Genesung betrifft. Einiges konnte ich nur streifen, hier nun vom Rand ins Detail.

Wenn das Rollwagerl nicht rollt

nam2Begonnen habe ich meine Erzählungen ja mit der eingeschränkten Mobilität. Das ganz marode Kapitel ist gänzlich erzählt, ich greife noch mal das Fortkommen mit dem Roll-wagerl auf. Die meisten Menschen kennen mich als gutmütigen Menschen, der sehr lange die Contenance behält und ruhig vor sich hinlächelt, auch bei ärgeren Sachen. Was aber nicht heißt, ich wäre grenzdebil! Das Schieben eines Rollstuhls auf hiesigen Wegen ist wahrlich eine Tortur. Wenn mal fünf Meter eben dahinzurollen ist, freue ich mich wie ein kleines Kind beim Geburtstag. Straßenübergänge und die folgenden Randsteine sind nur mit äußerster Vorsicht zu benützen. Um nicht als bloßer Geschichtenerzähler zu gelten, den man milde übers Haupthaar streichelnd belächeln kann, biete ich mich und mein Gefährt gerne zu Demonstrationsfahrten an. So eine hatte ich vor etwa drei Wochen. Der Vizebürgermeister kontaktierte mich, um über die Barrierefreiheit der Gemeinde zu erfahren. Gerne nahm ich das an, gestartet haben wir die Tour durch unsere schöne Gemeinde nach dem Mittagessen beim Dorfwirt. Hierzu wurde ich dankenswerter Weise eingeladen, hätte aber nicht sein müssen. Es muss nicht immer alles gratis sein. Äh ja, der Sprudel zeigt Wirkung. Beim Palaver im Gastgarten erzählte ich grob umrissen meinen kränklichen Werdegang und die bisherigen Probleme. Gestärkt von der guten Küche ging es los. Schon nach ein paar Metern erkannte er den Wahrheitsgehalt meiner Aussagen. Was ja auch nicht zu bezweifeln war, ich war schließlich Versicherungsvertreter! Da wie gesagt so gut wie kein Trottoir eben ist, kam ich nur in Schlangenlinien voran. Gerne ließ ich mich auch schieben, zur Demonstration. Das ganze Sammelsurium wurde abgedeckt.

Mit am Schlimmsten im Ort ist der Zebrastreifen an der Hauptstraße mit dem meisten Verkehr. Da ist an einer Seite der Randstein so hoch, dass man ohne Hilfe fast nicht hochkommt. Ich bin ja jetzt jung, huch der zweite Fehler, aber wenn da mal ne schwache Oma oder ein schwacher Opa die Straße im Rollwagerl queren möchte, die werden von den nichtzeithabenden Autofahrern hemmungslos niedergehupt beim Anstehen am Straßenrand. All das haben wir fotografisch festgehalten. Auch er hat erkannt, dass vieles dem aufrecht gehenden Menschen nicht auffällt. Ging mir ja auch so. Solch eine Tour sollten viele machen, am besten sogar in einem Leihrollstuhl. Nicht nur die Lokalpolitiker, auch die Planer und Architekten. In meinem Fitnessstudio wurde die Behindertenkeramik dermaßen eng ausgeführt, ich komm da gerade noch zurecht, aber auch nur, weil ich schon gut bei Kräften bin.

Wenn es mal schneit

Auf mich zugekommen ist der Vizebürgermeister wohl auch, weil er noch in Erinnerung hatte, dass ich im Winter knapp zwei Wochen nicht aus dem Haus gekommen bin, weil die Straße und der Gehweg vom Anwesen weg so gut wie nicht geräumt wurde. Ich kam nur außer Haus, wenn ich vom Roten Kreuz mit dem Mercedes abgeholt wurde. Mehrmals rief ich in der Gemeinde an, nichts geschah, weil sich niemand zuständig fühlte. Die Straße in der ich wohne, benannt nach dem Kaiserdarsteller aus der Sissi-Trilogie, ist die Karlheinz Böhm Straße, die darauf folgende ist die Friedensstraße. Beides sind scheinbar Privatstraßen. In der Sissi-Darsteller Straße sind zwei Häuser nach dem betreubar und betreutes Wohnen Prinzip. Selbst wenn die Gemeinde sich da außen vor fühlt, denke ich, es obliegt ihr trotzdem für freie Wege zu sorgen, notfalls mit Rechnungsstellung an die Hausbetreuer. Es ist schon frustrierend, wenn man sich endlich durchgerungen hat und den Rat des Therapeuten befolgt, ins Fitnessstudio zu rollen und man CAM00173[1]kann dann nicht. Furchtbar! Es fällt ja nicht nur der dringend benötigte Kraftaufbau weg, man kommt ja auch nicht dazu, mit gesenktem Kopf perfekt unauffällig in der Umkleide zu lugen. Was denn? Wie gesagt, die Libido kam ja schon zurück. Beim Räumthema schaltete sich der Vizebürgermeister ein und drohte, ich würde mich an die Presse wenden. Was gar nicht so abwegig war, ich war kurz davor. Tags darauf war alles picobello.

Die 80/20 Busfahrer

Zurückkommen möchte ich auch noch mal auf die Busfahrerei. Es ist wirklich erschreckend, was man sich da alles bieten lassen muss. Hier gehört dringend eine umfangreiche Schulung her, wie man mit Menschen umgeht. Nicht nur mit Behinderten im Rollwagerl, sondern im Allgemeinen. Mir ist es wirklich ein Rätsel, wie man nur so drauf sein kann. Wer nicht gerne Kontakt mit Menschen hat, soll sich vielleicht um eine Arbeit in einem Lager oder wo auch immer bewerben. Natürlich weiß ich auch, dass es unmögliche Fahrgäste gibt. Nur wie komme ich dazu, dass ich den Grant vom Fahrer abbekomme. Oft kommt es mir auch vor, manche haben Angst, dass wenn sie den Rollstuhl anfassen, sie umgehend auch behindert werden. Man muss mir ja nicht mit überbordender Freundlichkeit kommen, aber mit einer gewissen Grundfreundlichkeit.

Sehr auffallend ist der Unterschied bei der Herkunft der Fahrer. Die mit sogenanntem Migrationshintergrund haben eine Freundlichkeitsquote von 80 % und sogenannte Hiesige von 20 %. Ha! Hier haben wir die versprochene Erklärung. Dieses Verhältnis lässt tief blicken. Die Handvoll Chauffeusen sind durchweg freundlich und hilfsbereit. nam1Vielleicht sollte man bei den Schulungen dem Fahrpersonal nahelegen, dass sie sich einfach mal vorstellen sollen, sie säßen auch in einem Rollstuhl und welche Behandlung sie sich da wünschen würden. Andererseits, braucht man für Benehmen als Erwachsener wirklich eine Schulung?

So meine Lieben, nun ist´s soweit, die Leiden sind erzählt und ich schließe hiermit meine Erzählungen. Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick gewähren, wie so eine Krebserkrankung das Leben verändert. Alles Liebe und Gute da draußen, Gruß und Kuss an alle.

Euer Christian Namberger, Oberinspektor in Ruhe

zu Kapitel 11

Viele kennen diese Schokoschnitte mit Bananen, ich lasse sie weg und geb dem Kuchen durch die säuerliche Marmelade eine besondere Mischung aus süß und sauer, die sich herrlich vereint.

Das braucht man:

Für den Teig:

5 Eier, 1/8 l Öl, 1/8 l kaltes Wasser, 25 dag Staubzucker, 30 dag Mehl, 1 Pkg. Backpulver, 3-4 EL Kakao

Für die Creme:

sch21/4 l Milch, 1 Pkg. Vanillepudding, 18 dag Staubzucker, 17 dag Butter, 4 EL Rum,  1 Pkg. Qimiq Classic Vanille (250g)

Den Pudding kochen und unter ständigem Rühren erkalten lassen. Butter flaumig rühren, Rum, Pudding und Vanille Qimiq dazu.

Für die Glasur:

15 dag Kochschokolade, 15 dag Butter

gemeinsam zergehen lassen, aber nicht kochen

und natürlich Ribiselmarmelade!

 Und so geht’s:

Eier schaumig rühren, Öl, kaltes Wasser, Staubzucker dazu geben und gut verrühren.  Mehl vermischt mit Backpulver und Kakao (am besten darüber sieben) unterrühren. Teig auf ein befettetes und bemehltes Backblech geben. Bei 180 Grad gut 30-40 Minuten backen, am Blech auskühlen lassen und anschließend mit Ribiselmarmelade bestreichen. Darüber die Creme streichen und mit Schokoladeglasur verzieren.

Dieser Blechkuchen hält sich gekühlt sehr lange, sofern er nicht gleich vertilgt wird :)

Da jetzt alle Märkte viel Obst anbieten, werde ich beim nächsten Mal einen Streifzug durch die Schranne machen und schauen, was mich verführt und euch davon berichten.

von Christian Namberger, Oberinspektor in Ruhe

nam2Ich hab ja nun schon einiges von meinem Weg der Krebserkrankung und dem durch die Therapie dieser erzählt. Da ich ja mittlerweile im fünften Jahr und im fortgeschrittenen Alter (ich dulde Widerspruch) bin, fallen mir immer wieder mehr oder weniger spannende Episoden ein. Den Grad der Spannung überlasse ich gerne der geneigten Leserschaft. Die Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden.

Meinen jahrelangen Begleiter zum Ablassen des Lulu namens suprapubischer Katheter, hab ich ja schon in Bild und Text vorgestellt. Letztes Jahr im Frühjahr bekam ich ihn endlich raus. Was er mir zurückgelassen hat, waren Keime. Diese entwickelten sich mit der Zeit zu Taubenei großen Harnsteinen. Ich hatte mal mein Schlafzimmer in Taubenblau streichen lassen, das gefiel mir sehr gut. Die besagten Steine allerdings nicht. Man kann sich das scheint’s so vorstellen, dass die eingeführten Keime sich wie Schneebälle entwickelten. Nach Entnahme des Zapfhahnes (diese Bezeichnung ist nicht so Zungenbrecherisch) dachte ich mir, es geht zackig aufwärts. Zusammenzwicken üben beim Lulu-Druck und eine Baustelle ist weniger. Ha, von wegen! Der Wille war da, nur die Harnsteine eben auch. Bei Erschütterungen, wie zum Beispiel auf der Ladefläche des Rot-Kreuz Transporters, hatte ich immer das Gefühl, jetzt kommt es gleich. Und das, obwohl ich vor Abfahrt zu Hause vorsichtshalber alles rauspresste. Ebenso erging es mir, wenn ich per Muskelkraft meinen Rollstuhl über Kopfsteinpflaster schob. Kaum einen Meter drüber gerattert, war schon der Druck da. Also bremste ich mein Vehikel bis zum Stillstand ab und tat so, als würde mich die umliegende Architektur interessieren.

Raus mit den Harnsteinen

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Edler Staub von Harnsteinen

Bei meinen regelmäßigen Kontrolluntersuchungen wurde mir ein niedergelassener Urologe in der Stadt empfohlen. Diesen suchte ich im Juli heim. Ein wahrlich gewissenhafter Mann. Ich erzählte ihm meine Geschichte und den quasi ständigen Lulu-Druck. Beim Ultraschall stellten wir die besagten, taubeneigroßen Harnsteine fest. Die erkannte sogar ich auf dem Ultraschallbild. Ich erschrak und dachte, ich wär Lieutenant Ripley mit Aliens in mir. Aber die Steine waren erschreckend genug. Die lösten bei Erschütterung den Harndrang aus. Dank meiner Zusatzversicherung konnte mich der Privatdozent gleich am Wochenende darauf operieren. Ich checkte an einem Freitag im Diakonissen Krankenhaus in ein Einzelzimmer ein und am Nachmittag wurde ich operiert. Die Operation war für eine Stunde geplant, es wurden zwei daraus. Zum Glück war ich unter Vollnarkose. Mein armes, geliebtes Dödi wurde dermaßen malträtiert, dass es immer noch beleidigt ist. Der Arzt kam nach meinem Erwachen zu mir aufs Zimmer und erzählte mir von der geglückten Operation. Er fuhr mit einer Zange, die an einem langen Metallrohr befestigt ist, über 80 (in Worten ACHTZIG) mal durch die Eichel und die Harnröhre in die Blase ein und zertrümmerte damit die Harnsteine. Bei dieser Erzählung war ich einer Ohnmacht nahe. Die zertrümmerten Steine wurden rausgespült und ich bekam davon was in einer Plastikdose. Somit sind wir beim heutigen Titel des Kapitels angelangt. Als Hausierer war ich ja in einer Vielzahl von Wohnungen. In einigen sah ich Behälter mit verschieden farbigen Sand drin. Ich erfuhr, das sind Mitbringsel aus den jeweiligen Strandurlauben. Meine zertrümmerten Harnsteine sehen auch so aus. Wie der Sand am Strand von Ipanema! Vielleicht sollte ich meinen mühsam erworbenen Sand in ein Kristallglasgefäß von Riedel oder Nachtmann füllen. Mal schauen, was die da so anbieten. Vielleicht gibt es ja was runtergezeichnet.

Aus dem Krankenhaus wurde ich am Mittwoch entlassen. Einzelzimmer war zwar toll und angenehm, nur wurde ich rund um die Uhr gespült. Sprich, drei Schläucherl wurden über das ohnehin schon geschmähte Dödi in die Blase eingeführt. Sah grauenhaft aus. Ich hab ein Bild davon, das mag aber sicher niemand sehen. Thrombosestrümpfe bis oben hin und die Verkabelung. Furchtbar! Außerdem lud an diesem Wochenende meine uralte Freundin Ingeborg zum Geburttagsschmaus in ein Lokal. Und ich konnte nicht dabei sein.

Reinlichkeitsrituale

ip2Danach konnte ich mit dem Üben des Zusammenzwickens richtig beginnen. Allerdings war ich geistig noch ein Hosenpiesler geblieben. Sprich, ich hatte Angst, dass etwas passiert. Somit bin ich weiterhin mit den letztens beschriebenen Einlagen im Hoserl zum Sport oder in die Stadt gefahren. Auch erwähnte ich schon, dass das ganz nett nach Erektion aussah. Allerdings schwitzte ich auch entsprechend im Schritt. Und das mir! Wo ich doch immer schon auf Reinlichkeit großen Wert lege. Beim Einzug in die schattige Pinie bekam ich einen Duschsessel verschrieben und geliefert. Nach langer Zeit der Katzenwäsche endlich wieder Reinlichkeit nach meinen Vorstellungen. Dank Ruhestand kann ich mir hierbei Zeit lassen. Ich brauche so um die 20 Minuten. Manchen Mitmenschen fällt meine glatte Haut auf. Diese bekam ich durch tägliches Schruppen. Nach dem Shampoonieren des großflächigen Körpers mit einem Frottee-Waschlappen, schruppe ich mich von oben bis unten mit einer langstieligen Qualitätsbürste ab. Rosshaar wird meist angeboten, vertrage ich aber nicht. Hengsthaar geht ganz wunderbar! Für die Fussi hab ich eine kleine Bürste mit denselben Qualitäten erworben. Die Schrubberei ist wahrlich gut für die Haut, auch für die Sensibilisierung meines Nervenkostüms. Zusätzlich mache ich seit einiger Zeit Heiß/Kalt-Güsse. Begonnen hab ich die von den Oberschenkeln runter zu den Füßen und wieder rauf. Mit an einem Bügel festhalten. Mittlerweile mache ich die Güsse von unterhalb der Brust runter und wieder rauf, ohne anhalten. Das ganze nennt man auch Kneipp-Kur, benannt nach dem berühmten Pfarrer Kneipp. Früher wussten sie schon, was gut für den Körper ist. Und da ich das ganze am Schluss meiner Reinigung mache, ist es ein wunderbar erfrischter Start in den Tag.

Über Gebühr mein Wortkontingent hier im Blog ausnützend, schließe ich für heute dieses Kapitel. Auch mit dem Hinweis auf das nächste Kapitel. Als älterer Herr (Widerspruch!) bin ich ein Freund alter Ausdrucksweisen. Mit dem nächsten Kapitel, dem zwölften und somit dem vollen Dutzend, schließe ich diese Reihe ab. Mal schauen, was das nächste Thema werden wird.

zu Kapitel 10

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Eine prächtige Zucchiniblüte

Es gibt unzählige Texte zu Rosen, Lilien oder Hortensien. In diesen wird ihre Schönheit, ihr Duft, ihr Wuchs, die Einzigartigkeit ihrer Blüten beschrieben. Sucht man etwas zur Zucchini, so landet man im Gemüsegarten oder in der Küche. Was ich eigentlich ein bisschen ungerecht finde. Denn auch die Zucchini ist liebenswert und nicht nur eine Nutzpflanze. Sie ist auch schön.

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Die riesigen Blattschirme der Zucchini

Was sie von den oben genannten wohltuend unterscheidet ist ihre Unkompliziertheit. Der blutigste Anfänger im Garten wird mit der Zucchini seine größte Freude haben. Einfach die Samen in die Erde stecken und schon bald zeigen sich die Keimblätter. Und die Zucchini wächst und wächst. In den Kinderschuhen ist sie eigentlich nur einer Gefahr ausgesetzt – der Gier der Schnecken. Ist diese Phase vorbei, dann entfaltet die Zucchinipflanze ihre ganze Pracht. Ihre Stängel werden dick und saftig, ihre Blätter sind groß wie Kinderschirme.

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Unter den Blättern wachsen herrliche Zucchini

Und erst ihre Blüten. Die männlichen sind an einem langen dünnen Stiel, die weiblichen haben einen Fruchtansatz. Ihre Blüten leuchten zwischen den Blättern in einem sonnigen fröhlichen Gelborange. Die ganze Zucchinipflanze ist leicht rau, ob Stiele oder Blätter, sie mag nicht gerne angefasst werden. Die Zucchinifrüchte sind dann entweder grün oder gelb, länglich oder kugelig oder auch ufoförmig.

Natürlich hat man die Zucchinipflanze nicht fürs Auge alleine im Garten. Die Blüten sind essbar, am besten natürlich die männlichen, da daraus eh keine Frucht wird. Man kann die Blüten füllen, braten oder einfach in den Salat schnippeln. Und aus den Früchten lässt sich viel zaubern. Etwa eine leckere Nudelsauce oder konserviert als Aufstrich.

Seit ich die Zucchini nicht mehr nur als Nutzpflanze betrachte, sondern als Schönheit im Garten, macht sie noch mehr Freude.

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die wunderschönen heilkräftigen Samen der Mariendistel

Ich mag Disteln. Sie sind wehrhaft. Und sie sind oft erst auf den zweiten Blick eine Schönheit. Eine Distel überfällt dich nicht mit leuchtenden Blüten, glänzenden Blättern und einem betörenden Duft. Eine Distel ist zurückhaltender. Für mich ist die Mariendistel die Königin unter ihnen.

Im Frühjahr bedecken ihre Blätter den Boden, bis für eine Pflanze rasend schnell der Stängel bis zu einem Meter in die Höhe schießt, sich weitere Blätter und Seitenstängel entwickeln. Bis zu sieben Blüten hat eine meiner Mariendisteln heuer getragen. Zuerst sieht man nur eine dicke sattgrüne Knospe, die sich durch lange spitze Stacheln schützt. Bis sich dann feine violette Blütenblätter aus der Knospe hervorwagen, immer mehr werden und dann einen wunderbaren Schopf bilden. Auf dem lassen sich sofort Bienen und andere Insekten nieder, sie scheint sehr begehrt zu sein, die Mariendistel.

Das kann die Mariendistel

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Die Mariendistel – stachelig schön

So widerspenstig die Mariendistel ist, so heilkräftig soll sie sein. Besonders Leber, Galle und Lunge profitieren von ihr. Sie stärkt sie und soll einigen Studien zufolge sogar unterstützend bei der Heilung von Leber- und Lungentumoren sein.

Aber sie ist nicht nur medizinisch verwendbar, sondern auch in der Küche. Der frische Stängel kann wie Spargel zubereitet werden. Die jungen Blätter, von den Stacheln befreit, können roh im Salat oder gekocht wie Spinat genossen werden. Und die Blütenköpfe bereitet man wie Artischocken zu. Ich habe zugebenermaßen das noch nicht probiert. Die Stacheln sind so spitz, dass ich mich trotz Handschuhen nicht an eine Ernte wage. Aber alleine ihr Anblick bereitet mir große Freude, das ist Genuss genug.

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Die milchig marmorierten Blätter der Mariendistel

Maria auf der Flucht

Und warum heißt die Mariendistel jetzt Mariendistel? Die Legende erzählt, dass die Gottesmutter Maria auf der Flucht nach Ägypten einen sicheren Ort suchte, um den kleinen Jesus zu stillen. Die Distel bot ihr Schutz. Und als sie Jesus stillte, tropfte ein wenig von ihrer Milch auf die Distelblätter. Und seither hat sie die milchigen Streifen auf den Blättern. Und bei ihrer Heilkraft wundert es nicht, dass sie den Namen Mariens trägt. Schön, oder?