a2Wenn Dr. Bekas Darwesch zu reden beginnt kann man nur gebannt zuhören. In seinem Brotberuf ist er Kardiologe und ehrenamtlich engagiert er sich seit 2010 für die Flüchtlinge im Nordirak und in Syrien. Man spürt sofort, dass er die Menschen liebt. Seine Berufung ist es, jenen zu helfen, denen es nicht so gut geht.

Im Frühjahr fährt er wieder in den Nordirak und nach Syrien. Er will Medikamente hinunterbringen und vor Ort medizinisch helfen. Syrien ist sein Herkunftsland, schon lange ist er in Österreich beheimatet. Aber in Krisenzeiten will er natürlich unterstützen. Wenn er von den Flüchtlingslagern, a1die er dort besucht hat, erzählt, wird klar, warum die Menschen nach Europa kommen. Die internationale Hilfe wird vor Ort weniger, sagt er. Und es gibt drei Faktoren, die die Menschen aus den Lagern aufbrechen lassen: „Für die Kinder gibt es keine Bildung, die medizinische Versorgung ist nicht gegeben und jahrelang in einem Zelt zu leben, macht jeden Menschen hoffnungslos.“, erzählt er von seinen Eindrücken. Er hat die Menschen dort gefragt, warum sie mit der ganzen Familie die gefährliche Reise übers Meer wagen. Die Antwort eines Flüchtlings hat ihn besonders erschüttert: Wenn wir es nach Europa schaffen ist es gut. Wenn wir alle im Meer sterben, muss niemand um uns trauern.

Wie helfen ist die Frage?

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Dr. Bekas Darwesch will helfen

Aber was ist sein Lösungsvorschlag, damit nicht Millionen Flüchtlinge nach Europa kommen müssen? Die Europäische Union macht derzeit Milliarden locker, um die Flüchtlinge im Nahen Osten und in der Levante zu halten. Das Geld bekommen die Staaten. Er plädiert dafür, einen großen Teil der Gelder  internationalen Hilfsorganisationen zu geben, die vor Ort mit Institutionen zusammenarbeiten können. Dann gäbe es Hoffnung, dass die Hilfe bei den Menschen ankommt. Bildung für die Kinder, medizinische Versorgung und raus aus den Zelten und Container zum Wohnen. Und er hält nichts von noch mehr militärischen Eingriffen, denn jede Rakete schafft mehr Probleme als sie beseitigt. „Eine Rakete kostet hundertausende Dollar. Dafür kann man fünf Schulen bauen. Das ist wohl der bessere Weg in den Frieden.“ , ist Dr. Darwesch überzeugt.

Wissend dass ich für derartige Hinweise dankbar bin, erhielt ich die Info, dass es da ein Lokal im Herzen von Schallmoos gibt, das barrierefrei nutzbar sei. Wir planten uns mit Freunden zu treffen. Eine gute Gelegenheit das empfohlene Lokal zu testen. Ich mache mir einfach gerne selbst ein (Fachfrau-)Bild. Zu oft habe ich mich auf Einschätzungen verlassen und wurde dann herb enttäuscht.

Als erstes prüfte ich die Homepage www.fuxn.at, ob es irgendwelche Infos zur Barrierefreiheit gibt. Ein hippe moderne, aber leider nicht barrierefrei nutzbare Homepage informierte mich über Vieles, aber nicht zu den barrierefreien Gegebenheiten.

Dann prüfte ich die Online-Reservierung. Immerhin ist dies für gehörlose Menschen eine wichtige Möglichkeit zur Reservierung. Leider funktionierte diese nicht.

Also Telefon. Trotz Abendzeit eine freundliche Stimme, die ebenso freundlich meine Reservierung niederschrieb. Bewusst erwähnte ich nicht, dass bei den sechs reservierten Plätzen eine Rollstuhlnutzerin dabei ist. Ich wollte testen ob und wie das Fachpersonal darauf reagiert. Ich gab auch noch den Hinweis, dass die Online-Reservierung nicht funktioniert. Professionell entschuldigte sich der Mitarbeiter sofort und fragte auch noch nach meinem Browser. Er meinte, dass man sich sofort darum kümmere. Am Schluss sagte er noch äußerst freundlich, aber nicht übertrieben, „Danke für die Reservierung, wir freuen uns auf euch“. Wie nett, da fühlt sich Gast so richtig willkommen!

Wir fuhren also am Reservierungstag mit dem Auto zum Parkplatz. Es gab einen als barrierefrei markierten Parkplatz. Allerdings war er nur am Boden markiert. Daher bei vollem Parkplatz und auch bei Schnee schwer zu finden. Es wäre gut, wenn er auch stirnseitig gekennzeichnet wäre. Er war auch nicht der nächste zum Eingang. Daher wählten wir einen anderen Platz.

Dann ging‘s zum Eingang. Ein gut berollbarer breiter Weg führt hin, vorbei an einem Gefäß, dass uns mit einem lodernden Holzscheit warm empfing. Eine große schwere nicht automatisierte Tür musste ich mir öffnen lassen. Mit Rollstuhl nicht möglich. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und gefragt, ob wir zu dem reservierten Tisch gehören. Frau wies uns ebenso freundlich den Weg. Wir kamen in einen Raum mit äußerst angenehmer Atmosphäre. Die Stube ist überwiegend in Holz gehalten und verfügt über großzügigen Platz um zu den Tischen zu kommen.

Die Tische selbst sind teilweise für Rollstuhlnutzerinnen unterfahrbar. Alle anderen haben diese unangenehmen Querbalken unter der Tischplatte, die ein Unterfahren unmöglich machen. Die Speisekarte ist vielfältig, hat aber leider keine Fotos der Speisen. Diese wäre für alle Nichtdeutschsprechenden oder Analphabetinnen (ja, es gibt eine hohe Dunkelziffer!) und Menschen mit Lernschwierigkeiten sehr wichtig. Für unsere blinden Mitmenschen wäre eine Audioversion oder eine Karte in Brailleschrift äußerst hilfreich. Für unsere (stark) sehbeeinträchtigten Mitmenschen müsste die Schrift größer und ohne Serifen sein. Auch der Kontrast spielt eine große Rolle.

Wir wurden freundlich und zuvorkommend bedient. Sonderwünsche waren kein Problem. Das Essen war exzellent und nicht 08/15, die Preise ok.

Dann natürlich CAM00467unvermeidlich: die Toilette. Sie befindet sich im EG neben der Eingangstür. Was mir sofort auffiel war der außen angebrachte Türschließer, der nicht als barrierefrei gilt. Wie sollte eine Rollstuhlnutzerin gleichzeitig die Tür aufmachen, gegen den Druck des Türschließers ankämpfen und dann mit beiden Händen den Rollstuhl antreiben? Hier wäre eine Automatisierung der Tür oder ein Entfernen des Türschließers notwendig. Vor allem da von innen keine Anfahrmöglichkeit zur Türschnalle gegeben ist.

Drinnen bot sich ein Bild zum Heulen. Genug Platz, doch am erforderlichen Umsitzplatz für Rollstuhlfahrerinnen war ein Pissoir montiert! Nicht nur dass dies so dicht neben einem WC unhygienisch ist, im barrierefreien WC ist es vollkommen fehl am Platz.

Der Stützgriff neben dem WC lässt sich Hochklappen, kann aber nicht fixiert werden. CAM00466Der knallt jeder Person auf den Kopf, wenn sie sich neben das WC positionieren möchte um umsitzen zu können. Kein Spülknopf in Greifnähe. Wie soll sich eine Rollstuhlfahrerin verdrehen, dass sie zum an der Rückwand vorhanden kommt? Ein Rufknopf ist vorhanden, doch wie so oft hängt die Schnur zusammengefaltet direkt am Knopf. In einer Höhe wo sie kein Mensch erreicht, wenn er am Boden liegt und um Hilfe rufen möchte. Das WC hat keine Rückenlehne für Menschen mit Querschnitt und weist auch eine zu geringe Tiefe auf. An der Wand fehlt der Winkelgriff. Die WC-Bürste ist für Rollstuhlnutzerinnen nur erreichbar, wenn sie sich bäuchlings über das WC legen.

Auch ein Klassiker: der Spiegel. Er hängt so hoch oben, dass er aus sitzender Position überhaupt nicht eingesehen werden kann. Die Armatur ist ebenso nicht den Anforderungen entsprechend. Auch das Handpapier hängt in einer Höhe, die für so manche Rollstuhlnutzerinnen weit entfernt des Möglichen liegt.

Alles in allem ist dieses WC als nicht barrierefrei einzureihen – schade. Aber Nachjustieren ist natürlich möglich. Ich hoffe drauf, das Lokal ist es Wert!

(Die Autorin ist Sachverständige für barrierefreies Bauen und Gestalten und Rollstuhlnutzerin.)

 

Hinweis: Der Text ist bewusst in der weiblichen Form geschrieben, da er die männliche automatisch mit einschließt.

Ihr erinnert euch vielleicht an Nina Vasiltshenko aus Georgien und Mohammad Sadeqi aus Afghanistan? Im Dezember habe ich eine ganz tolle Performance der beiden gesehen. Da ging es um die Flucht. Und jetzt gab es die Fortsetzung. Nina und Mohammad sind angekommen. Und was macht ein guter Flüchtling? Er oder sie macht sich sofort mit den Regeln des Zusammenlebens vertraut. Mohammad sitzt in seiner Asylschachtel und liest den Welcome Guide der Stadt Salzburg vor. So vertraut und doch befremdend. Realität und Satire liegen ganz knapp nebeneinander. Bedingen einander. Und was macht Nina? Genau. Sie sitzt in ihrer Asylschachtel und lernt laut Deutsch.  Die Regeln des Zusammenlebens und der deutschen Sprache verschwimmen, werden ein Wörterstrom aus Anweisungen, Tipps und Ausnahmen. Und Mohammad schenkt Nina den Akkusativ, den Genetiv und die dazugehörigen Artikel. Und aus zwei Asylschachteln wird eine. Aus zwei einsamen Flüchtlingen werden Freunde. Dann die Anerkennung. Endlich, der positive Asylbescheid. Und als die neuen Flüchtlinge dazukommen sind Nina und Mohammad schon österreichischer als jeder Österreicher.


Beiden gelingt wieder eine Performance, die mit ganz starken Szenen im Gedächtnis bleibt. Dieses Mal kommt die Leichtigkeit dazu. Die Flucht ist geschafft. Das Leben ist nicht mehr bedroht. Es gibt viel Platz fürs Lachen. Und wahrlich Nina und Mohammad schaffen es mit Slapstick UND tiefgründigem Humor die Menschen in die Höhen und Tiefen der Integration mitzunehmen. Auch die Mülltrennung spielt eine Rolle. In der Realität und auf der Bühne. Und alles schaffen die beiden in der deutschen Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist. Eine grandiose Leistung. Das Stück haben die beiden selbst geschrieben und auf der Bühne erarbeitet. Ich ziehe meinen Hut und freue mich auf einen hoffentlich dritten Teil!

Fotos: Zarif Karimi

a4Vor ein paar Tagen ging das Ketchup in Scheiben durch die Medien. Eine Entwicklung, die ihren Weg von den USA sicher zu uns nach Europa findet. Jetzt wundere ich mich über dieses Produkt und in 10 Jahren ist es dann bei jedem Fast Food dabei. Also warum aufregen?

 

Weil manche Produkte irgendwie sinnlos sind oder etwas verkaufen, was ich nicht verstehe. In einem Laden fand ich vor einiger Zeit neben dem Gewürzregal eine ganz entzückende klare Bio-Hühnersuppe, nämlich eine Schutzengelsuppe. Was ich nicht herausgefunden habe ist, ob ich die Suppe bei Bedarf für meinen Schutzengel kochen sollte oder ob ich sie selbst esse, damit der Schutzengel bei mir ist. Hmm, ich habe sie nicht gekauft. Vor ein paar Wochen dann habe ich da eine Werbung für einen Standmixer gesehen, die ich nicht kapiert habe:

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Das Ding zerkleinert nicht nur, sondern extrahiert Nährstoffe. Also man tut das ganze Obst hinein, samt Kernen und so. Dann bekommt man aus einer schnöden Banane samt Kirschen und Spinat bekömmliche Nutriblasts, ein wunderbar schönes Wort für Obst- und Gemüsegatsch. Aber Nutriblasts klingt natürlich viel besser und noch moderner als Smoothie, was fast schon wieder altmodisch ist. Ein Nutriblast ist sicher auch gesünder. Was mich besonders perplex gemacht hat war die verkündete Weltneuheit:

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Der Mixer verwandelt Lebensmittel in Superfood. Wow das grenzt an ein Wunder. Also echt, da wird aus Gemüse ein Superessen. Oder ist da die versteckte Botschaft drinnen, dass ich Schwarzwälderkirsch, Guglhupf und Marzipan reingebe und schwupps krieg ich ein supergesundes Nutriblast. Dann will ich das Ding jetzt, sofort!

Wenn nicht, dann esse ich weiter Äpfel und Bananen und gönn mir zwischendurch mal einen Karottensaft. Ganz altmodisch.

Friedemann Derschmidt erzählt uns, warum es wichtig ist, die Vergangenheit NICHT ruhen zu lassen:

a1In der Sendung Nachtquartier auf Ö1 in der Nacht vom 2. Auf den 3. April überraschte mich der Redakteur Alois Schörghuber mit der Frage: Warum sollte jemand Unangenehmes erinnern? Ich hab in der Kürze nicht gut pariert und erst nach der Sendung war mir die Antwort klar:

Weil es überlebensnotwendig ist! Ein Schmerz dient dazu zu lernen. Da gibt es das klassische Beispiel vom Kind das auf die Herdplatte greift. Ohne Schmerzempfinden würde es das immer wieder tun und sich letztendlich existenziell in Gefahr bringen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in der österreichischen sogenannten „Mehrheitsgesellschaft“ (ich mag das Wort nicht) vollkommen an Schmerzempfinden für die Verbrechen der NS-Zeit mangelt. Schon spricht man vom Kriegstrauma und den Kriegskindern und Enkelkindern (zu denen ich auch zähle) aber völlig ideologiebefreit, als ob es sich um unveränderliches Schicksal gehandelt habe (die Nazis liebten ja das Wort Vorsehung).

a3Vilem Flusser beschreibt in seinem Buch „Nachgeschichte“, dass Auschwitz, das in seinem Text für die nationalsozialistische Ideologie und das gesamte darauf basierende System steht, nicht ein Unfall, sondern eine logische Konsequenz unserer Kultur darstellte:

“Nicht das Ereignis selbst, sondern unsere ganze Kultur steht in Frage, nämlich in der Frage: Wie kann man in einer derartigen Kultur weiterleben, jetzt, nachdem sich gezeigt hat, wozu sie fähig ist? Alle Ereignisse in Wirtschaft, Politik, Technik, Kunst, Wissenschaft und Philosophie sind von unserem unverdauten Wissen von Auschwitz unterhöhlt. […] Das Ereignis ist unverdaut, weil wir unfähig sind, ihm ins Gesicht zu sehen, also zuzugeben, dass Auschwitz kein Verbrechen im Sinne eines Regelbruchs war, sondern dass die Regeln unserer Kultur dort konsequent angewandt wurden. Die Nazis errichteten das Vernichtungslager aus reinen Motiven. Sie erwarteten keinen Erfolg davon, im Gegenteil, sie nahmen Verluste in Kauf (zum Beispiel ihre Niederlage). Und ihre Opfer haben in Selbstverleugnung daran mitgearbeitet, ganz so, als seien sie von der ‚Unerlaubtheit‘ jeder Alternative – Flucht, Revolte, passiver Widerstand – überzeugt. Die Nazis folgten den für den Westen edelsten Motiven. Sie verhielten sich wie ‚Helden‘, ‚reine Künstler‘, ‚für Ideen Engagierte‘. Dasselbe taten die Juden. Sie a5verhielten sich wie ‚Heilige‘, ‚Märtyrer‘, ‚Gerechte‘. Und beide verhielten sich zueinander in Hingabe: Die Nazis lebten in Funktion der Juden und die Juden in Funktion der Nazis. Auschwitz war ein perfekter Apparat, der nach den besten Modellen des Westens hergestellt worden war und funktionierte. Diese meine Worte rufen Empörung hervor, das heißt, wir sind unfähig, sie hinzunehmen. Deshalb mobilisieren wir dagegen Argumente. […] Das ist das Monströse an Auschwitz. Alle Untaten der westlichen Gesellschaft gegen sich selbst und die restliche Menschheit (und sie sind Legion) können als Verbrechen gegen die westlichen Modelle angesehen werden, als unchristlich, inhuman, unvernünftig. Aber Auschwitz lässt sich nicht auf diese Weise wegerklären. Dort hat unsere Kultur ihre Maske abgeworfen. Sie hat gezeigt, dass sie zu verwerfen ist. Nur kann man die eigene Kultur nicht verwerfen. Sie ist der Boden unter den Füßen. […] Variationen zum Thema ‚Vernichtungslager‘ können allerorts im Ansatz beobachtet werden. Überall schießen Apparate wie Pilze aus dem morsch gewordenen Boden, wie Pilze nach dem Auschwitzer Regen. Zwar ähneln sie äußerlich nicht dem polnischen Lager, und die ‚Motive‘, denen sie angeblich gehorchen, sind andere Ideologien als die der Nazis.

a2Angeblich dienen sie nicht der Vernichtung der ‚Bürger‘. Aber sie sind alle von der gleichen Bauart. […] Sie funktionieren alle aus innerer Trägheit, und ihre Funktion ist Selbstzweck. Und sie müssen alle, letzten Endes, zur Vernichtung – wenn auch nicht notwendigerweise zur Vergasung, so doch zur Entmenschlichung – ihrer Funktionäre führen. Diese Apparate sind im Programm des Westens angelegt. Die dem Westen eigene Fähigkeit, alles zu objektivieren, das heißt, Dinge und Menschen aus objektiver Transzendenz zu erkennen und zu behandeln, führte im Verlauf der Geschichte zur Wissenschaft, zur Technik, letzten Endes zu den Apparaten. Die totale Verdinglichung der Juden durch die Nazis, die konkrete Verwandlung der Juden zu Asche, ist nur die erste der möglichen Verwirklichungen dieser Objektivität, nur die erste und darum noch brutale Form der ‚sozialen Technik‘, die unsere Kultur kennzeichnet. Wenn wir vor ihr die Augen verschließen, werden sich in Zukunft die Apparate verfeinern. Aber sie werden bleiben, was sie ihrem Wesen nach notwendigerweise sind: Instrument zur Verdinglichung des Menschen, das heißt eben Vernichtungslager. […] Wenn wir trotzdem fortschreiten, dann tun wir dies ‚bösen Glaubens‘. Wir haben den Glauben an den uns tragenden Boden, an uns selbst verloren. Unsere Geschichte ist zwar noch nicht am Ende, aber von jetzt an ist sie eine üble Geschichte.” (5)

Die von mir oben angesprochene Absenz des Schmerzempfindens für die Verbrechen und die von Flusser hier angesprochenen Apparate sind für mich sehr bedrohlich, insbesondere wenn ich mir die aktuellen politische Situationen in den verschiedensten europäischen und nichteuropäischen Ländern vor Augen führe – kombiniert mit der aktuellen Flüchtlingskatastrophe und und und.

Ich glaube, dass der einzige Weg darin besteht, sozusagen ganz vor der eigenen Tür zu kehren zu beginnen und der Anfang besteht nun mal im Sichtbarmachen dessen, was ich etwas augenzwinkernd „ideologische Vererbungslehre“ genannt habe – obwohl das natürlich alles nicht lustig ist.

(5) Flusser, Vilém. Der Boden unter den Füßen. In: Nachgeschichte. Frankfurt am Main: Fischer, 1997, S. 11–16.

Friedemann Derschmidts Buch gibt es hier: Sag du es deinem Kinde

Ein besonderes Projekt ist das „2 Familien Archiv“:  Two Families Archive

Hier geht es zu den ersten beiden Teilen:

Sag du es deinem Kinde 1

Sag du es deinem Kinde 2

Salzburger Sproessling 2015 Gerhard Scheidler zartbitter Bild_Peter Ebner

Gerhard Scheidler rief den Salzburger Sprössling ins Leben

Gerhard Scheidler, Gründer von Comedy im Pub, gebürtiger Seekirchner und Journalist, organisiert und moderiert den „Salzburger Sprössling“, den ersten Salzburger Publikums-Kabarettpreis. Zartbitter stellt ihn vor und fragt nach, wie es zu diesem Kabarettpreis kam und was alles dahinter steckt.

 

Zartbitter: Mario Barth oder Josef Hader. Was ist dir lieber?

Ich persönlich hätte privat mit Mario Barth mehr Gaudi.

 

Zartbitter: Also lieber Comedy als Kabarett?

2gewinnt waren am politischsten und dem Kabarett am nächsten

2gewinnt waren am politischsten und dem Kabarett am nächsten

Nein, das heißt es nicht. Mein Lieblingshumorgenre bleit das Kabarett und da ist Josef Hader für viele nach wie vor unerreicht. Aber auch ein Comedytexter und Gagschreiber muss harte Arbeit leisten, um sich Gags einfallen zu lassen, über die die Leute richtig lachen können. Ich kann auch bei Mario Barth lachen.

 

Zartbitter: Wie kommt man auf die Idee, einen neuen Kabarettpreis zu gründen? 

Der „Salzburger Sprössling“ gründet auf der Plattform „Comedy im Pub“. Die KabarettistInnen die bisher aufgetreten sind, sind durch die Bank talentierte Künstlerinnen und Künstler. Jede/r einzelne hat die Chance, einmal einen Kabarettpreis zu bekommen,. Nachdem es in Salzburg seit Jahren keinen Preis mehr gibt, war die Überlegung naheliegend, einen Preis, der sich an die junge Szene richtet, ins Leben zu rufen.

 

Gerhard Scheidler Präsentiert den Preisträger Martin Frank

Gerhard Scheidler präsentiert den Preisträger Martin Frank, aus Passau

Zartbitter: Was gab es zu gewinnen?

€ 1000.- für den Sieger Martin Frank und einen echten Salzburger Sprössling. Eine Gras- beziehungsweise Grünlilie. Genauso wie dieser Sprössling bei guter Pflege zu einer schönen Pflanze heranwachsen kann, so kann sich auch der Sieger oder die Siegerin zu einem etablierten Künstler entwickeln.

 

Zartbitter: Wie finanziert ihr den Preis?

Durch den Ticketverkauf, aus unserer privaten Geldbörse und die unverzichtbare Unterstützung durch die ARGE Kultur. Im nächsten Jahr hoffen wir auf tatkräftige Unterstützung von Sponsoren, die den Weg des „Salzburger Sprösslings“ tatkräftig mitgehen möchten.

 

Zartbitter: Kabarettistischen Zentren liegen mehr eher östlich von Salzburg. Haben die Salzburger Humor? Oder sind sie fade Socken?

Flüsterzweieck verbanden Theater mit Kabarett. Eine Lachsymbiose.

Flüsterzweieck verbanden Theater mit Kabarett. Eine Lachsymbiose.

Das kommt darauf an, was man darunter versteht. Entweder meint man die Frage, ob die Salzburger gerne lachen oder die Salzburger selber lustig sind. Diese beiden Aspekte werden bei der Frage der Humorfähigkeit einer Region immer wieder vermischt.

 

Zartbitter: Ja was jetzt?

Ja wie?

Christine Eixenberger gab als Bildungsmanagerin richtig Gas und hätte beinah gewonnen

Christine Eixenberger aus München gab als Bildungsmanagerin richtig Gas und machte sich mit Martin Frank um den Sieg  

Zartbitter: Warum gibt es wenige Salzburger Kabarettisten und Kabarettistinnen?

Das weiß ich nicht. Vielleicht hängt es mit der Musikalität zusammen. Viele humorvolle Menschen suchen den Weg auf die Bühne über die Musik.

 

Zartbitter: Was steht als nächstes auf dem Programm?

Feiern, ausschlafen und Comedy im Pub am Donnerstag, 26. November 2015, ARGEkultur

 

Das Interview führte Peter Christian Ebner, Salzburger BühnenErlebnis