von Engin YAMAN

Nicht nur der Weltspartag zeigt uns wie wichtig eigentlich das Sparen ist.

Wir reden nicht von mehreren Tausend Euro in violetten Scheinen, wir reden von dem viel zu sehr verachteten Kleingeld. Jeder von uns hat schon eine Spardose zur Bank gebracht und war eigentlich meist verblüfft, wieviel Geld doch in so eine Dose passt. Das Klimpern der Münzen im Automaten, die Änderung der digitalen Anzeige in die Höhe und die Hoffnung, dass das Klimpern des Zählers am liebsten nie aufhört.

Ja jeder spart gerne in kleinen Dosen, in Flaschen, in Porzellanschweinen die man dann zerschlagen darf, in Schüsseln, in Tassen, in Tellern, in Pokalen, in Vasen, in Krügen, in Bechern….

Die Liste könnte ewig weitergehen. Jeder Mensch hat zum Glück seine eigene Phantasie und auch den Willen das Sparen des kleinen Goldes zu beherzigen.

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Engin mit seinem Erspartem

So jetzt zu meiner Geschichte:

Im Winter 2011 habe ich meine Sparbüchse zur Bank gebracht und war verwundert, dass aus dieser kleinen Dose über 300 Euro herauskamen. Mir gefiel der Gedanke an das Sparen schon damals sehr gut, doch leider kann ich, wie die meisten Personen mit dem Sparen der Scheine nicht umgehen. Da ist man immer gewillt etwas davon „abzuzwacken“. Jetzt seien wir mal ehrlich, jeder hat einmal finanzielle Sorgen und wo wird man wohl am ehesten plündern, wenn nicht in der eigenen Kasse. Aber wenn man Kleingeld sammelt, ist das nicht der Fall. Wie gesagt, die Münzen werden unterschätzt.

So zurück zum Sparen:

Also fing ich im Winter 2011 wieder an zu sparen, da mir klar war, dass meine kleine  Spardose nicht ausreichen würde, begann ich in Tassen zu sammeln, die herumstanden. Einige Wochen später war die eine Tasse gefüllt, ein paar Wochen später die nächste Tasse und es folgen noch einige Tassen bis ich eine Lösung brauchte. Entweder das Geld auf die Bank tragen oder weitersparen. Da die Option mit der Bank nicht in Frage kam, entschied ich mich für Letzteres. Ich suchte also ein Behältnis das meinem Vorhaben gerecht war. Als ich in einer Geschäft beim Shoppen war, bekam ich Durst und ging zu dem Wasserspender der in der Filiale stand. Die Phantasie ging durch mit mir und ich erkannte den Wasserbehälter auf dem Spender als perfekte Lösung für mein Unterfangen. Kein normaler Mensch konnte dieses monströse 19Liter Wasserbehältnis mit Kleingeld füllen? Aber ich nahm die Herausforderung trotzdem an.

Am 20. Juni 2014 habe ich es geschafft dieses Monstergefäß mit Kleingeld zu füllen. Ich bin schon gespannt auf welche Summe ich komme. 75 Kilo Kleingeld!

Und ob ich für meine nächste Herausforderung vielleicht mit größerem Ansporn ein noch größeres Gefäß finden werde? Aber Achtung wenn ihr dem Sparen des Kleingeldes treu werden wollt, es gibt sicher einen Suchtbegriff für diese Krankheit, müsst ihr mir folgenden Änderungen in eurem Leben rechnen:

  • Dass die Dame in der Billa Filiale keine Centbeträge mehr als Trinkgeld bekommt, da man ja mit jedem Cent seinem Ziel ein Stück näher kommt
  • Dass man, obwohl man seinen nächsten Einkauf mit seinen Münzen in der Tasche bezahlen könnte, mit einem Schein bezahlt, so dass man noch mehr Kleingeld erhält
  • Dass man die Damen an der Kassa anlügt, wenn sie fragen: Haben Sie vielleicht 50 Cent? Ja die habe ich, aber die brauche ich für meine Spardose,  das solltet ihr nicht sagen.
  • Ihr werdet euch freuen, wenn ihr Münzen am Boden finden, die ihr sonst nicht aufgehoben hättet, denn auch diese Münze ist ein kleiner Schritt in Richtung Ziel.
  • Dass man immer wieder gewillt sein wird ein bisschen Kleingeld zu plündern, nein macht es nicht :)
  • Und eure Freunde werden euch für verrückt halten, bis sie merken, dass man es durchgezogen hat
  • Man wird Angst haben das Haus zu verlassen, da ja jemand das Kleingeld stehlen könnte.
  • Und der Klang der Münzen, die in eure Spardose fallen, wird euch von Tag zu Tag besser gefallen.

Ich muss zugeben, einen gewissen Suchtfaktor kann ich nicht ausschließen.

handHeute war ich bei einer Vernissage. Im Mittelpunkt standen Mädchen und junge Frauen, die bei einem Fotoprojekt mitgemacht haben. Ich saß neben ihnen in der ersten Reihe. Die Veranstaltung begann und ich spürte, wie die Nervosität einiger Mädchen stieg. Sie waren ja der Mittelpunkt und sollten sich dem Publikum stellen. Ich blickte auf die beiden neben mir und sah wie sie Hand in Hand da saßen. Sich gegenseitig stärkend, teilten sie die Aufregung und das Herzklopfen. Ich war tief berührt und Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich an meine Jugend, als ich in Momenten der Angst oder Aufregung mit meiner besten Freundin Händchen hielt. Und erst beim zweiten Hinsehen nahm ich wahr, dass es eine braune und eine weiße Hand war, die ineinander lagen. Zwei Mädchen, die Freundinnen sind und denen es egal ist, woher die Eltern sind. Zwei Mädchen, die einfach Freundinnen sind und sich in dem Augenblick der Aufgeregtheit gegenseitig Kraft gaben. Ein wunderbarer Moment.

von Sabine Walch

o1Beim Warten in Ordinationsräumen nehme ich automatisch eine Zeitschrift zur Hand. Meine Erwartungen sind nie sehr hoch, meist bin ich in Gedanken woanders, mit dem Blättern soll einfach nur die Zeit gefühlsmäßig schneller vergehen. Bei meinem letzten Blättern fand ich eine Überschrift: „Der dritte Ort“. Neugierig geworden schlug ich die Seite nach und begann zu lesen.

Es war von dem Buch „The great good place“ die Rede. Ich kenne dieses Buch nicht, aber in dem Artikel stand, dass es diesen „dritten Ort“ schon immer gab, aber nur die jeweilige Person weiß, wo sich dieser genau befindet, wenn sie sich auf den Weg macht. Blöderweise war ich als nächste dran und konnte den Artikel nicht fertig lesen – aber zu Hause begab ich mich sofort ins Internet und las nach.

Ray Oldenburg, ein Soziologieprofessor hat in den 80iger Jahren diesen Begriff „der dritte Ort“ kreiert und in dem Buch „The great good place“ näher ausgeführt. Er sieht als „dritten Ort“ die „guten alten Plätze“ an. Wichtig für Ray Oldenburg war, dass diese Orte authentisch sind. Er übte Kritik an den neuen „dritten Orten“, wie Fast-Food Restaurants und Shopping Malls, da diese zu inszeniert sind.

Für mich bedeutete aber, wenn es einen dritten Ort gibt, muss es auch einen Ersten und Zweiten geben und da ich neugierig geworden bin, habe ich beim Weiterlesen erfahren, dass der erste Ort, das Zuhause ist, der zweite Ort – der Arbeitsplatz, kristallisierte sich in Amerika in den 60igern durch das Zulassen, dass am Arbeitslatz etwas eigene Persönlichkeit eingebracht werden durfte, heraus.

o2Jede/r kennt natürlich diesen Ort und hat diesen schon oft besucht. Dieser „dritte Ort“, ist der Platz, wo wir uns hinbegeben, wenn wir Ruhe oder Glück, Sicherheit und/ oder Erinnerungen finden wollen, Menschen treffen die genau denselben dritten Ort gewählt haben. Dies kann eine Bücherei, der Garten, ein bestimmtes Café, der Bäckerladen oder das Stammlokal sein.

Ich begann zu überlegen, wo denn für mich der „dritte Ort“ ist und ich wusste sofort wo ich ihn finden würde – wobei ich mehrere Orte fand, die durchaus auch den Platz drei einnehmen konnten, aber im Wesentlichen unterschieden sich die dritten Orte in zwei Kategorien.
Ein dritter Ort ist für mich – wo ich alleine bin und doch nicht, weil viele Erinnerungen mich begleiten – der zweite dritte Ort ist der– wo ich ganz sicher andere Menschen treffe, die ich mag und mir wichtig sind, mit denen mich etwas verbindet und mit denen ich gemeinsam etwas erlebt habe.

Das Schöne an beiden „dritten Orten“ ist, dass sie sich um Menschen und Ereignisse handeln und sich dadurch um Erinnerungen immer wieder erweitern und so die beiden Orte miteinander unzertrennlich verwoben sind.

Vielleicht sollten jede/r wiedermal überlegen, wo ihr/sein „dritter Ort“ ist und diesen auch besuchen – am besten heute noch!

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Quelle: Salzburg Museum

Ich war im Salzburg Museum. Das ist noch keinen Blogbeitrag wert. Aber ich habe dort die Ausstellung Salzburg und der Erste Weltkrieg angesehen. Viele Informationen, viele Bilder, alles in schwarzweiß. Und plötzlich sehe ich mich vor dem Fernseher sitzen. Ich schaue Nachrichten. Sie zeigen  Bilder aus Syrien, von der Stadt Kobane. Von Frauen, Männern, Kindern, die auf der türkischen Seite Zuflucht gefunden haben. Farbige Bilder.

Ich stehe im Museum und denke mir: Was hat sich geändert? 100 Jahre später immer noch Krieg. Leid. Tod. Mit einem Unterschied. Wir, die wir nicht im Krieg sind, schauen fast live zu beim Töten.

Und tun nichts.

In zwanzig oder dreißig Jahren wird auch der aktuelle Krieg seinen Platz in einem Museum finden. Es wird Gedenkveranstaltungen geben, wo jemand eine Rede hält. Dieser Jemand wird sagen, dass es keinen Krieg mehr geben darf. Krieg ist schrecklich. Und zeitgleich werden wieder irgendwo auf unserem Planeten Menschen im Krieg sterben.

Ich stehe im Museum und schäme mich.

Abgedroschen aber wahr ist das Sprichwort: „Wenn einer eine Reise tut! dann…“ ja was dann?
Ich war jetzt vier Tage in Rumänien, mit einer Gruppe, die etwas erfahren wollte, was viele Menschen in Europa, in Österreich in Salzburg beschäftigt. Ja, warum kommen denn die Bettlerinnen und Bettler zu uns? Setzen sich auf die Straße und wollen Geld von uns. Es gibt viele Meinungen dazu, Vorurteile, Wissen und Nichtwissen. Ich möchte meine Erfahrung einbringen, die ich in den 4 Tagen in Rumänien machen durfte. Wir haben viele Programmpunkte gehabt und ich will fünf davon herausnehmen und davon berichten. Ich will kein Urteil abgeben, kein Vorurteil widerlegen noch bestätigen. Ich will versuchen einfach zu schildern, was ich gesehen, gehört und gefühlt habe. Und ich will versuchen nicht zu werten.

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Am Rande des Dorfes – die Romasiedlung

Die Romasiedlung
Wir fahren durch eine Romasiedlung. Es sind mehr Hütten als Häuser. Daneben Verschläge. Überall sind Kinder, Frauen, Männer, Hühner, Kühe, auch ein Schwein. Die Menschen winken, einige deuten uns, wir sollen Geld da lassen. Das Wetter ist sonnig, fast fühlt man sich versetzt in einen Roman von Ebner Eschenbach aus dem 19. Jahrhundert. Außen die dörfliche Idylle, dahinter der Kampf ums Überleben. Ich stelle mir kurz vor, wie es hier wohl aussieht, wenn es regnet, wenn es Winter ist. Kann man die Straße dann überhaupt noch befahren? Wie wird es warm in den Hütten? Das Schwein ist dann sicher geschlachtet, auch ein Teil der Hühner.

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Im Altenheim in Sebes

Sebes – es geht doch
Der Vizebürgermeister und die Leiterin der Sozialabteilung empfangen uns im Saal des Rathauses. Sie schildern, was sie machen. Wie viele oder besser wie wenig Gelder sie zur Verfügung haben, um soziale Maßnahmen in der Stadt zu setzen. Wir spüren, es ist ihnen ernst. Sie wollen in ihrer Stadt das Bestmöglichste tun. Sie wollen nicht nur die wenigen Gelder an einzelne Personen verteilen, sie wollen nachhaltig was tun. Eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, geführt von der Diakonie, ist so eine nachhaltige Maßnahme, in der auch Gelder der Stadt stecken. Die Menschen hier erleben einen Tagesablauf, der ihnen Sinn gibt, sie stellen etwas her, sie erfahren Respekt. Sie sind ein bisschen Teil der Gesellschaft. Im Altenheim von Sebes sehe ich das große Bemühen um ein menschenwürdiges Leben für die alten Männer und Frauen. Über Stufen geht es in die Zimmer, zwei bis vier Personen sind hier untergebracht. Ein niedriges Bett, ein Kasten, ein Nachttisch. Bei den Frauen stehen hier Plastikblumen, Heiligenbildchen und Fotos von früheren Zeiten. Bei den Männern steht fast nichts. Über Stufen geht es in die Duschen, auf die Toiletten. Die Küche ist EU-konform. Nirosta, HCCP – geprüft, ein Raum für das Gemüse, ein Raum für das Fleisch. Der Veranstaltungsraum ist im ersten Stock über beschwerliche Treppen hinauf. Die Direktorin sagt, dass dieser Raum ins Erdgeschoss verlegt wird, das ist die nächste Maßnahme. Im Garten Apfelbäume voll mit Früchten, dazwischen Bänke. Es ist alles sehr sauber, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken sehr freundlich, sehr bemüht. Die alten Menschen sitzen auch draußen, rauchen, schauen in die Sonne, haben sich in ihr Schicksal ergeben.

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Das Kinderheim

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Mittagsruhe

Das stille Kinderheim
Wir fahren in ein staatliches Kinderheim. Wir sind zu fünft. Knapp 200 Kinder wohnen hier. Am Tor macht uns der Sicherheitsmann auf. Fünf mehrstöckige Blöcke, ein paar einstöckige Häuser und dazwischen viel Fläche. Ein Teil davon ist mit vielen Blumen bepflanzt. Ein paar Spielgeräte und ein kleiner Fußballplatz. Alles verlassen, leer. Die Direktorin empfängt uns. Wir gehen gleich zu den Blöcken, hier wohnen die Kinder. Sie sagt es ist gerade Schlafenszeit, von zwei bis vier Uhr. Wir betreten einen Block. Im Erdgeschoss ein paar Zimmer, voll mit Spielsachen, vor allem Plüschtieren. Die Wände sind leer, keine Bilder, keine Poster. An jeder Tür hängt eine Liste mit etwa 20 Namen, es ist jeweils der Gruppenraum. Wir gehen in den ersten Stock. Hier sind die Schlafräume für je drei bis vier Kinder. Und hier liegen sie auch. Auf jeder Matratze ist eine Plastikhülle, darauf ein verrutschtes Leintuch. Die Kinder liegen in den Betten. Manche schauen uns an, nicht schlaftrunken, sondern eher weggetreten. Eigentlich sehen sie uns nicht. Die Direktorin öffnet den Kleiderkasten, zeigt uns die ordentlich gestapelten Kleidungsstücke. An den Wänden nichts, kein Bild, kein Poster, nur die weiße Wand. Es gibt auch keine Nachttischchen. Nur die Betten und der Kasten. Und die Kinder drinnen mit ihren vier, fünf, sechs Jahren.
Im nächsten Block kommen wir zu den älteren Kindern, eigentlich sind sie schon Jugendliche. Unten wieder die Gruppenräume. In einem sitzen aufgefädelt auf zwei alten Sofas sieben Mädchen und starren in den Fernseher. Sie schenken uns einen kurzen Blick, erwidern das Hallo aber nicht. Sofort richtet sich ihr Blick wieder auf den Fernseher. Im nächsten Raum spielen zwei Mädchen, Schwestern wie die Direktorin erklärt, Mensch ärgere dich nicht. Wir unterhalten uns mit wenigen englischen Worten mit ihnen. Nicht nur ich habe das Gefühl, dass sie für uns Mensch ärgere dich nicht spielen. In den oberen Stockwerken die Schlafräume, Betten, zwei Kästen, sauber aufgeräumt und einige Plüschtiere. Keine Bilder, keine Poster, nichts was darauf hinweist, dass hier junge Mädchen wohnen. Jetzt gehen wir mit der Direktorin in die Bibliothek und das Musikzimmer. Bildung ist wichtig erklärt sie uns. Im Bücherkasten verstauben die Druckwerke. Im Musikzimmer stapeln sich neben alten Sachen eingepackte Gitarren.
kh1Wir gehen weiter zum Speisesaal. Daneben ist die Küche, EU-konform wie uns die Direktorin erklärt, natürlich Nirosta und HCCP-geprüft. Im Raum mit der Abwasch sind fein säuberlich die Blechteller gestapelt. Wir sind am Ende unseres Rundgangs und gehen wieder über den Hof. Dort steht eine Erzieherin mit einem Küberl voller blauer Zuckerl. Die Direktorin erklärt uns, dass es immer um vier Uhr nachmittags eine Süßigkeit für die Kinder gibt. In diesem Moment kommen sechs Kinder aus einem Block, stellen sich in einer Reihe an und empfangen aus der Hand der Erzieherin jeweils ein Zuckerl. Wir bedanken uns für die Führung und machen uns wieder auf den Weg. Wir stellen fest, dass wir von den zweihundert Kindern nicht einen Laut, kein Lachen und keinen Schrei gehört haben.

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Nirosta und HCCP-geprüft – die Küchen in allen Einrichtungen

Im staatlichen Behindertenheim
Am letzten Tag fahren wir nach einem interessanten Gespräch mit dem Stadtrat von Sibiu in einen Ort eine Viertelstunde entfernt von dort. Wir kommen an, der Sicherheitsmann öffnet das Tor für uns. Langsam fahren wir zum Parkplatz. Aus mehreren Gebäuden kommen uns Menschen entgegen. Neugierig, lächelnd, einige abwartend. Als wir alle ausgestiegen sind, sind wir schon umringt von ihnen. Sie geben uns die Hand, manche berühren uns an der Kleidung, an der Schulter, an den Armen. Einige schmiegen sich an uns und reden drauf los. Sie sagen ihre Namen, schnell macht ein Wort die Runde: Austria. Die Direktorin, eine Frau, die Management studiert hat und ihre Pflegedienstleiterin führen uns durch die einzelnen Wohnhäuser. Im Erdgeschoss der Wohnraum mit Tisch, Stühlen und dem Fernseher. Daneben sind eine Dusche, ein Waschbecken und ein WC. Oben sind die Schlafräume. Wir gehen weiter in ein größeres Haus, hier sind Menschen, die nicht so agil sind. Manche schauen durch uns durch, andere wippen hin und her. Immer wieder kommen aber auch jene, die uns begrüßt haben, berühren uns wieder und wieder und immer wieder die Frage: Austria? Die Direktorin lädt uns in das Verwaltungsgebäude, damit wir reden können. Bei Kaffee, Wasser und Keksen stellen wir unsere Fragen. Wie kommen die Menschen hierher? Viele sind aus Behinderteneinrichtungen für Kinder und müssen mit 18 Jahren ins Heim für Erwachsene. Wie sieht der Tagesablauf aus? Um sieben Uhr aufstehen, frühstücken, Beschäftigungstherapie, um 10 Uhr gibt es eine medizinische Abklärung, Jause, Freizeit, Therapie, Mittagessen, medizinische Abklärung, Freizeit, Essen, medizinische Abklärung, Abendessen, Freizeit, schlafen. Was ist ihr pädagogisches Konzept hier? Wir sprechen mit ihnen, wie mit Kindern und zu den Pflegerinnen sagen sie Mama. Was wünschen sie sich für die Zukunft? Wir wollen neue Fenster, einige Dächer müssen repariert werden und die Wasserleitung muss endlich funktionieren.

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Fröhliche Kinder im Reussdörfchen

Das Reussdörfchen oder „Sie wollen doch“
Kinder sind die Hoffnung für die Zukunft. Kinder wollen lernen und gleichzeitig unbeschwert sein. Auch Kinder aus Romafamilien. Eine pensionierte Lehrerin sieht das so und hat gehandelt. Sie hat einen Kinderbauernhof in der Nähe von Sibiu aufgebaut. Kinder aus der Stadt und Kinder aus dem Dorf sollten hier Betreuung und Unterstützung finden, lernen, lachen, leben. Die Kinder sollten eine Chance für ihre Zukunft bekommen. Auch wenn viele, wie sie sagt, meinen, die Roma wollen nicht, dass ihre Kinder lernen. Sie hat ein Haus im Reussdörfchen, einer Ansiedlung von Sachsen, zum Kinderbauernhof umgewandelt. Sie sagt, Bildung ist der Schlüssel für ein menschenwürdiges Leben. Und sie sagt, dass sie die Kinder und ihre Familien dort abholt, wo sie sind. Wir kommen auf den Bauernhof, ein altes Haus, hergerichtet mit dem Charme der 1950er Jahre. Ein schöner Garten, viele Kinder, die schon ungeduldig auf uns warten, weil es Mittagessenzeit ist. Wir erleben fröhliche, selbstbewusste Kinder, die uns einen Tanz zeigen. Sie sind ein bisschen nervös, aber auch stolz. Sie haben großen Erfolg bei uns, wir sind begeistert, sehen in glückliche Kinderaugen, unterhalten uns mit Händen und Füßen. Die pensionierte Lehrerin entlässt uns mit den Worten“Steckt die EU-Gelder nicht in die Büros, sondern in die Bildung der Kinder“

Und jetzt?
Ich habe versucht möglichst objektiv meine Eindrücke von fünf der mehr als zehn Stationen in Siebenbürgen zu schildern. Am Anfang habe ich geschrieben, dass ich nicht werten will. Aber ich will versuchen aus dem Gesehenen, Erlebten und Gefühlten ein Resümee zu ziehen, das auch in der Gruppe so diskutiert wurde:
Ausgang und Grund unserer Reise war die Situation um und mit den Bettlerinnen und Bettlern in Salzburg? Viele von ihnen sind Roma. Die Plattform „Armut hat Platz“ aus Salzburg, unter der Federführung der Diakonie hat diese Reise organisiert. Damit wir nicht nur über ein Land und seine Leute reden, sondern mit ihnen, vor Ort. Tja und was ist jetzt das Resümee?
reuss1Es gibt nicht das eine Problem und es gibt nicht die eine Lösung. Wir sehen einen Bruchteil der extremen Armut auf unseren Straßen. Im Land selbst ist die Armut der Roma eine Armut neben vielen anderen. Es fehlt an so vielen Ecken und Enden, dass die Kommunen und Landkreise einfach überfordert sind mit den Defiziten, die es gibt. Wir haben Politiker und Verwaltungsbeamte kennengelernt, die es besser machen wollen, sich bemühen, das Beste aus der Situation zu machen. Wir haben welche kennengelernt, die die Situation einfach hinnehmen. Aber wir haben auch gesehen, dass eine Gruppe von Menschen am schwersten zu kämpfen hat, weil sie schon über Jahrhunderte nicht Teil der Gesellschaft waren, sondern immer am Rande der Gesellschaft gelebt haben. Und es wird noch Jahrzehnte brauchen die Situation der Roma zu verbessern. Bis dahin werden sie sich auf den Weg machen zu Orten, wo sie glauben, dass sie ihre Situation verbessern können. Keine Grenze, kein Gesetz kann Menschen davon abhalten dem letzten Zipfelchen Hoffnung zu folgen, auch wenn das eine Straße in Salzburg ist. Aber was kann ich, was können wir tun? Das was die alte Pädagogin aus Reussdörfchen gesagt hat, der Schlüssel ist die Bildung der Kinder und eines hat sie noch gemeint:

„Wir müssen es einfach tun, jeder von uns ist dazu aufgerufen!“

Was wäre eine Reise in ein anderes Land ohne etwas mit zu nehmen? Schließlich soll man sich ja auch in 10 Jahren noch erinnern, wenn man das Mitbringsel sieht. Natürlich ist der Kühlschrankmagnet eine Option. Aber in Istanbul gibt es noch mehr.

Selbstverständlich muss man auf den Bazar!

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Im Goldrausch am großen Bazar!

Kapalı Carşı (Großer Bazar): Hier findet man alles, was das Touristenherz begehrt. Viel Kitsch und Krempel, aber auch tolle einzigartige Sachen, die lange Freude bereiten. Wer sich für Gold- und Silberschmuck erwärmen kann, schwebt hier im Glück. Das Edelmetall wird gewogen, dann geht’s ans Handeln. Besonders praktisch ist es, dass man seinen alten Schmuck problemlos verkaufen kann, es gilt immer der aktuelle Gold- oder Silberpreis. Ich habe das schon mit kaputten Armreifen und Goldkettchen gemacht. Wer Kelime und Teppiche liebt ist hier auch am richtigen Ort. Große Stücke werden einfach nach Hause gesandt. Aber auch die kleinen Dinge erfreuen das Leben. Unser Wetter ist ja sehr praktisch um Paschminas und Schals in allen Farben auszuführen. Fliesen, Kissenbezüge, Decken und Stoffe aller Art und Muster sind immer wert mitgenommen zu werden. Wer Leder will, entdeckt von der Jacke, über Schuhe bis zu Taschen alles. Wichtig ist es zu handeln, wenn einem der Preis zu hoch erscheint. Am besten setzt man bei 50% des geforderten Preises an und dann nähert man sich an. Ist es immer noch zu hoch, dann geht man einfach weiter. Läuft einem der Verkäufer hinterher ist noch was drinnen. Ansonsten hat man halt Pech gehabt und geht zum nächsten der 4000 Geschäfte. Klar ist, dass man als Tourist immer ein bisschen mehr bezahlt. Das liegt an der alten islamischen Tradition, dass der Händler auch für den sozialen Ausgleich zu sorgen hat. Einer, der mehr Geld hat, soll mehr bezahlen, damit jemand, der weniger Geld hat, einen niedrigeren Preis bekommt. Selbstverständlich ist ein Tourist als begütert anzusehen, sonst könnte er ja nicht auf Reise gehen.

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Schuhe mal anders präsentiert!

Zwei Mal ist es mir schon passiert, dass ich ohne Handeln einen fixen niedrigen Preis bekam. Ich war die erste Kundin des Tages und somit die Glücksbringerin.  Wenn Zeit ist sollte man sich auf eine Seite des Bazars hinauswagen, wo noch die ganzen kleinen Werkstätten sind, faszinierend! Und man kann in einer Seitenstraße beobachten, wie zig Händler telefonisch (in jeder Hand mindestens zwei Handys) die Devisenkurse aushandeln, die dann die Preise im Basar bestimmen – cool.

In der Nähe sind Cafes, wo man toll Wasserpfeife (nargile) rauchen kann, einfach fragen.

Vom Großen Bazar (Kapalı Carşi) gibt’s auch die Straße runter zum Mısır Carşı (Ägyptischer Bazar). Das ist ein richtiges Handelsviertel, ein wahnsinniges Gedränge und Geschiebe und echt orientalisch. Und wer auf Kitsch in jeder Variation steht ist hier richtig- vieles ist „süslü püslü“ (geschmückt)! Modeschmuckfans kommen hinter dem Ägyptischen Bazar auf ihre Kosten, alles was es in Europa in den Geschäften gibt, findet man hier zum Großhandelspreis.

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Lokum und getrocknete Früchte

Im Ägyptischen Bazar sind alle richtig, die Gewürze, Süßes und andere Lebensmittel suchen. Hier gilt probieren, probieren, probieren. Die Gewürzmischungen sind ausgezeichnet. Was ich liebe sind die verschiedensten getrockneten Blüten für den Tee: Jasmin, Maulbeere, Kamille, Granatapfel und vieles mehr. Was ich immer mitnehme ist Sumach, stammt vom Essigbaum, und gibt jedem Salat die spezielle Note.

Teşvikiye/Maçka: hier sind alle internationalen und nationalen Marken vertreten, echt reich und schön und Schuhgeschäfte, einfach toll. Rundherum ist Osmanbey, da sind Straßenzüge mit Textilhändler an Textilhändler, hier wird der Großhandel in die ganze Welt betrieben. Wer eine Abkürzung von hier nach Taksim nehmen will, der besteige die „Teleferik“-Gondel, sieht ein bisschen alt aus, hält aber!

Besonderer Tipp: Es findet sich überall ein Paşabahce, das ist das türkische Glasgeschäft und die haben echt tolle Sachen – von osmanisch bis modernstem Design!

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Blüten für den Tee

In der Istiklal Caddesi gibt es viele Modegeschäfte zum kleinen Preis. Wer Sehnsucht nach einem deutschsprachigen Buch hat, geht einfach in das Alman Kitapevi und holt sich Lektüre. Das beste Lokum, das sind die türkischen Zuckergeleewürfel, kauft man beim Haci Bekir- beste Qualität! Und die Istiklal Caddesi ist auch der richtige Ort, um sich vom vielen Einkaufen zu erholen. In den Seitenstraßen sind unzählige Cafes, Restaurants und Bars.

Und dann hat man wieder sie Kraft von der Istiklal weg in Richtung Cihangir zu gehen, denn hier sind die Antiquitätengeschäfte mit vielen alten Schätzen.

Und wer immer noch nicht genug vom Shoppen hat, der fährt einfach auf die asiatische Seite. Denn hier ist die Bagdat Caddesi, die alte Karawanenstraße, über 14 Kilometer lang und rechts und links bestückt mit Läden, die allerdings eine gefüllte Brieftasche voraussetzen!

Aja und Einkaufszentren gibt es natürlich auch. Die sind wie bei uns, eines der größten in Europa ist das Cevahir Shopping Centre im Stadtteil Sisli.

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Der Berber arbeitet messerscharf ;)

Das Extraprogramm für den shoppinggestressten Mann:

Der gehe bitte zum BERBER und lasse sich den Bart rasieren, die Ohren ausbrennen und die Nasenhaare schneiden. Wem die Brusthaare zu viel sind, auch die entfernt der Berber oder macht zumindest einen modischen Schnitt. Was sich ein bisschen brutal anhört ist nach Aussage lieber Freunde ein absolutes Verwöhnprogramm. Für die Damen empfiehlt es sich einmal eine Gesichtsenthaarung mit dem Zwirn zu machen, geht auch beim Berber. Es tut ein bisschen weh, aber man hat dann eine Haut wie ein Babypopo.

Viel Spaß!

Demnächst folgt Teil 3 und hier Teil 1 zum Nachlesen http://zartbitter.co.at/kultur/wohin-istanbul-teil-1/