Wenn einer eine Reise tut – Teil 3: Reparatur-Tour in Marseille


Ich erwähnte (nein, nicht klagte) ja schon, dass mein erster längerer Urlaub im Ausland holprig begann. [Lest hier Teil 1 und Teil 2 meines Berichts] Flug über mehrere Ecken, das erste Hotel nicht barrierefrei und nun auch noch am 3. Tag ein kaputtes Vorderrad bei meinem Rolli. Halleluja, so schwer bin ich nun auch wieder nicht! 102 kg bei 199 cm … alsgerade zart!

Am Vortag hatten wir ja schon versucht, telefonisch in Erfahrung zu bringen, wo wir meinen Ottobock (ja, der heißt wirklich so) reparieren lassen können. Leider ohne Erfolg. Also beschlossen wir, tags darauf unseren Portier um Hilfe zu bitten, dass er uns eine Stelle raussucht. Auch das war erfolglos. Also starteten wir los zur nächsten Apotheke. Die war schnell gefunden, aber die wussten auch nicht weiter. Also auf zur nächsten. Die war schon etwas abseits und in einem erschreckenden Zustand. Sowas hab ich noch nie gesehen, düster und mit abblätternder Wandfarbe. Natürlich auch ohne wirkliche Hilfe.
Zumindest erfuhren wir die Adresse einer anderen Apotheke, die vielleicht weiterhelfen kann. Noch nahmen wir es mit Humor. Das Handy lotste uns durch das Straßengewirr, aber das Lächeln verging uns, als wir um die nächste Kurve bogen. Das Altstadtviertel in dem wir uns bewegten, war sehr hügelig, ja gar bergig! Die Straßen von San Francisco sind ebene Boulevards dagegen. Oben erwähntes Gewicht wirkte da nicht mehr so zart. Die Schwerkraft forderte ihren Tribut. Natürlich konnte ich da unmöglich alleine rollen. Ich wurde daher geschoben. Zum Glück war das Frühstück üppig und die Schiebenden kräftig. Allerdings nicht geräuschlos! Das Schnaufen glich einer Turbine und der heiße Atem war wie ein Nackenföhn. Für so was bezahlt man bei modernen Cabriolets Aufpreis.

Wir hatten schon einige Höhenmeter geschafft

Oben angekommen, präsentierte sich ein wunderschöner Platz mit Straßencafes und Brunnen. Wir verschnauften ein wenig und sahen uns um. Der Ausblick war faszinierend. Weiter gings über den Platz in eine schmale Straße. Und hier wurde es auf einmal sehr interessant. Altes Gemäuer, teilweise ziemlich marode, aber viele mit wunderschönen Grafittis. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Robert von solongsuckers zeigt in seinem Artikel Sprühendes Marseille tolle Bilder davon. Diese optische Bereicherung tat gut und bald darauf fanden wir auch die beschriebene Apotheke. Eine moderne – mit tatkräftigen, freundlichen Mitarbeitern. Die konnten uns zwar nicht mit einer Reparatur dienen, aber dafür mit was? Richtig, mit einer Adresse.
Also wieder los, von unseren Handys geleitet. Auf dem Weg kamen wir an einer anderen Pharmacie vorbei und Robert ging einfach auf gut Glück rein. Kurze Zeit später kam er mit dem Apotheker raus. Ein Glücksgriff! Noch auf dem Trottoir telefonierte der Ap0theker mit mehreren Stellen und bat uns anschließend noch ins Geschäft. Er notierte uns die richtige Adresse und vereinbarte dort, dass wir in ca. 20 Minuten kommen würden. Auch ein Taxi bestellte er uns gleich. Wir waren begeistert von diesem tollen Menschen mit seiner wunderbaren Art zu helfen.

Am Schluss hatten wir uns etwas Süßes verdient

Bei der angegebenen Adresse angekommen, wurden wir bereits erwartet. Und das obwohl schon Mittagspausenzeit war. Nach sagenhaften 10 Minuten war alles erledigt. Mein Rolli hatte zwei neue Vorderräder. Wir fragten nach der Rechnung, doch der freundliche Rollstuhlmechaniker verlangte nur 10 Euro. 10 Euro? Auf Nachfrage meinte er, das ist nur für die Arbeit, die Räder gibt er uns gratis, die hat er von einem anderen, gebrauchten Rollstuhl abmontiert. Gratis! Wo gibts denn so was? Sensationell! Auf dem Weg zurück beschlossen wir noch im Taxi, dass wir dem Apotheker, der uns diese hervorragende Werkstatt vermittelte, ein Dankschreiben samt Salzburger Mozartkugeln schicken werden.

Glücklich und froh, dass wir es doch in relativ kurzer Zeit schafften, beschlossen wir, diesen Tag gänzlich Marseille zu widmen. Es gab noch viel zu sehen und auch kulinarisch wurden wir nicht enttäuscht.

Neu bereift und leicht rollend ging es weiter durch den Süden Frankreichs, natürlich teile ich meine Freude gerne wieder in Teil 4.