Oma und Sophie

Oma und Sophie

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„Königliche“ Haltung von Sophie

„Oma, erzähl mir von der Prinzessin“, bat ich meine Oma oft. Meine Kindheit war voll von Geschichten über die kleine Sophie, die in Griechenland geboren wurde, über ihren Bruder Konstantin, über ihre Mutter Friederike und ihren Vater Paul, über ihren Urgroßvater Kaiser Wilhelm II, über den kleinen italienischen König (so a Ozwickta – O-Ton meiner Oma),…

Meine Oma war rund drei Jahre lang Kammerfrau der griechischen Königin Friederike, der Mutter der heutigen spanischen Königin Sophie. Von 1937 bis 1940 lebte sie „bei Hof“ in Athen, war dabei als Sophie und ihr Bruder Konstantin geboren wurden. 1940 kam sie zurück nach Gmunden, heiratete und führte ein ganz „normales“ Leben. Noch heute denke ich sehr viel an sie, die glücklicherweise 98 Jahre alt werden durfte und 2011 verstarb.

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Sophie und die „moderne“ Kommunikation

Die kleine Sophie war bis jetzt Königin von Spanien, für mich ist sie das kleine Mädchen aus Griechenland, die nie barfuß gehen wollte, wenn nicht auch meine Oma die Schuhe auszog. Mir gefiel auch die Geschichte, dass bei jedem Spaziergang ein Töpfchen für Sophie eingepackt wurde, „denn wie sieht denn das aus, wenn die Prinzessin in die Wiese macht“, war für meine Oma immer klar. Meine Oma führte auch das Schmuckbuch der Königin – „jessas, woar i do nervös“, meinte sie, wenn sie mit einem Koffer voller Diademe, Ohrringe,… etc. unterwegs war. Wenn Sophie später als spanische Königin im Fernsehen war, hörte ich oft von ihr „ dieses Diadem hab ich schon in der Hand gehabt“. Besonders in Erinnerung war ihr der Besuch bei Kaiser Wilhelm II in seinem Exil in Holland. „I hab so Angst ghobt, dass i beim Hofknicks umfoi!“

Viele Geschichten gäbe es noch, einige kenne ich, viele sind vergessen. Da wäre die vom Haushofmeister Jany „a oida Griech“, aber soooo nett sei er gewesen, oder Geschichten von vielen Reisen im Hofzug, von der Ausbildung in München, wo die angehende Kammerfrau lernte, zu frisieren, zu schminken und lange Abendroben zu bügeln….

Oma Akropolis

Oma auf der Akropolis

Nur kurz ein paar historische Infos und was das alles mit uns Spießbergern zu tun hat:

Im Konflikt zwischen Österreich und Preußen im Frühjahr 1866 stellte sich Hannover auf die Seite Österreichs. Nach der Kapitulation 1866 erhielten König Georg V. von Hannover und der Kronprinz Ernst August die Erlaubnis, ihren Wohnsitz außerhalb Hannovers zu nehmen, wo es ihnen beliebe. Aus Dankbarkeit für ihre Treue nahm sie Kaiser Franz Josef I. ins Exil nach Österreich.
Im Jahre 1868 kam die königliche Familie: König Georg V., Königin Marie mit den Kindern Kronprinz Ernst August, Prinzessin Friederike und Prinzessin Mary nach Gmunden. Ernst August begann im Jahre 1882 mit dem Bau des Schlosses Cumberland in Gmunden. (Einen Überblick bietet Wikipedia bzw. die Homepage von Schloss Cumberland http://www.lpbz-ooe.at/cumberland.htm  )

Und meine Vorfahren? Nun, mein Urgroßvater war aus der Gegend von Hannover. Die „königstreuen Buam“ hatte meine Oma ihn und seine Freunde genannt, die dem König mit der Aussicht auf einen guten Beruf und Arbeit nach Gmunden gefolgt waren. Insgesamt 300 Hannoveraner (so wurden sie in Gmunden genannt) waren beim Hof angestellt. So wuchs meine Oma bei Hof auf und bat nach ihrer Ausbildung, Friederike, die künftige Königin von Griechenland um Arbeit. Sie suchte eine Kammerfrau und stellte meine Oma ein. Das Abenteuer Athen konnte beginnen….

 

Ein Überblick von Wolfgang M. Bauer

Wolfgang.Bauer.Piratenpartei.Salzburg.bw

Wolfgang M. Bauer

Die Informationsfreiheit oder „Freedom of Information (FOI)“ ist in mindestens 95 Staaten dieser Erde (Stand 2013)[1] ein zumindest theoretisch gesetzlich geregeltes BürgerInnenrecht. Theoretisch deshalb, weil darunter auch Staaten wie China sind. Aber auch in Österreich ist das bereits in den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts beschlossene Bundesgesetz über die Auskunftspflicht ein eher theoretisches Konstrukt. Es konkurriert nämlich mit dem im Verfassungsrang befindlichen Amtsgeheimnis, einem Relikt aus 1920. Beinahe 100 Jahre später könnte nun endlich Realität werden, was zum Beispiel in Schweden schon anno 1766[2] beschlossen wurde und bis heute Gültigkeit[3] hat.

Worum geht es nun eigentlich bei dieser Informationsfreiheit und was bringt diese?

Das Recht auf Informationsfreiheit findet ihren Niederschlag z.B. im Hamburger Transparenzgesetz[4], das aktuell als eines der fortschrittlichsten gilt. Einige hervorstechende Punkte daraus: es gilt nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für Unternehmen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei der Kontrolle der öffentlichen Hand unterliegen. Des Weiteren ist ein wichtiger Punkt, dass viele Informationen von einer Hol- zu einer Bringschuld werden und es in der Verantwortung der Organisationen liegt, die BürgerInnen zu informieren. Auch werden die anfallenden Kosten und das Verhältnis zum Datenschutz klar geregelt. Zusammengefasst kann man sagen, dass Transparenz und damit einhergehende öffentliche Kontrolle Korruption, Freunderl- und Mißwirtschaft verhindern können: gläserner Staat statt gläserne Bürgerinnen und Bürger!

Dabei gilt es die verschiedenen Aspekte zu betrachten und die Interessen diverser Akteure gegeneinander abzuwägen. Diese Sichtweisen und Interessen machen die Informationsfreiheit zu einem derart kontroversen, wenngleich größtenteils abseits der Öffentlichkeit diskutierten Thema. Was schon einmal grundsätzlich falsch ist.

Amtsgeheimnis

Geradezu dogmatisch klammern sich manche Ämter in Österreich an „ihr“ Amtsgeheimnis, eine politische Perversion des frühen 20. Jahrhunderts, welche es in der EU ausschliesslich in Österreich nach wie vor im Verfassungsrang gibt. Ein Relikt aus der Zeit, als die selbsternannten Eliten frei nach dem Motto „Wissen ist Macht“ den Zugang zu Information für das gemeine Volk nach Möglichkeit total verhindern wollten. Heute wird oft versucht, das Amtsgeheimnis mit dem Deckmantel des Datenschutzes zu rechtfertigen, dabei ist das bloß ein Feigenblatt, welches das Nichtvorhandensein echter Argumente bedecken soll.

finger 1Informationsfreiheit steht nämlich nicht grundsätzlich in Konkurrenz zum Datenschutz. Schützenswerte persönliche Daten können ja jederzeit ausgenommen bzw. geschwärzt werden. Es bleibt natürlich grundsätzlich die Frage, was schützenswerte Daten sind! Es gibt klare Fälle und solche wo es weniger klar ist. Außerdem liegt die Schmerzgrenze bei verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich. Grundsätzlich ist das Gefühl von Privatsphäre aber oft ein sozialisiertes und hängt stark davon ab, in welcher Gesellschaft man aufwächst. In den USA ist es kein Problem, offen über das Einkommen zu sprechen, in Schweden sind praktisch alle Daten öffentlich. Hunderte Millionen Menschen leben sehr gut damit, dass alle wissen, wie viel man für die erbrachte Leistung vergütet bekommt. Was für Personen gilt, muss für Organisationen schon lange gelten. Überhaupt gilt es zu überdenken, ob Organisationen Personenrechte im herkömlichen Sinn genießen sollen.

Ganz wichtig ist, dass es ein echtes Recht zur Akteneinsicht gibt und keine Informations- oder Auskunftspflicht des Amtes. Solche Auskunftspflichten bzw. Verpflichtungen zum Veröffentlichen von Informationen kann es zusätzlich geben, aber grundsätzlich müssen Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, uneingeschränkt und direkt in die Akten Einsicht zu nehmen.

Der aktuelle Entwurf des Bundeskanzleramtes ist leider das Papier nicht wert auf dem es geschrieben steht, zumindest wenn man ein Transparenzgesetz möchte, das seinen Namen wert ist![5]

Die vier wichtigsten Kritikpunkte sind laut transparenzgesetz.at[6]:

* Ausnahmen taxativ aufzuzählen und keine vagen Ausnahmeregelungen zu ermöglichen, die in letzter Konsequenz bloße Gummiparagraphen erzeugen.

* Es muss eine verbindliche Lösung für alle Ebenen geben. Informationsfreiheit ist ein allgemeines BürgerInnenrecht, welches immer und überall besteht, egal ob auf Gemeinde-, Landes- oder Bundesebene.

* Die Mäßigkeit muss gewährleistet werden: wegen eines schützenswerten Namens darf nicht das gesamte Dokument zurückgehalten werden.

* Eine Instanz, die den Antragstellern zur Seite steht und diesen auch ohne langwierige und teure Gerichtsverfahren zu ihrem Recht verhilft.

Wir sehen, dass es bereits positive Entwicklungen und begrüßenswerte Ausnahmen gibt, aber es muss ein Recht der Bürgerinnen und Bürger werden und eine Pflicht des Staates und staatsnaher Organisationen. Österreich ist international leider Schlusslicht was die Informationsfreiheit angeht[7]. Die Kritik des renommierten Ludwig Boltzmann Institutes für Menschenrechte (BIM) für den aktuellen Vorstoss der Regierungsparteien fällt entsprechend katastrophal aus[8].

Wir haben ein Recht auf Information und die Politik muss das akzeptieren und umsetzen!

Abschließend möchte ich in diesem Zusammenhang noch die positiven Entwicklungen im Rahmen von Public Sector Information (PSI)[9] und Open Government Data (OGD)[10] erwähnen. Mehr zum Thema findet man zum Beispiel hier (http://futurezone.at/netzpolitik/ngo-fuer-informationsfreiheit-in-oesterreich-gegruendet/27.596.928) oder unter den anderen im Text genannten Links.

[1]    http://right2info.org/access-to-information-laws
[2]    http://de.wikipedia.org/wiki/Informationsfreiheit#Schweden
[3]    http://www.verfassungen.eu/sw/index.htm
[4]    http://www.hamburg.de/transparenzgesetz/
[5]    http://derstandard.at/1395363154968/Neues-Transparenzgesetz-Viele-Hintertueren-eingebaut
[6]    http://www.informationsfreiheit.at/
[7]    http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1260095/Osterreich-ist-Schlusslicht-bei-Informationsfreiheit
[8]    http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_00987/imfname_349411.pdf
[9]    https://ec.europa.eu/digital-agenda/en/news/implementation-psi-directive-austria
[10]  http://open.semantic-web.at/display/OGDW/4.4+Zwischen+PSI+Informationsfreiheitsgesetzen+und+Auskunftspflicht

Das mit Hakenkreuzfahnen beflaggte Festspielhaus, wo früher das Naturkundemuseum untergebracht war. Auch hier erfolgte die Aufarbeitung erst spät. Bild: Haus der Natur

Das mit Hakenkreuzfahnen beflaggte Festspielhaus, wo früher das Naturkundemuseum untergebracht war. Auch hier erfolgte die Aufarbeitung erst spät. Bild: Haus der Natur

Ein Beitrag von Andreas Praher:

Österreich hat sich lange Zeit in seiner Opfer-Rolle wohl gefühlt. Fast schon dogmatisch weigerte sich eine ganze Nachkriegsgesellschaft, seine eigene Beteiligung am nationalsozialistischen Regime einzugestehen. Das kollektive Bewusstsein der jungen Zweiten Republik wurde dafür mit Heimatkitsch und Kaiserschmarrn aufgefüllt.

Gerade die Festspielstadt Salzburg hat im Ausblenden der unschönen Vergangenheit eine bemerkenswerte Strategie entwickelt. Mit einem von Hollywood inszenierten filmischen Mythos gelang es, ein durchgehend harmonisches Bild von Stadt und Land zu zeichnen, das perfekt in die Nachkriegsjahre passte und bis heute mehrfach reproduziert wurde. „Sound Of Music“ ließ ein unbeschwertes Österreich aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs auferstehen. Julie Andrews im Dirndl auf der Almwiese verwischte die Spuren nationalsozialistischen Terrors in Salzburg und ein widerspenstiger, zur Auswanderung gezwungener Baron von Trapp bestärkte den Opfermythos.

Von Rechtsradikalen verschandelte Stolpersteine in der Salzburger Innenstadt. Sie erinnern an verschiedenen Stellen an Opfer des Nationalsozialismus. Bild: privat

Von Rechtsradikalen verschandelte Stolpersteine in der Salzburger Innenstadt. Sie erinnern an verschiedenen Stellen an Opfer des Nationalsozialismus. Bild: privat

Das Lager Glasenbach, in dem bis Jänner 1948 ehemalige Nationalsozialisten – darunter auch honorige Salzburger – einsaßen, hätte die Optik nur ins Gegenteilige verrückt. Der Ort ist in Vergessenheit geraten. Erst Jahrzehnte später fanden eine Auseinandersetzung mit dem Internierungslager und seiner Häftlinge statt. 20.000 verdächtige NSDAP-, SA- und SS-Mitglieder sowie mutmaßliche Kriegsverbrecher haben das von der amerikanischen Besatzungsmacht geführte Lager durchlaufen. Der VDU und die FPÖ rekrutierten aus einem Teil der Insassen später die politischen Führungskräfte. Doch dort, wo heute die Alpensiedlung steht, erinnert nichts mehr an jenes Kapitel österreichischer Zeitgeschichte – kein Hinweisschild, geschweige denn eine Gedenktafel.

Die Fabrikshalle der ehemaligen Glockengießerei Oberascher in Kasern, im Zweiten Weltkrieg wurden im hiesigen Rüstungsbetrieb Granaten hergestellt. Bild: Andreas Praher

Die Fabrikshalle der ehemaligen Glockengießerei Oberascher in Kasern, im Zweiten Weltkrieg wurden im hiesigen Rüstungsbetrieb Granaten hergestellt. Bild: Andreas Praher

Ähnlich verhält es sich auf dem Gelände des ehemaligen Rüstungsbetriebes Oberascher in Salzburg-Kasern, wo dutzende Fremdarbeiter und Kriegsgefangene zur Arbeit gezwungen wurden und zum Teil ums Leben kamen. Zumindest die Ermodung von vier entflohenen Ostarbeitern konnte der Salzburger Historiker Thomas Weidenholzer nachweisen. Sie wurden vor den Augen der Belegschaft am 20. August 1943 auf dem Vorplatz der Firma Oberascher gehängt. Heute befinden sich auf dem Areal, wo ab 1942 104 Ostarbeiter um ihr Überleben schufteten, eine Eventgastronomie und Modeboutiquen. Es gibt weder einen Verweis auf das damalige Fremdarbeiterlager, noch einen Gedenkstein, der an die Opfer erinnert. Als hätte es diese nie gegeben.

Stattdessen begnügt sich die Stadt Salzburg mit einem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Hauptbahnhof, dessen Existenz kaum wahrgenommen wird und in seiner Erscheinung fast schon beschämend wirkt. Erinnerungskultur sieht anders aus. Sie braucht kein „Sound Of Music“ Museum, sondern begehbare Orte, wo die Geschichte auch für andere Generationen sichtbar und erlebbar wird, um nicht in Vergessenheit zu geraten.

Hinweis: Das zerstörte Euthanasie Denkmal in Salzburg: Zartbitter schaut hin!

Weiterführende Beiträge:

 

BL5In einem Garten ist ja immer was los. Zu jeder Jahreszeit gibt es etwas zu beobachten. Und manchmal wächst etwas Rätselhaftes, nie Gesehenes. Und manche Pflanzen haben ja die Gabe lange unsichtbar zu bleiben und plötzlich sind sie da. Und man fragt sich erstaunt, wie man das übersehen konnte.

 

Anfang Mai erging es mir so. Plötzlich waren zwischen Chrysanthemen und Margeriten drei lange Stängel. So ein Stängel kommt ja auch nicht über Nacht. Am Ende des Stängels saß etwas Längliches, BL6umhüllt von einem weißen Netz. Was soll das jetzt sein? Am besten einmal abwarten.

 

Nach einer Woche platzte das Netz auf und ein Strauß wunderbarer glockenartiger Blüten war da. Und immer noch die Frage, was das jetzt sein soll. Einige Freunde rätselten herum, es wurde eine Facebook-Umfrage gestartet. Kein Ergebnis, bis eine Freundin bei einer Familienfeier mit dem Foto der Blüten einen Volltreffer landete. Es ist ein bulgarischer Lauch!

BL3

Wochenlang hingen die Blütenglöckchen nun dekorativ im Garten. Eines Abends sehe ich, dass die Blüten die Richtung gewechselt hatten. Sie hingen nicht mehr, sie streckten sich nach oben. Langsam trocknen sie nun und ich hoffe, dass sie dann ihre Samen fallen lassen.

Nächstes Jahr werde ich genau hinschauen, wo im Garten die Stängel herauskommen und mich freuen, wenn der bulgarische Lauch ein  Plätzchen im Garten zu etwas Besonderem macht.

 

BL 1

Passend zu dieser extravaganten Pflanze ist auch ihr lateinischer Name: Nectaroscordum siculum ssp. Bulgaricum – fast unaussprechlich ;)

 

Österreich-Serie Teil 2 von Elisabeth Kaplan

Was macht man, wenn man einen Überraschungshit hatte und nun die Erwartungen hoch sind, diesen Erfolg zu wiederholen? Oder gar zu übertreffen? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Der gelassene Ansatz: Man denkt: „Egal, ich mach einfach weiter wie immer“, und hält die Daumen, dass schon alles gut laufen wird. Der kalkulierte Ansatz: Man studiert und recherchiert, geht ein kalkuliertes Risiko ein, und hofft, dass der Plan aufgeht. So oder so weiß man nie, wie es wirklich ausgeht.

Von der Kunst, einen Hit zu schreiben
The MakeMakes, eine 2012 gegründete Rockband aus dem Flachgau (Land Salzburg), haben letzteren Ansatz gewählt. Mit ihrer ersten Single, „Lovercall“ (2012), die etwas von „This Love“ (2002) von Maroon 5 hat, ist der Band das schier Unmögliche gelungen: Sie schaffte es in die österreichischen Pop-Charts und kletterte auf Platz 6 – ganz ohne Casting-Show, wie es in diesem Land inzwischen üblich ist. So. Und jetzt?

Die zweite Veröffentlichung nach einem erfolgreichen Erstlingswerk ist ja bekanntlich extrem wichtig und daher auch eine Herausforderung, die einen ganz schön unter Druck bringen kann. Da zeigt sich, ob der erste Hit ein reiner Zufall war, oder ob es sich um eine solide, hochwertige Band handelt. Die zweite Single der MakeMakes, „Million Euro Smile“ (2014), hat alle Erwartungen übertroffen, hat Platz 2 in den österreichischen Top 40 erreicht und liegt derzeit auf Platz 5 in den Ö3 Hörercharts. Eine beachtliche Leistung!

The MakeMakes in Wien

The MakeMakes in Wien (Foto: Benjamin Kaplan)

Einen Song zu schreiben mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass das ein Hit werden soll, ist keine leichte Aufgabe. Natürlich gibt es einige Vorgaben und Parameter, nach denen man sich richten kann. Einige davon liegen auf der Hand, wie z.B. eine eingängige Melodie. Letztendlich ist die Reaktion der Zuhörer aber unberechenbar.

Retro-Sound
Für „Million Euro Smile“ haben sich The MakeMakes vom Rock ’n’ Roll und dem klassischen Motown-Sound inspirieren lassen. Die Musik der 50er und 60er ist immer wieder eine ergiebige Fundkiste, in der gerne gewühlt wird. In den 80ern, zum Beispiel, hatte Billy Joel großen Erfolg damit, mit seinem Album „An Innocent Man“ (1983), allen voran die Nummern „Uptown Girl“ und „Tell Her About It“. Dieser Retro-Stil brachte auch Soulsister Glück, mit ihrem Hit „The Way to Your Heart“ (1988). In Großbritannien hat man anscheinend überhaupt ein Faible dafür: In den 90ern hatte beispielsweise Gabrielle mit ihrem Motown-inspirierten Song „Give Me a Little More Time“ (1996) einen Chart-Erfolg, in den Nullerjahren folgten Amy Winehouse und Duffy, und 2012 konnte die englische Girl-Band Stooshe mit „Black Heart“ einen UK-Hit verzeichnen.

Der Vorteil eines Songs im Retro-Stil ist, dass er einem sofort irgendwie bekannt vorkommt. Songs, die extrem innovativ und originell sind, bekommen oft nicht die gebührende Aufmerksamkeit, weil sich die Zuhörer einfach an Neues erst gewöhnen müssen – was mit einer gewissen Anstrengung verbunden ist.

Übereinstimmung und Abweichung
„Million Euro Smile“ ist also ein einfacher Retro-Song mit Elementen aus Doo Wop, Rock ’n’ Roll, Motown – z.B. die „La-da-da“-Einleitung, die schnellen Akkordwiederholungen à la Jerry Lee Lewis im Klavierpart, der betonte Backbeat in den Drums, der Bläsersatz (übrigens ein Beitrag von LaBrassBanda) … die Liste ist noch lang nicht fertig.

Interessanter ist es vielleicht, die Abweichungen vom Retro-Schema hervorzuheben: Was mir als erstes aufgefallen ist, war der extrem komprimierte Vocal-Sound. Ich glaube nicht, dass es der Gedanke dahinter war, einen „Vintage-Sound“ zu reproduzieren – das würde anders klingen – sondern eher der Stimme zusätzliche Schärfe zu verleihen, um zu vermeiden, dass der Song letztendlich zu lieb und nett wirkt (leider geht das auf Kosten der Textverständlichkeit). Zweitens, kommt am Ende des zweiten Refrains ein kurzer Halftime-Teil vor (ab 2:02) mit einem langen Delay auf den Vocals. Diese paar Augenblicke setzen sich vom Rest ab, weil sie plötzlich viel moderner klingen. Sie bieten uns eine kurze Verschnaufpause – ungefähr so wie der Augenblick des Stillstands auf dem Höhepunkt einer Achterbahn, bevor man wieder mit Full Speed bergab rauscht.

The_Makemakes_official

Foto: Rene Deutschlaender

Die dritte Abweichung von der Norm, die mir auffällt, ist der Text. Er handelt nicht, wie üblich für diesen Stil, von der Liebe, sondern vom Euro. Ja, richtig. Dodo Muhrer, Sänger und Songwriter der Band, erklärt im Interview, dass der Song „zu dem Zeitpunkt entstanden [ist], wo die EU-Mitgliedsstaaten überlegt haben, wie es eigentlich mit dem Euro weitergehen soll.“ Ich persönlich finde diesen höheren textlichen Anspruch nicht nötig, aber ich denke, dass die Band einfach vermeiden wollte, dass der Song in die Bubblegum-Schiene abrutscht.

Resümee
Dieser Salzburger Band ist es gelungen, einen Song zu schreiben, der zum Hit in Österreich wurde. Das ist wirklich nicht einfach, aber sie haben sich mit Köpfchen der Herausforderung gestellt und wurden belohnt. Im Herbst erscheint ihr Debüt-Album und man darf gespannt sein. Da ich weiß, dass die Burschen echt rocken können, hoffe ich, dass sie das auch auf dem Album beweisen.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags gibts hier zu lesen

Und hier gibts das Video zum Song: Million Euro Smile

Andreas Praher

Ein Beitrag von Andreas Praher

Barricada Brasil

Heute, um exakt 22 Uhr mitteleuropäischer Zeit wird zum größten Fußballereignis des Jahres angepfiffen. Gastgeber Brasilien empfängt Kroatien. Abseits des grünen Rasens hat Brasilien die Weltmeisterschaft schon jetzt verloren. Gesellschaftlich reißt das Mega-Event der Superlative tiefe Wunden auf. Es verdeutlicht einmal mehr die vorherrschenden sozialen Unterschiede in einem der stärksten wachsenden Märkte der Welt. Der Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre hat die brasilianische Bevölkerung in falscher Hoffnung gewogen. Sie wird jetzt enttäuscht.Tatsächlich stieg der Mindestlohn in den vergangenen elf Jahren um inflationsbereinigte 80 Prozent. Doch eine Oligarchie bestimmt bis heute die Geschicke des Staates. Sie setzt über politischen Druck auf Kosten der Bevölkerung ihre Interessen durch und geht mit ihren Mafia-Methoden bis ans Äußerste. In den überdimensionalen Stadienbauten tritt dieses Machtgefüge zu Tage.

Um die Interessen der Bundesstaaten zu befriedigen, entschloss sich das Gastgeberland, zwölf Arenen zu errichten. Für die Austragung hätten acht gereicht. 505 Millionen Euro kostete allein das Stadion in der Hauptstadt Brasilia, doppelt so viel wie veranschlagt. Es ist damit die teuerste WM-Spielstätte, die jemals gebaut wurde. Laut Berechnungen des Online-Portals UOL sind die Baukosten auf 2,68 Milliarden Euro explodiert – mehr als Deutschland und Südafrika gemeinsam für die WM-Spielstätten ausgegeben haben.
In Sao Paolo, wo das Eröffnungsspiel stattfindet, sind die Mieten durch den Bau der WM-Arena um mehr als 100 Prozent gestiegen. Immer mehr Areale sind zu Spekulationsobjekten verkommen. Während Aber-Millionen in die Kassen von Bau-Konzernen und Immobilien-Haien flossen und immer noch fließen, wurden Tausende aus ihren eigenen vier Wänden vertrieben und bekommen nicht einmal eine Eintrittskarte für ein Spiel. Landlose haben ein Gebiet in der Nähe des Stadions besetzt. Seit Tagen wird in der U-Bahn gestreikt. „Der Mangel hält das Land zusammen“, analysiert der Schweizer Journalist, Dokumentarfilmer und Brasilien-Kenner Ruedi Leuthold. Das zeigt sich in den landesweiten Protesten.
Um das Leben von Fans, Spielern oder Funktionären muss sich die brasilianische Regierung nur bedingt Sorgen machen. Weit mehr müssen sich die politischen Verantwortlichen die Frage stellen, wie sie mit der eigenen Bevölkerung verfahren. Letztendlich sind im Herbst die brasilianischen Präsidentschaftswahlen und bei diesen braucht Präsidentin Dilma Rousseff der Welt nicht mehr beweisen, welch erstklassige Organisatorin sie in Sachen Fußball-WM ist. Dann muss sich die Staatschefin vor ihrem eigenen Volk verantworten. Denn im Unterschied zu den Besuchern und dem weit entfernten Million-Publikum, werden die 200 Millionen Brasilianer nach dem Schlusspfiff auch noch da sein. Die FIFA interessiert das bekanntlich wenig. Sie verabschiedet sich nach den Weltmeister-Feierlichkeiten in die Wüste und plant für 2022 in Katar ihren nächsten WM-Zirkus.