a1Heuer habe ich Glück gehabt. Bevor die Amseln alle Trauben schnabulieren konnten, habe ich noch 3 Kilo ernten können. Ich vergönn es den Amseln wirklich, aber ein bisschen was mag ich auch haben, damit ich Marmelade machen kann. Um der Marmelade einen besonderen Geschmack zu geben, habe ich mir noch 10 Äpfel vom Baum gepflückt.

 

Und das braucht man:

3 Kilo blaue Weintrauben

1,5 Kilo Äpfel

3 Zitronen

a21 Kilo Zucker

2 Kilo Gelierzucker

Und so geht’s:

Die Äpfel schälen, in kleine Stückchen schneiden und in einen Topf geben. Zu den Apfelstückchen so viel Zucker geben, a3dass diese gut bedeckt sind. Dann den Deckel drauf und 24 Stunden stehen lassen.

Die Trauben gut waschen, abtropfen, abzupfen und in einen Topf geben. Die Trauben zum kochen bringen. Jetzt die flotte Lotte aus den Schrank holen und eine große Schüssel vorbereiten. Die kochenden Trauben schöpferweise durch die Lotte passieren. So bleiben die Kerne und die Haut zurück. Die passierten Trauben kommen zurück in den Topf. Die gelierten Apfelstückchen, den Saft von drei Zitronen und die zwei Kilo Gelierzucker dazugeben. Kurz aufkochen und dann etwa eine Viertelstunde köcheln lassen. Mit der Gelierprobe kann man feststellen, ob es schon genug eingekocht ist.

a6Ein Geschirrtuch mit kaltem Wasser nass machen, um die ausgekochten Einweckgläser darauf zu stellen. Dann die Traubenmarmelade in die Gläser füllen, den Deckel drauf und auf den Kopf stellen.

Die Traubenmarmelade schmeckt nicht nur vorzüglich auf Brot, sondern passt auch hervorragend zu Käse.

Gutes Gelingen!

von Martina Zidek

Nitra2Wer mich beschenken will hat’s leicht. Kein langes Grübeln was gefallen könnte und keine Sorge ob Duft oder Farbe des Präsentes dem Wusch entsprechen sind notwendig. Werde ich gefragt, so kann ich aus dem Stegreif eine Liste von Dingen herunterbeten, die mir Freude bereiten: Theo braucht eine Operation, Nanouk muss geimpft werden, Susto braucht Spezialfutter wegen ihres Alters und Dodo Medikamente gegen seine Epilepsie. Patin der ungewollten Hunde zu sein, die nicht die Liebe und Fürsorge einer eigenen Familie genießen dürfen, ist für mich eine der schönsten und freudvollsten Aufgabe und meine Art all jenen Tierfreunden zu danken, die einst Franzi geholfen haben, als er ein Straßenhund war.

Ein weiches Bett, eine warme Decke oder ein Plüschtier können keine streichelnde Hand oder Spaziergänge mit dem geliebten Menschen ersetzen, aber sie bringen zumindest ein wenig Komfort und manchmal auch Trost in das Leben der vergessenen Hunde. Als zum Beispiel der alte Schäferhund Rex, der an schlimmer Arthrose litt, sich aus einer ganzen Ladung voller Sachspenden als Erster etwas aussuchen durfte, ignorierte er Kekse, Schweineohren und alle anderen, seltenen Köstlichkeiten und legte sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf einen Stapel Decken, der ihm Linderung von seinen Schmerzen brachten. Oder Polly, die völlig in ihrer eigenen Welt versunken ist und nur durch ein neues Quietschtier wieder ein wenig Lebensfreude zeigt. Die Liste ist endlos, und die meisten Wünsche sind klein und erfüllbar. Es macht Spaß alte Decken, Handtücher und Polsterauflagen im Bekanntenkreis zu sammeln und es tut gut, den eigenen Überfluss mit den Hunden zu teilen.

Die meisten Patenkinder lerne ich niemals persönlich kennen, aber viele Organisationen schicken Fotos oder sogar Videos und ob ich will oder nicht, knüpft mein Herz ein Band mit diesen traurigen Seelen. Manchmal geschieht das Wunder und der eine oder die andere finden liebevolle Aufnahme in eine Familie und ich kann nur noch hoffen und beten, dass es ein gutes Zuhause und ein Bund für den Rest des Lebens sind.

Das Glück ist ein Vogerl

Gina1Gestern habe ich ein ehemaliges Patenkind auf facebook wiedergefunden: Gina, die mit ihrer Schwester Whitney als Welpe in einem ungarischen Shelter abgegeben wurde und dort 9 lange, harte Jahre ausharren musste, bis sie 2011 endlich adoptiert wurde. Whitney starb bald darauf, Gina waren 3 glückliche Jahre vergönnt, bis ihr Frauli vor nunmehr zwei Wochen zusammenbrach und starb. Es dauerte einige Tage bis man sie fand und diese Tage verbrachte Gina neben dem leblosen Körper des einzigen Menschen, der jemals gut zu ihr war. Meine Wunschliste ist länger geworden: Gina soll einen Menschen finden, der ihr hilft das Trauma zu verarbeiten und ihr ein endgültiges Zuhause schenkt. Ein großer Wunsch, ich wage kaum zu hoffen dass er erfüllt wird.

Diese Geschichte kann ich heute nicht zu Ende schreiben, denn Gina ist 13 Jahre alt und hat das Ende ihres Weges noch nicht erreicht. Bis dahin wird sie aber mein Patenkind bleiben, für das ich nach einem geeigneten Platz suche, spende und hoffe bis eine Lösung gefunden ist.

Dann trage ich das Ende nach – versprochen!

Bilder: mit freundlicher Erlaubnis von Animalhope-Nitra

Michael König, 46 Jahre, Geschäftsführer des Diakoniewerkes in Salzburg. Er ist ausgebildeter Psychologe und Psychotherapeut. Er ist engagiert in der Plattform „Armut hat Platz“ und nominiert für den „Österreicher des Jahres“ .

Zartbitter trifft ihn im Cafe.

Zartbitter: Du engagierst dich für Menschen in Armut. Warum?

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Michael König

Michael: Menschen in Armut haben oftmals wenige Möglichkeiten sich selbst zu helfen, ihre Situation aus eigener Kraft zu verbessern. Sie sind oft in dieser Situation, weil sie schon unter Bedingungen aufgewachsen sind, die sie selbst nicht beeinflussen können. Das kann sozialer, wirtschaftlicher, politischer Art sein oder alles zusammen. Ich habe die Vision, dass in einer Gesellschaft das Gefälle zwischen Arm und Reich nie so groß sein darf, um die Gesellschaft zu spalten. Aber ich lerne auch von Menschen in großer Armut sehr viel. Im Kontakt und in der Begegnung, denke ich über das eigene Leben nach. Es macht mich dankbar. Ich bekomme Einsichten in unsere Gesellschaft und unsere Lebensentwürfe. Und ich spüre eine Spiritualität der Armut. Die Begegnung mit armen Menschen darf nicht einseitig sein. Wir geben und sie nehmen. Es ist ein Austausch.

Zartbitter: Im Namen der Plattform „Armut hat Platz“ steckt ja, dass wir Armut aushalten müssen. Aber können wir auch etwas tun?

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„Wir müssen hinschauen“

Michael: Wir müssen unterscheiden zwischen der Armut in Österreich und anderswo. Wir haben auch hier armutsgefährdete Menschen. Hohe Lebenshaltungskosten und ein niedriges Einkommen. Ich denke an alleinerziehende Mütter, die mit einem Halbtagsjob über die Runden kommen müssen. Hier müssen wir konsequent schauen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen verbessert werden. Es gibt eine Tendenz, dass Reiche immer reicher werden, ohne etwas dafür zu tun, etwa mit Immobilien oder Finanzgeschäften. Hier muss politisch gegengesteuert werden. Die Armut, die uns durch die Bettlerinnen und Bettler in unseren Städten begegnet, ist eine andere Armut. Als ersten Schritt müssen wir hinschauen. Wir müssen verstehen, was in deren Herkunftsländern passiert, das sie zwingt zu uns zu kommen. Die Armut dort hat mit unserem Wohlstand hier zu tun. Wenn allein in drei Jahren 6000 Ärzte und Ärztinnen aus Rumänien nach Österreich, Deutschland und England auswandern, muss uns das zu denken geben. Dazu kommen unzählige Pflegekräfte, die unser System aufrecht erhalten. Sie fehlen aber dort. Dies müssen wir uns bewusst machen und auch unsere Verantwortung wahrnehmen ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Wir müssen Zusammenhänge verstehen und wir müssen einsehen, dass konventionelle Hilfsprojekte dort wenig bringen. Es ist die Zeit gekommen mit den Menschen vor Ort nachhaltige Projekte zu entwickeln. Bildung, einen Beruf erlernen und dann arbeiten, das ist ein Schritt aus der Armut. Partnerschaftliche Projekte sind hier gefragt.

michael1

Zartbitter: Du bist nominiert für den „Österreicher des Jahres“ in der Kategorie Humanität. Was erwartest du von dieser Nominierung?

Michael: Es ist die Möglichkeit eine humanitäre Botschaft formulieren zu können. Es geht darum mit den bettelnden Menschen in unseren Städten würdevoll umzugehen. Hinter dem „Bettlerproblem“ steht ein europäisches Armutsproblem. Und unser Salzburger Weg ist ein mögliches Modell. Zuhören, miteinander reden und dann ins Tun kommen. Und das quer über Kirchen, Organisationen und Parteien hinweg. Die Nominierung gilt der ganzen Plattform „Armut hat Platz“ , die Caritasdirektor Johannes Dines ins Leben gerufen hat. Und das Preisgeld von 10.000 Euro soll natürlich in die Arbeit für Menschen in Armut gehen.

Zartbitter: Wir wünschen dir und der Plattform alles Gute!

Hier geht’s zur Nominierung und Abstimmung: http://diepresse.com/unternehmen/austria14/3869165/index?cat=3

Zartbitter stimmt für Michael König :)

Die Banken sind gar nicht schuld! Es sind die Märkte! Oder doch auch nicht?

Ich habe gestern eine sehr interessante und empfehlenswerte Dokumentation gesehen: Der Banker – Master of the Universe (hier ab 14.9.2014 7 Tage lang in der ORF TV-Thek zum nachsehen)
Die Dokumentation spielt sich in einem verlassenen Bankgebäude ab, in der ein ehemals hochrangiger Bankfachmann (Rainer Voss) einen beängstigenden Bericht aus einer Parallelwelt liefert!

Vorweggenommen mein durchaus streitbares Fazit: „Schuld an allem“ hat vor allem die Politik, die zügelloser Gier und Bereicherung keinen Riegel vorschob und noch immer nicht vorschiebt.
Insofern sind wir alle, also das Volk, selbst schuld indem es mehrheitsfähige Parteien & Politiker wählt, die eine solche Politik verfolgen. Jeder der sich über vergeudete direkt zu Finanzhaien fliessende Steuergelder beschwert, sollte sich auch überlegen, welche die von jeweils ihm / ihr gewählten Volksvertreter für eine Politik verfolgen oder wen sie unterstützen!

Wer ist also wirklich Schuld an der Finanzkrise, die oft fälschlicherweise als Wirtschaftskrise bezeichnet wird?

Es gibt viele Zitate aus dieser Dokumentation die ich hier posten möchte, aber vor allem die folgenden sind höchst aufschlussreich:
(Es handelt sich hier um Transkriptionen, die zum leichteren Lesen sinngemäß wiedergegeben werden)

Der Druck auf Angela Merkel wächst: Griechenland braucht wohl noch mehr mehr Geld.
Wenn dieser Gipfel nichts Ordentliches gegen die Schuldenkrise bringt, wird die ganze Eurozone runtergestuft. So die Drohung von Standard & Poors. Auf so unverblümte Art und Weise ist der Politik wohl noch nie die Pistole auf die Brust gedrückt worden.

Sodann erklärt Rainer Voss, wie die Schuldenkrise in Griechenland überhaupt entstehen konnte:

Es durfte auf keinen Fall ein Bankrott von Griechenland eintreten. Darum ging es ja dazumals. Grundsätzlich gibt es Anleihen nach internationalem (meist englischem) und griechischen Recht. Beim griechischen Recht kann der Staat bestimmen, dass man für 10.000 Euro nicht mehr 10.000, sondern 4.000 Euro bekommt. So ist es auch passiert! Nach Englischem muss es eine Gläubigerversammlung geben. Die beschliesst ob ein Vergleich angenommen wird oder nicht. Dh.: wenn ich als Hedgefonds hergehe, und von einer 100 Mio. Anleihe 75 Mio. kaufe, habe ich eine qualifizierte Mehrheit für die Abstimmung. Dann kann ich den Griechen sagen: Wisst ihr was? Entweder Ihr gebt uns die Kohle oder wir lasen das Ding Hops gehen und ihr seid technisch Bankrott. Sie versuchen also mit allen Mitteln die Rechtsansprüche durchzusetzen. Das ist ein Geschäftsmodell gewesen. Es gab gezielte Aufkäufe nach Anleihen nach internationalem Recht. Über Datenbanken lässt sich leicht raussuchen, welche nach welchem Recht sind. Dann schaut man: Wie stehen die. (Kurs) Wenn die Dinger bei 30 % stehen statt 100 % zahlst du 30 Mio. für  100 Mio. Dann willst du von 100 Mio. 75 Mio. kaufen. Dann hast du aber nur von 30 Mio. 75% zu zahlen und zahlst somit  28 Mio. und zwingst später den Staat 100 Mio. auszuzahlen. Das war ganz normal. Das hat nicht nur eine Firma gemacht.

Das bedeutet kurz und vereinfacht gesagt: Firmen (Hedgefonds, Investmentbanken, Investoren etc.) kaufen um schlappe 28 Mio. das Recht 100 Mio. vom Staat zurück zu bekommen.

Super Deal, den der Steuerzahler bezahlt und von dem irgendwelche (wenige) Menschen irgendwo auf der Welt profitieren, während Griechenland im Elend versinkt. Weiterlesen

von Elisabeth Kaplan

Mama hat mir beigebracht, dass ich mich für ein Geschenk immer bedanken muss und höflich lächeln soll. Papa hat mir beigebracht, dass man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut. Aber Opa hat immer gesagt: Was nix kostet, ist nix wert. Und von Vergil weiß ich, dass ich bei Geschenken vorsichtig sein soll – denn vielleicht verbirgt sich etwas anderes dahinter.

Bei den Diskussionen um das neue U2 Album „Songs of Innocence“ geht es weniger um die Musik als um die Vertriebsmethode. Und auch ich fühle mich nicht dazu inspiriert, über den musikalischen Inhalt des Albums zu schreiben. Ich konnte mich mit U2 noch nie anfreunden und dieses Album wird mich bestimmt nicht bekehren. U2 ist eine Band, die man entweder liebt oder hasst. So kann man davon ausgehen, dass bei den 500 Millionen zwangsbeglückten iTunes-Usern viele dabei sind – sagen wir einfach mal die Hälfte – die die Musik von Haus aus nicht mögen. Und sogar bei der anderen, grundsätzlich U2-affinen Fraktion sind viele verärgert über die Art und Weise wie das Album vertrieben wird. Seien wir ehrlich, das, was uns U2 und Apple als „Geschenk“ verkaufen wollen ist wohl eher mit dem sich geräuschlos nähernden, schlagartigen Angriff einer Tarnkappendrohne zu vergleichen.

In einer Industrie, die sich immer mehr anstrengen muss, Menschen dazu zu bewegen, Geld für Musik auszugeben, nehmen die PR-Gags immer neue Formen an. Letztes Jahr zum Beispiel hat sich Jay Z mit Samsung für eine Marketingkampagne zusammengetan: Die Besitzer von gewissen Galaxy-Modellen hatten die Möglichkeit, sein neues Album „Magna Carta Holy Grail“ ein paar Tage vor dem eigentlichen Release gratis zu downloaden. Dazu war es notwendig, sich mittels App anzumelden, und die Aktion beschränkte sich auf eine Million Downloads. In dem Fall konnte man eher von einem „Geschenk“ sprechen, denn nur Jay Z-Fans werden das Angebot in Anspruch genommen haben und die haben sich sicher darüber gefreut, zu dieser exklusiven Gruppe zu gehören und als erster ein Album zu besitzen, das auch in weiterer Folge sehr erfolgreich war.

Screenshot handy

Lieb gemeint? Wie auch immer: Nein, danke!

Bei dem Guerilla-artigen Angriff von U2/Apple kommen zurecht unbehagliche Gefühle hoch. Es tun sich einige Fragen auf. An vorderster Stelle: Warum? U2 und Apple antwortet: „Es ist ein Geschenk!“ Aber so etwas gibt es in der Businesswelt nicht – nicht ohne Hintergedanken. U2 profitieren eindeutig. Sie haben von Apple ihr Honorar bekommen, die Verkaufszahlen von ihren älteren Alben haben zugenommen, sie sind wieder präsent in den Medien und sie konnten diese Aufmerksamkeit nutzen, um das bevorstehende Gegenstück, „Songs of Experience“, anzukündigen. Was der Vorteil für Apple ist, ist mir nicht klar und das finde ich unheimlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Firma einige Millionen Dollar ausgibt, ohne sich irgendeinen Nutzen zu erhoffen. Ist ihnen die reine, durch die Aktion erzielte Publicity so viel wert?

Vielleicht stimmt es ja, dass sogar negative Publicity einen positiven Effekt hat. Aber für mich ist die Tatsache, dass mir Apple die Entscheidungsfreiheit genommen hat, ob ich denn auf „Download“ klicke oder nicht, äußerst bedenklich. Aber vielleicht hat uns die Firma mit ihrer sehr öffentlichen Vorführung eines unerwünschten, unerlaubten Eingriffs auf unsere digitalen Geräte einen Gefallen getan, indem sie uns für das Thema Cyber-Sicherheit sensibilisiert. Und vielleicht ist das das eigentliche Geschenk.

Wenn Günther Bachmann [Philip Seymour Hoffman] sich gegen Ende des Films zu Hause ans Klavier setzt und spielt, dann löst er damit seine Anspannung vor dem, was am nächsten Tag kommt. Wird sich die wochenlange Arbeit seiner Einheit des deutschen Verfassungsschutzes bezahlt machen? Wird er morgen die Welt ein Stück sicherer machen?
„A Most Wanted Man“ kommt mit etwas Verspätung auch in unsere Kinos. Die internationale Presse hat die Adaption des Romans „Marionetten“ von John le Carré bereits mit viel Lob bedacht – und dabei vor allem die großartige Leistung von Philipp Seymour Hoffman hervorgehoben, der im Februar verstorben ist.

Hamburg: Dort wo sich die Terrorzelle der Anschläge vom 11. September 2001 unerkannt aufgehalten hatte, steht die Terrorabwehr unter besonderem Druck, ein derartiges Versagen künftig zu verhindern. Das Auftauchen des Tschetschenen Issa Karpov [Grigoriy Dobrygin] bleibt nicht unbemerkt. Man kennt seine Geschichte: Gefängnis und Folter in Russland und in der Türkei. Doch er scheint kein Opfer zu sein. Sein Weg wird vielmehr als der eines islamistischen Extremisten interpretiert. Und bald weiß man auch, was Issa Karpov in die Hansestadt bringt. Er besitzt den Schlüssel zum großen Schwarzgeld-Vermögen seines verstorbenen Vaters. Die idealistische Flüchtlingsanwältin Annabel Richter [Rachel McAdams] hilft ihm, an sein Erbe zu kommen und in der islamischen Gemeinde unterzutauchen. Was hat Issa Karpov mit dem Vermögen seines Vaters vor? Will er damit islamistischen Terror unterstützen? Längst ist er nicht nur im Visier des deutschen Verfassungsschutzes, sondern auch der Geheimdienste Großbritanniens und der USA, letztere freundlich-kühl durch die Agentin Martha Sullivan [Robin Wright] vertreten. Es kooperieren befreundete Staaten, deren gemeinsames Ziel, die Terrorabwehr, sie zu Rivalen macht.

Hauptdarsteller Philip Seymour Hoffman (Foto: Georges Biard, Lizenz:http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)

Hauptdarsteller Philip Seymour Hoffman
(Foto: Georges Biard, Lizenz:http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)

Wer sich hier einen rasanten Agenten-Reißer erwartet, ist im wahrsten Sinne des Wortes „im falschen Film“. Das Tempo des Films ist sehr langsam, Action und spannende Wendungen der Ereignisse darf man sich nicht erwarten. Regisseur Anton Corbijn (Hausfotograf der aktuell meistgeschmähten Band der Welt, U2) zeigt ein Hamburg voll abweisender Betonbauten, verlassener Ecken am Hafen und grindiger Kneipen. Passend zu der kühlen Ästhetik ist auch die Erzählweise nüchtern und distanziert, sodass sie etwas von einem Protokoll an sich hat.
Der Film bietet dadurch leider keine Anhaltspunkte, an den Schicksalen der Menschen Anteil zu nehmen. Ein Schwachpunkt, auch wenn die Geschichte sehr intelligent ist. Anscheinend steht im Roman (ich gebe zu, ich habe ihn nicht gelesen) Issa, jener junge Mann, der bereits viel durchgemacht hat, viel mehr im Zentrum. Das ist auch naheliegend, denn die Aktivitäten Bachmanns konzentrieren sich auf ihn und auch die der anderen Geheimdienste. Und er ist es vor allem, der zum Spielball bzw. zur Marionette wird. Dadurch dass der Film zu seinen Figuren immer auf Distanz bleibt, schafft er es nicht, richtig zu fesseln.
Immerhin: Am Ende verdichtet sich die Geschichte und riss mich doch noch aus meiner emotionalen Teilnahmslosigkeit.

Schauspielerisch lastet praktisch der ganze Film auf Philip Seymour Hoffman mit seiner Darstellung des brillanten, aber müde und gebrochenen wirkenden Geheimdienstlers. Schauspielerisch ist das sicher ein würdiges Vermächtnis.

Wenn der Film schon in Deutschland spielt, möchte ich auch nicht unerwähnt lassen, dass ihn einige bekannte deutsche Schauspieler in kleineren Rollen unterstützen: Nina Hoss als Erna Frey, die ihren Kollegen Günther Bachmann schon lange kennt – zwischen ihnen herrscht eine fast intime Vertrautheit. Der Film verrät darüber nicht viel. Hoss und Hoffman lassen es trotzdem erahnen – ganz großartig. Daniel Brühl als Max, auch Agent des Verfassungsschutzes, hier erwähnt wegen seines Bekanntheitsgrades, auch wenn er kaum zu Wort kommt. Und Herbert Grönemeyer (für dessen Cover-Fotos ebenfalls Regisseur Anton Corbijn in den 90ern verantwortlich war) als Chef des deutschen Geheimdienstes Michael Axelrod. Grönemeyer zuzusehen wie er lustvoll diese gute, kleine Rolle spielt, macht direkt Spaß.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
Ein intelligenter Film, der sich aber wenig für seine Figuren interessiert und daher nicht zu fesseln vermag. Immerhin gibts letztlich ein starkes Showdown.

Hier gehts zum Trailer von „A Most Wanted Man