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von Gabriele Rothuber

Was hat das Familienessen mit Missbrauchsprävention zu tun?

Bausteine in der Prävention / dem Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch

Folgende Szene kennen viele Eltern: man hat ein Abendessen gekocht – und das Kind möchte nicht essen. Irgendwie ist das zu rot oder zu wabbelig oder schaut einfach komisch aus.  „Was auf den Teller kommt, wird zusammengegessen“ hören zum Glück Kinder heute kaum mehr. In vielen Familien und leider auch manchen professionellen Nachmittagsbetreuungen werden Kinder jedoch dazu gezwungen, die Speise zumindest zu kosten.

Zwang bedeutet in dieser Hinsicht etwa, das Kind ansonsten nicht vom Tisch aufstehen zu lassen oder es hungrig ins Bett zu schicken oder ihm die Hausordnung abschreiben zu lassen – das Kind also dafür zu bestrafen, dass es nicht kosten möchte. Ich habe sogar von Kindergärten gehört, in denen Kindern der Löffel in den Mund geschoben wird, wenn sie nicht kosten möchten.

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Was darf wann in meinen Körper?

Die Argumente „für“ ein derartiges Verhalten Erwachsener reichen von „ohne zu kosten kann es gar nicht wissen, ob es schmeckt“ über „die Eltern zahlen für das Essen“ bis „mein Kind ist in der Nudel-mit-ohne-Sauce-Phase: wir brauchen künstliche Zusätze, damit es den Winter übersteht!“.

Die Argumente dagegen haben viel mit Selbstbestimmung über den eigenen Körper zu tun:

Wenn ich es gewöhnt bin, in meinem eigenen Tempo selbstbestimmt darüber zu entscheiden, was ich wann IN MEINEN KÖRPER lasse, werden meine Grenzen respektiert.  Und ich werde dies in vielen anderen Situationen automatisch einfordern.

Geschmäcker ändern sich, die Neugierde wächst und irgendwann ist das Kind bereit, Neues zu kosten. Und ehrlich: was kann man bei dem Machtspiel gewinnen, wenn das Kind aus Angst den Broccoli hinunterwürgt?

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Kinder dürfen mitreden

Für die Prävention ist es gut, wenn Kinder so bald als möglich so viel Mitspracherecht als möglich erhalten, wenn es um ihren Körper geht: das betrifft nicht nur das Thema Essen, auch Kleidung oder Frisur gehören hier etwa dazu. Selbst entscheiden zu dürfen, was ich anziehe oder mal eine Frisur auszuprobieren, die den Eltern vielleicht nicht so gut gefällt, bringt Kindern Autonomie.

Selbstverständlich bedeutet dies jedoch nicht, kleinen Tyrannen die Türen zu öffnen: wenn ein Menü gezaubert wird und das Kind lieber doch nur das Dessert oder Schokolade hätte: Ein Butterbrot kann immer eine Alternative sein. Es wird auch an uns liegen, zu erklären, weshalb es nicht sinnvoll ist, im Winter mit Flip-Flops in die Schule zu gehen.

Gabriele Rothuber arbeitet bei: Verein Selbstbewusst , Courage , Hosi

von Gabriele Rothuber

Bausteine in der Prävention / dem Schutz vor sexuellem Missbrauch

1. Was hat Selbstwertstärkung mit Kinderschutz zu tun?

Es wird davon ausgegangen, dass Kinder, die sich sicher, stark und frei fühlen – also selbstbewusste Kinder – weniger häufig Opfer von sexuellem Missbrauch werden bzw. sich nach einem Übergriff schneller Hilfe holen können. Deshalb hat die Stärkung des Selbstwertes einen hohen Stellenwert in der Prävention von sexuellem Missbrauch, der zu rund 95 % im nahen sozialen Umfeld von Kindern stattfindet.

Was können Eltern tun, um das Selbstwertgefühl ihres Kindes zu stärken?

  1. Anerkennung und ganz ehrlich gemeintes Lob sind der einfachste, schnellste und beste Weg, um das Selbstwertgefühl eines Menschen zu stärken!

Hierbei unterscheidet man zwischen „Seinsgeliebt“ und „Tunsgeliebt“:

„Seinsgeliebt“ meint, dem Kind immer wieder zu vermitteln, dass man es liebt, einfach um seiner selbst willen – „Ich liebe dich, weil du bei uns bist!“

„Tunsgeliebt“ beinhaltet anerkennende und lobende Worte für bestimmtes Verhalten: Dafür, dass es so schön malen kann, dass es so gerne singt, dass es den Tisch so liebevoll deckt…… Versuchen Sie auch, Ihr Kind zu loben, wenn ihm einmal etwas nicht gelungen ist – nämlich dafür, dass es den Versuch unternommen hat und den Mut hatte, ein Risiko einzugehen.

2. Vertrauen Sie Ihrem Kind, indem Sie es nicht übermäßig behüten und einengen und ihm altersgemäße Freiräume gewähren. „Ich vertraue dir!“ kann als kleine Zauberformel wahre Wunder wirken!

3. Geben Sie Ihrem Kind Handlungskompetenzen: das gilt für einen Besuch in einem Einkaufszentrum („Was kannst du tun, wenn wir uns verlieren?“) ebenso für jede andere Situation: „Du darfst dir immer Hilfe holen!“ Besprechen Sie im Vorfeld mit Ihrem Kind prekäre Situationen – und was es in diesen tun kann.

Kinder so annehmen wie sie sind, mit all ihren Besonder- und Eigenheiten, stärkt das Selbstvertrauen und die Bindung.

Kinderbücher zum Thema Selbstwert

von Gabriele Rothuber

1. Es gibt eine kindliche Sexualität, die nicht mit erwachsener Sexualität gleichzusetzen ist. Zum Beispiel „Doktorspiele“ unter annähernd Gleichaltrigen oder kindliche Masturbation.

2. Sexualerziehung fängt vor oder bei der Geburt an. Es ist es sehr wichtig, dass alle Körperteile benannt werden. Man kann nicht nicht Sexualerziehung machen. Ob und wie ich Fragen beantworte oder Themen anspreche, transportiert Werte.

3. Sexualerziehung ist nicht nur eine biologische Information, sondern ein Teil der Persönlichkeitserziehung, dazu gehören:  Erziehung zur Beziehungsfähigkeit, partnerschaftlichem Verhalten, verantwortlichem Umgang mit der Fähigkeit Kinder zu zeugen und mehr.

4. Medien können sinnvoll eingesetzt werden, etwa  Aufklärungsbücher gemäß der Entwicklung der Kinder. Massenmedien erziehen mit – deshalb ist es wichtig, mit Kindern über die Botschaften zu sprechen, die z.B. durch Werbung sowie Filme vermittelt werden.

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5. Versuchen Sie, mit Kindern möglichst ungezwungen über Sexualität zu sprechen – die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität erleichtert dies. Das heißt nicht, Kindern Details aus dem eigenen Sexualleben zu erzählen, sondern meint die Bereitschaft, offen auf Fragen der Kinder einzugehen.

6. Sagen Sie Ihrem Kind, wenn etwas Sie verlegen oder unsicher macht. Zu spüren, dass Sie ehrlich sind, gibt dem Kind Sicherheit. Wenn Zeitpunkt oder Ort gerade nicht passen, signalisieren Sie dem Kind die Bereitschaft, seine Frage später zu beantworten.

7. Antworten angepasst an die Fragen des Kindes geben: Sachlich richtig und für das Kind verständlich.

 

Kinderbücher oder auch die Serie „Kinderfragen – Elternantworten“ auf zartbitter helfen Ihnen, einen ungezwungenen Umgang mit diesen Themen zu lernen.

Wenn Sie im beruflichen Kontext mit Kindern / Jugendlichen arbeiten und sich für Sexualpädagogik interessieren: Der Verein SELBSTBEWUSST bietet auch im laufenden Schuljahr wieder Fachtage zu diesem Themenkreis an.

von Gabriele Rothuber

Die sexualpädagogische Arbeit mit Eltern & Pädagog*innen zeigt immer wieder, wie schwierig es für die meisten Erwachsenen ist, mit Kindern über das Thema Sexualität zu sprechen. Deshalb gibt es seit einiger Zeit die Reihe „Kinderfrage – Elternantwort“ auf zartbitter.

Doch nicht nur das altersadäquate Beantworten der Fragen, auch ein sensibler Umgang im Alltag mit für viele Menschen schwierige Situationen will und kann gelernt werden: kaum in den Ausbildungen der pädagogischen Hochschulen verankert, stellen folgende Fragen nicht nur Lehrer*innen, sondern auch Eltern im Alltag oft vor große Herausforderungen.

Warum soll ich mit meinem Kind über Sexualität reden?

Weshalb mit Kindern aber überhaupt „darüber“ reden? Was sind eigentlich die Hintergründe, die Prinzipien und Werte der Sexualerziehung, die da mitschwingen?
Welche Fragen & Handlungen sind in welchem Alter „normal“? Wo endet kindliche sexuelle Neugier – und wo fängt der sexuelle Übergriff unter Kindern an? Machen sich das die Kinder selber aus – oder soll ich intervenieren, und wenn ja: warum und wie?
Was tu ich, wenn ich den Verdacht habe, dass Erwachsene an (m)einem Kind missbräuchliche Handlungen begehen? Was gehört alles zu sexuellem Missbrauch? Was kann ich tun, damit Kinder nicht Opfer werden?

Die neue Reihe DARÜBER REDEN?! auf zartbitter möchte Gedankenanstöße geben, sensibilisieren und ermutigen, oftmals tabuisierte Lebensbereiche nicht einfach auszuklammern sondern aktiv in die Erziehung zu integrieren.
Dazu werden ca. alle 2 bis 3 Wochen Artikel auf zartbitter erscheinen.

Mag.a Gabriele Rothuber
Dipl. Sexualpädagogin bei www.selbstbewusst.at
Sexualberaterin bei www.courage-beratung.at und www.hosi.or.at
Familienplanungsberaterin
System. Traumapädagogin und -Fachberaterin
Bild: Eva Spießberger

Zartbitter trifft Gabriele Rothuber und Daniela Römer vom Verein Selbstbewusst. Beide sind diplomierte Sexualpädagoginnen und arbeiten mit Kindern, Eltern und PädagogInnen.Daniela Römer und Gabriele Rothuber

Zartbitter: Wie ist die Idee für den Verein entstanden?

Selbstbewusst: 2004 gründeten Sandra Kirchbach und Dorli Weinhold unseren Verein. Es gab und gibt eine große Unsicherheit, wie man mit dem Thema Sexualität, Kinder und Jugendliche umgeht. In Salzburg gab es bis dato keine Angebote. Wir wollen aufklären und den Schutz von Kindern fördern.

Zartbitter: Warum ist frühkindliche Sexualerziehung so wichtig?

Selbstbewusst: Gut aufgeklärte Kinder sind keine schutzlosen Kinder. Sie wissen, wohin Sexualität gehört. Nämlich zu Erwachsenen und großen Jugendlichen. Das Thema Sexualität soll kein Tabu sein!

Zartbitter: Wie bricht man ein Tabu?selbstbewusst

Selbstbewusst: Als Beispiel nehmen wir mal gute und schlechte Geheimnisse. Das sollen Kinder wissen. Ein gutes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener mit einem Kind vereinbart, das Geburtstagsgeschenk für die Mama noch nicht zu verraten. Ein schlechtes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener ein Kind unter Druck setzt und etwa sagt, das Geheimnis dürfe nicht verraten werden, da sonst etwas Schlimmes passiert. Wir wollen Kinder im Vorfeld stärken und ihnen Handlungskompetenzen geben. Sie sollen wissen, dass sie über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen.

Zartbitter: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Selbstbewusst: Natürlich mehr finanzielle Unterstützung für unsere Arbeit. Bis jetzt haben wir 22.000 Kinder, Eltern und PädagogInnen erreicht. Und es sollen noch viel mehr werden.

Zartbitter: Danke für das informative Gespräch!

Mehr Informationen findet man unter: http://www.selbstbewusst.at/