Beiträge

Nach längerer Bauphase ist der untere Teil der Linzergasse in Salzburg fertig gestellt. Die Investitionskosten dafür belaufen sich auf 2,6 Millionen Euro. Politiker der Stadt und ein großer Teil der Geschäftsleute zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. Also alles eitel Wonne? Nein, keineswegs. Ein Rundgang durch die Linzergasse offenbart die fehlende Barrierefreiheit. Nur ein winzig kleiner Teil der Geschäfte und Lokale bieten einen ungehinderten Zugang.

Ein Armutszeugnis für Salzburg, das sich damit rühmt, eine moderne Touristenstadt zu sein. Dazu gehört allerdings auch ein Zugang für alle Menschen. Es wird das große wirtschaftliche Potenzial verkannt, das durch die Schaffung von Barrierefreiheit entsteht. Rund ein Fünftel der Menschen haben eine Behinderung, dazu kommen noch zahlreiche ältere Menschen und Eltern mit Kinderwagen, für die der Zugang zu den Geschäften und Lokalen erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.

Ein Experte, der sich mit der Materie intensiv befasst, ist Manfred Fischer. Der Oberösterreicher, der Schulungen und Sensibilisierungskurse abhält, sitzt im Rollstuhl und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein. „Die Linzergasse ist ein gutes Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Ich fahre zum Beispiel viel lieber mit meiner Frau und meinen Kindern in den Europark, weil dort alles barrierefrei ist.“

Doch wer trägt Schuld an diesem baulichen Desaster? Aus dem Bauamt kam die Aussage, dass man mit den Hausbesitzern darüber gesprochen habe, aber niemanden zur Umsetzung zwingen könne. „Es wäre so einfach. Man hätte die Investitionen zwischen den Hausbesitzern und den Geschäftsleuten aufteilen können. Alle hätten davon profitiert“, so Fischer weiter. Oftmals wird auch der Denkmalschutz als Ausrede hergenommen. „Das ist Blödsinn, in den meisten Fällen wird die Fassade gar nicht berührt“, sagt der Experte.

„Es war eine Bedingung von mir, dass der Eingang barrierefrei gemacht wird, wenn ich weiterhin hier die Apotheke führen soll“

Es gibt zumindest einen, der auf die Umsetzung von Barrierefreiheit gepocht hat. Werner Salmen, der Inhaber der Engel Apotheke in der Linzergasse 5. „Es war eine Bedingung von mir, dass der Eingang barrierefrei gemacht wird, wenn ich weiterhin hier die Apotheke führen soll“, so Salmen.

Nun wurde von der Stadt in Aussicht gestellt, dass bei der Renovierung ab dem ehemaligen Standort des Centralkinos hin zum Cornelius-Reitsamer-Platz und der Bergstraße die Barrierefreiheit umgesetzt werden soll. Ein kleiner Anfang, man darf gespannt sein.

von Elisabeth Kaplan

Camo & Krooked (Reinhard Rietsch und Markus Wagner), zwei DJs aus Salzburg bzw. Niederösterreich, begannen 2007 zusammen zu arbeiten und konnten sich seither als begehrtes Drum ’n’ Bass Produzententeam international etablieren. Ihr Track „Watch It Burn“ (feat. Ayah Marar), zum Beispiel, wurde bisher über 6 Mio. Mal auf YouTube angesehen, und ihr Remix von Lana Del Reys „West Coast“ hat vor kurzem die Spitze der FM4-Charts erreicht. Außerdem sind sie international begehrte DJs. Ein Blick auf ihren Terminkalender beweist das. Und ihre mehr als 320.000 Facebook-Likes sprechen für sich! In ihrer Heimat, Österreich, kennt man sie aber nur in ganz bestimmten Kreisen. Das liegt wieder einmal daran, dass sie von den Sendern in diesem Land als nicht passend für Radioplay angesehen werden. Das ist freilich vollkommener Blödsinn – ein Sender der z.B. Daft Punk, Modjo oder Stardust im Programm hat, kann genauso gut „Loving You Is Easy“ spielen.

Mit ihrem aktuellen Album „Zeitgeist“ haben Camo & Krooked ihre Bandbreite erweitert. Im Interview haben sie erklärt, dass sie einfach gelangweilt waren von dem, was zurzeit im Electronic-Dance-Bereich so zu hören ist. Sie wollten darum ein bisschen Frische und organische Elemente reinbringen. So schafften sie es, ein geschmackvolles Album zu machen, dass in den Klubs funktioniert und trotzdem nicht nervt, wenn man es auch mal Zuhause auflegt.

Reinhard Rietsch und Markus Wagner sind Camo & Krooked

Reinhard Rietsch und Markus Wagner sind Camo & Krooked


Disco triff Minimal House

Nach ihren Einflüssen gefragt, nennen Camo & Krooked immer Disco, French House und Minimal. Diese Einflüsse sind unüberhörbar in „Loving You is Easy“. Diesen Track habe ich deswegen gewählt, weil er so einnehmend und tanzbar ist. Dabei ist er völlig unaufdringlich. Ich finde, er ist auch eine perfekte musikalische Untermalung für eine nette Sommerparty auf der Terrasse. Der Track macht mich schlicht und einfach glücklich. Außerdem haben C&K selbst schon öfter behauptet, dass er ihr Lieblingstrack auf ihrem Album „Zeitgeist“ ist. Was ich am meisten an „Loving You Is Easy“ liebe ist der starke Kontrast zwischen den lebensfrohen Disco-Teilen und den extrem zurückhaltenden, nüchternen Minimal-Teilen. Darauf, wie C&K diesen Kontrast maximieren, gehe ich später ein.

Ich bin ganz selig

Die ersten paar Sekunden des Tracks stellen bereits klar, was auf uns zukommen wird. Der langgehaltene Ton in den Blechbläsern und die arpeggierten Streicher geben eindeutig zu verstehen: C&K lassen hier die Disco-Ära hochleben! Im Intro wird dann das Klavier-/E-Bass-Riff vorgestellt, das den Kern des gesamten Tracks bildet. (Ich habe das Riff notiert, allerdings ohne die Ghost Notes, die den rhythmischen und funky Charakter ausmachen.) Wenn ihr genau hinhört, werdet ihr außerdem kurze Atmer hören, die sozusagen wie Perkussion eingesetzt werden. Danach setzt bald das Vocal-Sample ein (es könnte durchaus ein originales Vintage-Sample sein, oder einfach ein mörder-guter Studiosänger), das die Disco-Teile mit souliger Wärme und Emotionalität erfüllt.

Von ABBA abgeschaut? ;-)
C&K geben sich nicht damit zufrieden, einfach gegensätzliche Teile aneinanderzureihen, sondern setzen Tricks ein, um den Kontrast zu verstärken: Bevor ein Minimal-Teil kommt, bauen sie Elemente ein, die mehr Dichte erzeugen, und schneiden diese dann abrupt ab. So setzen sie in der zweiten Hälfte des Vocal-Teils (ab 0:27) vermehrt Effekte ein und einen crescendierenden „Swoosh“-Sound (also ein lauter werdendes Rauschen), der dann mit dem Einsatz des Minimal-Teils (0:33) abgeschnitten wird. Was danach kommt, wirkt dadurch umso trockener und karger. Das ist genau der Effekt, der mir schon immer bei „One Night in Bangkok“ (Murray Head, 1984) so gefallen hat: Der Refrain („One night in Bangkok and the world’s your oyster“) setzt ein, mit seiner ausladenden Instrumentierung und jeder Menge Hall, und in der zweiten Zeile („The bars are temples but the pearls ain’t free“) wird mit dem Wort „temples“ alles abgeschnitten und es bleibt nur eine nackte Basslinie über. Dann wird wieder aufgebaut und wieder abgewürgt. Ich liebe diesen Effekt. Wenn er gekonnt ausgeführt wird, erzeugt er Abwechslung, Überraschung, Excitement, Intensität. Er ist einfach unwiderstehlich.

Loving you is easy – music
In der Zurückhaltung liegt die Macht

Genug geschwelgt. Zurück zu „Loving You Is Easy“. Also, wir waren beim überraschenden Einsatz des Minimal-Teils. Dieser Teil besteht nur aus Bass, Drums und einem Minimal-Sound in der Oberstimme, der einfach die F-Moll-Tonart – F – G – As – B – C – (Des fehlt) – Es – F – spielt. Minimaler geht’s wohl kaum. Und auch hier vermehren sich gegen Ende der 8-taktigen Form die Effekte und der Hall, und der Melodie wird außerdem ein Delay gegeben, und wieder wird vorm Übergang erbarmungslos alles abgeschnitten. Es lohnt sich übrigens, die weiteren Übergänge auch genau anzuhören, denn C&K machen es jedes Mal ein bisschen anders.

In den nachfolgenden Disco-Teilen untermauern C&K den Disco-Charakter mit der Einführung einer von Chic inspirierten Gitarre und später mit Disco-typischen „Falls“ in den Streichern (z.B. um 2:36). Und dann, als wäre ich noch nicht glücklich genug, lassen C&K den Track mit einem Synth-Sound auslaufen, dem ein Giorgio Moroder bestimmt seinen Segen geben würde.

Fazit
Mein Glück ist vollkommen. Danke, C&K, für diesen lebensfrohen Track, der nichts anderes will, als gute Laune zu verbreiten! Ich bin ganz selig …

Hier der Link zu „Loving you is Easy“ auf YouTube

In the past four years I attended lectures and discussions hosted by the Salzburg International Summer Academy of Fine Arts in my capacity as an interpreter. Although I had always been aware of the institution and its international renown, like most of my fellow Salzburg citizens I didn’t really know a whole lot about it. Only that it’s something to do with the famous Austrian painter Oskar Kokoschka and somehow involves our city’s most prominent landmark, the Hohensalzburg fortress. Starting 21 July, this year’s programme might not only attract hundreds of students from around the globe, but also the interest of Salzburg residents.

The Summer Academy in a nutshell
Founded in 1953 by the Austrian painter Oskar Kokoschka as the “School of Vision”, the Salzburg Summer Academy of Fine Arts offers courses in the visual arts at a high academic level. International artists teach students (art students and mid-career artists as well as nonprofessional artists) from more than 40 countries.

Hildegund Amanshauser, director of the Summer Academy of Fine Arts in Salzburg

Hildegund Amanshauser,
director of the Summer Academy of Fine Arts in Salzburg

Although in principle the courses are open to anyone, applicants have to submit a portfolio to get in. As far as its course programme is concerned, the Summer Academy is a closed event that non-participants have no access to, which explains why most Salzburg citizens are not entirely sure what the Summer Academy really is or does.

But the Summer Academy is by no means out of bounds to the general public. In addition to courses, there are the lectures and discussions that anyone can attend – without registration or invitation. The topics are presented in a way that lets anyone interested join in, whether it’s “The artist’s studio” or “Global Art”. Of course, these topics will hardly lure large crowds. But then again, that’s not what the Summer Academy is aiming for.

Leaving the historical centre to explore a problem district
But this year’s topic, “CITIES – spaces for art, politics, living …”, might appeal to Salzburg’s population more than in years past. Especially as it includes city walks through our city – for example, through the district of Lehen, which isn’t generally considered one of our more presentable areas. Hildegund Amanshauser, director of the Summer Academy, chose this part of Salzburg for a particular reason, as “Lehen is a focal point of the city’s development”.

Since talking about a place isn’t half as good as seeing it for yourself, Lehen can be explored on a city walk that focuses on how the district is making the transition from a deprived fringe area to a modern and multi-faceted city district whose appeal and quality of life are constantly increasing.

Show and tell
Other parts of the city of Salzburg will also be explored on three more city walks, including “Salzburg from behind”, which shows the hidden corners in the historical centre, or one that deals with the water veins and fountains of the city – a tour that might prove popular simply for the fact that one of the things Salzburg citizens are extremely proud of is the excellent quality of our water.

Out and about a lot this summer

Out and about this summer

To underline its interest in the district of Lehen, the Summer Academy has moved the venue for lectures and discussions there. They will be held in the fairly recently built Stadtgalerie (municipal gallery). The questions asked will range from “What constitutes a city today? How does it function (or not)?” to, more pressingly for Salzburg, “How can we bridge the gap between the local situation in Salzburg Old Town, a UNESCO World Heritage Site, with its shopping streets and cultural venues, and global developments?”

“Salzburg’s citizens are very interested in the goings-on in their city and like being involved,” says Hildegund Amanshauser. And for this reason, the Summer Academy’s programme is likely to attract people who play an important role in the city’s development, e.g. urban planners, architects and artists. But Salzburg’s citizens are also called to take part. The aim is to get many different voices to contribute to the discussion.

Will we be gleefully scandalised?
All those who don’t find the discussion topics particularly riveting may still enjoy the output of the Summer Academy: for the first time a public art course is being held. The students’ work, usually presented in exhibitions at the end of a course, will be shown in public spaces. Since public art usually triggers scandals and emotional discussions, we can look forward to loving or hating what Polish artist Robert Kusmirovski and his class have in store for us. Hildegund Amanshauser doesn’t see a typical Salzburg public art scandal ahead. “That would be too easy,” she smiles at my question. What is important to her is that the public art interventions are relevant to the space where they are installed and that they are sensitively incorporated there. Also, the art will be removed at the end of the Summer Academy. “After all, we don’t want to clutter the whole city with art.”

In any case, we can look forward to an interesting summer with the programme of the International Summer Academy of Fine Arts.

Related links:

More information on the Salzburg International Summer Academy of Fine Arts

More information on the events

More information on the city walks

 

 

Seit vier Jahren nehme ich an den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst teil – und zwar beruflich, als Simultanübersetzer. Wenn ich davon erzähle, dann stelle ich oft fest: Die international renommierte Bildungseinrichtung ist den Salzburgern zwar ein Begriff, doch über den Namen hinaus ist den meisten wenig darüber bekannt. Irgendwas mit Oskar Kokoschka und irgendwas mit der Festung. Ehrlich gesagt, noch vor einigen Jahren ging’s mir nicht viel anders. Das Programm der Sommerakademie könnte dieses Jahr jedoch dafür sorgen, dass sich mehr Salzburger_innen für die Veranstaltungen der Institution interessieren als bisher. Ab 21. Juli.

Die Sommerakademie kurz umrissen
1953 vom österreichischen Maler Oskar Kokoschka als „Schule des Sehens“ gegründet, bietet die Sommerakademie jährlich Kurse in Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Bildhauerei u.v.a.m. auf hohem Niveau. Internationale Künstler_innen unterrichten Student_innen, welche ebenso aus aller Welt kommen – nur ca. ein Viertel der Teilnehmer_innen sind aus Österreich. Die Kurse der Sommerakademie stehen grundsätzlich allen offen: Kunststudent_innen und Kunstschaffenden ebenso wie Laien. Doch man muss schon einiges an Voraussetzungen mitbringen, damit die Bewerbung als Teilnehmer_in überzeugt. Was das künstlerische Kursprogramm betrifft, ist die Sommerakademie eine „geschlossene Veranstaltung“, zu der man als Nicht-Teilnehmer_in nur an den Tagen der offenen Tür Zugang hat.

Studentin der Klasse von Norbert Bisky  auf der Festung Hohensalzburg, 2013 (Foto: Ruth Ehrmann)

Studentin der Klasse von Norbert Bisky
auf der Festung Hohensalzburg, 2013
(Foto: Ruth Ehrmann)

Zusätzlich gibt es aber viele Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen. Jeder kann sie besuchen – ohne Vorkenntnisse und ohne Einladung. Diese Veranstaltungen sind so angelegt, dass jeder einsteigen kann, der sich für das Thema interessiert. In den letzten Jahren lauteten die Themen für diese Veranstaltungen z. B. „Das Atelier“ oder „Globale Kunst“. Die ganz breite Masse wird man damit nicht erreichen, aber das strebt Sommerakademie auch gar nicht an.

Raus aus der Altstadt, rein nach Lehen
Dieses Jahr jedoch verspricht das Programm für die Salzburger_innen besonders interessant zu werden. Das Thema lautet „STÄDTE – Räume für Kunst, Politik, Leben…“. Und dabei geht es nicht nur ganz allgemein um Stadt-Theorie, sondern sehr konkret um unsere Stadt, Salzburg. Zum Beispiel um Lehen. Dieser Stadtteil dient ja sonst nicht unbedingt als Vorzeigebezirk. Hildegund Amanshauser, die Direktorin der Sommerakademie, wollte aus ganz bestimmten Gründen dort hin, denn: „Lehen ist ein Zentrum der Stadtentwicklung.“
Darüber reden ist gut, noch besser ist es aber, sich alles vor Ort anzusehen. Bei einem Stadtspaziergang mit Sarah Untner vom Verein Stadtwerk erfährt man mehr, wie und wodurch Lehen sich gerade wandelt – von einer Randzone mit schlechtem Ruf zu einem modernen, urbanen und facettenreichen Stadtteil, der durchaus interessant und lebenswert ist.

Mitspazieren und mitdiskutieren

Hildegund Amanshauser leitet die international renommierte Bildungseinrichtung  (Foto: Victoria Schaffer)

Hildegund Amanshauser leitet die international renommierte Bildungseinrichtung
(Foto: Victoria Schaffer)

Aber auch andere Teile der Stadt Salzburg werden erkundet. Drei weitere Spaziergänge, führen zum Beispiel durch verborgene Winkel zwischen Nonntal und Mülln, oder folgen den Salzburger Wasseradern und Brunnen. Immerhin sind wir Salzburger besonders stolz auf unsere gute Wasserqualität. Die Vorträge und Diskussionen zum Thema Stadt finden ebenfalls in Lehen statt – in der Stadtgalerie. Dort werden Fragen behandelt wie „Wie funktionieren Städte heute (nicht)?“ Oder besonders heikel: „Wie können wir die Brücke von der lokalen Situation in Salzburg mit der Shopping- und Eventmeile ‚UNESCO Welterbe Altstadt’ zu globalen Entwicklungen schlagen?“

„In Salzburg engagieren sich die Einwohner sehr für ihre Stadt“, ist Hildegund Amanshauser überzeugt. Und weil das so ist, sollte das interessante Programm Menschen anlocken, die eine große Rolle bei der Stadtentwicklung innehaben – wie Stadtplaner_innen, Architekt_innen und Künstler_innen. Darüber hinaus können und sollen sich auch interessierte Bürger_innen daran beteiligen. Die Hoffnung ist, dass möglichst viele Stimmen etwas zur Diskussion beitragen.

Typischer Sommer-Aufreger in Aussicht?
Und wer sich für Diskussionen nicht begeistern kann, hat dieses Jahr trotzdem was von der Sommerakademie: Zum ersten Mal wird ein Kurs gehalten, bei dem Kunst im öffentlichen Raum entsteht, die auch in der Stadt zu sehen sein soll. So werden wir uns darüber freuen oder erhitzen können. Kunst im öffentlichen Raum sorgt in Salzburg ja regelmäßig für Aufregung. Ein Skandal könnte aber ausbleiben, denn „das wäre zu einfach.“ Hildegund Amanshauser ist es wichtig, dass die Interventionen einen speziellen Bezug zu dem Ort haben, an dem sie stehen, und nach Ende der Sommerakademie 2014 wieder verschwinden. „Wir wollen die Stadt ja nicht mit Kunst zumüllen.“
Wir dürfen trotzdem gespannt sein. Und uns auf einen interessanten Sommer mit dem Programm der Sommerakademie freuen.

 

Links:
Mehr über die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst

Veranstaltungsprogramm 2014 der Sommerakademie

Alle Stadtspaziergänge der Sommerakademie

 

Österreich-Serie Teil 2 von Elisabeth Kaplan

Was macht man, wenn man einen Überraschungshit hatte und nun die Erwartungen hoch sind, diesen Erfolg zu wiederholen? Oder gar zu übertreffen? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Der gelassene Ansatz: Man denkt: „Egal, ich mach einfach weiter wie immer“, und hält die Daumen, dass schon alles gut laufen wird. Der kalkulierte Ansatz: Man studiert und recherchiert, geht ein kalkuliertes Risiko ein, und hofft, dass der Plan aufgeht. So oder so weiß man nie, wie es wirklich ausgeht.

Von der Kunst, einen Hit zu schreiben
The MakeMakes, eine 2012 gegründete Rockband aus dem Flachgau (Land Salzburg), haben letzteren Ansatz gewählt. Mit ihrer ersten Single, „Lovercall“ (2012), die etwas von „This Love“ (2002) von Maroon 5 hat, ist der Band das schier Unmögliche gelungen: Sie schaffte es in die österreichischen Pop-Charts und kletterte auf Platz 6 – ganz ohne Casting-Show, wie es in diesem Land inzwischen üblich ist. So. Und jetzt?

Die zweite Veröffentlichung nach einem erfolgreichen Erstlingswerk ist ja bekanntlich extrem wichtig und daher auch eine Herausforderung, die einen ganz schön unter Druck bringen kann. Da zeigt sich, ob der erste Hit ein reiner Zufall war, oder ob es sich um eine solide, hochwertige Band handelt. Die zweite Single der MakeMakes, „Million Euro Smile“ (2014), hat alle Erwartungen übertroffen, hat Platz 2 in den österreichischen Top 40 erreicht und liegt derzeit auf Platz 5 in den Ö3 Hörercharts. Eine beachtliche Leistung!

The MakeMakes in Wien

The MakeMakes in Wien (Foto: Benjamin Kaplan)

Einen Song zu schreiben mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass das ein Hit werden soll, ist keine leichte Aufgabe. Natürlich gibt es einige Vorgaben und Parameter, nach denen man sich richten kann. Einige davon liegen auf der Hand, wie z.B. eine eingängige Melodie. Letztendlich ist die Reaktion der Zuhörer aber unberechenbar.

Retro-Sound
Für „Million Euro Smile“ haben sich The MakeMakes vom Rock ’n’ Roll und dem klassischen Motown-Sound inspirieren lassen. Die Musik der 50er und 60er ist immer wieder eine ergiebige Fundkiste, in der gerne gewühlt wird. In den 80ern, zum Beispiel, hatte Billy Joel großen Erfolg damit, mit seinem Album „An Innocent Man“ (1983), allen voran die Nummern „Uptown Girl“ und „Tell Her About It“. Dieser Retro-Stil brachte auch Soulsister Glück, mit ihrem Hit „The Way to Your Heart“ (1988). In Großbritannien hat man anscheinend überhaupt ein Faible dafür: In den 90ern hatte beispielsweise Gabrielle mit ihrem Motown-inspirierten Song „Give Me a Little More Time“ (1996) einen Chart-Erfolg, in den Nullerjahren folgten Amy Winehouse und Duffy, und 2012 konnte die englische Girl-Band Stooshe mit „Black Heart“ einen UK-Hit verzeichnen.

Der Vorteil eines Songs im Retro-Stil ist, dass er einem sofort irgendwie bekannt vorkommt. Songs, die extrem innovativ und originell sind, bekommen oft nicht die gebührende Aufmerksamkeit, weil sich die Zuhörer einfach an Neues erst gewöhnen müssen – was mit einer gewissen Anstrengung verbunden ist.

Übereinstimmung und Abweichung
„Million Euro Smile“ ist also ein einfacher Retro-Song mit Elementen aus Doo Wop, Rock ’n’ Roll, Motown – z.B. die „La-da-da“-Einleitung, die schnellen Akkordwiederholungen à la Jerry Lee Lewis im Klavierpart, der betonte Backbeat in den Drums, der Bläsersatz (übrigens ein Beitrag von LaBrassBanda) … die Liste ist noch lang nicht fertig.

Interessanter ist es vielleicht, die Abweichungen vom Retro-Schema hervorzuheben: Was mir als erstes aufgefallen ist, war der extrem komprimierte Vocal-Sound. Ich glaube nicht, dass es der Gedanke dahinter war, einen „Vintage-Sound“ zu reproduzieren – das würde anders klingen – sondern eher der Stimme zusätzliche Schärfe zu verleihen, um zu vermeiden, dass der Song letztendlich zu lieb und nett wirkt (leider geht das auf Kosten der Textverständlichkeit). Zweitens, kommt am Ende des zweiten Refrains ein kurzer Halftime-Teil vor (ab 2:02) mit einem langen Delay auf den Vocals. Diese paar Augenblicke setzen sich vom Rest ab, weil sie plötzlich viel moderner klingen. Sie bieten uns eine kurze Verschnaufpause – ungefähr so wie der Augenblick des Stillstands auf dem Höhepunkt einer Achterbahn, bevor man wieder mit Full Speed bergab rauscht.

The_Makemakes_official

Foto: Rene Deutschlaender

Die dritte Abweichung von der Norm, die mir auffällt, ist der Text. Er handelt nicht, wie üblich für diesen Stil, von der Liebe, sondern vom Euro. Ja, richtig. Dodo Muhrer, Sänger und Songwriter der Band, erklärt im Interview, dass der Song „zu dem Zeitpunkt entstanden [ist], wo die EU-Mitgliedsstaaten überlegt haben, wie es eigentlich mit dem Euro weitergehen soll.“ Ich persönlich finde diesen höheren textlichen Anspruch nicht nötig, aber ich denke, dass die Band einfach vermeiden wollte, dass der Song in die Bubblegum-Schiene abrutscht.

Resümee
Dieser Salzburger Band ist es gelungen, einen Song zu schreiben, der zum Hit in Österreich wurde. Das ist wirklich nicht einfach, aber sie haben sich mit Köpfchen der Herausforderung gestellt und wurden belohnt. Im Herbst erscheint ihr Debüt-Album und man darf gespannt sein. Da ich weiß, dass die Burschen echt rocken können, hoffe ich, dass sie das auch auf dem Album beweisen.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags gibts hier zu lesen

Und hier gibts das Video zum Song: Million Euro Smile

ratzenbergerkarteEin Beitrag von Harald Saller:

Gewisse Tage im Leben vergisst man nicht. Einer davon ist der 30. April 1994. Es ist ein herrlicher Frühlingstag mit angenehmen Temperaturen. Ich bin an diesem Nachmittag mit Schulkollegen bei einem Fußballspiel, als plötzlich ein junger Mann zu uns kommt und sagt: „Habt ihr schon gehört, da Ratzenberger ist tödlich verunglückt!“ Geschockt von dieser Meldung schwinge ich mich auf mein Fahrrad, fahre nach Hause und drehe Fernseher und Radio auf. Nach einiger Zeit kommt tatsächlich die Meldung, dass Salzburgs erster und zugleich einziger Formel-1-Fahrer im Qualifying zum Großen Preis von Imola tödlich verunglückt ist. Der 33-Jährige war mit seinem Boliden bei rund 300 km/h aufgrund eines Bruchs des Frontflügels von der Strecke abgekommen und gegen eine Mauer geprallt. Ratzenberger hatte keine Chance zu überleben. Es sollte eines der schwärzesten Formel-1-Wochenenden der Geschichte werden. Nur einen Tag später kommt der dreifache brasilianische Weltmeister Ayrton Senna ums Leben.

Heute jährt sich der Todestag von Roland Ratzenberger zum 20. Mal. Ich hatte leider nicht die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Als er starb, war ich erst 13 Jahre alt. Als jemand, der ebenfalls seit frühester Kindheit vom Motorsport fasziniert war, habe ich seine Karriere via Fernsehen, Magazine und Zeitungen verfolgt. Ich habe Bücher gewälzt und später im Internet Videos von früher angesehen. Der stets auf Vollgas getrimmte Rennfahrer machte den Eindruck eines stattlichen Mannes, der mit seiner charismatischen Persönlichkeit jeglichen Raum ausfüllt und obendrein genau weiß, was er will.

Ich habe den traurigen Anlass genutzt und die Eltern von Roland Ratzenberger besucht, um über das Geschehene zu sprechen. Sein Vater Rudolf und seine Mutter Margit leben in der Wohnung in Salzburg-Maxglan, die ihr Sohn eine Woche vor seinem Tod gekauft hatte. Roland ist noch immer allgegenwärtig.

 

Eltern von Roland Fotos, Pokale und Modelle seiner Rennwagen zieren das Wohnzimmer. „Roland lebt noch immer bei uns mit“, sagt sein Vater. Der heute 81-Jährige hat Stress, wie er sagt. Zahlreiche Journalisten aus dem In- und Ausland rufen ihn an, um über seinen Sohn zu berichten. „Ich spreche gerne mit den Journalisten. Für mich ist das eine Art der Trauerbewältigung.“ Er und seine Frau besuchen regelmäßig das Grab auf dem Maxglaner Friedhof, das nach wie vor Fans aus der ganzen Welt besuchen und schmücken. „Ein Mal ist ein ganzer Bus mit Japanern zu uns gekommen. Das war eine herzliche Angelegenheit“, sagt Vater Rudolf und lächelt. Seine Worte klingen so lebendig, dass man den Eindruck gewinnt, Roland würde jederzeit bei der Tür hereinspazieren.

Als Roland Ratzenberger, der im Salzburger Stadtteil Gnigl aufgewachsen ist, seinen Eltern sagt, dass er Rennfahrer werden wolle, sind diese alles andere als begeistert. „Ich wollte eigentlich, dass er die HTL absolviert und einen technischen Beruf erlernt. Leider musste er in der vierten Klasse die Schule verlassen“, so der Vater. Der Junior habe sich aber ohnehin nicht von seiner Idee abbringen lassen. „Er war sehr ehrgeizig, zielstrebig und vor allem geschäftstüchtig. Er wollte sich von uns gar nicht helfen lassen.“

Roland arbeitet unter anderem als Instruktor und Mechaniker in der Rennfahrerschule von Walter Lechner. „Er schraubte oft bis zum Umfallen. Er nahm sich nicht Mal die Zeit, etwas Vernünftiges zu essen“, so der Senior. In Italien schult er Bodyguards von reichen Leuten, wie man den Wagen in Grenzsituationen beherrscht. Mit dem verdienten Geld finanziert er sich seine Karriere als Rennfahrer.

1980 macht er das erste Mal auf sich aufmerksam. Der damals 20-Jährige gewinnt die „Jim Russel Trophy“. Drei Jahre später folgt der erste Sieg in der Formel Ford auf dem Nürburgring. 1986 gewinnt er als bisher einziger deutschsprachiger Rennfahrer beim Formel-Ford-Festival im englischen Brands Hatch. Seine Eltern sowie seine zwei Schwestern verfolgen das Geschehen von Salzburg aus. „Ich war nur bei einem Rennen in der Formel Ford Mitte der 80er dabei.“, erinnert sich Vater Rudolf.

1989 erfolgt der nächste Karriereschub. Roland Ratzenberger wird der erste europäische Werksfahrer bei Toyota. Er pendelt zwischen Japan und Europa, fährt zahlreiche Rennen in der Formel 3000, in der Gruppe A und C und zusätzlich für BMW im Tourenwagensport. In einer japanischen Bar kommt es zu einer brenzligen Situation. Ein Mann bedroht Ratzenbergers deutschen Rennfahrerkollegen Heinz-Harald Frentzen mit dem Messer. Roland schiebt sich mutig dazwischen und entschärft die gefährliche Angelegenheit. Zu diesem Zeitpunkt verdient er bereits gutes Geld und kann ein feines Leben führen. Er kauft sich einen Porsche 911 Carrera, von dem er immer geträumt hatte.

Seinen großen Plan von der Formel-1-Karriere hat er damals schon fast aufgegeben, schließlich ist er bereits über 30 Jahre alt. Durch seine Geschäftstüchtigkeit kommt er mit Barbara Behlau in Kontakt. Die Inhaberin einer Kultur- und Sportagentur in Monaco finanziert ihm den Formel-1-Einstieg beim englischen Team Simtek – vorerst für fünf Rennen für die Saison 1994. Im unterlegenen Wagen des britischen Rennstalls verpasst er die Qualifikation für das Rennen im brasilianischen Interlagos. Beim zweiten Rennen im japanischen Aida schafft Ratzenberger den Sprung ins Starterfeld. Er wird schlussendlich Elfter.

Das dritte Rennen findet in Imola in San Marino statt, die fatalen Ereignisse nehmen ihren Lauf. „Ich habe mich immer damit getröstet, dass Roland bei dem gestorben ist, was er am liebsten gemacht hat. Meine Frau hat das Ganze mehr mitgenommen“, sagt Vater Rudolf, der sich bei unserer Verabschiedung für mein Kommen und der Anteilnahme bedankt.

Ironie des Schicksals: Auf dem Toyota, mit dem Roland Ratzenberger bei den 24 Stunden von Le Mans hätte starten sollen, steht noch sein Name. Ersatzfahrer ist der Amerikaner Jeff Krosnoff. Er wird Zweiter beim Langstrecken-Klassiker, verunglückt aber nur zwei Jahre später bei einem Rennen zur Indycar-Serie in Toronto ebenfalls tödlich.