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Herrlich im Mirabellgarten – da war ich noch guter Dinge!

Ich hab ja schon von diversen Erlebnissen als Rollstuhlfahrer mit verschiedenen Transportmitteln berichtet! Am meisten fahre ich Bus und dachte, ich hätte hierbei schon alles erlebt! Mitnichten!

Heute war ein schöner Tag bis 17.24!

Nicht nur vom Kaiserwetter her! Den halben Tag von der Frühe an verbrachte ich mit dem ganz lieben Oliver! Die Goschn lief unentwegt, beidseitig! Schließlich haben wir uns schon lange nicht mehr gesehen! Nach der Verabschiedung noch ein bisserl Sonne im Mirabellgarten tanken und dann weiter zum Fitnessstudio! Beim Landestheater wartete ich auf die Buslinie 3. Natürlich kam ein ganz alter Bus ohne Rampe! Also wartete ich auf den nächsten. Das war der 25er. Den nehm ich auch ab und an und winkte ihn herbei! Dummerweise war ich ob des bisherigen schönen Tages ein bisserl derangiert. Der 25er fährt ja gar nicht über die Alpenstraße! Der Fahrer fragte mich während des Reinschiebens, wohin ich denn wolle. Ich antwortete „Polizeidirektion“! Er sagte, da fährt er ja gar nicht hin. Er fährt über Hellbrunn! Vollkommen vertrottelt! Ich entschuldigte mich und entschwand ungebremst über die Rampe!

Der nächste 3er konnte mich zum Glück kutschieren. Ich genoss das Training und die anschließende meisterliche Massage vom Pedro! Zeitig rollte ich zur Busstation und wartete! Beim 17.24 Uhr Bus der Linie 28 hob ich die Hand als Zeichen des Mitfahrwunsches! Der Fahrer kam sehr zackig in die Haltestelle gefahren und öffnete die mittlere Türe! Meinen Gruß erwiderte er natürlich nicht, dafür ließ er die Rampe mit Getöse niederknallen! Da er die Absenkhydraulik nicht betätigte, war die Rampe recht steil und ich bat um einen Schubser! Wie so oft!

Und jetzt kommt es!!!

Beim Reinschieben fragte mich der eilige Busfahrer, ob ich es mir zukünftig so einteilen könnte, nicht mit diesem Bus zu fahren! Es pressiert meist und beim Reinschieben vergehen meist so 3-4 Minuten! Wenn ich zukünftig den nächsten Bus nähme, könnte er eventuelle Verspätungen leichter aufholen!

Wie bitte?

Was entgegnet man denn so einem Menschen? Ich bin ja schon vieles gewöhnt von der Marazeck-Linie, aber das entgeisterte sogar mich! Ich antwortete nur kurz, dass ich nicht absichtlich auf den 17.24er warte! Er meinte nur beschwichtigend, er wisse, dass ich ja nichts dafür kann, dass ich im Rollstuhl sitze, nur haut ihm das halt den Zeitplan zusammen! Wenigstens trug er seinen Wunsch mit Engelszungen freundlich vor! Man glaubt es kaum…

Mein Glück ist es ja, dass ich als Politikerin immer wieder auf interessante Menschen treffe, die mir sonst nicht unterkommen würden. Heute am Abend gab es eine Diskussionsveranstaltung zum Thema des Jahres – Integration von Flüchtlingen. Am Podium war auch Flüchtlingspfarrer Alois Dürlinger, den ich bis dato nur aus den Medien kannte. Vor der Debatte haben wir uns ein bisschen beschnuppert und ein wenig unsere Erfahrungen in der aktuellen Situation ausgetauscht.

Er berichtete unter anderem von einem Pfarrhaus, das als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stehen würde, allerdings wird schon seit Wochen hin und her geprüft. Und dann noch von einer kleinen Künstlertruppe, die vier Flüchtlinge gegründet hatten, wo sie gemeinsam sangen, Theater spielten, ja einfach künstlerisch tätig waren. Und die sich dadurch Halt gaben. Bis, ja bis eines Tages die österreichische Bürokratie zuschlug, die Flüchtlinge aus einem Quartier neu verteilte und da nach dem bewährten Muster „nach dem Alphabet“  vorging. Und damit das künstlerische Viererkleeblatt auseinanderriss oder besser gesagt die vier Freunde.

Und dann hat Pfarrer Dürlinger einen Satz gesagt, der mir die nächste Zeit zu denken geben wird und euch vielleicht auch:

„Das Mysterium der Dummheit hat schon mehr Schaden in der Welt angerichtet als die Bosheit!“

Und was meint ihr?

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Patriarch Ignatius Aphrem und emeritierter Erzbischof Alois Kothgasser

Es passiert nicht oft, dass man bei einem besonderen Moment dabei sein darf, der sehr viel Geschichte atmet. Ich hatte das Glück. Heute hat die katholische Fakultät der Universität Salzburg einen Lehrstuhl für „Syrische Orthodoxe Theologie“ eingerichtet. Erstmals außerhalb des Nahen Ostens und erstmals können Priester, Mönche und LehrerInnen außerhalb von Klostermauern ausgebildet werden. Finanziert von der Erzdiözese Salzburg und der Bischofskonferenz. Undenkbar noch vor 100 Jahren, dass Ökumene so möglich ist. Die Festredner von Dekan Winkler bis zu Patriarch Ignatius Aphrem sprechen von einem Zeichen der Solidarität mit den Schwesterkirchen. Das ist besonders wichtig in unserer aktuellen Situation. Der syrisch orthodoxe Patriarch spricht vom Exodus der Christen aus dem Nahen Osten. Alleine in Syrien gibt es jetzt 40% weniger Christen, im Heiligen Land, in der Türkei, im Irak, überall schwindet die christliche Bevölkerung. Die Kirche ist nicht gebunden an ein Land, aber es braucht Orte, wie hier in Salzburg, an dem das religiöse und kulturelle Erbe weitergelebt wird, so der Patriarch. Auch die Sprache Aramäisch, die laut TheologInnen die wahrscheinliche Sprache Jesu war.

Während der Zeremonie in der großen Aula der Salzburger Universität musste ich immer an meine Reise nach Edessa denken, das heutige Sanliurfa, fünftheiligste Stadt des Islam. Abraham soll hier geboren sein. Und es ist die Wiege der Syrisch-Orthodoxen Kirche, hier sollen Reliquien des Apostel Thomas liegen, der bis Indien gekommen, um zu missionieren. Und hier ist in der Antike eine bedeutende theologische Schule entstanden, ein Zentrum christlichen und nichtchristlichen Wissens:

Ich erinnere mich gerne an die Reise, die wunderbare Landschaft rund um Sanliurfa im Südosten der Türkei an der syrischen Grenze. Hier findet sich der älteste Tempel der Welt, genannt Göbekli Tepe, laut Archäologen 11.000 Jahre alt! Es ist hier fruchtbares Land, in der Antike als Teil Mesopotamiens, in der Nähe des Euphrat. In der Stadt waren Türken, Araber und Kurden. Die Menschen, ihre Religionen, Kulturen und Sprachen mischen sich. Im Kaffeehaus ist von jedem Nachbartisch eine andere Sprache zu hören. Multikulturell nennt man das. Aber es geht verloren, in der Türkei, im Irak in Syrien. Umso wichtiger ist es Teile davon zu bewahren, weiter zu tragen, auch hier in Salzburg, an der Universität.

Nie hätt ich mir gedacht vor mehr als drei Jahren, dass unsere Miteinander Entdecken Spaziergänge so großen Anklang finden würde. Pavo Janjic-Baumgartner vom Verein Ikubik und ich wollen, dass Menschen die Stadt ein bisschen anders entdecken. Einmal geht es darum besondere Winkel Salzburgs kennenzulernen. Dann wollten wir keinen klassischen Spaziergang mit MigrantInnen machen, sondern eine bunte Mischung von Interessierten begeistern. Also echte SalzburgerInnen und Zugezogene. Und es funktioniert. Wir haben „Stammkundschaft“ genauso wie Menschen, die nur einmal dabei sind.

Immer bemühen wir uns in einfachem Deutsch etwas zu erklären, da manche Zugezogene erst wenige Monate da sind und da ist eine historische Abhandlung zu einem Gebäude nicht zu verstehen. Was aber allen einen Freude macht, ist das Entdecken unbekannter Ecken Salzburgs. Da gibt es dann ein Oho und Ahhhh, ein „Schau mal“, ein „das wusste ich ja gar nicht“ bis zu einem „Da war ich schon 60 Jahre nicht mehr“. Das gemeinsame Entdecken verbindet, denn Neugier, Überraschung und Staunen sind interkulturell. Ob im Lehener Flusskraftwerk, in der Abtei St. Peter, im Festspielhaus, am Bahnhof, im Zauberflötenhäuschen, auf der Uni, in der Obusremise, im Kapuzinerkloster, in der Universitätskirche, bei der Lokalbahn, im mittelalterlichen Salzburg, im Schloss Mirabell, im Chiemseehof, im Rathaus, im Wasserspeicher, am Mönchsberg  oder am Kommunalfriedhof.

Spazierten anfangs nicht einmal 20 Menschen mit uns  mit, so dürfen wir jetzt immer um die 100 Menschen begrüßen. Nie vergessen werde ich den kleinen Schock, als sich mehr als 300 Interessierte für das Kapuzinerkloster einfanden. Aber das ging auch. Alle kamen ins Kloster, die Brüder führten in kleinen Gruppen durch ihre Heimstatt, während die Wartenden im wunderbaren Klostergarten die Aussicht genossen. Unvergessen bleibt mir auch der Friedhof, lebendig kommt man ja nicht so einfach ins Krematorium und dann vor allem auch wieder raus. Es war schön zu sehen, wie respekt- und würdevoll die Mitarbeiter dort mit dem Tod umgehen.

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Miteinander die Uni Salzburg entdeckt!

Und die Frage eines älteren Herrn in der Kollegienkirche fasst das Projekt gut zusammen:

„Ja, wos mochen denn die ganzen Ausländer da mit uns in der Kirche?“

Auf meine Antwort, dass das Sinn des Projektes sei, miteinander die Stadt zu entdecken und kennenzulernen, meinte er:

„Jo, donn sans jo koane richtigen Ausländer nimma, donn sanns jo Soizburger!“

So ist das!

Um ein bauliches Desaster wie in der Linzergasse zu vermeiden, wurde bei der Neugestaltung der Getreidegasse in Salzburg der Rat behinderter Menschen miteinbezogen. Die Barrierefreiheit sollte eigentlich oberste Priorität haben. Bereits seit 2006 gilt  dahingehend das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Am 1. Jänner 2016 endet die zehnjährige Frist zur Umsetzung. Im kommenden März beginnen dann in der Getreidegasse die Arbeiten mit der Pflasterung.

Viele Geschäftsleute wollen umbauen oder ihre Lokale adaptieren, haben aber dabei vor allem mit bürokratischen Problemen und einzelnen Grabenkämpfen zu tun. Einer der Betroffenen ist Reinhard Hanel. Der Pharmazeut hat im Juli dieses Jahres die Apotheke zum Goldenen Biber in der Getreidegasse 4 übernommen. Er weiß, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch sein Geschäft ohne Hindernisse betreten kann. „Die Barrierefreiheit nutzt jedem von uns. Egal ob jemand im Rollstuhl sitzt oder mit einem Kinderwagen rein will. Durch den Umbau bekomme ich mehr Kunden dazu“, sagt er.

„Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert.“

In den vergangenen Wochen hatte Hanel Besuch von acht Beamten aus acht unterschiedlichen Ressorts des Magistrats. Das reichte vom Straßenverkehrsamt über das Amt für Hoch- und Tiefbau bis hin zum Straßen- und Brückenamt. „Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert“, erklärt der Apotheker.

Die Nachtglocke wird demnächst nach unten verlegt, damit auch Menschen im Rollstuhl sie erreichen können. (c) Harald Saller

Die Nachtglocke wird nach unten verlegt. (c) Harald Saller

Hanel verspricht allerdings, dass so bald wie möglich eine Rampe beim Eingang gebaut werde. „Wie die allerdings genau aussehen wird, weiß ich noch nicht.“ Zudem wird die Glocke für den Nachtdienst nach unten verlegt, damit sie unter anderem auch für Rollstuhlfahrer erreichbar ist.

Sabine Neusüß, Behindertenbeauftragte der Stadt Salzburg, kennt diese Probleme nur allzu gut. „Es stimmt, dass es mehrere Lösungsvorschläge gegeben hat, die aber alle vom Straßen- und Brückenamt abgelehnt wurden. Derzeit ist eine mobile Rampe angedacht, die allerdings ohne fremde Hilfe nicht zur Seite geschoben werden kann“, so Neusüß. Sie wird diesbezüglich Gespräche mit der Baustadträtin Barbara Unterkofler (Neos) führen. Derzeit seien noch rund 30 weitere Geschäfte vom Umbau betroffen. „Wir haben alle Inhaberinnen und Inhaber angeschrieben und Beratungsgespräche angeboten. Einige davon sind sehr interessiert, ihren Geschäftsraum barrierefrei zu gestalten“, erklärt die Behindertenbeauftragte.

 

 

 

Ich arbeite am Hauptbahnhof in Salzburg in einem Mobilfunk-Shop. Zur Zeit kommen sehr viele Flüchtlinge zu uns, die verschiedenste Dinge brauchen, um mit ihren Familien, Freunden und Kindern Kontakt zu halten oder, wichtiger, wieder aufzunehmen.

Foto Alfred Aigner

Foto Alfred Aigner

Gestern gab es eine Begebenheit, die mich sehr berührt hat.

Ein junger syrischer Mann kam zu mir in den Shop, weil sein Handy auf der Flucht kaputt ging. Er erzählte mir, dass er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern unterwegs war. Sie mussten sich trennen, da die Route die sie gingen, für seine Frau und Kindern zu gefährlich wurde. Er ging die gefährlichere Route, um schneller zu uns zu kommen – in ein sicheres Land. Er hat es geschafft. Er war dann drei Tage in Wien und nun bei uns in Salzburg. Dadurch, dass sein Handy kaputt ging, konnte er nicht mit seiner Frau kommunizieren. Das war das Schlimmste für ihn. Ich kann das verstehen.

Seine Geschichte berührte mich sehr. Darum half ich ihm sein neues Telefon einzurichten, das er bei mir kaufte – etwas, das wir normalerweise nicht tun (können). Noch dazu war die Kommunikation mit ihm nicht so einfach. Er sprach nur Arabisch und ein zweiter Mann übersetzte in gebrochenes Englisch. Ich habe eigentlich keine Ahnung von Viber oder anderen Internet-Telefonie-Apps, aber letztlich schafften wir drei das, auch wenn wir teilweise zu dritt durcheinanderredeten. Nun sollte er wieder Kontakt zu seinen Lieben aufzubauen können. Er hatte einen kleinen, halb verschmierten Karton dabei, auf dem in arabischer Schrift Namen und die dazugehörigen Telefonnummern geschrieben waren. Mit zittrigen Händen wählte er eine Nummer. Er bedankte sich sehr herzlich bei mir und ging aus dem Geschäft. Nach drei Minuten kamen der Mann und sein Übersetzer wieder und erklärten mir, dass es nicht funktioniert. Ich war ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht von mir selbst. Immerhin wollte ich ihm ja helfen. Aber der Fehler war schnell gefunden.
Nun hatte er ein Lächeln auf den Lippen und er wählte wieder die Nummer seiner Frau. Ich konnte noch sehen, wie seine Augen glänzten, als er am Telefon zu reden begann. Ich freute mich mit.Bahnhof.salzburg

Fünf Minuten später kamen die beiden ein drittes Mal zur Tür herein. Ich befürchtete, dass doch wieder etwas nicht funktioniert. Ganz im Gegenteil! Ich erfuhr, dass er nun nach zehn langen Tagen endlich wieder mit seiner Frau und seinen Kindern sprechen konnte. Er weiß jetzt, dass es Ihnen soweit gut geht. Auch sie haben es geschafft. Allerdings nur nach Ungarn. Dort sitzen sie jetzt fest und kommen derzeit nicht weiter. Trotzdem sah er mich mit freudigen Augen an und sagte: „Du bist bis jetzt der netteste Österreicher, den ich kennen gelernt habe. Du bist ab jetzt mein Freund.“ In diesem Moment bekam ich vor Freude Gänsehaut. Ich bedankte mich bei ihm und wünschte ihm eine gute sichere Weiterreise, wo auch immer diese hingehen soll.

Es sind so kleine Dinge, die Menschen verbinden.