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Mit der Sportbegeisterung ist es bei meinem Partner, Robert, und mir so eine Sache. Fußball schauen wir höchstens, wenn EM und WM Finalspiele laufen – und das nur weil eine Freundin dann immer zum gemeinschaftlichen Schauen mit Buffet einlädt. Manchmal ist ein Spiel besonders spannend. Dann verfolgen wir das Geschehen sogar mit einiger Aufmerksamkeit. Für einige Minuten vergessen wir dann fast, noch ein Stück Kuchen vom Buffet zu holen.

Nur zweimal hab ich ein Fußballspiel in einem Stadion erlebt. Das war richtiggehend mitreißend – viel spannender als im Fernsehen. Zu einer dauerhaften Begeisterung für Fußball hat es allerdings trotzdem nicht gereicht.

Sport & Entertainment

Ja, Live-Stimmung, die macht echt etwas aus. In Florida haben mich mal Bekannte eingeladen, ein Football-Spiel live anzusehen – irgendwas in einer wichtigen Liga. Es machte Spaß: viel Gedränge vor dem Spiel, viel Geschrei währenddessen, dazwischen viel Entertainment mit toll choreographiertem Cheerleading und Blasmusik. Das fehlte im Fußball-Stadion zu Hause in Österreich. Vom Spiel hatte ich vorher und nachher keine Ahnung – trotz geduldiger Erklärungen der amerikanischen Bekannten. Zwei Reihen Spieler stehen sich gegenüber, rennen auf einander los, großes Tohuwabohu und unsanfte Rempeleien und irgendwer kommt dann mit dem Ball weit genug. Das dauert vielleicht eine Minute – danach gehts wieder zurück an den Start. Wer das hier liest, soll sich jetzt besser nicht 100%ig auf diese Schilderung verlassen, aber so bzw. so ähnlich war das. Es war gewöhnungsbedürftig, wenn das Spiel scheinbar immer dann unterbrochen wird, wenn’s gerade richtig spannend ist. Spaß machte es trotzdem – auch wenn eine Unterbrechung mal länger dauerte, weil für die Zuschauer zu Hause gerade ein Fernsehwerbeblock lief.

Mittendrin sagten unsere Freunde: „So, jetzt fahren wir lieber nach Hause und sehen uns den Rest im Fernsehen an.“ Ich war perplex. Sie waren interessiert und WOLLTEN das Spiel fertig sehen. Wie kann man da bloß mittendrin und bei dieser Stimmung nach Hause fahren? Würde ein Fußballfan in Österreich ein Spiel vorzeitig verlassen?

Zwei Sportbanausen beim Baseball

Derzeit sind Robert und ich in San Diego – für drei Monate. Robert wollte unbedingt ein Baseball-Spiel der San Diego Padres anschauen. Warum? Das erklärt er auf unserem Reiseblog solongsuckers.us. [Lest hier seinen Bericht: Pulled Pork vs Home Run]

Im Petco Park Stadion der San Dieog Padres – wir sind schon aufgeregt

Im Petco Park Stadion der San Dieog Padres – wir sind schon aufgeregt

Ich fand, ich sollte mich vor dem Spiel ein klein wenig über Baseball informieren. Zum Glück gibt es YouTube. Ein Baseball-Erklärvideo versprach, dass ich mich in 8 Minuten auskenne. Das klappt vielleicht bei anderen. Bei mir scheiterte es wohl an meiner Aufmerksamkeitsspanne, wenn es um Sport geht. Ich hab nichts verstanden. Also sehe ich mir noch ein anderes Video an: Es erklärt mir das Spiel in nur 5 Minuten. Nach zwei Minuten war ich mit meinen Gedanken schon ganz wo anders. Es geht irgendwie so: Wenn der Batter getroffen hat, dann beginnt er zu laufen und muss alle vier Pölsterchen (Bases) am Spielfeld abrennen – das nennt man dann Home Run. Es gibt 9 Innings – also 18 Spiele, bei denen sich die Teams abwechseln. Mehr ist von den Videos nicht hängengeblieben.

Andere Länder, andere Sportsitten

Derart „vorbereitet“ gehts zum Spiel. In dem modernen Stadiongelände flanierten Leute, manche saßen auf der Familienwiese, andere waren schon auf ihren Tribünenplätzen und ziemlich viele standen an den Imbiss- und Getränke-Ständen an. Das machen wir auch.

Wir wollen gerade in unsere Tri Tip Sandwiches beißen, da johlt plötzlich das ganze Stadtion auf. Ein Homerun. Was?!? Die spielen schon? Ja – es sind sogar schon drei Innings gespielt! Unsere liebe Gastgeberin Barbara ist da ganz entspannt. Die anderen Flanierenden und Essenden offenbar auch.

Robert und ich drängen natürlich darauf, jetzt unsere Plätze aufzusuchen. Wir wollen ja das Spiel richtig miterleben. Wir setzen uns und beobachten mal unser Umfeld. Leute sitzen da und plaudern. Draußen auf dem Spielfeld ist auch was los.
„Welcher Teil des Spiels ist das jetzt?“
„Gar keiner. Jetzt wird nur der Platz hergerichtet.“
„Ach so.“
Um nicht weiter auf meine peinliche Frage einzugehen, konzentriere ich mich jetzt lieber auf den hausgroßen Bildschirm. Ein psychedelisches Erlebnis: blinkende Ankündigungen und Bilder von Spielern, dazu alle möglichen Fanfaren und Sound-Effekte.

Ein Heiratsantrag auf der Picknickwiese des Stadions – während nebenan auf dem Spielfeld das Spiel schon längst im Gange ist

Ein Heiratsantrag auf der Picknickwiese des Stadions – während nebenan auf dem Spielfeld das Spiel schon längst im Gange ist

Schließlich wird wieder gespielt. Alles geht so schnell: Der Batter trifft, läuft los. Warum läuft er nach der ersten Base nicht weiter? Warum bekommen die jetzt keinen Punkt? Wir haben den Eindruck, dass im direkten Umfeld wir als einzige das Spiel richtig verfolgen. Um uns herum wird noch immer geplaudert, gelacht und die Jugendlichen vor uns befinden sich im Wettstreit mit dem mexikanischen Snackverkäufer. Wer kann das „r“ in Churros länger rollen? Churrrrrrrros! Churrrrrrrrrrrrrrrros! So geht es eine Weile dahin. Der Mexikaner gewinnt offenbar. Oder die jungen Leute haben einfach inzwischen keinen Spaß mehr daran. Sie probieren jetzt ihre T-Shirts vom Padres Devotionalien-Stand. Ansonsten ist das Publikum sehr mobil. Niemand bleibt auf seinem Platz. Die Leute kommen, gehen und kommen wieder. Wenig später gehen sie wieder.

Plötzlich: ein Homerun – für die Gegner aus Colorado. Leider. Der Riesenbildschirm flimmert wie ein Glücksspielautomat in Las Vegas beim Jackpot. Gleich darauf ist die Aufregung schon vorbei, das nächste Inning ist fertig. Platzwarte präparieren wieder das Feld. Die Menge wird inzwischen unterhalten, damit sie dranbleibt. Die Kamera schwenkt immer wieder auf abwesend vor sich hinstarrende Menschen, die binnen Sekunden ihr breitestes Grinsen aufsetzen, begeistert Winken oder sogar aufspringen und wilde Verrenkungen vorführen. Das ganze Stadion ist bestens amüsiert – für Sekunden. Gleich danach kehren alle zu ihren Gesprächen zurück, holen Bier oder starren wieder apathisch vor sich hin.

Aufhören, wenns am schönsten ist?

Nach dem siebten Inning, die San Diego Padres liegen leider 3 Punkte hinten, kommt der echte Stimmungshöhepunkt: das ganze Stadion singt inbrünstig die Baseball-Hymne „Take Me Out To The Ballgame“. Es folgt frenetischer Jubel, Fanartikel werden ins Publikum geworfen. Barbara, unsere liebe Gastgeberin, fängt tatsächlich einen Ball. Jetzt springen auch Robert und ich begeistert von unseren Sitzen hoch. Besser kanns nicht mehr werden.
„Gehen wir nach Hause?“, fragt Barbara.
„Ja“, antworten wir ohne zu überlegen.

Diesmal verstand ich, warum es ok ist, mitten unter dem Spiel das Stadion zu verlassen. Fußball ist im Vergleich vielleicht simpel und die Regeln relativ einfach (einschließlich Abseitsregel), aber das Schöne daran ist: Es hat einen Fluss und fesselt seine Fans durchgehend. Nie wieder werde ich mich abfällig über Fußball äußern.

Mehr von unseren Geschichten aus den USA gibts hier:
Blog: solongsuckers.us
oder
Facebook: FB.me/solongsuckrs bzw. solongsuckers.us

zlatanIch lese gerne und viel. Eine Sportskanone bin ich nicht und außer ein bisschen Fußball interessiert mich Sport eigentlich nicht. Und Bücher über Sportler und Sport sind mir eigentlich völlig egal. Bis auf zwei Ausnahmen. Obwohl ich mein Leben nie ein Tennisspiel gesehen habe, geschweige, denn selbst einen Tennisschläger in der Hand hatte, habe ich mir vor vier Jahren zu Weihnachten ein besonderes Buch geschenkt. Es war die Autobiografie von Andre Agassi „Open“. Ich habe es von der ersten bis zur letzten Seite verschlungen. Ein bisschen was wusste ich ja über sein Leben, denn als brave „Neue Post“-Leserin war ich über den Mann von Steffi Graf natürlich informiert. Sein Selbstportrait ist schonungslos offen, er war kein angepasster Sportler, er hat immer angeeckt. Das hat mir gefallen.

Ähnlich ist es mit der Autobiografie von Zlatan Ibrahimovic „Ich bin Zlatan“. Das war mein heuriges Buchweihnachtsgeschenk an mich. Und ich habe es ebenso verschlungen. Zugegeben, Zlatan Ibrahimovic ist mir in der „Neuen Post“ noch nie begegnet. Aber ich habe ihn einmal live spielen gesehen, 2008 bei der EM in Salzburg. Und seither gehört er zu meinen Fußballstars neben Oliver Kahn, Miroslav Klose, Zinedine Zidane, Rüstü und dem guten alten Salvatore Schillaci. em2008

Ibrahimovic steht zu seiner Herkunft, seiner schwierigen Kindheit. Er verschweigt nicht, wie schwer es ein Jugendlicher hat, der nicht in einem Villenvorort aufwächst. Sein Erfolg verbiegt ihn nicht. Er ist exzentrisch und macht verrückte Dinge, aber man kann es verstehen. Die Sprache ist temporeich, authentisch, es gibt fast keine erzählerischen Pausen. Und er umschreibt nichts, sondern sagt, was er denkt. Er sieht sich selbst als Krieger, trotzdem gibt es viele einfühlsame Momente, ob am Rasen oder im Privatleben. Und er hat eine klare Botschaft, er widmet sein Buch unter anderem „all den Kindern dort draußen, die sich ein wenig anders und als Außenseiter fühlen, die nicht richtig ins Schema passen…Es ist okay nicht so zu sein wie alle anderen…“.

Ibrahimovic‘ Autobiografie werde ich in einigen Jahren wieder lesen, so wie Agassis auch. Und ich kann es nur weiter empfehlen.

http://www.buecher.de/shop/fussballer/ich-bin-zlatan/ibrahimovic-zlatan/products_products/detail/prod_id/37678050/lfa/related-7/

http://www.buecher.de/shop/tennis/open/agassi-andre/products_products/detail/prod_id/32394290/

Wieder mal Deutschkurs. Wieder mal ein Wort, das die Schülerinnen nachfragen: Rummelplatz! Und dann passiert es wieder mal. Ich komme vom Hundertsten ins Tausendste. Als erstes fällt mir bei Rummelplatz natürlich das tolle Lied von Simply Red ein- Fairground. Das hilft aber nicht, denn wir haben ja Deutsch- und nicht Englischkurs. Also muss einnäherliegendes Beispiel her.geschichte

Es ist kurz vor Pfingsten, da ist es ein Leichtes mit Hilfe der Salzburger Dult das Wort Rummelplatz zu erklären. Hier könnte jetzt Schluss sein mit dem ganzen Worterklärungsrummel. Aber ich werfe eine Frage in den Raum: Was ist denn der meistbesuchte Rummelplatz der Welt? Meine Schülerinnen antworten prompt mit „Oktoberfest“. Jetzt könnten wir dann weitermachen mit der Grammatikübung.

Aber jetzt geht es mit mir durch. Da muss ich doch von der Gründung des Oktoberfestes erzählen, von der bayrischen Prinzessin Theresia, nach der auch die Theresienwiese benannt ist. Und diese Theresia hat mit ihrem Ehemann zur Zeit der bayrischen Herrschaft in Salzburg vor 200 Jahren im Schloss Mirabell gewohnt. Ihr Sohn Otto ist hier zur Welt gekommen. Nicht der Rehagel Otto, sondern der Otto, der der erste griechische König war. Damals als die Griechen nach der Befreiung von den Osmanen unbedingt einen König brauchten. Und der König Otto hat den Griechen die weißblauen Nationalfarben und das Wissen ums richtige Bierbrauen hinterlassen. Und dann meinte eine Schülerin: „Jetzt kennen wir den ersten griechischen König Otto. Den letzten griechischen König deutscher Herkunft kennen wir sowieso, den Otto Rehagel!“

So ist das im Deutschkurs, wenn man das Wort Rummelplatz erklärt.

 

Mehr als drei Wochen wird der Fußball Europa regieren. Millionen begeisterte Fans drücken ihren Mannschaften die Daumen, meine beiden Daumen gehören traditionell der deutschen Elf. Ich freue mich aber auch über und für andere Mannschaften, über spannende Spiele und coole Tore. Zwei Dinge regen mich im Vorfeld aber auf.

Da ist einmal die hohe Politik, die schon Monate darüber diskutiert die Europameisterschaft in der Ukraine zu boykottieren und von den Spielern und Fans verlangt ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. Ich frage mich aber, wie Sportler etwas ausrichten sollen, wenn jahrelang die internationale Politik versagt in der Ukraine demokratische Besserungen herbeizuführen. Ich bin immer noch so naiv zu glauben, dass Sport völkerverbindend ist. Dass die Begegnung der Menschen unterschiedlichster Kulturen, Sprachen und Religionen uns einander wieder ein Stückchen näher bringt. Wenn ich jemanden aus einem anderen Land kenne, dann bekommt das Fremde ein Gesicht. Dann entdecke ich in den meisten Fällen viele Gemeinsamkeiten,  bin offener und verliere die Angst.

Was ich nicht verstehe, ist das Anheizen von Ressentiments gegen ein Land.  So gemacht  von einer Wettfirma. Ein riesiges Plakat zeigt eine Voodoopuppe mit der deutschen Flagge auf der Brust, gespiekt mit Nadeln. Im ersten Moment mag das eine lustige Idee sein, aber beim zweiten Mal hinsehen, bleibt einem doch das Lachen im Hals stecken. Ich finde es entbehrlich auf diese Weise Werbung zu machen, egal welche Flagge auf der Brust der Voodoopuppe klebt.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen (zumindest denen, die es interessiert) ein spannende und menschenverbindende Europameisterschaft. Möge die beste Elf gewinnen ;)

Ja der Fußball ist schon so eine Sache. Bis zu meinem 21. Lebensjahr war mir das Spiel total fremd, ich war schon froh einen Fußballplatz von einem Tennisplatz unterscheiden zu können. Aber dann kam ein Moment , wie so oft im Leben, der vieles änderte. 1990 „nötigte“ mich ein Freund mir das WM-Spiel Österreich-Italien anzusehen. Wir waren im Cafe Bazar im Nebenraum. Links saßen die österreichischen Fans, rechts ein Grüppchen Italiener. Die erste Halbzeit  brachte ich noch damit zu, mich darüber zu ärgern jetzt eine gefühlte Ewigkeit einem Haufen Männer beim Rennen zuschauen zu müssen. Bis mich ein Fußballer in der zweiten Halbzeit total fesselte, es war Schillaci. Ich kapierte nichts, fand aber sein Spiel sehr schön. Und es fiel das 1:0 für Italien. Meine „Forza Italia“-Rufe brachten mir den Unmut der österreichischen Fans ein, aber mein Fußballinteresse war jetzt nachhaltig geweckt.

Bis heute lasse ich mir die großen Spiele und Turniere nicht entgehen. Und die besonders glücklichen und traurigen Momente bleiben einem in Erinnerung. So war es fast  lebensgefährlich für mich 1999 beim Champions-League Finale in einem englischen Pub in Frankreich zu den Bayern zu helfen. Zum Unglück der Bayern und zu meinem persönlichen Glück schoss sich Manu in der Nachspielzeit in den Fußballhimmel. Eine wunderbare Erinnerung habe ich an das WM-Spiel  Argentinien-Deutschland 2006. Man stelle sich vor etwa 50 Menschen in einem Kellerraum vor der Leinwand. Zwei von ihnen, ein Kollege und ich, halten zu Deutschland, der Rest zu Argentinien. Da muss man schon standhaft bleiben und viele Schmähungen über sich ergehen lassen. Das Spiel geht in die Verlängerung und es kommt zum Elfmeter-Schießen. Deutschland gewinnt, was für ein Glücksmoment!  

Bis heute bin ich dem Freund dankbar, mich ins Cafe Bazar geschleppt zu haben. Die Vorbereitungen für die EM im Juni können anlaufen. Das erste wird sein mir nächste Woche das Panini-Sticker Album zuzulegen und zu hoffen, dass ich alle Bilder meiner Lieblingsmannschaft zusammenbekomme. Sollte jemand einen Klose oder einen Özil zu viel haben, dann bitte melden.

;)