Jedes Jahr denken die SozialdemokratInnen an die Opfer der Widerstandskämpfe 1934. Ihr Motto heißt: Niemals Vergessen.

Vor 83 Jahren war meine Großmutter so alt wie heute mein Patenkind: 11 Jahre. Die Zeit jetzt wird oft mit den 1930er Jahren verglichen. Politisch unsichere Zeiten, eine Wirtschaft, die immer wieder wankt und eine Gesellschaft, die Angst hat. Eine Angst, die täglich von der Politik befeuert wird. 1934 war ein Wendepunkt in der Geschichte Österreichs. 1933 wurde Österreich zur Diktatur, ein Jahr später versuchten mutige Menschen aus der Sozialdemokratie den Aufstand. Sie scheiterten. In den mehrtägigen Februarkämpfen verloren Hunderte ihr Leben. Auch in Salzburg gab es Widerstand gegen das Dollfuß-Regime. Einmal im Jahr versammeln sich die Mitglieder des Bundes Sozialdemokratischer Widerstandskämpfer am Hauptbahnhof und denken, an jene, die ihr Leben für die Freiheit, die Demokratie und die Gerechtigkeit gaben. 2017 hielt Michaela Fischer die Rede:

„Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

am 12. Februar ist der 83. Jahrestag der Februarkämpfe, die im Jahr 1934 stattgefunden haben. Es war der Beginn vom vorläufigen Ende nicht nur der Sozialdemokratie sondern der Demokratie in Österreich. Der wirkliche Anfang liegt aber viel weiter zurück und der 12. Februar 1934 war nur das Ende einer jahrelangen Entwicklung hin zu einem totalitären faschistischen Staat, dem nur noch die Sozialdemokratie im Wege stand. Wir alle kennen die Geschichte und wie es dazu gekommen ist. Im von der Weltwirtschaftskrise erschütterten Österreich fand eine politische Polarisierung zwischen den Christlich-Sozialen und den Sozialdemokraten mit einem gleichzeitigen Aufschwung der Rechten, der Nationalsozialisten statt. Nach der Ausschaltung des Parlamentes im Jahr 1933 war der Weg für den Faschismus geebnet.

Gedenkversammlung am Salzburger Hauptbahnhof

Das Leben für die Demokratie geben

Die Sozialdemokratie als Widerstandsbewegung wurde in den Untergrund verbannt und nach und nach geschwächt. Der Republikanische Schutzbund wurde verboten, die Arbeiter-Zeitung einer Zensur unterworfen und Versammlungen und Demonstrationen verboten. Die nach wie vor legale Sozialdemokratische Partei wurde ihrer Betätigungsmöglichkeiten beraubt. Am 12. Februar 1934 fand dieser Kampf gegen die Sozialdemokratie schließlich seinen Höhepunkt und dieser letzte Widerstand der SozialdemokratInnen wird in die Geschichte eingehen. Die übriggebliebenen SozialdemokratInnen haben nicht kampflos aufgegeben. Sie haben sich bis zuletzt gewehrt und für ihre Ideale und Überzeugungen, für die Freiheit und Demokratie gekämpft und dafür ihr Leben gelassen. Nicht in ganz Österreich kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, was aber nicht heißt, dass es keinen Widerstand gab. Vor allem die Eisenbahner widersetzten sich im Rahmen eines Generalstreiks.

In Salzburg standen viele Züge still

Und darum befinden wir uns auch hier am Hauptbahnhof bei der Gedenktafel zu Ehren der im Kampf gegen den Faschismus gefallenen Eisenbahner. Der Streik umfasste auch Salzburg. Hier wurde am 12. Februar das Heizhaus blockiert. Durch diesen Sabotageakt konnten zahlreiche Züge aus Salzburg bis zum nächsten Abend nicht mehr abgefertigt werden, weil keine Lokomotiven vorhanden waren. Die Kämpfe in ganz Österreich dauerten bis zum 15. Februar 1934 und endeten in einer blutigen Zerschlagung der Sozialdemokratie, in Hinrichtungen und Verhaftungen. Was danach gekommen ist, wissen wir alle. Doch was vergangen ist, ist vergangen, sagt man, doch das stimmt nicht ganz und hier möchte ich den Sprung in die Gegenwart machen.

Der Frieden ist in Gefahr

Wir leben seit Ende des zweiten Weltkrieges in Frieden, in Freiheit. Wir leben in einem Europa, das für Demokratie, die Achtung der Menschenwürde, die Wahrung der Menschenrechte und die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung steht. Doch schauen wir einmal nach links und rechts, etwa in die Türkei oder nach Russland, wo die demokratisch gewählten Präsidenten alle KritikerInnen kurzerhand verhaften und einsperren lassen, die Versammlungsfreiheit einschränken und die Medien einer Zensur unterwerfen und mundtot machen. Oder in die USA, wo der neu gewählte Präsident seine populistischen und rassistischen Wahlversprechen in die Tat umsetzt und ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht stellt. Sein klar gegen die Verfassung verstoßendes Einreiseverbot wurde zwar aufgehoben, doch auch das hindert ihn nicht daran, weiter daran festzuhalten und sich über die Verfassung stellen zu wollen. Aber das ist alles so weit weg und betrifft uns nicht, könnte man sagen.

Marko Feingold ist der stete Mahner für Demokratie und Freiheit

Europa schwenkt nach rechts

Doch auch in Europa weht dieser Wind und erleben wir einen Aufschwung der Rechten. Etwa aktuell in Frankreich, wo Marine Le Pen mit ihrem hetzerischen und rassistischen Wahlkampf Spitzenwerte im Rennen um die Präsidentschaft prognostiziert werden. Doch wir müssen nicht einmal bis nach Frankreich schauen. Wir alle erinnern uns an den Präsidentschaftswahlkampf in Österreich, wo wir mit Schrecken miterleben mussten, wie der rechte Norbert Hofer mit seinen nationalistischen, rassistischen Äußerungen so weit gekommen ist. Gerade letzte Woche war der Akademikerball, bei dem in der Hofburg die rechten Größen Europas das Tanzbein geschwungen haben. In diesem Zusammenhang ließ es sich Innenminister Sobotka nicht nehmen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, eines Grundpfeilers der Demokratie, vorzuschlagen. Diese Entwicklung macht mir Sorgen und hier dürfen wir nicht schweigend zuschauen – wenn in Europa generell und auch in Österreich immer mehr menschenverachtende Aussagen getätigt werden und rassistische Hetze betrieben wird; nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand sondern öffentlich und mit tosendem Applaus.

Unsere Grundwerte sind in Gefahr

Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit, in der wir den zwar einfachen aber nicht richtigen Antworten und Lösungen klar entgegentreten müssen. Wenn Menschen vor Terror und Krieg flüchten und um ihr Leben fürchten, darf nicht einfach zugeschaut oder weggeschaut werden. Doch vielmehr werden diese Menschen unter Generalverdacht gestellt und als Gefahr für unsere Grundwerte gesehen. Doch die Gefahr für unsere Grundwerte geht von jemand anderem aus. Wenn diesen Menschen die Hilfe versagt wird und denjenigen, die sich bereits in Österreich und Europa befinden mit Hass, Feindseligkeit und Missgunst begegnet wird, haben wir diese Grundwerte in Wahrheit schon aufgegeben. Wenn bei Fragen der Menschlichkeit, Solidarität und Loyalität zwischen „uns“ und „denen“ unterschieden wird, haben wir uns von der Werteordnung, für die Europa steht, schon längst verabschiedet. Und immer mehr finden jetzt die vorher im Untergrund stattgefundenen und vorbereiteten Angriffe auf die Grundrechte, die für alle gelten müssen, statt. Die Einschnitte in die Freiheit und Demokratie werden unter dem Deckmantel des Schutzes der Bevölkerung des Schutzes von „uns“ gegen „die“ eingeschleust.

Vorsitzender Matteo Gebhart: Niemals vergessen!

Wir dürfen niemals vergessen

Das Vergangene ist also längst nicht so vergangen, wie man uns weismachen will – genau wie vor 83 Jahren bewegen wir uns hin zu einem Aufschwung der Rechten und des Nationalismus – einer Gefahr für unsere Demokratie. In ganz Europa ist die Rede davon, dass „wir zuerst“ kommen, dass die Grenzen wieder hochgefahren werden müssen und diese mit Waffengewalt zu verteidigen sind, im Ernstfall also auf Flüchtlinge geschossen werden soll, wie etwa die AfD das in Deutschland fordert. Schon damals waren die SozialdemokratInnen die ersten, die Widerstand geleistet haben und auch heute müssen wir SozialdemokratInnen diejenigen sein, die sich für die Menschlichkeit, die Freiheit und die Demokratie einsetzen. Wenn wir heute denjenigen gedenken, die in den Kämpfen um den 12. Februar 1934 ihr Leben gelassen haben, weil sie ihre Werte und Ideale bis zuletzt vereidigt haben, müssen wir uns gleichzeitig ermahnen, dass ihr Opfer nicht umsonst gewesen sein darf. Wir schulden es ihnen, mit derselben Entschlossenheit für diese Werte einzustehen, für Menschlichkeit, für Solidarität wir schulden es ihrem Vermächtnis, unsere Werte zu verteidigen und den Frieden, in dem wir leben und wir schulden es denjenigen, die nach uns kommen, damit auch sie in derselben Freiheit und Demokratie leben dürfen.

Wir müssen an das Vergangene erinnern. Wir müssen dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Wir dürfen niemals vergessen! „

Fotos: Arne Müseler

„Mach es einfach!“, sagt die junge Frau im Schloss Mirabell zu mir. Ich hatte ihr gerade erzählt, dass ich Pflichtuntersuchungen von Mädchen fordern möchte. Mädchen, die gefährdet sind an den Genitalien verstümmelt zu werden. Die Eltern der jungen Frau sind aus einem ostafrikanischen Land. Ihre Mutter wurde verstümmelt, ihrer Tochter hat sie diese grausame Misshandlung nicht angetan.

„Mach es einfach! Mach es einfach!“, so hallt es in meinem Kopf nach. Die ganzen nächsten Tage. Jahrelang ist Genitalverstümmelung schon ein Thema in Österreich. Es gibt eine Plattform gegen FGM (female genital mutilation), wie Genitalverstümmelung international heißt. Hunderte Millionen Frauen in vielen Ländern sind davon betroffen. Auch bei uns in Österreich. Genitalverstümmelung ist kein religiöses Gebot, aber eine uralte Tradition, die Muslime, aber auch Christen und Juden praktizieren. Es ist eine abartige, kriminelle Tradition. Besonders Mädchen aus Somalia, dem Sudan, Ägypten, aber auch aus dem Nordirak oder Senegal sind betroffen. Auch hier in Österreich. Genitalverstümmelung ist in Österreich strafbar, es können bis zu 10 Jahre Gefängnis darauf stehen.

Wir müssen ungeduldiger werden

Aber es gab nach meinen Recherchen noch nie eine Anzeige, geschweige denn eine Verurteilung. Obwohl wir davon wissen. Und obwohl wir in Österreich versuchen, durch Information und Aufklärung diese perverse Praktik zu verhindern. Maßnahmen, die sicher schon zu einem Rückgang  geführt haben. Aber es muss schneller gehen. Ein bisschen mehr Ungeduld tut gut. Und hilft dabei, die Unversehrtheit von noch mehr Mädchen zu bewahren. „Mach es einfach!“, hat die junge Frau zu mir gesagt. Sie hat recht. Aufklärung und Information alleine können FGM nicht stoppen. Auch nicht bei uns. Wir brauchen auch Kontrollen. Und wenn sich der Verdacht bestätigt: Anzeigen. Solange die Eltern die Gewissheit haben, dass niemand sie anzeigt, dass wir alle wegschauen – zwar mit Empörung, aber wegschauen – so lange gibt es für die Mädchen keine Sicherheit.

Messer für die Beschneidung (c) Foto: (I)NTACT e V.

Du hast mir nicht geholfen

In den all den Tagen, in denen mir das „Mach es einfach!“ durch den Kopf gegangen ist, hab ich mir immer wieder folgende Szene vorgestellt: Es ist das Jahr 2030. Ich treffe auf einem Multikulti-Fest eine junge Frau, deren Großeltern aus Somalia stammen. Wir plaudern über dies und das, sie fragt mich nach meiner beruflichen Vergangenheit. Als ich ihr erzähle, dass ich einmal Vizebürgermeisterin war und auch für Kinder und Jugendliche in der Stadt Salzburg zuständig, schwindet ihr Lächeln und sie fragt mich: „Was hast du damals getan für mich? Ich bin in Salzburg aufgewachsen. Ich bin hier zur Schule gegangen. Und sie haben mich beschnitten. Du hast mir nicht geholfen. Du hast weggeschaut, wie alle anderen auch.“

Anja Hagenauer: Wir dürfen nicht mehr wegschauen!

Was tun gegen Genitalverstümmelung?

  • Es braucht noch mehr Aufklärung und Information für betroffene Mädchen und Frauen
  • Männer – ob Ehemänner, Väter oder Brüder – müssen in die Aufklärungsarbeit mit einbezogen werden
  • Ärztinnen, Lehrer, Sozialarbeiterinnen brauchen mehr Sensibilisierung
  • Mädchen zwischen 0 und 14 Jahren, die von Genitalverstümmelung betroffen sein können, müssen in regelmäßigen Abständen von Kinderärzten untersucht werden
  • Dem geringsten Verdacht auf Genitalverstümmelung muss nachgegangen werden. Das Jugendamt muss informiert werden
  • Wenn der Verdacht sich bestätigt, müssen die verantwortlichen Erwachsenen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden

Wer immer noch wegschauen möchte, dem sei ein Satz von Waris Dirie, der berühmtesten Kämpferin gegen Genitalverstümmelung ans Herz gelegt:

„FGM ist ein Verbrechen und niemand darf das tolerieren. Falsche Toleranz und Ignoranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung, ist die härteste Form von Rassismus, die es gibt.“

Fotos: http://www.stop-fgm-now.com/de/presse und Arne Müseler

 

Das Ensemble besteht aus Ungarn, Syrern und Somaliern und Salzburgerinnen. Alle Fotos: Christoph Strom

Ein Beitrag von Ingrid Burgstaller

400 Jahre tot und so lebendig wie nie zuvor. Theateraufführungen, Filme, Ausstellungen, Lesungen … William Shakespeare wird im Jubiläumsjahr weltweit geehrt. Doch nirgends wie in Salzburg. Hier proben Darsteller – Profis, Laien, Flüchtlinge, Asylbewerber, Einheimische, Frauen und Männer – gerade sein Stück „Wie es euch gefällt“. Mehrsprachig kommt es im kleinen theater, Kunsthaus Nexus und auf Schloss Goldegg auf die Bühne. Dem bedeutenden britischen Lyriker und Dramatiker würde das gefallen.

Angelika Bamer-Ebner bringt in ihrer Inszenierung verschiedene Sprachen auf die Bühne. Doch sie verspricht: „Den Inhalt werden alle verstehen. Wir kommunizieren ja nicht nur mit Worten.“

Am 18. Februar ist Premiere. Vor den Vorhang tritt dann auch Regisseurin Angelika Bamer-Ebner. Das Selber-Mitspielen bezeichnet sie als Dessert. Momentan befindet sich die engagierte Theatermacherin noch mitten beim Zubereiten des Hauptganges. Nach dem offenen Casting, einem Kennenlernen und Annähern aller Mitwirkenden, sind nun die Proben für das mehrsprachige Theaterprojekt „Spielend Einander Verstehen“ im Endspurt. „Es ist herausfordernd. Es ist ja ein Mix aus Profis, Laien, von Frauen und Männern mit und ohne Theatererfahrung. Gerade bei den Asylbewerbern stand zu Beginn immer die Frage im Raum: Werden sie in einem Monat noch da sein? Doch es hat sich gut entwickelt. Was nicht heißt, dass ab nun Entspannen angesagt ist. Aber jeder hängt sich rein.“ Das Mitwirken von Flüchtlingen und Asylbewerbern sei horizonterweiternd. „In der Probenzeit bist du nahe dran an den Leuten und erfährst ihre Geschichte. Ich denke mir dann: Wir können wirklich dankbar sein, für das, was wir haben.“

Für Angelikas Partner im Leben und auf der Bühne, Peter Christian Ebner, geht es auch um Chancen für die Menschen und eine gute Zukunft für alle: „Diese werden wir nur haben, wenn wir uns miteinander verstehen. Das kann auch spielend funktionieren.“ Dass sich das eingespielte Team Bamer und Ebner für eine Shakespeare-Komödie entschieden hat, erklären sie so: „Das Stück passt einfach gut; es handelt von Verbannung, Flucht und Heimatlosigkeit einerseits. Auf der anderen Seite werden Werte wie Güte, Hoffnung und Großzügigkeit in den Vordergrund gespielt.“ Ihr Ziel: Die ZuschauerInnen sollen staunen und in magische Momente eintauchen. Nur so viel sei verraten: „Alles wandelt sich zum Guten. Nur dass das Ende nicht wie im Original im Wald von Arden, sondern im Untersberger Wald stattfindet.“ Für ein Hörerlebnis werden neben Deutsch Sprachen wie Spanisch, Ungarisch, Arabisch, Italienisch sowie Englisch sorgen.

Mahamed Abdulqadir Yahye spricht Deutsch und Somali in Shakespeares „Wie es euch gefällt“. Das Proben macht ihm Spaß. Und: „Ich habe durch das Theater Freunde gefunden.

Das exotische Somali in Wort und Gesang steuert Mahamed Abdulqadir Yahye bei. Vor dem Krieg in seiner Heimat geflüchtet, lebt er seit eineinhalb Jahren in Salzburg im Christkönig-Kolleg. Zum „Spielend Einander Verstehen“-Projekt hat ihn ein Zeitungsbericht gebracht. Vor einigen Wochen hat der dreifache Familienvater nach langer Trennung seinen Ältesten (16) wieder in die Arme schließen können. „Er ist von Ägypten aus mit dem Boot über das Mittelmeer. Ich bin sehr froh, dass es ihm gut geht. Er ist jetzt in Imst untergebracht. Hoffentlich kann er bald zu mir nach Salzburg kommen. Ich wünsche mir, dass er eine Ausbildung als Mechaniker macht“, erzählt Yahye, der für sich am liebsten einen Job in einem Hotel hätte oder als Staplerfahrer – „darin habe ich Erfahrung“. Die Voraussetzung, der positive Ausgang des Asylverfahrens, ist endlich da. Das Nachholen der restlichen Familie nach Österreich, seiner Frau und der jüngeren Kinder, sei sein sehnlichster Wunsch. Glücklich mache ihn zur Zeit vor allem das Theater, das Beisammensein mit den anderen Darstellern. „Wenn ich an die erste Aufführung denke, bin ich schon nervös. Ich muss noch viel mit den deutschen Sätzen üben. Ich will gut sein. Mein Sohn soll mich auf der Bühne sehen und stolz sein.“

Info: „Wie es euch gefällt“ frei nach William Shakespeare wird aktuell mit SalzburgerInnen und SchauspielerInnen unterschiedlicher sprachlicher und kultureller Herkunft erarbeitet. Das Motto dieser besonderen Produktion: „Spielend Einander Verstehen“. Regie führt Angelika Bamer-Ebner. Marina Razumovskaja aus Estland komponierte die Bühnenmusik. Premiere ist am Sa., 18. Februar, im kleinen theater Salzburg als Beitrag im „Monat der Vielfalt“ der Stadt Salzburg. Nach den Aufführungen in Salzburg am 5., 11. und 12. März macht das vom Zukunftslabor Salzburg 20.16 ausgezeichnete Theaterprojekt am 3. März im Kunsthaus Nexus Saalfelden, auf der Burg Mauterndorf und am 6. April  auf Schloss Goldegg Station. Mehr unter www.theater-brettspiel.at und www.bamer-ebner.com.

„Ich war Beifahrerin damals 1990. Und 21 Jahre alt. Nach dem Autounfall konnte ich nicht mehr gehen. Ein Jahr lag ich im Bett. Ich habe mich ins Leben zurückgekämpft“, sagt Sanja Vukasinovic und lächelt.

Sanja Vukasinovic mit ihren wichtigsten Medaillen

Und jetzt hat sie die Goldmedaille im Weltcup und ist Vizeeuropameisterin. Im Rollstuhltanzen. Der Salzburger Verein „WheelChairDancers“ ist wie eine Familie. Hier trainiert sie hart mit allen anderen, die auch internationale Erfolge einfahren wie Peter Schaur. Beeindruckend ist es, wie mit welcher Motivation, Professionalität und Disziplin die AthletInnen trainieren. Das ist kein Kuschelsport, so viel ist klar. Rollstuhltanzen braucht Training und gute Trainer. Bei Bundestrainer Diethard Govekar und seiner Frau Kerstin sind die RollstuhltänzerInnen in besten Händen. „Wir tanzen alles. Standard, Latein, Paar oder Freestyle. Bis auf die Seitwärtsbewegung können die TänzerInnen im Rollstuhl alles, die Drehungen sind fast besser als bei den Fußgängern, wie wir die Tänzer auf Beinen nennen“, erzählt der Trainer begeistert.

DIE machen richtig Sport!

Beim Empfang im Schloss Mirabell lerne ich die WheelChairDancers ein bisschen näher kennen und spüre, wie groß die Freude am Sport ist. Vielleicht schauen wir manchmal zu wenig hin oder wir stellen die Erfolge nicht so in den Mittelpunkt wie bei Menschen ohne Behinderung. So unter dem Motto: Ja, DIE machen auch Sport. Nein, DIE machen richtig Sport! Und es steht uns gut an SportlerInnen wie den WheelChairDancers auf Augenhöhe zu begegnen.

Sehen kann man die WheelChairDancers am Samstag bei der Eröffnung der Sporthalle Nord um 17.15.

Und am 3. Mai bei ihrer Frühjahrsshow ab 19 Uhr in der Warwitzsstraße 9.

Und im Facebook könnt ihr die Aktivitäten verfolgen – also einfach hier liken :) 

Titelbild: Johannes Killer

Im Alltag bekommen die meisten von uns ganz viel nicht mit. Da ist der 15jährige, der seine Eltern schlägt und die Polizei spricht eine Wegweisung aus. Oder die 17jährige, die alles macht, damit ihre Mutter sie rausschmeißt. Wohin mit dem 16jährigen Burschen, der aus dem Jugendknast kommt und dessen Eltern ihn nicht zurückwollen.

„Jede Geschichte ist anders, aber die Arbeit mit diesen Jugendlichen ist spannender als ein Fernsehkrimi.“, sagt Werner Maislinger, der seit vielen Jahren die Krisenstelle von KOKO leitet. „Wir sind hier Profis im Vertrauen aufbauen. Ab der ersten Minute. Denn unser Ziel ist es für jedes Problem eine Lösung zu finden.“

Wenn ich Werner Maislinger zuhöre, merke ich, dass er und sein Team mit Herzblut dabei sind. Sie arbeiten für die jungen Mädchen und Burschen in der Stadt Salzburg, die in einer großen Krise sind. Und jetzt ist die Krisenstelle umgebaut, erneuert und bietet bis zu 80 Jugendlichen im Jahr eine zuverlässige Anlaufstelle.

Ohne euch hätte ich es nicht geschafft

„In der Krisenstelle bieten wir unbürokratisch und prompt Hilfe und Unterstützung für die Jugendlichen und einen Ort des Rückzugs an. Wir bereiten gemeinsam die Rückkehr in die Familie vor, wenn das nicht möglich ist, gibt es für die Jugendlichen einen Platz in einer betreuten Wohngemeinschaft.“, erläutert  Eva Goetz, die inhaltliche Geschäftsführerin von KOKO.

In der Krisenstelle von KOKO finden Jugendliche aus allen gesellschaftlichen Schichten ein Umfeld, um wieder in die Zukunft blicken zu können. Manchmal sind Mädchen oder Burschen so neben sich, dass auch das Team Bedrohungen ausgesetzt ist. „Umso wichtiger ist es, dass wir den Jugendlichen Stabilität bieten. Und am schönsten sind dann die Momente wie kürzlich in einem Supermarkt. Da habe ich ein Mädchen getroffen, jetzt schon eine junge Frau, der ich vor Jahren helfen konnte und sie hat mir gesagt, dass sie es ohne uns nicht geschafft hätte“, erzählt Maislinger.

Das schreibt Richard an seine Frau 1938. Friedemann Derschmidt beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit der Erbschaft der Vergangenheit. Nicht die öffentliche Geschichtsschreibung hat Derschmidt im Fokus. Ihn interessiert die Geschichte, die in der Familie weitergegeben wird. Welche Auswirkungen hat sie auf unser Leben heute? 

Am Donnerstag, 2. Februar, gibt es die Möglichkeit Derschmidt, Autor von „Sag du es deinem Kinde“, zu hören und mit ihm zu diskutieren.

Sag du es deinem Kinde

Für das dem Buch zugrunde liegende Projekt „Reichel komplex“ ist es von großer Wichtigkeit zu verstehen, dass die Nazis nicht wie eine Horde Wahnsinniger aus dem Nichts kamen und wieder darin verschwanden. Sie waren auch keine von außen auftauchenden „Anderen“, sondern kamen aus der Mitte der Gesellschaft: Die eigenen Väter und Mütter, Großeltern, Tanten und Onkel waren „die Nazis“. Wenn man einen Schritt zurücktut und mit diesem größeren Blickwinkel auch das 19. Jahrhundert mit betrachtet, kann man am konkreten Beispiel dieser bürgerlichen Großfamilie gut aufzeigen, wie sich die vielen, oft sehr unseligen Wechselwirkungen zwischen Nationalismus, Jugendbewegung, Alpinismus, Turnbewegung, Burschenschaft, Erneuerungs- und Reinheitsfantasien und allem voran moderner Wissenschaft (Stichwort Eugenik) usw. ergeben haben müssen. Die spezifische Familie Derschmidts ist diesbezüglich alles andere als besonders einzigartig.

Interesse?

Donnerstag, 2. Februar um 19 Uhr in der Academybar in der Franz Josef Straße!