Mit elektrischem Rollstuhl ist jede Obusfahrt eine Herausforderung. Daher versuche ich es zu vermeiden. Doch heute war es wieder so weit, mir war nach Abenteuer!

Als Obusnutzerin mit Erfahrung wusste ich, dass das heute möglich ist, weil es erstens nicht regnete und zweitens kein einzuhaltender Termin meine pünktliche Ankunft erforderte, sondern ein lockeres Treffen, wo ein Zuspätkommen keine gröbere Rolle spielt. Ich plante also vom Mirabellplatz bis zu meinem Ziel in Salzburg Süd mit dem Obus zu fahren. Eine Linie und somit ohne Umsteigen.

Ich rechnete zwar ohnehin damit, hatte dann aber doch ein leises Grummeln im Bauch, als der erste Bus der Linie 3 ohne Rampe und sogar einer der ganz alten Generation vorfuhr. So einer, der beim Einstieg Stufen hat und sich das Geländer in der Mitte befindet. In diesem Fall auch für Kinderwägen nicht wirklich nutzbar, von Rollstühlen und Rollatoren ganz zu schweigen.  Der zweite Bus, zehn Minuten später, war schon neuerer Bauart, aber ohne ausklappbare Rampe. Wie soll ein 180 kg schwerer Rollstuhl den Spalt zwischen Gehsteig und Obus überwinden? Flügel als Zusatzausstattung werden nicht bezahlt. So schickte ich meine Assistentin zum Fahrer, mit der Bitte in der Leitzentrale nachzufragen, ob denn der nächste eine Rampe hat. Der Fahrer meinte spontan, dass auf der Linie 3 „nie mehr Rampenbusse“ fahren. Auf das etwas verdutzte Gesicht meiner Assistentin rief er dann doch an und gab zur Auskunft, dass wir Glück (!) haben, der nächste hat eine.

Wieder zehn Minuten später kam dann die ersehnte Transportmöglichkeit … und kaum zu glauben erst der dritte und schon MIT Rampe! Juhuuu!

Der Fahrer dieses Busses gab auf die Bitte die Rampe auszuklappen zur Antwort „ja, ich bin ja ohnehin schon zu spät“. Kurz zog das Wort „Beleidigung“ durch mein Gehirn. Ich wollte über die Bedeutung dieser Aussage aber nicht intensiver nachdenken, also ignorierte ich sie.

Er kam mit dem Eisenhaken den er zum Ausklappen der Rampe benötigt (Anm.: dieser Obusfahrer war ein ganz pfiffiger, da ich ihm nicht sagen musste, wo genau er diesen Haken findet), ich stand schon einfahrbereit, er zog die Rampe mit dem Haken aus dem Bus hoch und …. ließ sie aus dem Scheitelpunkt mit einem lauten Knall außen auf den Boden donnern. Ich stand in einer meterhohen Staubwolke und konnte nur noch schnell die Augen zumachen.CAM00173[1]

Als ich sie wieder öffnen konnte, erblickte ich auf dem für Rollstühle angedachten Platz zwei Kinderwägen und drei Personen mit je einem großen Reisekoffer. Etwas ratlos blickte ich in den Bus und genauso ratlos und auch etwas mitleidig und gelangweilt blickten die im Bus stehenden oder hinter den Fensterscheiben sitzenden Fahrgäste aus dem Bus heraus.

Der Fahrer sagte (wiederum unerwartet), dass sie aussteigen und hinten einsteigen sollen. Menschen und Koffer folgten der Aufforderung, die Kinderwägen blieben stehen. Freundlicherweise wurde mir so viel Platz gemacht, dass ich gerade noch reinpasste – im Einparken bin ich Meisterin meines Fachs! Vor mir das Schild mit dem Rollstuhlzeichen und daneben das mit dem Hund mit Beißkorb ……  Sollte ich darüber nachdenken? Nein, heute nicht!

In meinem Rücken hörte ich das Einklappen der Rampe mit einem Knall. Ich freute mich richtig, dass ich diesmal die Augen nicht schließen musste, da nun meine Rückseite gleichmäßig bestaubt wurde und auch andere Fahrgäste in den Genuss der kostenlosen Staubwolke kamen – so haben mehrere was zum gleichen Preis.

Die Unruhe im Obus legte sich langsam und alle begannen wieder vor sich hinzustarren. Beim Aussteigen war dann nur noch ein einziges Knallen und eine einzige weitere Staubwolke zu überstehen und mit Schwung verließ ich die Busstation fluchtartig. Gestärkt für die nächsten Unbilden des Lebens erreichte ich also nach 45 Minuten meinen Zielort. Das Ziel des Abenteuers zeigte sich durch meinen angestiegenen Adrenalinspiegel ebenso als erreicht.

Ich fahre sicherlich bald wieder mit dem Obus. So viel Abenteuer ist kaum sonst wo für so wenig Geld zu bekommen.

Wenn ein weiteres Abenteuer meine Lebenslinie ziert, werde ich euch wieder berichten. Bis dahin – one life, live it! :)

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

…wie unpassend, bei den zwei großen I in den Leiden des jungen Christian N. Vorab gesagt, handelt es sich bei den besagten I um die Inkontinenz und die Impotenz. Nicht gerade prickelnde Themen für einen mitten im Leben stehenden Mann.

Im letzten Kapitel erzählte ich ja, dass der Krebs mit 8 Zyklen Chemotherapie restlos besiegt wurde. Klingt jetzt nicht so üppig, aber da ich jeweils 96 Stunden an den Nadeln hing, summierte es sich doch auf 768 Stunden. Die Chemo besiegte auch meine Libido, während dieser Zeit war mein Verlangen gleich Null.

chr3

Kein Klogehen möglich!

Die Chemotherapie endete im Dezember 2010. Im darauffolgenden Jahr durchschritt ich mein bisher tiefstes Tal. Durch die Abmagerung auf zarte 80 kg und der mittlerweile schweren Polyneuropathie, konnte ich mich so gut wie gar nicht selbst fortbewegen. Ich wohnte damals noch in meiner alten Wohnung am Fuße des Untersbergs, in einem 60er-Jahre Bau im vierten Stock ohne Lift. Durch die Schwäche verbrachte ich die meiste Zeit liegend. Muttern besuchte mich fast täglich und versorgte mich. Die Polyneuropathie lähmt mich ja vom Becken abwärts. Somit sind nicht nur die Haxerl beeinträchtigt, auch die Ausscheidungen waren gestört. Anfangs hatte ich eine Stuhl-und Harninkontinenz. Wobei das mit der Harninkontinenz nicht so war, wie man es sich vorstellt. Ich hatte eine spastische Beckenbodenverkrampfung. Beim Mann läuft der Harnleiter scheinbar durch den Beckenboden, durch die Verkrampfung wurde dieser abgedrückt und somit kam nichts mehr durch. Was man nicht alles lernt im Krankheitsfall. Dafür kam es hinten unkontrolliert. Lulu und AA (so heißt es in der Fachsprache J) konnte ich also nicht mehr steuern. Somit verbrachte ich einige Wochen stationär auf der Urologie.

Leben mit Windeln

chr2Fürs Lulu wurde mir empfohlen, mich selbst zu katheterisieren. Ich habe mein Gemächt wahrlich gerne in der Hand und erfreue mich jeden Tag darüber, aber ein Plastikschläucherl ins Spitzerl einzuführen und bis zur Blase durchzuschieben, das gehört nicht zu meinen Freuden.  Also wurde versucht, mir einen Blasenschrittmacher einzusetzen. Hierzu wurden Drähte an meine Nerven angeschlossen und diese mit einem elektronischen Kastl verbunden. Leider funktionierte es bei mir nicht und ich bekam einen sogenannten suprapubischen Katheter gelegt. Das ist ein Katheter, der durch die Bauchdecke in die Blase geführt wird. Ein praktisches Teil. Wenn ich Druck verspürte, machte ich das Ventil auf und lies das Lulu in die Harnflasche laufen. Alle vier Wochen wurde das Teil gewechselt. Nach drei Wochen bildeten sich meist Keime, was den Harn verunreinigte und mich zusätzlich schwächte.

Das AA wie gesagt, konnte ich gar nicht steuern. Wenn der Druck da war, flutschte es und ich konnte nichts dagegen tun. Somit wurde ich mit Ende Vierzig wieder Windelträger. Entzückend! Speziell bei körperlicher Anstrengung ging es dahin. Damit ich nicht nur in meinem taubenblau gestrichenen Schlafzimmer liegen musste, hievte mich Muttern immer ins Wohnzimmer. Natürlich konnte sie mich nicht aufrichten. Ich rutschte mit Mühen ans Bettende und ließ mich auf eine Decke plumpsen. Muttern zog mich dann übers Echt-Eiche Parkett ins Wohnzimmer. Niemand hatte solch ein glänzendes Parkett wie ich. Dort schob sie mich zur Couch und ich versuchte mich mit den Händen nach oben zu drücken. Das klappte auch, nur durch die Anstrengung ist´s meist schon wieder geschehen…sprich das Hoserl war voll. Zum Glück hatte ich damals eine pflegeleichte Ledercouch. Natürlich legten wir Handtücher unter, doch alles abdecken funktioniert auch nicht. Leder ist ja zum Glück resistent gegen Flüssigkeiten, oder hat schon mal wer eine Kuh gesehen, in die es rein regnet?

Durch Reha-Aufenthalte ging es mir in kleinen Schritten besser. Im Spätsommer nötigten mich Robert und Anjabella in eine barrierefreie Wohnung zu ziehen. Ich sträubte mich natürlich, da ich dachte, das ist so was wie ein Altersheim. Zum Glück waren sie energisch genug und ich willigte ein. Die beiden organisierten auch eine passende Wohnung samt Umzug, somit konnte ich Anfang 2012 in die schattige Pinie einziehen. Als alter Golden Girls Fan nenne das Gebäude so als Reminiszenz an die göttliche Sophia Petrillo. Dadurch konnte ich wieder rollstuhlmobil einigermaßen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Meist im Hause von Robert&Robert.  Das Schutzhoserl machte in der Feincordhose sogar einen knackigen Hintern. Da ich mich immer schon gerne am Weinglas festhielt, stieg natürlich auch immer der Blasendruck. Dort eingeladen ging der Druckabbau relativ einfach. Ich wurde auf die Terrasse gekarrt und ich konnte ganz einfach das Schläucherl rausfischen, den Zapfhahn öffnen und mit dem gräflichen Lulu die Rabatten beglücken. In dieser Zeit grünte es auffallend üppig bei den Roberts.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

chr1

Wird es wieder?

Mit der Zeit kam ich immer mehr zu Kräften und siehe da, es kam auch was übers Gemächt und dass AA konnte ich großteils halten. Nach einiger Zeit wurde mir der Katheter entfernt. Jetzt musste ich wieder das Zusammenzwicken lernen. Was aber ein mühsamer Prozess war. Ich brauchte zwar keine Windeln mehr, jetzt reichten Einlagen. Tena men! Zuerst die stärkste Variante, was in besagter Stretchcordhose wie nach einer Erektion aussah. Aber eben leider nur so aussah. Peu a peu konnte ich die Stärke der Einlage reduzieren, jetzt komm ich tagsüber ohne aus.

Nach der Chemo kam auch schön langsam die Lust wieder zurück. Nur rührte sich das einst so stolze Teil noch immer nicht. Ist schon blöd, wenn der Kopf funktioniert und man mit Fantasie gesegnet ist, aber nicht für Entspannung sorgen kann. Das ist bis zum heutigen Tag so, aber seit ein paar Wochen regt sich ab und an wieder was, wenn auch nur auf Halbmast. Jetzt bin ich hoffnungsschwanger, dass sich zumindest da bald wieder der Urzustand herstellt. Mein überaus aufgeschlossener Urologe hat mir letztes Mal eine Probepackung mit den berühmten blauen Pillen mitgegeben. Mangels vis a vis spare ich mir die vier Stück auf und hoffe derweilen auf eine natürliche Erholung.

Mit diesen zum Schluss doch erfreulichen Erlebnissen schließe ich für heute und ziehe mich ins mittlerweile höher gelegte Bett zurück. Im teuer bezahlten Fernsehen läuft nichts Sehenswertes, somit lösche ich das Licht, schalte die in Regenbogenfarben schimmernde Unterbettbeleuchtung ein und höre über Kopfhörer die bezaubernde Daliah Lavi mit ihrem tollen Liedchen “Willst Du mit mir gehen“.

Von wegen Fantasie und so… :)

Zu Kapitel 5 der Leiden des jungen Christian N.

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

Letztens erzählte ich ja von dem Martyrium der Biopsie und der darauffolgenden Diagnose nach einer Woche. Diese erhielt ich an einem Freitag, zusammen mit dem Einrückbefehl ins Krankenhaus am Montag. Die liebe Anjabella, meine älteste Freundin, lud mich aufgrund ihrer Herzensgüte am Samstag zum Abendessen beim Italiener ein.

Zusammen mit Robert & Robert (ich weiß, klingt wie ein 70er-Jahre Schlagerduo) fuhr ich in die Stadt zum Italiener, wo wir uns mit meiner Gönnerin treffen wollten. Ich schreib deshalb wollten, weil mir beim Einfahren in die Tiefgarage schon schummrig wurde. Da ich gratis ja sehr liebe, wollte ich unbedingt durchhalten. Das Geschaukel im Lift gab mir allerdings den Rest und ich brach gleich nach dem Aussteigen zusammen. Ich mitten im geschäftigen Trubel am Boden liegend. Ich kam relativ schnell wieder zu mir, allerdings wurde schon der Notarzt gerufen, der mich gleich abtransportierte. Somit kam ich ums leckere Essen. Erwähnte ich schon, dass ich Einladungen liebe? Im Krankenhaus fanden sie nichts und entließen mich nach Hause, ich sagte denen auch von meinem Einchecken am Montag.

Brav begab ich mich wie gewünscht ins Krankenhaus und bezog mein Zimmer. Da die Onkologie neu baute, war ich noch im Altbau. Ich liebe normalerweise Altbau, aber diese Bude war dermaßen finster, ich hatte ein Zimmer zum Hinterhof im 60er-Chic. Aber das war mir eigentlich egal, Hauptsache Einzelzimmer. Wenn ich eine Liste samt Foto von den momentan anwesenden Patienten bekommen hätte mit freier Wahl, dann wär es was anderes. Aber so …

Mager und kahl – so war ich nach der Chemo

Mager und kahl –
so war ich nach der Chemo

Gespannt war ich schon auf die Behandlung. Man hört und liest ja soviel von Krebstherapien. Leider meist Schlechtes. Ich musste zehn Tage warten, bis die für mich passende Chemotherapie zusammengestellt wurde. Ich dachte, die fangen gar nicht mehr an. So viel Blut wurde mir noch nie abgenommen. Na ja, ich hatte ja meine Ruhe und konnte mein seichtes Fernsehprogramm sehen und das Essen war auch gut. Nach zehn Tagen, wie gesagt, ging es los. Normalerweise hört man immer, dass die Patienten vier Stunden am Tropf hängen und dann nach Hause gehen. Bei mir waren es drei Flüssigkeiten vier Tage rund um die Uhr, noch tragischer klingt es bei 96 Stunden! Eine Flüssigkeit wurde sogar mit einer elektrischen Pumpe in mich befördert. War natürlich sehr umständlich, mit dem Infusionsständer und der Pumpe um den Hals auf die Keramik zu gehen. Mit dem typischen halben Nachthemd schritt ich mit nackten, aber doch wohlgeformten Hintern ins Bad.

Demis RoussosDie erste Chemo empfand ich wie einen Jungbrunnen. Mir ging es fabelhaft und ich hatte noch mehr Appetit. Nach den besagten 96 Stunden konnte ich am darauffolgenden Tag nach Hause. Nicht krankgeschrieben, wie die meisten Chemotherapeutler, ging ich in die Arbeit. Ich fühlte mich auch fit genug. Meiner Erinnerung nach erzählte ich schon, dass ich Versicherungsberater im Außendienst war. Mein Beritt war sehr groß, eigentlich das ganze Salzburger Bundesland, mit vielen lieben und treuen Kunden. Für die Servicierung dieser fuhr ich viele Kilometer mit meiner havannabraunen, bayrischen Eleganz, ein kostengünstiger Turbodiesel.

Im Dreiwochen-Rhythmus gings dann zur 96-Stunden-Chemo. Das ganze für acht Zyklen, also bis Ende des Jahres. Mir fielen die Haare während der ersten zwei Chemos nicht aus und ich dachte, dieser Kelch geht an mir vorüber. Schließlich ist silbernes Haupthaar im Versicherungsverkauf opportun. Aber bei der dritten Chemo gings dann doch los mit dem Haarausfall. Der ganze Körper, bis auf den Schritt. Da komischerweise nicht. Nach dem dritten Chemozyklus ging ich auch schlechter. Ich dachte, das liegt an meiner Gewichtsabnahme auf 80 Kilo und dem langen Liegen. Mein damaliger Hausarzt sagte zu mir, dass nach der Chemo die Polyneuropathie sich zurück bildet. Poly… was? Es stellte sich raus, dass diese Art der Chemo ein Nervenleiden namens Polyneuropathie auslösen kann, aber nicht muss. Ich hab da scheint’s gleich hier geschrien. Nach sechs Zyklen war ich krebsfrei, jedoch meinte der Professor, es wäre klug, noch zwei anzuhängen. Das bejahte ich natürlich und war froh, dass der Krebs erfolgreich besiegt wurde. Leider verschwand durch die Chemo auch die Libido. Da hätte sonst wer nackig neben mir auf und ab hüpfen können, ich hätte nur lapidar „pfff, und?“ gesäuselt. Und das mir! In der Blüte- und Halbzeit meines Lebens. Aber es sollte noch schlimmer kommen, davon erzähle ich nächste Woche. Von den zwei großen I. Wird grauslich, zarte Gemüter lassen das nächste Kapitel am besten aus.

Für das heutige Ende bemühe ich den guten, alten Demis Roussos mit seinem damaligen Platz 1 Hit „Goodbye My Love, Goodbye“. Passend zum Brachliegen meiner Lust.

Die Leiden des jungen Christian N. Teil 4

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

ch2

Genussmensch Christian

Wir schreiben das Jahr 2009. Gut Essen und Trinken gehörte und gehört noch immer zu meinem Leben. Meine schlanken Haxerl, meist mit gepflegten Lederschuhen bewehrt, trugen zu Jahresanfang ein Gewicht von 105 Kilogramm. Jetzt ist das bei einer Größe von 199 cm nicht zu viel, bei mir war es allerdings unglücklich verteilt. Die Haxerl wie gesagt schlank, darüber kam der Bauchansatz. Gut, es war eine Wampe. Zur Abrundung Hüftgold, liebmeinende nannten das „love handles“. Ich bin nicht naiv und weiß, dass derjenige, der diesen Ring liebevoll händeln wollte, große Hände brauchte. Dummerweise verjüngte sich darüber mein Oberkörper wieder und raus kam eine Birnenfigur.

Die Diät

Also nahm ich mir vor, dass ich das im Laufe des Jahres ändern möchte. Ich hasse das Wort Diät und entschloss mich, nur zweimal am Tag zu essen. Dank meines Berufs, ich war im Versicherungsaußendienst tätig, hatte ich freie Zeiteinteilung. Somit konnte ich später frühstücken und früher zu Abend essen. Mittagessen fiel meist aus, hie und da vielleicht ein Petit-four mit einem „espresso doppio e bicchiere aqua“ im Kaffeehaus. Beim Essen als solches wollte ich mich nicht einschränken. Ich wollte immer schon essen, was mir in den Sinn kam. Hierbei halte ich es wie mein Schreiberkollege Johannes Mario Simmel mit seinem Meisterwerk der Belletristik „Es muss nicht immer Kaviar sein“. Muss es wirklich nicht, aber auf alle Fälle reichlich Bergbauernbutter zum Frühstück aus meiner Heimat Berchtesgaden. So nahm ich bis Ende des Jahres gut 10 Kilo ab und alles war gut. Von Anfang 2010 bis April 2010 kamen aber nochmals 10 Kilo runter und mir wurde von meinen Freunden nahegelegt, wieder mehr zu essen. Wo doch früher gerne mal über meine Abrissbirne gelächelt wurde. Ich konnte aber nicht mehr essen, habe sogar bei einer Einladung geschwächelt. Und das mir, wo doch „gratis“ mein Zauberwort ist.

Die Krebsdiagnose

ch1 (2)Weiters fiel mir eine Beule hinter dem rechten Ohr auf. Da diese schmerzfrei war, wartete ich erstmal ab. Nach einiger Zeit ging ich dann doch zum Hals-Nasen-Ohren Arzt. Der konnte sich das auch nicht erklären und verwies mich an einen Kollegen. Auch dieser rätselte und überwies mich zur Begutachtung ins Krankenhaus. Das ging dann relativ schnell und ich begab mich hin zu einer Biopsie. Just bei meiner Untersuchung waren ein halbes Dutzend Medizinstudenten anwesend um zu lernen. Störte mich gar nicht, man hilft ja gerne. Ich schwang mich nonchalant auf die Patientenliege, leider mit dem Rücken zur Jungschar. Dann bekam ich eine leichte Betäubung und nach kurzer Einwirkzeit begann die Behandlung. Mit einem lauten Knall schoss die Biopsienadel in die Beule und schmerzte irrsinnig. Ich schrie wie von Sinnen auf, was mir gleich peinlich war, wegen den zusehenden Studenten. Leider mussten noch drei Proben entnommen werden. Ich kam nicht umhin, immer lauthals zu schreien ob der Schmerzen. Tränen befeuchteten meine grünen Augen und die anwesenden Jungs waren mir dann auch egal. Nach der Prozedur verließ ich bleich das Krankenhaus und wartete auf den Befund. Genau eine Woche später, ich war gerade wie üblich am Freitagnachmittag bei Muttern in Berchtesgaden zum gemeinsamen Einholen, kam der Anruf des Arztes. Es handelt sich um einen Lymphknotenkrebs und ich musste am Montag gleich stationär einrücken. Ich klärte nur noch im ruhigen Ton ab, dass ich auf alle Fälle ein Einzelzimmer möchte, ich sei entsprechend versichert. Irgendwie war ich gar nicht vom Donner gerührt, ich wollte auch neben Muttern ruhig bleiben; nicht dass die panisch wird.

Am Montag ging ich dann ins Krankenhaus, aber darüber berichte ich dann nächste Woche. Heute lass ich Paulchen Panther schlafen und halte es mit Peter Alexander in seinem alten Gassenhauer

„Feierabend, diedidel didel didel Feierabend“

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

Huuuhuuuu, ich bin es mal wieder, Paulchens Freund. Diesmal ein bisserl früher am heiligen Feiertag, ich brauch das heute.

Ich knüpfe heute noch mal an das letzte Thema, dem Kutschiert werden an. Leider wurde ich letzte Woche beschnitten. Huch! Das klingt missverständlich … Nein, nicht am Gemächt (da sei Gott vor), sondern von der Obrigkeit hier im Blog. Ich wusste ja nicht, dass man nur eine gewisse Anzahl an Wörtern haben darf. Wenn ich mal in Wallung bin …

nam2

Kein alter Zausel!

Wenn es mir mit der Heimfahrt pressiert oder es fängt zu regnen an, dann bestelle ich mir auch gerne mal ein Taxi. Das mache ich mit der 8111-App und das klappt großteils ganz gut. Der Schlitten ist in ein paar Minuten da. Ein besonders letztklassiges Erlebnis hatte ich aber Mitte Dezember. Ich wollte vom Vita Club schnellstmöglich heim, weil Muttern bei ihrem Besuch immer relativ früh essen mag. Das Taxi kam, ein neues Mercedes Kombi Modell und ich rollte die Rampe runter zum Parkplatz. Der Fahrer ließ das Fenster runter und raunzte mich gleich mal ohne Gruß an: „Haben Sie das Taxi bestellt?“. Ich bejahte und er meinte, er kann mich nicht mitnehmen. Daraufhin fragte ich ihn, warum denn nicht. Er meinte, er bringt den Rollstuhl nicht in den Kofferraum. In einen Kombi!!! Ich sagte ihm, dass ich schon in einer normalen Limousine transportiert wurde. Das interessierte ihn nicht und meinte dann weiterhin, er dürfe Rollstuhlfahrer auf Anweisung seines Chefs nicht mitnehmen. Ich war noch immer freundlich und sagte mit süffisantem Unterton: „Sie wollen mich einfach nicht mitnehmen.“ Da fing er zu brüllen an, ob ich denn nicht kapiert habe, dass er nicht dürfte und fuhr los.

 Fiffi oder Zausel?

Ich bin selten sprachlos, bei diesem Erlebnis allerdings doch. Im Großen und Ganzen klappt es ganz gut. Die Frage, warum ich bei der Bestellung nicht den Rollstuhl angebe, bekomm ich in einer gewissen Regelmäßigkeit.

ata2Durch freundliche Fahrer und Fahrerinnen erfuhr ich, dass wenn man bei der Zentrale telefonisch bestellt und besagtes Rollwagerl angibt, dann erhält der wartende Fahrer im Display den Kundennamen, die Telefonnummer, die Adresse und dazu zwei Sternderl angezeigt. Und dieses Zeichen heißt, die Fuhre ist freiwillig. Einen Hund zum Beispiel muss ein Taxi nicht mitnehmen. Kann ich verstehen, wenn wer tierhaarallergisch ist. Aber einen Rollstuhlfahrer? Meines Wissens besteht Beförderungspflicht. Lässt schon tief blicken, wenn der Chauffeur/die Chauffeuse einen Fiffi mitnehmen würde, einen alten Zausel im Rollwagerl aber ablehnt.

Viele sind aber sehr freundlich und hilfsbereit. Ich wurde mal von einer älteren, hinkenden Dame in einem noch älteren Mercedes gefahren. Das Interieur war mal beige, aber in dem Schlitten waren schon Schichten von zwei Generationen an menschlichen Absonderungen eingebrannt. Das altersschwache Gefährt schaukelte dermaßen auf, dass ich in Kurven keinen Halt fand und schon mal Richtung Schoß der Guten rutschte. Zu allem Überfluss lief noch im Becker Mexiko Radio ein alter Freddie Quinn Seemannsschinken – La Paloma …

Auch im Taxigewerbe ist’s wie bei den Bussen. Die Fahrdienstleister mit sogenanntem Migrationshintergrund sind durchwegs freundlich.

So, ich hoffe, ich hab kein Thomas Gottschalk Syndrom und hab nicht wieder mal überzogen, Paulchen Panther flüstert mir wieder zu:

„Wer hat an der Uhr gedreht? Heute ist nicht alle Tage; ich komm wieder, keine Frage!“

Die Leiden des jungen Christian N. Teil 2

Die Leiden des jungen Christian N. Teil 1

von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

So, meine Lieben, jetzt ist schon wieder eine Woche rum. Es ist Sonntag und meist mein fauler Tag. Ich hab mich auf meine Minotti-Imitat Couch von Tchibo drapiert und schreib jetzt die Fortsetzung meiner Leidensgeschichte.

Eigentlich wollte ich heute mit der Krankheitsgeschichte beginnen, aber in dieser Woche hab ich mal wieder was erlebt, das ruft die Berichterstattung vom Transportiertwerden auf den Plan. Somit muss das noch warten, ich verspreche aber jetzt schon, das warten lohnt sich. Es wird spannend.

ee2c344a448c724b184861dc9f902ceb[1]Heute geht es um die Mobilität in Form von Kutschiertwerden. Zu Arztterminen lass ich mich ja, wie schon erzählt, mit dem Roten Kreuz in nem Mercedes Transporter fahren. Das klappt sehr gut, Klappe auf, Rampe runter und Zausel rein. Da ich mich da hinten wie auf einer Ladefläche eines Lastwagens fühle, nenn ich die Transportscheine vom Arzt immer Lieferscheine. Das zaubert immer wieder mal ein Lächeln auf die Lippen der jungen Zivis und man kommt leichter ins Gespräch.

Mein Physiotherapeut meinte letztes Jahr, ich solle mich doch in einem Fitnessstudio anmelden, um zusätzlich zu Kräften zu kommen. Ich fragte ihn zuerst, ob er denn von Sinnen sei. Zu Hause hatte ich den Vorschlag aber noch im Gehörgang und dachte drüber nach. Ich sinnierte, wo ich denn mit dem Bus hinfahren kann. Da fiel mir der Vita Club Süd in der Alpenstraße ein. Ich klärte die Barrierefreiheit ab und wusste, dass die dort einen sogenannten Besser Leben Gutschein von meiner Krankenversicherung nehmen. Mit dem kann ich 6 Monate gratis trainieren. Gratis ist sowieso mein Zauberwort und zum Versuchen, ob ich das ganze überhaupt schaffe und durchhalte, dafür ist so ein Gutschein äußerst zweckdienlich.

Seitdem bin ich Busfahrer.

Und ich kann nachvollziehen, warum so viele Leute nicht mit den Öffis fahren wollen.  Es gibt eine genügend große Zahl an Fahrern, die schlichtweg unverschämt sind. Mittlerweile erkenne ich schon am Gesichtsausdruck des Fahrers beim Ankommen des Busses, wie das Ganze ablaufen wird. Bei nem angewiderten Gesicht gibt es nicht mal einen Gruß, obwohl ich Dank meiner guten Erziehung stets freundlich grüße. Dann wird die Rollstuhlrampe auch von oben einfach fallen gelassen und diese massive Platte knallt mit lautem Getöse auf den Asphalt. Im Sommer staubt es, im Winter spritzt der Matsch. Weiters schaffen es die meisten Chauffeure nicht, den Knopf der Hydropneumatik auf dem Armaturenbrett zu drücken, um den Bus auf einer Seite abzusenken. Somit gibt es meist einen steilen Böschungswinkel und ich bleib mit meinen Fußstützen stecken. Von alleine wird von dieser Art von Fahrern nicht geholfen, man muss darum bitten. Beim Aussteigen ist’s dasselbe, nur halt umgekehrt. Durch die Steilheit der Rampe komm ich vorwärts nicht raus und muss rückwärts hinausfahren, das geht aber nur, wenn der Gnädige mich hält. Da darf man sich dann schon mal scharf anreden lassen, warum man denn nicht vorwärts rausfährt. Ich erkläre es dem widerspenstigen Fahrer dann ganz süffisant, dass, wenn er die Absenkung betätigt hätte, ich seine Hilfe nicht bräuchte.

IMG_5206[1]Aber das ist nicht das Einzige, was es beim Busfahren zu bemäkeln gibt. Viele Fahrer wissen nicht, dass der Haken zum Öffnen der Rampe beim Feuerlöscher deponiert ist.  Ich muss denen das dann sagen. Die bekommen scheint‘s keine Einführung. Auch die Tarife und das Bedienen des Fahrscheinautomaten bereitet öfter mal Kopfzerbrechen. Anfänglich zahlte ich ganz normal. Bis ich an einen türkisch-stämmigen Fahrer kam. Der sagte mir, da ich ja im Rollstuhl unterwegs bin, zahl ich nur den Minimumtarif. Das ist die Hälfte des regulären Fahrpreises. Fiel den anderen Fahrern nicht auf, dass ich im Rollstuhl sitze? Seitdem sag ich immer dazu „Minimumtarif bitte“. Da kam dann allerdings auch mal von nem patzigen Fahrer die Frage, ob ich denn einen Behindertenausweis habe. Was soll man da noch sagen?

Es gäbe noch sooooo viel zu berichten über die Erlebnisse beim Unterwegssein mit öffentlichen Fahrzeugen, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Was ich aber auf alle Fälle sagen kann, dass Fahrer mit sogenanntem Migrationshintergund stets freundlich und hilfsbereit sind.

Mit diesen Erfahrungen schließe ich für heute und halte es wie Paulchen Panther…

„Heute ist nicht alle Tage. Ich komm‘ wieder, keine Frage“…