Interessantes zum Thema Kultur

Zwei Filme, die hoch im Oscar-Kurs stehen, habe ich in der letzten Woche schon vorgestellt:
Die Entdeckung der Unendlichkeit und The Imitation Game.
Hier ist Teil 3 – ein Film, der zu den ganz großen Favoriten zählt:

Birdman
Wie geht es einem Hollywood-Star, dessen Karriere-Höhepunkt als Darsteller eines Comic-Superhelden schon 20 Jahre zurückliegt und seither nichts Nennenswertes mehr gemacht hat? Wie kommt er wieder zurück ins Rampenlicht? Michael Keaton ist so ein ehemaliger Filmstar und die Rolle seines Lebens war: Batman.

Was macht Michael Keaton also? Er nimmt die Rolle eines Hollywood-Stars an, dessen Karriere-Höhepunkt als Darsteller eines Comic-Superhelden schon 20 Jahre zurückliegt und den Weg zurück ins Rampenlicht sucht. Die Filmfigur heißt Riggan Thomson und die Rolle seines Lebens war: Birdman.

Wer ist wer?
Es ist nicht leicht, die Biografie von Michael Keaton und der Filmfigur Riggan Thomson auseinanderzuhalten. Ich habe mich ertappt, dass ich während des Films darüber nachdachte, wie weit sich Michael Keaton da wohl selbst spielt.

Michael Keaton hat es also geschafft – mit einem Film, der fast ausschließlich in einem Theater spielt, ist er wieder im Geschäft. Und er hat für Birdman schon eine Menge Preise eingeheimst, unter anderem einen Golden Globe. Dadurch ist er ein großer Favorit für einen Academy Award.

Die von Keaton dargestellte Figur Riggan Thomson hingegen versucht, mit einer Rolle am Theater wieder von sich Reden zu machen. Er hat sein ganzes Geld in ein Stück investiert, spielt die Hauptrolle und führt auch Regie.

Birdman_poster

Filmposter (Wikepedia)

Probleme gibt es dabei ohne Ende. Eines davon ist Riggans Tochter [Emma Stone], die sich frisch vom Drogenentzug nun recht widerwillig als seine persönliche Assistentin verdingt. Ein anderes heißt Mike Shiner, gespielt von Edward Norton. Mike ist Filmschauspieler, ein aufgeblasener Egoist und besessen von Intensität und Authentizität auf der Bühne. Als Privatperson hält er allerdings weniger von Ehrlichkeit. Er bringt das Stück beinahe zum Scheitern und Riggan zur Verzweiflung. Immerhin droht diesem, nicht nur der Verlust seines letzten Geldes. Wenn das Stück ein Flop wird, dann verliert Riggan auch seine letzte Chance, wieder jemand zu sein. Er will nicht mehr nur der Typ sein, der früher mal berühmt war.

Köstliche Mischung
Wenn ein Ex-Comic-Superhelden-Darsteller einen Ex-Comic-Superhelden-Darsteller spielt und ein authentizitätsbesessener Method-Actor einen authentizitätsbesessenen Method Actor spielt, dann bleibt die geballte Ladung Meta-Referenzen nicht weit. Ich habe beim ersten Mal ansehen, sicher nicht alle davon mitbekommen. Die existentialistische schwarze Satire teilt dabei allerlei Seitenhiebe auf die Welt der Filmstars und der Social Media aus. Und sie bringt einen auch darüber zum Nachdenken, welche Maßstäbe wir für unseren Selbstwert ansetzen.

Der Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Alejandro G. Iñárritu stammt aus Lateinamerika, wo der magische Realismus besonders stark in der Literatur verankert ist. Und so lässt er Birdman, das Über-Ich des Schauspielers Riggan Thomson, mit jedem Problem erstarken. Dabei durchbricht er die Grenzen zwischen Phantasie und Realität. Birdman ist für einige kraftvolle Sequenzen im Film verantwortlich und verwandelt sogar eine harmlose Straßenszene in eine handfeste Actionfilm-Sequenz. Am Ende bringt er sogar etwas Poesie in all die Überdrehtheit und das Drama.

Der Film wird nicht unbedingt allen gefallen. Aber für mich hat er auf originelle Weise alles verpackt, was ich vom Kino erwarte.

Wer kriegt den Oscar?
Bester Hauptdarsteller, Michael Keaton: 80%
Bester Nebendarsteller, Edward Norton: 60%
Beste Nebendarstellerin, Emma Stone: 100%
Bester Film: 80%

Hier gehts zum Trailer:

a fruehstueck

Frühstück im Hidiv Kasri

Nichts langweiliger als in einem fremden Land zu sein und sich dann von weltbekanntem Fastfood zu ernähren. Auch die Liebe zu einem Land oder einer Stadt geht durch den Magen. Und Istanbuls kulinarischen Genüssen erliegen fast alle. Auch ich.

Gerade für jene, die erstmals in Istanbul sind, ist es wichtig, sich außerhalb der touristischen Zonen zu bewegen. Nur so lernt man die Vielfalt der Küche kennen. Ich beginne gleich mit dem, was ich einmal und dann nie wieder gegessen habe. Es gibt in Istanbul unzählige Lokantas, die bis in den frühen Morgen geöffnet haben und mit einer Spezialität locken, die besonders Nachtschwärmer nach zu viel Alkoholkonsum anspricht: Iskembe Corbasi. Schlicht eine Kuttelflecksuppe, nun gut ich will nicht so sein, wer es mag, soll es essen.

Aber jetzt die richtigen Tipps. Beginnen wir mit dem Frühstück:

a perde pilav

Perde Pilav bei Niyazi Bey

Wer es einfach aber gut türkisch liebt, der isst in der Früh in einem einfachen Lokal, das es an jeder zweiten Straßenecke gibt: SU BÖREK und PORCA (Sade oder Peynirli, was heißt ohne oder mit Schafskäse). Hier sei gleich darauf hingewiesen, dass Nescafe immer noch die Nase vor dem Espresso, dem Verlängerten oder einem Cappucino hat. Die gibt’s eigentlich nur  in den Kaffeehausketten.

Für den Samstag und Sonntag empfiehlt sich ein wunderbares Köşk auf der asiatischen Seite in Vaniköy (ist etwas weit, aber zahlt sich aus) mit Namen: Hıdıv Kasrı. Das liegt inmitten eines Rosengartens und es gibt einen wundervollen Brunch mit allem Drum und Dran um cirka 15-20 Euro pro Person. Nach dem Brunch spaziert man einfach zum Hafen Kanlica mit dem besten Joghurt der Türkei und fährt dann mit der Fähre nach Besiktas. Aber auch zwischen Üsküdar und Kuzguncuk lässt sich gut brunchen im Pasalimani direkt am Bosporus. Das Hidiv Kasri und das Pasalimani werden von Beltur betrieben, direkt von der Stadt selbst, daher gibt es dort auch keinen Alkohol.

a kuenefe

Künefe

Zu Mittag als kleiner Snack ein Döner, am besten das Original mit Rind- oder Schaffleisch und nicht das Hühnchen (Tavuk). Auch ein gepflegtes Dürüm (gewickeltes Döner) ist zu empfehlen. Auch gut sind Lahmacun, das sind dünne türkische Pizzas, belegt mit Faschiertem. Auf das Lahmacun gibt man Petersilie, Zwiebel und Zitronensaft, wickelt es und genießt.

Wichtig ist die vor einigen Jahren eröffnete Franzis Sokak, die zwecks Streit mit Frankreich jetzt Cezayir Sokak (Algerische Straße) heißt und vom Taksimplatz kommend von der Istiklal Caddesi links nach dem Galatasary Lisesi abgehend, nach ca. 300 Metern scharfe Linkskurve und dann gleich rechts ist – Das ist megacool dort – mehr wird nicht verraten!

Am Abend ist ein langes Abendessen angesagt

a ezme

Ezme – Achtung scharf!

Die Türken bevorzugen es ungefähr zwei bis drei Stunden zu essen. Man beginnt mit verschiedensten Vorspeisen, Meze genannt, die auf einem Tablett präsentiert werden. Da finden sich gefüllte Auberginen, Paprika, Tomaten, Zwiebel oder Weinblätter. Was unbedingt dazu gehört ist Ezme, ein scharfer Aufstrich aus Tomaten, Paprika, Knoblauch und Gewürzen. Natürlich gibt es verschiedenste Bohnengerichte und Vorspeise-Variationen von Fisch und Meeresfrüchten. Wer rohes Fleisch mag, muss Cig-Köfte probieren. Das Fleisch wird mit Bulgur und verschiedenen Gewürzen sehr lange geknetet und dann in Form gebracht. Man isst Cig-Köfte, beträufelt mit Zitronensaft und in ein Salatblatt gewickelt. Nach einer kurzen Pause genießt man als Hauptgang dann am besten ein Fleisch- oder Fischgericht und schließt mit Obst und türkischem Kaffee (sade, orta şekerli oder şekerli, also ohne Zucker, mittel oder viel Zucker). Zum Essen unbedingt Rakı trinken. Der türkische Wein ist aber auch gut.

Einige Restaurants, die echt toll sind:

a cig koefte

Cig Köfte

Das DEMGAH, das jetzt anders heißt und ich immer vergesse wie: dieses Restaurant befindet sich im hinteren Teil der Ciçek Pasaj (in der Mitte der Istiklal Caddesi). Das heißt man muss durch den Fischmarkt, dann geht rechts eine Straße weg, wo sich Restaurant an Restaurant reiht. Super Vorspeisen, das beste ist der Oktupussalat!

Natürlich finden sich rund um die Istiklal Caddesi noch unzählige andere Restaurants, Lokantas und Schnellimbisse.

In Asien:

Das ISMET BABA: hier fährt man mit der Fähre nach Üsküdar, setzt sich in ein Taxi und sagt: Ismet Baba in Kuzguncuk. Es ist der Geheimtipp an Fischrestaurants in Istanbul!

a aubergine

Auberginen Salat

Und nicht zu vergessen das Niyazi Bey  mit dem coolen Vorhangreis (Perde Pilav) und einer Nachspeise namens Künefe, die wirklich dort am himmlischsten schmeckt, warmer Käse, gesüßt und mit einem speziellen Schlagobers verfeinert! Zu finden in Üsküdar von der Anlegestelle sind es zu Fuß vielleicht 10 Minuten. Die Leute dort wissen Bescheid.

Wer ein Fleischtiger ist sollte in eines der vielen Kepabrestaurants gehen- ich bevorzuge das Nakkas-Kepab auf der asiatischen Seite am Nakkastepe direkt über Kuzguncuk.

Wer ein Schnellrestaurant testen möchte, das höchste Qualität bietet ist am besten im Kanaat Lokantasi aufgehoben. Einfach nach Üsküdar-Hafen und dann hinter der großen Moschee neben dem Yeni Saray Otel. Das Kanaat wurde vor einigen Jahren unter die besten 10 Schnellrestaurants der Welt gewählt- zu Recht!

a fleisch

Fleischplatte mit Zwiebelsalat

a fisch

Frisch aus dem Meer

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer jetzt noch in der Nacht Hunger bekommt, sollte wagemutig sein und Kokoreç essen, das sind gegrillte Lammdärme. Quasi nur gegrillte Wursthaut ohne Fülle – köstlich! Aber nur die am Fischmarkt in Beyoglu, direkt bei der Cicek-Pasaj, die sind weltmeisterlich!

Wer Baklava und anderes Süßes testen möchte ist am besten beim Güllüoglu in Karaköy aufgehoben, dort gibt es sogar Schoko-Baklava. Einfach bei der Galatabrücke rechts am Ufer entlang gehen, an den vielen Lokalen vorbei und dann am Ende links rauf- dann sieht man das Geschäft schon.

a waffel

Waffelglück in Ortaköy

ORTAKÖY: Am Sonntag zu empfehlen, da gibt’s einen Markt und hier trifft sich die Jugend Istanbuls zum Flanieren, Tee trinken und spielen. Ortaköy ist kurz vor der ersten Bosporusbrücke auf der europäischen Seite. Kleiner Essenstipp: hier gibt’s die besten gefüllten Waffeln, einfach göttlich, man wählt zwischen zig Zutaten aus und wird vor Glück mit der Waffel eins! Wer es nicht so süß mag, der isst Kumpir, das sind Ofenkartoffel, die man sich auch mit verschiedensten Zutaten füllen lassen kann. Mit Kumpir oder Waffel (oder beidem) setzt man sich an den Bosporus und genießt. Von hier kann man auch einen Spaziergang durch den Yıldız Park machen und mittendrin wieder ein schönes Köşk zum Tee trinken, einfach von Ortaköy in Richtung Besiktas gehen und dann vorm Cigaran Kempinski rechts rauf.

a kaffee

Was bringt die Zukunft?

Übrigens Tee trinken kann man immer. Oder auch türkischen Kaffee. Der eignet sich auch wunderbar zum in die Zukunft schauen. Dazu trinkt man den Kaffee, bis nur mehr der Satz in der Tasse ist. Man legt den Unterteller darauf, dreht das Ganze dreimal im Uhrzeigersinn und stellt es dann auf den Kopf. Dann wartet man bis die Tasse erkaltet ist, nimmt sie und sieht sich mit Kennerblick den Kaffeesatz an. Der Kaffeesatz, der auf dem Unterteller gelandet ist, dient der Prognose für Geld und Wohnen. In der Tasse ist die Zukunft für Liebe, Familie, Freunde und Sonstiges zu finden.

Man entdeckt im Satz immer Interessantes, das durchaus Potenzial für weise Voraussagen hat. Zum Beispiel, wann man das nächste Mal nach Istanbul kommt!

Hier Teil 1 – Was muss man unbedingt sehen in Istanbul?

Hier Teil 2 – Einkaufen in Istanbul

Lust auf ein paar großartige Kinoabende? Jetzt ist die beste Zeit dafür. Mit einer Reihe von Kurzkritiken möchte ich euch einen Überblick über Oscar-nominierte Filme geben, die derzeit noch laufen.
Teil 1 könnt ihr hier nachlesen: Die Entdeckung der Unendlichkeit

Hier stelle ich den nächsten Film vor:

The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
Benedict Cumberbatch ist momentan überall zu sehen. Sein großer Aufstieg begann mit der BBC-Fernsehserie Sherlock. Er spielt darin den Meisterdetektiv Sherlock Holmes als Genie ohne Gespür für die Menschen. Er stellte in Inside WikiLeaks Julian Assange dar – schlau, aber ohne soziale Kompetenzen. Er spielte in einer Fernsehverfilmung Steven Hawking – zweifellos ein Genie. Und in The Imitation Game stellt er Alan Turing dar – ein mathematisches Genie, ebenfalls leicht autistisch. Wer erkennt das Muster?

The Imitation Game ist ein Biopic über den Mathematiker und Logiker Alan Turing, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Krieg gegen Nazi-Deutschland gewonnen werden konnte.

Benedict Cumberbatch ist Alan Turing

Benedict Cumberbatch ist Alan Turing

1952 wird bei Alan Turing eingebrochen. Mysteriöserweise wurde nichts gestohlen. Sehr verdächtig. Die Polizei vermutet, dass Turing ein russischer Spion ist. Doch sie stoßen auf ein ganz anderes, privates Geheimnis.
Und Geheimnisse sind das Hauptthema des Films. Turing hat sein ganzes Leben lang gelernt, Geheimnisse zu hüten und mit ihnen zu leben. Und das begann schon im Internat, wo der hochbegabte, aber eigenbrötlerische Junge Schwierigkeiten hatte, Freunschaften zu schließen. Nur mit seinem Mitschüler Christopher steckte er ständig zusammen.
1939, nun Mathematiker, soll Alan Turing den Code von Enigma knacken – einer Chiffriermaschine, mit der die Deutschen im zweiten Weltkrieg ihre Nachrichten verschlüsselten. Die Herausforderung: Es gibt 150 Millionen Millionen Kombinationsmöglichkeiten. Alan und sein Team arbeiten unter allerstrengster Geheimhaltung. Nicht ein Wort darf er außerhalb der Arbeit darüber verlieren, sonst droht die Todesstrafe. Alan Turing baut eine unglaubliche, riesige Entschlüsselungsmaschine, um die sich nun sein ganzes Leben dreht. Er gibt ihr sogar einen Namen: Christopher.

The Imitation Game zeigt wie sich Parallelen durch Alan Turings Leben ziehen und wie frühere und spätere Ereignisse miteinander zusammenhängen. In der Erzählweise sind die geschickten Sprünge zwischen drei Zeitebenen gut gelungen: Alans Internatszeit; die Zeit, in der er daran arbeitet, den Enigma-Code zu entschlüsseln; und als er sieben Jahre nach Kriegsende von der Polizei verhört wird.

The Imitation Game beweist: Auch aus einer bekannten Geschichte kann man einen faszinierenden Film machen. 2001 wurde die Geschichte bereits einmal verfilmt und hat bei mir bei weitem keinen so starken Eindruck hinterlassen. Der Film hieß Enigma und beschäftigte sich fast ausschließlich mit der Arbeit an der Entschlüsselung und den Geschehnissen im Krieg. So richtig interessant wird es jedoch erst, wenn der eigentliche Angelpunkt der Geschichte das berührende Schicksal des genialen Alan Turner ist, der so Großes geleistet hatte, schwer mit Menschen umgehen konnte und starb, weil sein Geheimnis ans Tageslicht kam. Benedict Cumberbatch hat das Genie mit autistischen Zügen facettenreich dargestellt und mich tief bewegt.

Wer verdient den Oscar?
Bester Film: 60%
Bester Hauptdarsteller: 70%
Beste Nebendarstellerin (Keira Knightley): 50%
Bestes adaptiertes Drehbuch: 100%

Hier gehts zum Trailer:

Das Oscar-Rennen

Die Oscar-Verleihung steht vor der Tür. Man merkt’s. Woran? Das ganze Jahr über laufen Special Effects-geladene Action- und Superhelden-Filme (bessere und schlechtere) und ab Jänner kommt eine geballte Ladung „wertvoller Filme“, die um einen Oscar buhlen. Ich weiß dann gar nicht, woher ich die Zeit nehmen soll, um alles anzusehen, was mich interessiert.

Auf Zartbitter möchte ich allen einen kleinen Überblick geben, die diese Gelegenheit wahrnehmen und sich noch ein paar schöne Kinoabende machen möchten. Hier meine erste Kurzkritik:

Die Entdeckung der Unendlichkeit (The Theory of Everything)
Stephen Hawking ist sicher einer der brillantesten Menschen unserer Zeit. Er ist zu wichtigen Erkenntnissen im Bereich der theoretischen Physik und Astrophysik gekommen. Dabei ist er nicht nur unter Wissenschaftlern bekannt: Er hat komplexe Themen in populärwissenschaftlichen Büchern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Selbst wer seine Bücher nicht gelesen hat, kennt den Mann, der bewegungslos im Rollstuhl sitzt und über einen Computer mit mechanischer Stimme spricht.

DieEntdeckung_PlakatDer Film beginnt mit dem jungen Stephen Hawking, wie er als nerdiger Student auf seinem Rad wild durch Cambridge rast. Doch bald schon wird bei ihm Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert – eine nicht heilbare Schädigung der Nervenzellen, die für Muskelbewegungen verantwortlich sind. Während sein körperlicher Zustand sich verschlechtert, schließt er sein Studium ab, heiratet, wird Vater, lehrt an der Universität.

Eddie Redmayne spielt diesen außergewöhnlichen Mann mit großer körperlicher Disziplin. Denn um die Stadien in einem Krankheitsverlauf darzustellen, bei dem ein Mensch schrittweise die Beherrschung über seinen Körper verliert, muss der Schauspieler jeden einzelnen Muskel kontrollieren können – bis ins letzte Fingerglied. Die Darstellung von Stephen Hawking im fortgeschrittenen Stadium seiner Erkrankung lässt wenig Mimik zu. Wie es dem britischen Schauspieler trotzdem gelingt, den brillianten Geist des Wissenschaftlers und seinen Sinn für Humor stets durchblitzen zu lassen, ist faszinierend.

Filmbiografien sind für die Oscars immer ein heißer Tipp, obwohl sie – ehrlich gesagt – sehr oft nicht wirklich zu den besten Filmen des Jahres gehören. Die sogenannten Biopics holen aber trotzdem regelmäßig die Academy Awards für den besten Film (und oft auch für die beste Hauptrolle). Sei es Lawrence von Arabien, Gandhi, A Beautiful Mind, The King’s Speech, … die Liste ist endlos. Die Entdeckung der Unendlichkeit könnte sich trotz Schwächen in diese Liste einreihen.

Es ist zwar mal ganz interessant, etwas über das Leben eines außergewöhnlichen Menschen zu erfahren. Nur: Das Fortschreiten von Stephen Hawkings ALS-Erkrankung und die Entwicklung seiner Ehe reichen nicht als Haupthandlung für 120 fesselnde Film-Minuten. Zumindest habe ich das so empfunden. Der Film zeigt die Geschichte episodenhaft und verläuft dabei völlig ohne Überraschungen. An einigen Stellen wirken die Ereignisse ein wenig geschönt, besonders wenn es darum geht, wie sich die Beziehung von Stephen Hawkings zu seiner Frau Jane (Felicity Jones) auseinanderentwickelt.

Im letzten Jahr wurde viel über ALS geredet. Tausende Leute ließen sich einen Kübel Eiswasser über den Kopf gießen – als Charity für die ALS-Forschung. Wer sich dabei gefragt hat, was die Diagnose ALS wirklich bedeutet, erfährt es in diesem Film. Es ist tatsächlich schwer, sich einen derartigen Einschnitt in ein Leben vorzustellen. Die Entdeckung der Unendlichkeit hat hier eine wunderbare Botschaft: Seine Mobilität zu verlieren ist nicht das Ende, ob durch ALS oder auf andere Art. Solange man sich nicht aufgibt, Erfüllung in einer Beschäftigung findet – und in einer Beziehung. Aber auch, solange man den Humor nicht verliert.

Verdient er den Oscar?
Bester Film: 40 %
Bester Hauptdarsteller: 100 %

 

 

 

Das Antifaschismus-Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz erinnnert an alle NS-Opfer und mahnt vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Das Antifaschismus-Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz erinnnert an alle NS-Opfer und mahnt vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Dichtes Schneetreiben, ein Taubenschwarm, grauer Beton, darunter eine Menschentraube. Sie sind gekommen, um der Befreiung von Auschwitz und der Opfer zu gedenken. Aber gleichzeitig, um zu mahnen. Davor, dass Verbrechen an der Menschlichkeit, wie jene vor über 70 Jahren nie wieder passieren. Am 27. Jänner 1945 öffnete Anatoli Schapiro das Tor zum Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Der ukrainische Jude und Soldat der „Ersten Ukrainischen Front“ der Roten Armee öffnete damit das Tor zu unvorstellbarem Leid, zu menschlichen Abgründen, die mit dem Menschsein nichts mehr gemein haben und zu der brutalsten Ausformung systematischer Ausrottung von Menschenleben.

Exakt 70 Jahre später stehen nun prominente und weniger prominente Salzburger, Historiker, Journalisten, Politiker, Vertreter des KZ-Verbands und anderen Initiativen vor dem Antifaschismus-Mahnmal auf dem Südtiroler Platz und verlegen dort weitere Stolpersteine zum Gedenken an ermordete Salzburger. Jenem Platz, von wo aus im Frühsommer 1942 die ersten Wagons nach Auschwitz rollten. Gefüllt war der Todeszug mit Frauen aus dem Widerstand. Sie waren die ersten Salzburger Opfer des nationalsozialistischen Genozid, die in das Vernichtungslager transportiert wurden. Zu diesen Widerstandskämpferinnen gesellten sich bis Kriegsende Jüdinnen und Juden, psychisch Kranke, Behinderte, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, Sinti und Roma, Künstlerinnen und Künstler, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter sowie andere verfolgte Gruppen. Sie alle standen auf den Todeslisten der Nationalsozialisten. Unter ihnen waren selbst Säuglinge, Kleinkinder und alte Greise. Das Alter spielte keine Rolle. Entscheidend war, dass diese Menschen im Sinne der NS-Ideologie nicht in das Konzept der „Volksgemeinschaft“ passten.

 Historiker Gert Kerschbaumer beim Auschwitz-Gedenktag in Salzburg vor dem Antifaschismus-Mahnmal; Alle Bilder: Andreas Praher

Historiker Gert Kerschbaumer beim Auschwitz-Gedenktag in Salzburg vor dem Antifaschismus-Mahnmal; Alle Bilder: Andreas Praher

Allein 1,1 Millionen Juden fanden in Auschwitz den Tod. Sie starben in den Gaskammern, durch Erschießen, Hunger, Krankheit, Folter oder im Verlauf medizinischer Versuche. Tausende mussten noch kurz vor der Befreiung den Todesmarsch antreten. Die meisten von ihnen überlebten diesen nicht. Erfroren auf dem Weg oder von der SS erschlagen und am Wegrand liegen gelassen. Der Salzburger Historiker Gerd Kerschbaumer betont, dass wir bis heute nicht alle Schicksale der Opfer kennen. Jene, die als befreit gelten, sind womöglich ebenso ermordet worden. Es gibt nur die Akten der Täter, die uns als Beweise für den systematischen Massenmord dienen. Das führt uns wieder nach Salzburg. Auch hier sind Morde von der Gestapo verschleiert worden. Oft bleibt also nur die traurige Gewissheit vom Tod eines Opfers, aber keine eindeutige Spur zum Täter.

Busseweise werden heute Touristen aus dem nahe gelegenen Krakau zu dem Ort des Terrors gekarrt. Die verschiedenen Touranbieter haben ihre Fühler bereits in der Hotellobby ausgestreckt. Die potenziellen Besucher brauchen nicht mehr den Weg zum Fremdenverkehrsbüro suchen, um einen Trip nach Auschwitz zu buchen. Selbst die Abfahrt verläuft planmäßig und der Zustieg zur düsteren Touristenattraktion erfolgt direkt vor der jeweiligen Unterkunft. 1,5 Millionen Besucher zählte die Holocaust-Gedenkstätte 2014. Ihr Ziel, breites Bewusstsein zu schaffen, scheint damit erreicht. Auch wenn manche das ehemalige Vernichtungslager zur Pilgerstätte von Schaulustigen verkommen sehen.

Zum Gedenken an Salzburger NS-Opfer wurden auf dem Südtiroler Platz vor dem Hauptbahnhof unmittelbar vor dem Anifaschismus-Mahnmal weitere Stolpersteine verlegt.

Zum Gedenken an Salzburger NS-Opfer wurden auf dem Südtiroler Platz vor dem Hauptbahnhof unmittelbar vor dem Anifaschismus-Mahnmal weitere Stolpersteine verlegt.

In Salzburg scheint dieses breite Bewusstsein in den vergangenen Monaten zumindest stark beschädigt worden zu sein. Stolpersteine, die an NS-Opfer erinnern, wurden beschmiert, ein Mahnmal zerstört, die jüdische Synagoge tätlich angegriffen. Doch die Stadt wehrt sich und setzt ein provokantes sowie mutiges Zeichen dagegen. Ausgerechnet eine der zentralen Losungen der Neonazi-Szene dient der Initiative „#88 gegen rechts!“ als Aufhänger. Eben weil die Zahl 88 zweimal den achten Buchstaben im Alphabet symbolisiert und  HH stellvertretend für „Heil Hitler!“ steht aber auch „Weil die Zahl niemanden gehört“, wie Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer betont. Ein einschlägiger Code wird damit umgedeutet. Damit wird aus Mahnen, aktives Handeln. Nicht nur gegen das Vergessen, sondern auch gegen rechtsextrem motivierte Taten. Dass Salzburg dieses Handeln mehr denn je braucht, zeigen die jüngsten Vorfälle. Denn die Verbrechen von Auschwitz sind zwar über sieben Jahrzehnte her, aber Hakenkreuze auf Hausmauern verdeutlichen wie die Gegenwart von der Vergangenheit eingeholt wird und aus Vandalenakten ein umsichgreifendes Treiben werden kann.

Mehr Infos zur Initiative unter www.facebook.com/88gegenrechts

 

5 Millionen Menschheitsgeschichte auf 700 Seiten. Das ist Hermann Parzingers „Die Kinder des Prometheus“  . Er nimmt uns mit auf eine Reise, die über die ganze Erde führt und versucht einen Überblick über die Erkenntnisse der vorschriftlichen Zeit zu geben.

gob2

Göbekli Tepe

Spannend sind seine Ausführungen zur Entwicklung des Menschen. Welche Bedeutung die Umweltbedingungen, die Fauna und Flora hatten. Und wie sich Werkzeuge auf die Weiterentwicklung des Menschen auswirkten. Vom Gebrauch des Feuers lernen wir in der Schule, aber haben wir auch von der Bedeutung der Nähnadel gehört? Sie hat den Menschen befähigt sich Tierfelle zu großen Stücken zu verbinden und damit Wärme zu gewinnen. Es kristallisiert sich aus den Funden heraus, dass die Neugier eine der wichtigsten Antriebsfedern des Menschen ist. Besonders viel Raum widmet Parzinger der Entwicklung von Kultstätten.

Eine der interessantesten ist wohl Göbekli Tepe, in der Nähe von Urfa in der Südosttürkei. Vor 11.000 Jahren entstand hier eine überregionale Kultstätte, an der die Menschen regelmäßig zusammenkamen. Tonnenschwere Pfeiler, behauen mit Figuren, zeugen von der Bedeutung. Ohne organisatorisches und technisches Wissen wäre es nicht möglich gewesen diese Stätte zu errichten. Hier lässt sich der Übergang vom Jäger und Sammler zum Bauern festmachen. Vor mehr als drei Jahren war ich dort. Ich stand auf dem Hügel von Göbekli Tepe und kam aus dem Staunen nicht heraus. Diese riesigen Pfeiler, wie kamen die auf den Hügel? Die wunderbaren Reliefe darauf, Schlangen Füchse, Löwen. 11.000 Jahre alt, das lässt einen ehrfürchtig sein.

Wer nicht selbst dorthin reisen kann, dem sei Parzingers Buch ans Herz gelegt. Ein großartiges Panorama über 5 Millionen Jahre Menschheitsgeschichte.