von Alexandra Schmidt

Wolf Haas - Das Wetter vor 15 Jahren www.siebinger.com Konto-Nr. 184333 bei 35000 RVSEs ist der 28.12. und los geht’s mit den Jahresrückblicken und Menschen, (Un-)Wörtern, neuerdings sogar Vögeln des Jahres (echt: der Habicht ist`s).  Was war 2014? Politik? Syrien – Ukraine – Krim – Südsudan – Hypo – Mahü – Gabalier/ Töchter/Binnen-I oder Spindelegger? Wetter? Warmer Winter, nasser Sommer, schlechte Weinernte in Europa, keine Oliven in der Toskana, keine Haselnüsse im Piemont (sorry, Nutella-Fans…). Kultur? Conchita Wurst gewinnt für Österreich den Songcontest,  Matthias Hartmann und das Burgtheater oder der Tod von Udo Jürgens? Gesellschaft? Verbesserungen beim Verpartnern, ein neues Islamgesetz? Woran werden wir uns erinnern? An den Habicht? Weniges wird bleiben, Weniges wichtig.

Jahresrückblick: Nochmal schauen, was war, was nicht war und was hätte sein können.

Das war mein Jahr 2014: Reisen nach Bordeaux, Japan, Piemont, Paris, Frankfurt, Linz und Wien. Die Weinakademie bis „Aufbau 2“ mit Auszeichnung. Fast jede Woche Kultur, besonders schön darunter: Pippo Pollina, das Abschlusskonzert der Salzburger Festspiele, Jan Garbarek mit dem Hilliard-Ensemble im Dom, Udo Jürgens.

Am 14. Hochzeitstag gesagt: so kann es bleiben. Freundschaften gepflegt – unzählige Abende mit feinen Menschen verbracht, gelacht, mitgefühlt und ja:  immer richtig gut was zum Essen und Trinken. Die Familie mehr und mehr präsent – immer lustiger wird’s mit „der Verwandtschaft“ und super, dass Mami eine neue Hüfte hat und wieder gut gehen kann. alex3Zwar hab ich jetzt ein hiniges Knie, bin aber sonst fit (dafür bin ich am meisten dankbar). Die Arbeit war wieder mal die Arbeit und hat richtig Spaß gemacht: 500 bei One Billion Rising, 600 im Sommer beim frauenmäßigen Spazieren und 5.000 Unterschriften für „Ein NEIN muss genügen“.

Es war ein gutes Jahr. Danke allen – ich hoffe, ich hab euer Leben auch manchmal so bereichert.
Und 2015? Verheißt Gutes: In Koblenz weiter Wein lernen, ein halbes Jahr Sabbatical, vier Wochen davon in Australien.

2015 sind wieder nicht mehr alle mit dabei. Hilda, schade, dass wir uns nicht mehr gesehen haben – vielleicht hättest du mich noch erkannt. Corvin, schade, dass du gehen wolltest.
Und die kranke Freundin, die Bekannten mit den Sorgen? Die Bettelnden auf der Straße, die Frierenden ohne Heimat in den Flüchtlingslagern dieser Welt und in Salzburg, und, und, und? Zeit verbringen, zuhören, für sie sprechen, spenden. Sonntags mit einer weißen Rose spazieren gehen (gegen die rechten  Schmierereien ). Gutes tun. Locker bleiben.

Denn das ist mein Vorsatz für 2015: „A Mensch mecht i bleibn“ (Wolfgang Ambros)
Eure Xela

A Mensch mecht i bleibn (Wolfgang Ambros)

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von Alexandra Schmidt

nein1Diese Forderung wirbelt ordentlich Staub auf. Ein Grazer hat mich im Frauenbüro in Salzburg angerufen, ob er sich „jetzt jedes Mal, bevor er mit seiner Freundin schläft, eine schriftliche Einverständniserklärung geben lassen soll?“.  Bei der Abendveranstaltung dazu fragt ein Mann, ob wir dann praktisch den „Kollateralschaden“ in Kauf nehmen, dass viele Männer dann zu Unrecht verurteilt würden – weil sich Frauen rächen wollen und nach einem sexuellen Kontakt einfach sagen, es sei gegen ihren Willen gewesen.

Zur Zeit ist es so: Trotz über 900 Anzeigen wegen Vergewaltigung, trotz einer Aufklärungsquote von über 80 Prozent (laut Polizei) hatten wir in Österreich 2013 nur 104 Verurteilungen. Gleich viele wie in den 1970er Jahren. Obwohl damals Vergewaltigung noch „Notzucht“ hieß, „es“ nur Frauen passieren konnte und in der Ehe kein Delikt war. Trotzdem sagen die österreichischen Gerichte noch immer in den meisten Fällen: „Nein, also, der sexuelle Kontakt war zwar nicht einverständlich, aber Vergewaltigung war’s trotzdem nicht.“  Und zwar auch wenn  der Täter zugibt, dass die Frau das nicht wollte und das für ihn auch klar war.

Die Dunkelziffer sagt: nur jede 10. Vergewaltigung wird überhaupt angezeigt. Und von den angezeigten Fällen gibt’s grad mal 10 Prozent Verurteilungen? Da stimmt doch was nicht.

nein3Aber: ein Lokalbetreiber einer bekannten Salzburger Fortgeh-Meile kommt her und fragt um Plakate – er will sie in seinen drei Lokalen aufhängen. Der Städtebund und elf weitere Frauenbüros machen bei der Salzburger Aktion mit. Knapp 4000 Menschen haben die Online-Petition schon jetzt unterzeichnet. Belgien, Großbritannien und Frankreich haben die geforderte Rechtssituation jetzt schon – und dort sind auch nicht Heerscharen von Männern zu Unrecht hinter Gittern. Das Justizministerium bewegt sich.

Erwachsene Menschen sollten sich aushandeln können, ob sie gemeinsam Sex haben wollen. Sie schaffen das auch bei der Verhütung, beim Autokauf und bei Kreditbürgschaften. Und wenn nicht, dann ist´s vielleicht besser, sie lassen es ganz und trennen sich in Freundschaft. Oder?

Oder geht’s immer noch um die herrschende patriarchale Machtausübung wenn eine Frau vergewaltigt wird? Und der Vergewaltigungsparagraph ist eine Bastion, die deswegen nicht fallen soll? Weil Frauen einfach „herhalten“ müssen? Na, dann erst recht:

Vergewaltigung verurteilen. Ein NEIN muss genügen. Jetzt informieren und unterzeichnen: www.staedtebund.gv.at/gewalt

Eure Xela

von Alexandra Schmidt

a1Quoten gibt es. Die „Staatsquote“ ist der staatliche Anteil an der wirtschaftlichen Gesamtleistung. Die „Behinderteneinstellungsquote“ ist jene Zahl an Menschen mit Behinderung, die Unternehmen beschäftigen müssen – sonst zahlen sie (wenig, aber das ist eine andere Geschichte). Die „Fangquote“ begrenzt nach oben: mehr als soundsoviel Tonnen Thunfisch dürfen nicht rausgeholt werden. In Österreich dürfen Bauern nicht mehr als soundsoviel Kilo Milch liefern. (Und die restliche? Strafzahlung natürlich.) Die „Arbeitslosenquote“ ist in Salzburg 5,1 Prozent – die niedrigste in Österreich. Die „Asylquote“ ist eine traurige Quote – na ja, Salzburg erfüllt ihre jetzt immerhin.

a2Manche Quoten wären gut: Beispiel Führungskräfte. Weil Männer als Väter benachteiligt sind: obwohl sie mächtig sind und super Kinder zeugen, sehen sie die Kinder nie. Sie können zwar 150 Leute auf einmal feuern, trauen sich aber ihr Recht auf Karenz nicht einzufordern. Im Gegenteil – kaum Vater, arbeiten sie mehr. Hier wäre eine Jahres-Stunden-Quote mit einer Obergrenze gut.

Oder Quoten in Aufsichtsräten (das sind Führungs- und Kontrollgremien in bestimmten Unternehmen – begehrte Ehrenämter mit einem Mordsnutzen: Insiderwissen, Netzwerke, alles).  Dort gibt´s ein Elitenproblem: Bereits mächtige Leute holen Ihresgleichen nach. Hand aufs Herz, wer von uns sucht sich nicht wen Ähnlichen? Sprache, Bildung, Interessen – oder Humor:  Was wäre eine Sitzung ohne ***feindliche Witze? Eben. (Kennen Sie den: „Treffen sich zwei  Personalchefs…“ egal.) ABER gleichförmige Teams sind langsamer, ihre Lösungen sind wenig innovativ. Quoten fördern hier Erfolg und helfen Fehler vermeiden. Welche Quoten? Na jung/alt/mit Behinderung/Migrationshintergrund/ anderer Muttersprache/ aus der Wirtschaft/Wissenschaft/Praxis/Kundschaft/Mann/Frau/Transident/Intersex….. so viel Mischung wie möglich und gut für das Ziel.

a3ABER die Qualifikation – ich hör schon alle Unken rufen: „Wir finden keine guten Leute, die auch noch x/y/z sind!“. Ein Beispiel: viele Männer können das 10-Finger-System auf der Tastatur nicht und taugen nicht als Assistent der Geschäftsleitung – sie können bei Verhandlungen nicht gut mitschreiben oder schnell ein Protokoll liefern. Eine Professorin auf der Uni hat mal zu so einem langsamen Kollegen gesagt: „Wenn Sie nicht schnell tippen können, brauchen Sie auch keinen schnellen PC.“ Hat was Wahres. Dass nämlich Qualifikation Voraussetzung ist – egal für welche Quote. Ein Thunfisch muss auch ein Thunfisch sein, damit er in die Fangquote fällt. (Gut, über die Delfine muss man reden, aber das ist auch eine andere Geschichte.) Menschen können dazulernen.

a5Quoten haben die Nebenwirkung, dass jemand ohne die gewünschte leer ausgeht. Ein Fischer kann nicht rausfahren. Man bekommt einen politischen Posten nicht, weil der Wirtschaftsbund/ein anderes Bundesland/eine Frau dran ist. In Konzernen geht’s bei Besetzungen oft um Interessen, die man selber – trotz aller blendenden Eigenschaften – gerade  nicht erfüllt. Dann ist die Quote lehrreich: man muss auch verlieren können.

Quoten sorgen für Vielfalt und Gerechtigkeit, für optimale Ressourcennutzung, oder -schonung. Sie verhindern Einseitigkeit, Eintönigkeit und dass wir betriebsblind werden. Sie zeigen uns, wo wir stehen, sie fördern die Konkurrenz. Und Konkurrenz belebt die Sinne.
Also falls mal wer eine „Quotenfrau“ braucht,  hier bin ich.

Eure Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

buch3Ich war von 10. bis 12. Oktober 2014 in Frankfurt auf der Buchmesse – die Größte von allen. Eins vorweg: ich hab von dort kein einziges Buch mitgebracht. Denn:  wo anfangen, was auswählen? Abertausende Romane, Bildbände, Sachbücher zum Anschauen, Reinlesen und Signieren lassen. Ich habe mich gefragt: „Wie kann überhaupt jemand noch ein einziges weiteres Buch schreiben, einen Verlag finden und Geld damit verdienen?“ Diese Fülle!

In 11 Hallen mit zwei Ebenen und Verbindungsgängen schiebt sich die Menge durch. Wir waren mal bei den asiatischen Ständen. Dort haben wir zwar kein Wort verstanden, aber Luft geholt. Und wir haben gesehen, dass weltweit wirklich weltweit ist.

Die Stars bei der Arbeit waren das Interessanteste. Wir saßen vor dem „Blauen Sofa“ und bei 3sat, wir standen (gar nicht sooooo weit hinten) bei der ARD. Lutz Seiler kann nicht so gut reden wie er schreibt (er ist deutscher Buchpreisträger 2014). Andrea Sawatzki ist im Interview nicht so spannend wie als Schauspielerin. Horst Lichter hatte schon Schlaganfälle und als Junger zwei  volle Jobs um zu überleben. Und jetzt „keine Zeit mehr für Arschlöcher und schlechte Laune“. Guter Vorsatz. Andrej Kurkow schreibt über die Maidan-Proteste: „Zuerst brachte ich die Kinder in die Schule, dann ging ich zur Revolution“. Ich liebe ihn jetzt noch mehr. Ernst Grandits (der Österreicher  von 3sat kulturzeit) hatte zittrige Finger aber den besten Stil. Seine Schweizer Kollegin Andrea Meier lächelt IMMER – auch bei ernsten Fragen.

buch4Und sie moderieren auf die Sekunde. Ob wer viel redet oder wenig, lang oder kurz: wenn das Zeichen von der Regie oder von der Kamerafrau kommt, ergreifen sie das Wort – höflich und ohne zu unterbrechen – und legen eine Punktlandung hin. Ich bewundere das: abmoderieren wenn noch wer was sagen will. Oder weiterreden müssen weil noch Zeit ist. Auch lustig: ohne Teleprompter sagen sie genauso oft „Äh“ und „Mh“ wie unsereins auch. Das Licht unter den Scheinwerfern ist wirklich so heiß. Aber sie schwitzen unsichtbar oder gar nicht.

Sonst? Wer ständig wettert, dass „die Jugend“ nicht mehr liest: da waren hunderte Jugendliche im Kostüm ihrer Lieblings-Fantasy-Figur. Ich erkannte grad mal die Hogwarts-Schuluniform. Die Stadt? Sehr klasse. Dort gehen schon seit 25 Jahren Hochhäuser mit den Altbauten zusammen. Goethe ist dort geboren und Horkheimer und  Adorno haben die “Frankfurter Schule“ begründet. Apfelwein ist DAS Stadtgetränk, wir haben uns aber auf den „richtigen“ deutschen Wein konzentriert –  eindeutig besser.

Die Leute? Fast alle nett, wie Deutsche IN Deutschland meistens sind.

Oh ja, lesen bildet – sogar ohne ein einziges Buch! Das versichert euch

Eure Xela

von Alexandra Schmidt

paris 3Kennt ihr Paris? Sicher. Ihr wart schon dort oder habt bestimmt Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart im Film Casablanca schon mal sagen hören „Küss mich, als ob es das letzte Mal wäre“ (Es war dann auch für lange Zeit das letzte Mal.). Und habt ihn völlig durchnässt am Bahnhof warten sehen, wie er es nicht glauben kann, dass sie wirklich nicht kommt. Und dann, in Casablanca, ein Wiedersehen, eine Erklärung und doch wieder ein Abschied, aber: „Uns bleibt immer noch Paris“.

Letztens habe ich mit meinem Mann vier Tage in Paris verbracht. Ich finde die Vorstellung romantisch, dass wir – egal was (mit) uns passieren wird – jetzt dasselbe sagen können. Wir gehören zu den Dinosauriern unter den Beziehungen, weil wir schon 21 Jahre zusammen sind. Wir lieben uns, sind ziemlich gesund,  wir mögen unsere Arbeit – meistens – , wir leben ein Leben frei von ernsten Sorgen mit einem Haufen schöner Augenblicke. Wir haben keine großen Wünsche offen. Wer kann das schon von sich sagen? So eine Paris-Reise hilft dabei, wieder mal eine positive Zwischenbilanz im eigenen Leben und in der eigenen Beziehung zu ziehen. Echt wahr, schaut mal:

paris1Die Leute in Paris sind dauernd draußen wenn´s nicht regnet, trinken Kaffee, Wein, Pastis und alle rauchen dauernd. Alles ist lust- und genussvoll, immer das Schöne im Blick. Sie leben, als ob´s kein Morgen gäbe. Sie bauen trotzdem Stadtteile wie La Defense – groß, modern, schön,  und in direkter Kommunikation mit den alten ehrwürdigen Gebäuden. Und für die Ewigkeit. So wie man es sich für die eigene Beziehung auch wünscht: heute 100 Prozent leben und geben und trotzdem vorbauen für viele weitere „heute“.

Die Menschen in Paris sind gut angezogen. Aber nicht so wie wir, wenn wir gut angezogen sind. Sondern jede Person hat ihren eigenen Chic  – leuchtende, afrikanische Stoff-Kreationen, Lagen-Look, bunte Highheels, die eigentlich Sneakers sind. Richtig viel Mustermix und trotzdem passt es gut zusammen. Wie in einer Beziehung.

paris4Beim Kreisverkehr am Triumph-Bogen fahren sie in vier bis sechs Spuren, je nachdem, es sind ja keine eingezeichnet. Wenn dort ein Unfall passiert sind die Beteiligten immer zu 50 Prozent schuld. Kein Erhebungsverfahren, keine langwierigen Streitereien, nix. Halbe-Halbe und aus. Könnte als Beziehungsregel bei Konflikten auch nicht schaden, stimmt eh meistens, oder?

Wir sind viel zu Fuß gegangen, haben eine nächtliche Tour durch die erleuchtete Stadt in einem grünen 2CV mit offenem Dach gemacht und waren in einer genialen „New Burlesque“-Show. Und wir haben uns geküsst, als ob es das letzte Mal wäre. War´s aber nicht. Wir sind wieder gut zurückgekommen. Und jetzt können wir für immer sagen: „Uns bleibt immer noch Paris“.

Mal wieder alles was gut ist im eigenen Leben aufzählen. Das empfiehlt euch

Eure Xela

von Alexandra Schmidt

Verkostung 2

Weinverkostung

In letzter Zeit fragen mich Leute öfter nach meinen Trinkgewohnheiten. Neulich, während eines beruflichen Abendtermins: „Tust du was anderes auch noch als Wein trinken?“. Ich hatte auf facebook eine Verkostungsnotiz gepostet. Und ein anderer Bekannter: „Die sauft!“ Wirklich? Mal sehen: Ja, ich bin eine Weinfreundin. Vor 15 Jahren habe ich bei einer Verkostung der „Freien Weingärtner Wachau“ mit Willy Klinger Lust bekommen.  Seitdem mag ich diesen Zaubersaft – er ist immer anders: von der Arbeit im Weingarten bis zum Lesen, Pressen, Vergären, Reifen und Abfüllen. Auf 7,5 Mio Hektar weltweit – rückläufig übrigens, 45.000 davon in Österreich. Und jedes Jahr ein neuer Jahrgang.

Ich schwenke, rieche, schmatze, schlucke oder spucke und bewerte einen Wein. Entscheide, ob ich ihn kaufe und ob ich ihn bei zwölf Grad für Jahre in den dunklen Lagerschrank lege. Ich habe seit 1999 viel gelernt, gelesen, gesehen, verkostet, gekauft – und ja:  viel getrunken. Der Unterschied zwischen verkosten und trinken ist riesig. Bei einer Verkostung gibt es  oft nur eine Flasche für 16 Leute. Ein, zwei Schluck müssen für ein Urteil genügen. Ich spucke viel wieder aus – meist in meinen eigenen, roten Spucknapf. Grad wenn Weine um über 100 Euro die Flasche dabei sind wundert das manche Leute. Ich will aber nicht alles schlucken. Ich würde betrunken und hätte kein Urteilsvermögen mehr.

Spucknapf

Mein Spucknapf

Wenn es aber eine gute Flasche zum Essen gibt, genieße ich jeden Schluck: wie der Wein nach ein paar Minuten im Glas riecht oder wie er zu einem Bissen Wildragout passt. Dann kann´s passieren: ich werde beschwipst. Ist ja nicht das schlechteste Gefühl. Durchaus angenehm. Sorglos. Verlockend, dass man es öfter herbeiführt – nur so. Das kann gefährlich werden. Wenn man Alkohol trinkt wegen des Gefühls ist es zur Sucht nicht weit. Und einmal süchtig ist für immer. „Trockene“ Alkoholkranke dürfen nie mehr auch nur einen Tropfen trinken. Das ist schade, weil ihnen ein Genuss entgeht. Ich bin nikotinsüchtig: Bis September 2006 hab ich geraucht,  schmecken würd´s mir noch immer. Also passe ich auf.

Mir sind mehr als zwei alkoholfreie Tage pro Woche wichtig und an ärgerlichen Tagen ganz besonders. Natürlich sind zwei, drei Gläser Champagner nett, wenn die Arbeitswelt böse war. Da könnt ich schadenfroh werden, denn dieselbe Arbeitswelt ermöglicht mir den teuren Champagner. Aber genau dann überleg ich es mir lieber. Die Medizin sagt, genießen ist der beste Schutz vor Sucht. Drum trink ich bei Festen lieber Soda Zitron, weil ich auf den Festen mit Genuss-Wein selten eingeladen bin. Ja, auch beim Wein ist es so: Qualität ihren Preis. Hie und da gehen ein paar Schluck zu viel die Kehle runter:  weil´s eine Gaudi war oder einfach soooooooo gut oder ein besonderer Wein, ein Glas Sociando-Mallet 1995 vielleicht – das war ich sogar selber schon dort. So geht es fast allen manchmal. Die Menge macht das Gift. Meine Leberwerte sind die von einem Baby. Also, ich „saufe“ nicht, klar? Und ihr solltet es auch nicht tun. Spart euch die „billigen Räusche“, legt ein paar Euro drauf und genießt.

Das empfiehlt euch eure Xela (und den 1996er Chardonnay, Ried Hasel vom Weingut Topf aus dem  Kamptal/Österreich, verkostet am 17.9. im Weinloft Rieger)