Ginkgo ist 350 Jahre alt von Beruf Baum und er hat Migrationshintergrund.
Zartbitter trifft ihn hinter der Kollegienkirche.
Zartbitter: Du bist 350 Jahre alt – wie lange willst du noch hinter der Kollegienkirche stehen?
Ginkgo: Noch mindestens 1200 Jahre, ich bin ja noch in der Pubertät.
Zartbitter: Was macht dich so einzigartig in Salzburg?
Ginkgo: Ich bin der Einzige in meiner Größe hier. Ich bin vor 350 Jahren aus China nach Europa gekommen. In China haben wir überlebt. Allerdings findet man noch Ginkgo-Fossilien in Europa, meine Vorfahren haben hier schon vor Millionen Jahren hier gelebt.
Zartbitter: Du stehst da nicht alleine, wer sind deine Nachbarn?
Ginkgo: Direkt neben mir ist die kleine Eibe, auch sie noch in der Pubertät, sie wird mal so alt wie ich. Eine alte Zeder beengt uns ein bisschen, darum bin ich so schief. Schuld ist Fürsterzbischof Ernestos von Thun, der ist uns vor 300 Jahren mit der Kirche ein bisschen auf die Pelle gerückt.
Zartbitter: Zu welcher Jahreszeit geht es dir am besten?
Ginkgo: Im Frühling, denn da kommen meine Blätter, alles ist frisch. Die Leute mögen mich, bewundern mich. Im Winter habe ich große Probleme. Der Frost bricht meine Früchte auf, die stinken furchtbar nach Erbrochenem. Aber sonst bin ich auch eine sehr geschätzte Heilpflanze für Generationen von Menschen.
Zartbitter: Was wünschst du dir?
Ginkgo: Dass ich noch hunderte von Jahren lebe und mich nicht irgendwer umschneidet. Gerne würde ich mit der kleinen Eibe an der Seite ein bisschen freier stehen. Die alte Zeder stütze ich ja, das geht ganz schön ins Kreuz.
Zartbitter: Alles Gute weiterhin und noch ein langes Leben!
Als Dolmetscher stand uns Christian zur Verfügung- Danke
Fremde Heimat- gestern und heute
Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Literatur, Menschenrechte, MiteinanderKürzlich fiel mir das Buch „Fremde Heimat“ in die Hände, es erzählt vom Schicksal der Vertriebenen nach 1945. Flucht und Vertreibung beschäftigen mich schon lange, allerdings steht die Gegenwart im Vordergrund. Die Kriegsschauplätze unserer Tage vertreiben wie in
vergangenen Zeiten Menschen aus ihrer Heimat. Ob aus Bosnien, dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Somalia oder Syrien. Viele Menschen aus diesen Ländern leben unter uns. Ich kenne viele berührende Geschichten. Ich sehe wie groß die Herausforderungen sind, in der neuen Heimat Fuß zu fassen. Was für die Gegenwart gilt, war auch vor fast 70 Jahren das Schicksal von Millionen. Es stellten und stellen sich viele Fragen:
Wie erträgt man es, wenn einem jede Sicherheit genommen wird? Was geht in einem vor, wenn man jeden Besitz und die festen Bindungen zu Familie und Freunden verliert? Vermisst man die vertraute Landschaft mit ihrem besonderen Licht und ihren Gerüchen? Und was passiert mit einem, wenn man in der Fremde völlig neu anfangen muss? Neue Sprache, neue Kultur. Wie haben die Menschen auf die Flüchtlinge reagiert, damals als es bei uns das Wirtschaftswunder noch nicht gab? Wie schwierig das Ankommen und Bleiben ist, erzählen die Menschen in „Fremde Heimat“. Als Erinnerung sollen nicht nur Straßennamen bleiben, wie zum Beispiel in Salzburg: Bessarbabierstraße, Banater- und Siebenbürgerstraße.
Wer sich für das Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen interessiert, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Der Umweg über die Vergangenheit macht manchmal den Blick klarer auf die Gegenwart.
http://www.rowohlt.de/buch/2923322
Vorgestellt und nachgefragt: Ginkgo
Augenblicke, Gesellschaft, VorgestelltGinkgo ist 350 Jahre alt von Beruf Baum und er hat Migrationshintergrund.
Zartbitter trifft ihn hinter der Kollegienkirche.
Zartbitter: Du bist 350 Jahre alt – wie lange willst du noch hinter der Kollegienkirche stehen?
Ginkgo: Noch mindestens 1200 Jahre, ich bin ja noch in der Pubertät.
Zartbitter: Was macht dich so einzigartig in Salzburg?
Ginkgo: Ich bin der Einzige in meiner Größe hier. Ich bin vor 350 Jahren aus China nach Europa gekommen. In China haben wir überlebt. Allerdings findet man noch Ginkgo-Fossilien in Europa, meine Vorfahren haben hier schon vor Millionen Jahren hier gelebt.
Zartbitter: Du stehst da nicht alleine, wer sind deine Nachbarn?
Ginkgo: Direkt neben mir ist die kleine Eibe, auch sie noch in der Pubertät, sie wird mal so alt wie ich. Eine alte Zeder beengt uns ein bisschen, darum bin ich so schief. Schuld ist Fürsterzbischof Ernestos von Thun, der ist uns vor 300 Jahren mit der Kirche ein bisschen auf die Pelle gerückt.
Zartbitter: Zu welcher Jahreszeit geht es dir am besten?
Ginkgo: Im Frühling, denn da kommen meine Blätter, alles ist frisch. Die Leute mögen mich, bewundern mich. Im Winter habe ich große Probleme. Der Frost bricht meine Früchte auf, die stinken furchtbar nach Erbrochenem. Aber sonst bin ich auch eine sehr geschätzte Heilpflanze für Generationen von Menschen.
Zartbitter: Was wünschst du dir?
Ginkgo: Dass ich noch hunderte von Jahren lebe und mich nicht irgendwer umschneidet. Gerne würde ich mit der kleinen Eibe an der Seite ein bisschen freier stehen. Die alte Zeder stütze ich ja, das geht ganz schön ins Kreuz.
Zartbitter: Alles Gute weiterhin und noch ein langes Leben!
Als Dolmetscher stand uns Christian zur Verfügung- Danke
Vorgestellt und nachgefragt: Verein Selbstbewusst
Gesellschaft, VorgestelltZartbitter trifft Gabriele Rothuber und Daniela Römer vom Verein Selbstbewusst. Beide sind diplomierte Sexualpädagoginnen und arbeiten mit Kindern, Eltern und PädagogInnen.
Zartbitter: Wie ist die Idee für den Verein entstanden?
Selbstbewusst: 2004 gründeten Sandra Kirchbach und Dorli Weinhold unseren Verein. Es gab und gibt eine große Unsicherheit, wie man mit dem Thema Sexualität, Kinder und Jugendliche umgeht. In Salzburg gab es bis dato keine Angebote. Wir wollen aufklären und den Schutz von Kindern fördern.
Zartbitter: Warum ist frühkindliche Sexualerziehung so wichtig?
Selbstbewusst: Gut aufgeklärte Kinder sind keine schutzlosen Kinder. Sie wissen, wohin Sexualität gehört. Nämlich zu Erwachsenen und großen Jugendlichen. Das Thema Sexualität soll kein Tabu sein!
Zartbitter: Wie bricht man ein Tabu?
Selbstbewusst: Als Beispiel nehmen wir mal gute und schlechte Geheimnisse. Das sollen Kinder wissen. Ein gutes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener mit einem Kind vereinbart, das Geburtstagsgeschenk für die Mama noch nicht zu verraten. Ein schlechtes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener ein Kind unter Druck setzt und etwa sagt, das Geheimnis dürfe nicht verraten werden, da sonst etwas Schlimmes passiert. Wir wollen Kinder im Vorfeld stärken und ihnen Handlungskompetenzen geben. Sie sollen wissen, dass sie über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen.
Zartbitter: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Selbstbewusst: Natürlich mehr finanzielle Unterstützung für unsere Arbeit. Bis jetzt haben wir 22.000 Kinder, Eltern und PädagogInnen erreicht. Und es sollen noch viel mehr werden.
Zartbitter: Danke für das informative Gespräch!
Mehr Informationen findet man unter: http://www.selbstbewusst.at/
Ein Freund ging nach Amerika
Augenblicke, Europa, Gesellschaft, Miteinander, WeltEin Beitrag unseres Gastautors Alois G. Auinger!
Für Anfang Mai ist es ein bisschen kalt, aber vielleicht sind das bereits die vorgezogenen Eisheiligen. Auf dem Weg zurück vom Briefkasten ein kurzer Blick auf die Titelseite der Morgenzeitung. Skandal und königliches Glitzern. Links unten eine kleine Notiz: Ein junger Mann geht für seinen in Amerika tödlich verunglückten Freund auf eine Pilgerreise.
Meine Gedanken schwirren um diesen nur oberflächlich wahrgenommenen Einleitungstext. Trotz des für die Betroffenen bestimmt traurigen Anlasses überkommt mich eine Welle von Dankbarkeit, fast Heiterkeit. Ich spüre in mich hinein, will wissen, woher dieses paradoxe Glücksgefühl kommt.
Peter Roseggers Gedicht kommt mir in den Sinn, und mir wird klar, warum ich so heiter bin.
Ein Mensch wollte seinen Lebenstraum verwirklichen, verließ seine Heimat und wurde Amerikaner. Mit Migrationshintergrund, wie es so technokratisch heißt. Und verunglückt tödlich.
Sein Freund nimmt im Gedenken an ihn die großen Strapazen einer Pilgerreise auf sich. Vielleicht um ihm nahe zu sein, seine eigenen Gedanken und Gefühle zu klären, einen Sinn in dieser Tragödie erkennen zu können.
Ist es nicht wunderbar tröstlich, dass es auch in unserem schnelllebig und oft beliebig gewordenen Leben unverrückbare Werte gibt? Zu allen Zeiten stehen über allem Geschehen Menschlichkeit, Liebe, Freundschaft.
Auch wir hier in Österreich sind neue Heimat für Menschen mit Migrationshintergrund, die ihren Lebenstraum verwirklichen wollen. Nehmen wir sie auch so offen und interessiert auf, wie Amerika den leider verunglückten Österreicher aufgenommen hat?
Können wir das Potential sehen und die neuen Fähigkeiten, die diese neuen ÖsterreicherInnen mitbringen? Die Bereicherung unseres Lebens, die wir so erfahren können?
Versuchen wir es, wir alle sind Menschen. Alle.
Der Kaktus
Gesellschaft, Kultur, Menschenrechte, MiteinanderSchreie sind zu hören, es rumpelt und poltert. Dann wird die Tür aufgestoßen, zwei Personen schleppen Carnegiea gigantea, einen riesigen Kaktus, in ein Polizeibüro. Dann beginnt ein 90minütiges Verhör. Der Kaktus ist ein Gefährder, ein Schläfer. Auf dem Frankfurter Flughafen soll er einen Terroranschlag geplant haben. Vier Personen verhören den Kaktus: eine Polizeianwärterin mit Abitur, ein Polizeianwärter mit Hauptschulabschluss und türkischem Migrationshintergrund, ein Oberrat der Bundespolizei und ein GSG 9 –Beamter. Siespielen alle Stückerl eines Verhörs. Good und Bad Cop, Anschreien, Schläge und Elektrofolter.
Die Satire „Der Kaktus“ von Juli Zeh, aufgeführt in den Kammerspielen, lässt keine Plattheit und kein Vorurteil aus. Das macht die Stärke des Stücks aus. Spritzig und doch nachdenklich inszeniert von Astrid Großgasteiger, lässt es viel Stoff zum Diskutieren und Hinterfragen. Was sind unsere Vorurteile? Wem können wir vertrauen? Wer trägt die Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben? Wie halten wir es mit der Terrorbekämpfung? Opfern wir unsere Grundrechte und unser Recht auf Freiheit der Angst? Wer kann schon sicher sagen, dass er richtig handeln würde?
Es gibt keine sichere Antwort, aber eine Gewissheit: Die Angst darf nicht die Herrschaft übernehmen, denn dann ist die Menschlichkeit in Gefahr.
Zu sehen ist „Der Kaktus“ noch bis 12. Mai- es lohnt sich!
http://www.salzburger-landestheater.at/subnavigation/schauspiel/show/der-kaktus
Unsinniges tun?
Augenblicke, GesellschaftGestern am Residenzplatz sah ich ein Mädchen. Die Füße steckten in Taucherflossen. Sie watschelte voller Vergnügen über den Platz. Ich habe keine Ahnung, warum sie im April mit den Flossen am Residenzplatz auftaucht. Aber das Warum ist eigentlich egal. Sie hatte einfach nur Spaß. Und viele staunende Blicke folgten ihr. Aber auch Blicke, die sagten: „Ja, was tut die denn da?“. Ist ja kein Schwimmbecken da weit und breit. Und der Residenzbrunnen ist nicht tief genug zum Schwimmen und Tauchen.
Ich habe ihr eine Zeit lang zugeschaut und mich zurück erinnert, wie schön es war als Kind. Einfach etwas zu tun, ohne Ziel, ohne Begründung. Als Erwachsene haben wir vielleicht den Mut verloren etwas ohne Sinn, also etwas UNSINNIGES zu machen. Ich weiß nicht, wann dieser Übergang passiert vom Kind, das Freude am Unsinn hat zum Erwachsenen, der sich nicht traut, zumindest nicht, wenn andere zusehen können.
Eines weiß ich sicher, ich werde es nicht wagen mit Taucherflossen über den Residenzplatz zu watscheln. Auch, wenn es Spaß machen würde!