Adis Šerifović im Gespräch mit der muslimischen Feministin Dudu Kücükgöl

 

Adis: Anfangs wollten wir einen Bericht schreiben über „Diskriminierung bei muslimischen Mädchen und Frauen die Kopftuch tragen“. Haben uns aber doch auf einen anderen Titel geeinigt, weil dieses Thema doch schon sehr oft besprochen wurde. Was sagen Sie dazu? Wie aktuell sind Diskriminierungen?

Dudu: Diskriminierung und Übergriffe sind leider zum Alltag muslimischer Frauen geworden. Es ist schade, dass nur wenige Fälle dokumentiert werden und es ins öffentliche Bewusstsein schaffen. Denn damit wir über Diskriminierung sprechen und auf die Probleme verweisen können, ist Dokumentation so wichtig. Doch die Diskriminierung schadet nicht nur den direkt Betroffenen, das Wissen darum und die Erwartung von Diskriminierung, führt bereits dazu, dass sich junge Frauen in ihren Berufswünschen und Zukunftsperspektiven eingeengt fühlen. Sie beginnen, sich Chancen auszurechnen und ihre Träume zu reduzieren – das tut mir am meisten weh. Diskriminierung bedeutet gerade für junge Menschen eine massive Belastung und eine negative Perspektive auf die eigene Zukunft.

Macht es Sinn, das Kopftuch zum Thema zu machen oder liegen da ganz andere Probleme im Hintergrund?

Das Kopftuch ist das sichtbare Zeichen, an dem viele ihren Hass oder ihre Angst vor dem Islam festmachen. Genau diese Angst und diesen Hass spüren dann Frauen am stärksten, die wegen ihres Kopftuches als Musliminnen erkennbar sind. Wir müssen das thematisieren, aber dabei auf die Gründe für den Hass und die Angst hinweisen: Hier spielen politische Hetze, medial konstruierte Bilder einer vorselektierten Realität sowie Rassismus eine große Rolle.

Wie stehen Sie zu Argumenten wie „Aber bei uns in Österreich, hat man vor 80 Jahren auch Kopftuch getragen“

Im Bezug auf das Kopftuch, getragen aus religiöser islamischer Überzeugung? Es kommt auf die Betonung an: Wenn die Jahrzehnte betont werden und ein „die hinken halt ein bisschen nach“ mitschwingt, finde ich solche Kommentare entbehrlich. Wenn aufgezeigt werden soll, dass vor kurzer Zeit auch Kopftücher ein gängiges Kleidungsstück waren, finde ich es in Ordnung.

Wie könnte eine Lösung aussehen um unseren öffentlichen Raum für kopftuchtragende Mädchen zu öffnen bzw. zu sensibilisieren?

Ich denke, dass die Sichtbarkeit von muslimischen Frauen als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft in allen Bereichen und Berufen, vor allem auch in Medien wichtig ist. Muslimische Frauen und auch andere Menschen mit sichtbarer Diversität sollten zum Beispiel in Werbungen sichtbar sein: So wie ein David Alaba, ein schwarzer Österreicher, Werbung für eine Bank macht, sollten auch andere – auch ohne Superstar-Status – in Werbungen oder Filmen sichtbar sein. Es muss ein Stückchen „Normalität“ hergestellt werden um Stereotype aufzubrechen. Die Sichtbarkeit von Menschen, die diskriminiert werden erfüllt nämlich immer mehrere Aufgaben: Einerseits ist es eine Erziehung der Gesellschaft, wenn man sieht, dass unsere Gesellschaft bunter und vielfältiger geworden ist. Auf der anderen Seite ist es eine Message an junge Menschen und Betroffene: Ihr seid ihr akzeptiert und willkommen, ihr seid ein Teil der Gesellschaft.

Was müsste sich in den Köpfen der Menschen (oder der Medien?) verändern um einen positiven Beitrag zu diesem Thema beizutragen?

Die einseitige Darstellung und Wahrnehmung von muslimischen Frauen und allgemein MuslimInnen ist ein großes Problem. MuslimInnen werden medial oft nur mit Terror und Gewalt assoziiert – dieses einseitige Bild führt zu Feindseligkeit MuslimInnen gegenüber und es kommt zu Übergriffen und Diskriminierung. Die Menschen müssen auch ihre eigenen Vorurteile und die Bilder, mit denen sie seit Jahren gefüttert werden zu hinterfragen, die Augen aufmachen und mit den Menschen in Kontakt treten, die um sie sind: ArbeitskollegInnen oder NachbarInnen. Sie müssten das Kopftuch vergessen, das eine Frau trägt und auf das schauen, was sie sagt und tut.

Und als letzte Frage: Wenn wir nicht mehr über das Kopftuch diskutieren sollten, welche Themen wären Ihnen wichtig, wenn wir über Chancengleichheit als Menschenrecht sprechen?

Soziale Gerechtigkeit, Bildung und Chancengleichheit für Kinder – diese Themen wären mir gerade auch als Mutter sehr wichtig. Es ist wichtig, dass unsere Kinder gleichermaßen gefördert werden und eine gute Bildung genießen – unabhängig vom sozialen Status oder der Bildung der Eltern. Was soziale Mobilität und Bildungsmobilität angelangt, schneidet Österreich im OECD-Vergleich immer sehr schlecht ab. Der Unwille und die Inkompetenz in der Politik ein veraltetes Bildungssystem zu reformieren, das viele Kinder ihrer Chancen beraubt, erstaunen mich. Gäbe es keinen Rassismus mehr, würde ich mich noch stärker für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Dudu Kücükgöl forscht über Islam und Feminismus und referiert über die Themen Islam, Integration, Jugend und muslimische Frauen. Twitter: @duduhier.

Mehr zum Thema: Kopftuchfrauen

Bildrechte: Alisa Grgic

(Interview erstmals publiziert im Menschenrechtsbericht 2015 der Plattform für Menschenrechte Salzburg, überarbeitet Jänner 2017) www.menschenrechte-salzburg.at)

 

Die Chinesische Mauer ist eines jener Bauwerke, dessen Anblick die Phantasie beflügelt. Entsprechend gibt es viele Legenden: zum Beispiel, dass die Tränen der Ehefrau eines beim Bau verstorbenes Arbeiters einen ganzen Mauerabschnitt zum Einsturz brachten, oder dass man die Mauer sogar vom All aus sehen kann. Der Film The Great Wall erzählt ebenfalls eine Legende – eine, die für den Film erdacht wurde. Und sie beflügelt damit die Träume der Filmindustrie in den USA und in China.

Worum gehts?

William [Matt Damon] und Tovar [Pedro Pascal] sind auf dem Weg nach China, weil sie von einer neuen Waffe gehört haben: Schwarzpulver. Sie wollen es nach Europa schaffen und dadurch reich werden. Auf der Flucht vor berittenen Angreifern erreichen sie die große Mauer und sehen sich dort einer Armee von Zigtausenden Männern und Frauen gegenüber. Eben noch Gefangene, stehen sie bald Seite an Seite mit dieser Armee – im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind.

Ein gutes Geschäft

The Great Wall wird sicher ein Film von einiger Bedeutung. Und zwar weniger wegen seiner Handlung, sondern weil er eine ausgewogene Kooperation zwischen amerikanischer und chinesischer Film-Industrie ist. Regie hat Zhang Yimou geführt und neben Matt Damon und Pedro Pascal belegen zahlreiche chinesische Stars Hauptrollen und wichtige Nebenrollen – allen voran die Schauspielerin Jing Tian als Generalin Lin Mei.

Diese Zusammenarbeit hilft der amerikanischen genauso wie der chinesischen Filmindustrie. China ist ein wachsender Kinomarkt und wohl den amerikanischen Markt bald überflügeln. Derartige Kooperationen helfen insofern beiden Ländern, indem noch mehr Menschen in China sich Filme mit amerikanischen Stars ansehen werden, wenn sie diese aus den Filmen ihrer einheimischen Stars kennen. Andererseits sind chinesische Schauspielerinnen und Schauspieler zwar oft gefeierte Stars in ihrer Heimat, aber ihr Ruhm dringt kaum bis in die USA oder Europa vor – ebensowenig wie der Ruhm der chinesischen Filme, in denen sie mitwirken.

Ein Film von Bedeutung?

Visuell hat The Great Wall einiges anzubieten: riesige Armeen mit wunderbar detailreichen Rüstungen, leuchtende Farben, aufregende Kamerafahrten und Blickwinkel sowie pompöse Ausstattungen. Darüber hinaus wird der Eindruck, den der Film hinterlässt, wohl bescheidener ausfallen. Man kann die Story zwar im Kinositz einfach als spannendes Abenteuer konsumieren, aber tiefer als schöne Bilder und rasante Action geht es nicht. Es gibt keine einzige greifbare Figur, mit der man auch mitfiebert.

Wären die Hauptfiguren nicht so völlig ohne Tiefe, wäre es auch verzeihlich, dass die Handlung einfach so viele Klischees verwertet, dass der Verlauf der Story bereits nach den ersten 20 Minuten völlig vorhersehbar ist und lediglich wie eine Pflichtübung absolviert wird.

The Great Wall wäre eine großartige Gelegenheit gewesen, einem westlichen Publikum chinesische Talente zu präsentieren und damit für chinesische Filme zu begeistern. Ich persönlich bin weniger beeindruckt. Ausschlaggebend wird aber sein, wie der Film in den USA aufgenommen wird. In China hat er bereits die Produktionskosten eingespielt und darf somit als Erfolg gewertet werden. Wie groß dieser Erfolg ist, wird sich im Februar herausstellen. Dann erscheint The Great Wall nämlich erst in den USA.

Meine Bewertung bei IMDB: 6 Punkte
Die Handlung ist austausch- und vorhersehbar und bietet keine Identifikationsfiguren. Kostüme, Sets und Kamera sind großartig. Die computergenerierten Bilder wirken leider sehr oft auffällig unecht – vielleicht kann man das aber bei einem Märchen wie diesem verzeihen. Und wer Whitewashing befürchtet hat, wird zufrieden feststellen, dass in dieser US-chinesischen Kooperation auch die Heldenrollen 50:50 vergeben wurden.

[Vorschaubild: Seb Neox; Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/legalcode

Dubai, das Emirat, das fast nur aus Superlativen besteht. Hier steht das höchste Gebäude der Welt, hier sind die größten Einkaufszentren, die meisten Goldgeschäfte, die schicksten Hotels. In Dubai ist alles möglich.

Mit Haien tauchen, Schifahren bei einer Außentemperatur von 45 Grad. Und da gibt es die künstlichen Inseln, die beiden Palmen und „The World“. Beeindruckend, sehr sogar. Aber das Herz mag dabei nicht aufgehen.

Hotel Atlantis auf „The Palm“ – mit mehr als 1500 Zimmern

Für alle Baustellenfans ist Dubai ein Muss

Dubai ist eine Stadt für Autos. ZU Fuß gehen ist fast nicht möglich.

An jeder Ecke wird weiter gebaut. Die Autobahnen ziehen sich durch die Stadt, oft sechsspurig, in einer Richtung wohlgemerkt. Bau- und Verkehrslärm sind der Sound der Metropole, der Ruf des Muezzins geht dabei unter. Die Palmen sind voller Staub, unter ihnen blühen die Petunien, durch kilometerlange Schläuche mit Wasser versorgt. Die Menschen sitzen in Autos oder sind in Geschäften unterwegs.

Was tun in Dubai?

Eine Rundfahrt mit einem Dhau empfehlenswert.

Mit dem nötigen Kleingeld ist jeder Goldwunsch erfüllbar

Im Gewürz- und im Goldsuk geht man zu Fuß.

Wer nichts einkaufen möchte, kann in der Dubai Mall den Fischen und den Tauchern zusehen.

Einzig der alte Teil Dubais hat Stadtleben, wie man es gewohnt ist. Vielleicht ist es das, was Dubai so wenig Charme gibt. Dass man die Stadt nicht zu Fuß erkunden kann. Allein die vielspurigen Autobahnen sind Grund genug es nicht zu tun. Dazu kommen die riesigen Baustellen und die Frage, wohin soll ich gehen, außer von einer Einkaufsmall zum Hotel zu einem Vergnügungspark, in Endlosschleife. Einzig jene, die an sich eine kleine Baustelle einrichten wollen, sind in Dubai gut aufgehoben. Unzählige Schönheits-, Laser-, BrustgroßFettwegundsonstnochalleskliniken säumen die Straßen Richtung „The Palm“.

Kein Flair trotz Geld

In der Wüste wird weitergebaut.

Unübersehbar ist das höchste Gebäude der Welt: Der Burj Khalifa

Architekten können sich in Dubai verwirklichen.

Mit Geld ist in Dubai alles fast möglich. Das strahlt die Stadt aus. Wenn man innerhalb von 10 Minuten, 3 Bentleys, einen Rolls Royce und einige Jaguars gesehen hat, ist das dann auch nichts Besonderes mehr. Ein Porsche, ein Mercedes oder ein  BMW in der größten und teuersten Ausführung lässt einen dann nicht mal mehr hinschauen, weil es normal ist. Mitten in die Wüste werden Villensiedlungen in üppigsten Gärten gebaut. Das geht. In Dubai treten Menschen den Beweis an, dass man fast alles bauen kann. Alle diese Gebäude, Malls und Freizeitparks haben auch mir ein „Wow“ entlockt. Ich bin froh diese Stadt gesehen zu haben. Aber nach dem „Wow“ war nichts mehr, weil man auch mit Millionen und Abermillionen der Stadt keinen Charme, keine beeindruckende Geschichte und auch kein Flair kaufen kann.

Die einen hassen es, die anderen lieben es. Eine Kreuzfahrt zu machen. Und dann gibt es noch eine dritte Kategorie an Menschen. Diese machen erstmals eine Kreuzfahrt, ohne Vorurteile. Sie lassen sich einfach drauf ein. Wobei es von unschätzbarem Vorteil ist mit jemandem eine Kreuzfahrt zu machen, der zur zweiten Kategorie gehört. 

Dann könnten durchaus Menschen der ersten Kategorie auch freudvolle Momente erleben.

Das Theater ist oft Sammelplatz im Notfall

1.    Sie müssen nichts, können aber alles machen. Das gilt für alle Angebote an Bord oder außerhalb des Schiffes. Einzig die Rettungsübung ist verpflichtend und sie findet vor Auslaufen des Schiffes statt. Folgen Sie einfach den Anweisungen. Sobald der Alarm ertönt, verlassen Sie die Kabine in Richtung Ihrer Sammelstation. Dort erklären Mitarbeiter jeden einzelnen Schritt für das ordnungsgemäße Verlassen des Schiffes in einer Notsituation, die dann hoffentlich nicht eintrifft.

2.    Nehmen Sie immer Ihren Bordausweis mit. Er ist Zimmerschlüssel, Kreditkarte und Personalausweis in einem. Ohne Bordausweis kommen Sie auch nicht mehr zurück aufs Schiff.

Das Kreuzfahrtschiff legt immer pünktlich ab.

3.    Seien Sie pünktlich, wenn das Schiff ablegt. Es fährt auch ohne Sie ab und das wollen Sie bestimmt nicht.

4.    Orientierungsschwache Menschen brauchen einige Zeit, bis sie sich auf so einem großen Schiff zurechtfinden. Es empfiehlt sich zu den Nikotinabhängigen zu gehören. Die wenigen Raucherplätze sind gut übers Schiff verteilt und so lernen Sie schnell alle Wege zu den Aschenbechern kennen und verwechseln auch nicht ständig vorne und hinten, besonders wenn das Schiff ruhig im Hafen liegt und es keine Fahrtrichtung gibt.

Ob leger oder schick in Schale: Beides ist bei einer Kreuzfahrt möglich

5.    Eines der Hauptthemen ist das Essen. Seien Sie sicher: Sie können nicht verhungern, auch wenn Sie an sämtlichen Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten leiden. Das Essen findet Sie bestimmt, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wenn Sie auf einem amerikanischen Schiff unterwegs sind, dann gehören Sie als Mitteleuropäer sicher zum unteren Drittel der Gewichtsklassen und können hemmungslos zulangen, da Sie sich trotz allem schlank und rank fühlen.

6.    Im Hauptrestaurant können Sie reservieren und auf einen Tisch nur für Sie und Ihre Reisebegleitung bestehen. Sehr langweilig. Spätestens am dritten Tag schauen Sie neidvoll an die anderen Tische, an denen ein andauerndes Plappern und Lachen herrscht. An diesen großen Tischen sitzen jene, die sich für „Share the table“, den Tisch mit Fremden teilen, entschieden haben. Da lernen Sie dann schottische Landwirtschaftsminister, kauzige Kanadierinnen, amerikanische Songwriter, englische Rugbyspieler, holländische Schmuckdesignerinnen und kalifornische Piloten kennen. Natürlich ist das erste Thema immer die diversen Kreuzfahrterfahrungen der letzten Jahrzehnte. Als Frischling auf einem Schiff empfiehlt es sich dann zum Dessert eine lustige weltpolitische Diskussion zu beginnen. Sie können mit Genuss beobachten wie Trumpbefürworter und Gegner aufeinander formvollendet losgehen. Wahlweise funktioniert das auch wunderbar mit dem Brexit. Britische Brexitbefürworter sind konsterniert, wenn Sie als Mitteleuropäer kein Zeichen des Bedauerns von sich geben, dass die Briten die EU verlassen, sondern ihnen im Gegenteil eine wunderbare Zeit auf ihrer einsamen Insel wünschen. Wohlgemerkt politische Diskussionen nur zum Dessert, dann können Sie im Eskalationsfall den Tisch mit einem Lächeln verlassen und haben das Dessert schon genossen. Bei mehreren tausend Mitreisenden ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Sie am nächsten Abend nochmals den Tisch mit denselben Menschen teilen.

Auf einem Kreuzfahrtschiff finden sich auch ruhige Plätzchen.

7.    Natürlich soll ihnen nicht langweilig werden. Der Klassiker aller Unterhaltungen, Bingo, ist nicht umzubringen. Sie können aber auch ein Kunstwerk ersteigern oder hinter die Kulissen des Bordtheaters blicken, das meist fulminante Abendshows bietet. Oder sie gehen ins Spielcasino, die Jazzbar, die Disco. Es KANN Ihnen nicht langweilig werden. Aber es darf. Sie können sich immer in ihre Kabine zurückziehen, vorzugsweise mit Balkon und ganz alleine einfach den Wellen zuhören.

Rund um den Pool ist immer was los.

8.    Jedes große Kreuzfahrtschiff hat einen dementsprechenden Wellness- und Sportbereich. Mit Pool, Whirlpool, Basketballfeld, Joggingstrecke und Fitnesscenter. Rund um den Pool liegen Sie wie die sprichwörtliche Sardine unter unzähligen anderen Mitreisenden, garniert mit Musikbeschallung und Brutzelduft von der Burgerbar. Allerdings gibt es sicher ein paar Ecken weiter ein Plätzchen, das ruhiger ist und wo die Menschen sich gedämpft unterhalten.

9.    Gewöhnen Sie sich daran, dass Sie immer von den Mitarbeitern gegrüßt werden. Ein „How are you“ ist Standard. Fragen Sie zurück und Sie bekommen ein lächelndes „Amazing“ als Antwort, obwohl Sie sich nicht vorstellen können, dass die monatelange harte Arbeit auf einem Schiff wirklich noch ein „Amazing“-Gefühl ermöglichen kann.

10.  Statistisch gesehen sterben auf einer Kreuzfahrt 3-4 Personen. Um die Leichen lagern zu können, hat jedes Schiff spezielle Kühlkammern. Damit dies nicht passiert suchen Sie bei Unpässlichkeiten sofort die Schiffsärztin auf. Kleinere Infektionen wie Schnupfen und Husten können gar nicht erst aufkommen. Bei jedem Eingang zum Schiff und ins Restaurant steht ein Mitarbeiter und drückt Ihnen einen Spritzer Desinfektionsmittel in die Hände.

11.  Eine Kreuzfahrt machen Sie auch, um möglichst viele Orte zu sehen. Sie können natürlich eine Tour buchen, spannender ist es auf eigene Faust loszuziehen. Wichtig ist nur rechtzeitig zurückzukommen.

12.  Nochmals zum Essen. Neben dem Hauptrestaurant und den Spezialitätenrestaurants gibt es auch ein Buffetrestaurant. Dort geht es etwas legerer zu, was auch die Garderobe betrifft. Sonst ist stilvolle Kleidung angesagt, es ist DIE Chance Omas Perlenkette endlich auszuführen. Für die Damen empfiehlt sich immer ein Jäckchen oder einen Schal mitzunehmen. Die Klimaanlagen an Bord arbeiten sehr gut!

An der Bar ist es nie langweilig.

13.  Wenn das Schiff ausläuft, holen Sie sich den Cocktail des Tages, er ist um 50% reduziert, platzieren Sie sich am Heck des Schiffes und genießen Sie die Millimeterarbeit des Kapitäns, um das Schiff auf hohe See zu bringen.

Wunderschöne Sonnenauf – und untergänge gibt es nicht nur am Traumschiff.

14.  Und zu guter Letzt für alle Traumschiff- Zuseher: Beatrice wartet nicht an einem Stehtischchen, um Sie an Bord zu begrüßen. Nicht alle Passagierinnen zicken herum und Sie finden höchstwahrscheinlich nicht die verlorengegangene Schwester Ihrer Mutter, Ihren Traummann oder werden vom Kapitän vor der Eistortenparade mit Lebensweisheiten beglückt.

Viel Vergnügen auf Ihrer ersten Kreuzfahrt!

Die modernen Kreuzfahrtschiffe sind barrierefrei.

Unlängst war ich zum Sonntagsbrunch bei der Freundin einer Freundin eingeladen. Meine Freundin selbst kam erst zwei Stunden später und ihre Freundin hatte ich erst einmal vorher gesehen. Es waren ca. zehn andere Leute bei dem Brunch – alles Frauen. Und ich kannte keine einzige davon. Der einzige „Neue“ zu sein ist immer irgendwie komisch. Alle der Anwesenden einzeln durchgehen, Hände schütteln, sich vorstellen, erzählen, was man so im Leben so macht, interessiert und offen sein. Nicht vergessen, ein bisschen Charme und Humor versprühen. Bloß nicht schüchtern oder distanziert wirken. Und: Namen merken. Letzteres fällt mir besonders schwer.

Die ganze Runde saß im Wohnzimmer auf Sofas, Stühlen und auf dem Boden. Es gab die ganze Zeit über eine große gemeinsame Unterhaltung, an der immer alle beteiligt waren. Irgendwie hat so etwas Seltenheitswert. Meistens bilden sich ja kleine Zweier- und Dreier-Gespräche.

Eine Frage, die man sich zu selten stellt

Es war eine ziemlich eingeschworene Damenrunde, die sich regelmäßig trifft. Obwohl alle einander gut kannten, stellte eine der Frauen eine Frage in den Raum: „Wie viele echte Freundschaften habt ihr eigentlich in den letzten 10 Jahren geschlossen?“

Es ging ausdrücklich nicht um eine leidenschaftlose Diskussionspflichtübung darüber, wie unsere vielen Facebook-Freunde gar keine richtigen Freunde seien. Da wird niemand widersprechen.

Alle Anwesenden waren so zwischen 40 und Mitte 50 und alle sahen einander vorerst etwas ratlos an – fast betreten, hatte ich den Eindruck. Es schien, als hätte niemand im Alter von über 30 Jahren richtig gute neue Freunde gefunden.

Wie kommt das? Können wir uns nur in unserer Schul- und Studienzeit oder vielleicht als junge Erwachsene auf andere Menschen so einlassen, dass wir gute Freundschaften aufbauen? Ist es vielleicht doch nicht nur oberflächliche Vergnügungssucht, wenn man im Jugendlichenalter viel ausgeht oder einfach viel Zeit mit anderen verplaudert? Vielleicht haben wir auch nur zu wenig Zeit, wenn einmal die Verantwortung im Beruf wächst und viele eine Familie gegründet haben.

Ein starkes Band

Die Frage ist mir seither oft durch den Kopf gegangen. Ich für mich habe festgestellt: Vielleicht sind meine Jugendfreunde nicht die einzigen Freundschaften, aber wir sind enger zusammengeschweißt – ob durchs gemeinsame Ausgehen, Lernen, Durchkauen von Problemen, vom Stress mit den Eltern über sämtliche Liebesdramen.

Irgendwann später bin ich wohl ein wenig zurückhaltender geworden, wenn es darum ging, ganz persönliche Dinge zu erzählen. Die guten Freunde aus der Jugend dürfen auch rein körperlich näher an mich heran. So richtig fest abgebusselt und geknuddelt werden die neueren Freunde nicht.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr stelle ich aber fest, dass ich sehr wohl im Erwachsenenalter meinen Freundeskreis erweitert habe – auch in den letzten 10 Jahren. Komisch: Warum konnte ich das nicht gleich beantworten, als bei dem Brunch die Frage in den Raum gestellt wurde? Ob die anderen wohl auch erst so nach und nach beim Nachdenken draufgekommen sind, wie viele neuere Freundschaften ihr Leben bereichern?

Warum alte Freunde so besonders sind

Ich habe beim Nachdenken, aber noch etwas Wichtiges festgestellt: Die Freundinnen und Freunde aus meiner Jugendzeit sind deswegen so einzigartig, weil ich mich ganz plötzlich jünger fühle, wenn ich sie sehe – keinen Tag älter als 25, behaupte ich mal. Und auch meine Freunde werden auf mich auch immer jung wirken. Trotz so mancher Fältchen und der jährlich mehr werdenden grauen Haare.

Was mich und uns von zartbitter interessiert: Wann habt ihr zuletzt neue, echte Freundinnen und Freunde gefunden?

 

[Beitragsbild: Marco Giumelli, Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode]

Was, wenn die Technik uns im Stich lässt und damit den ganzen Verlauf unseres Lebens verändert? Was, wenn wir in diesen Umständen aus etwas Unverzeihliches tun? Diese Fragen greift Passengers auf – und vergisst sie zu Ende zu denken.

Worum gehts?

120 Jahre ist das Raumschiff Avalon auf Autopilot durchs All unterwegs. Das Ziel ist ein neuer Planet als Heimat für 5000 Menschen. Einer der Passagiere, Jim [Chris Pratt], wacht aus dem Hyperschlaf auf – 90 Jahre zu früh. Er wird den neuen Planeten, Homestead II, nicht lebend erreichen. Wie die Zeit verbringen?

Ein raumfahrender Robinson

So viel zum ersten Teil des Films, dessen drei Akte ein bisschen wie drei verschiedene Arten von Film wirken. Auch wenn die Avalon auf Kurs ist: Der sympathische Jim alias Chris Pratt [Guardians of the Galaxy, Jurassic World] ist sozusagen gestrandet im All und seine Geschichte ist die eines Robinson Crusoe der Zukunft. Es ist der interessanteste Teil des Films. Er zeigt, wie wenig jede noch so fortgeschrittene Technik für unser Glück sorgen kann. Der Kaffeeautomat in der Kantine spuckt zwar nur die Plörre für Normalreisende aus, denn der Cappuccino ist den Reisenden der Goldklasse vorbehalten – ansonsten steht Jim allerhand Entertainment und einiger Luxus zur Verfügung. Doch bereits nach einem Jahr nagt die Einsamkeit so sehr an ihm, dass er ein psychisches Wrack ist.

Wie auf der Titanic

Da kommt Aurora [Jennifer Lawrence] daher – wohlhabende Journalistin und Reisende der Goldklasse. Diese Frau wäre für den einfachen Mechaniker, der davon geträumt hatte, sich auf dem neuen Kolonie-Planeten eine bessere Existenz aufzubauen, unter normalen Umständen unerreichbar. Der zweite Akt erzählt die Romanze zweier Menschen, die aufgrund des Klassenunterschieds einander nie begegnet wären. Das erinnert doch ein bisschen an Rose und Jack auf der Titanic. Doch in Passengers wird der Klassenunterschied nur angesprochen, aber nicht näher betrachtet. Im Umgang miteinander scheinen die beiden perfekt kompatibel. Wäre das wirklich so? Jim bekommt dank seiner Goldklasse-Freundin besseres Essen. Lernt er etwas von ihr? Lernt sie etwas darüber, wie das Leben in seiner Gesellschaftsschicht ist? Leider nicht – trotz Interview, das sie mit ihm für ihr Buch führt. Der Film verlässt sich hier über eine ziemlich lange Strecke darauf, dass alle gern dabei zusehen, wie ein attraktives Paar sich in einander verliebt.

Action als Ablenkung

„Vertraust du mir?“ Jim [Chris Pratt] und Aurora [Jennifer Lawrence]

Im dritten Akt wird Passengers zum Weltraum Action-Abenteuer. Die Avalon ist schwer beschädigt und unsere beiden Protagonisten versuchen in einem äußerst gefährlichen Einsatz, das Schiff zu retten. Es wirkt ein bisschen, als wäre hier die Zeit ausgegangen und auch das Interesse diesen Teil Geschichte ordentlich zu erzählen. Doch gerade in den Weltraumabenteuern der letzten Jahre haben wir entweder auf dem Mars [The Martian] oder in der Erdumlaufbahn [Gravity] erschreckend realistische Szenarien miterlebt, die die beklemmende Hilflosigkeit im All spürbar machten. In Passengers dürfen wir immer das Vertrauen haben, dass alles gutgeht.

Ein verwerfliches Vergehen

+++ SPOILER +++
Der Film hat unter Kritikern heftige Reaktionen ausgelöst. Denn: Anders als Jim, erwacht Aurora nicht zufällig. Jim hat Aurora lange Zeit in ihrer Hyperschlafkammer beobachtet, alles über sie in Erfahrung gebracht und sich so in sie verliebt. Er war so einsam, dass er seinem Leben ein Ende setzen wollte, doch stattdessen beschloss er, Aurora aufzuwecken. Er hat damit Auroras Leben zerstört und – noch schlimmer – sie dadurch ebenfalls zum Tod auf dem Raumschiff verurteilt. Nur weil er seine Einsamkeit nicht mehr ertragen wollte. So weit sind seine Motive nachvollziehbar. Sind sie aber verzeihlich?

Als Aurora erfährt, was Jim getan hat, ist sie wütend und hasst ihn leidenschaftlich – verständlicherweise. Die Gefahrensituation, die Jim und Aurora gemeinsam meistern müssen, schweißt die beiden jedoch wieder zusammen. Aurora erkennt, dass sie nicht ohne Jim auf dem Schiff weiterleben möchte. Jim wird verziehen – und zwar von Aurora und damit auch von uns als Publikum.

Jims Handeln ist praktisch Mord und wir sehen es ihm nach. Einige spinnen den Gedanken sogar so weiter: Wenn ein Film von einem Mann handelt, der eine Frau raubt oder vergewaltigt, verzeihen wir ihm dann, weil er doch so einsam war und so gut aussieht?
+++ SPOILER ENDE +++

Schuld ohne Sühne

Jim hat Aurora etwas Folgenreiches angetan, das mit unseren Werten nicht vereinbar ist. Der Schwachpunkt des Films ist es nicht, dass Aurora angesichts der lebensgefährlichen Situation auf dem defekten Schiff beschließt, Jim zu verzeihen. Das kann sie als Figur tun, aber die Tat selbst darf dennoch nicht ungesühnt bleiben. Kunst vermittelt auch moralische Werte. Und die vermittelte Moral ist hier höchst zweifelhaft, denn: Jims Tat hat am Ende keine Konsequenzen.

Unverzeihliche Urteilslosigkeit

Der Film präsentiert sich dadurch als recht harmlos. Passengers ist durchaus kein schlechter Film – auch wenn es die eine oder andere Schwäche gibt. Doch wegen der Verharmlosung und damit das Aufgeben einer moralischen Position verdient Passengers jede Schelte und die schlechten Bewertungen seitens der Kritik.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
Passengers ist technisch und visuell (das Schiff sieht in jedem Detail atemberaubend aus) großartig. Er ist trotz erwähnter Schwächen interessant und unterhaltsam – vor allem durch die zwei äußerst sympathischen Protagonisten. Die moralische Frage lasse ich bei meiner Bewertung außen vor.