Wissend dass ich für derartige Hinweise dankbar bin, erhielt ich die Info, dass es da ein Lokal im Herzen von Schallmoos gibt, das barrierefrei nutzbar sei. Wir planten uns mit Freunden zu treffen. Eine gute Gelegenheit das empfohlene Lokal zu testen. Ich mache mir einfach gerne selbst ein (Fachfrau-)Bild. Zu oft habe ich mich auf Einschätzungen verlassen und wurde dann herb enttäuscht.

Als erstes prüfte ich die Homepage www.fuxn.at, ob es irgendwelche Infos zur Barrierefreiheit gibt. Ein hippe moderne, aber leider nicht barrierefrei nutzbare Homepage informierte mich über Vieles, aber nicht zu den barrierefreien Gegebenheiten.

Dann prüfte ich die Online-Reservierung. Immerhin ist dies für gehörlose Menschen eine wichtige Möglichkeit zur Reservierung. Leider funktionierte diese nicht.

Also Telefon. Trotz Abendzeit eine freundliche Stimme, die ebenso freundlich meine Reservierung niederschrieb. Bewusst erwähnte ich nicht, dass bei den sechs reservierten Plätzen eine Rollstuhlnutzerin dabei ist. Ich wollte testen ob und wie das Fachpersonal darauf reagiert. Ich gab auch noch den Hinweis, dass die Online-Reservierung nicht funktioniert. Professionell entschuldigte sich der Mitarbeiter sofort und fragte auch noch nach meinem Browser. Er meinte, dass man sich sofort darum kümmere. Am Schluss sagte er noch äußerst freundlich, aber nicht übertrieben, „Danke für die Reservierung, wir freuen uns auf euch“. Wie nett, da fühlt sich Gast so richtig willkommen!

Wir fuhren also am Reservierungstag mit dem Auto zum Parkplatz. Es gab einen als barrierefrei markierten Parkplatz. Allerdings war er nur am Boden markiert. Daher bei vollem Parkplatz und auch bei Schnee schwer zu finden. Es wäre gut, wenn er auch stirnseitig gekennzeichnet wäre. Er war auch nicht der nächste zum Eingang. Daher wählten wir einen anderen Platz.

Dann ging‘s zum Eingang. Ein gut berollbarer breiter Weg führt hin, vorbei an einem Gefäß, dass uns mit einem lodernden Holzscheit warm empfing. Eine große schwere nicht automatisierte Tür musste ich mir öffnen lassen. Mit Rollstuhl nicht möglich. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und gefragt, ob wir zu dem reservierten Tisch gehören. Frau wies uns ebenso freundlich den Weg. Wir kamen in einen Raum mit äußerst angenehmer Atmosphäre. Die Stube ist überwiegend in Holz gehalten und verfügt über großzügigen Platz um zu den Tischen zu kommen.

Die Tische selbst sind teilweise für Rollstuhlnutzerinnen unterfahrbar. Alle anderen haben diese unangenehmen Querbalken unter der Tischplatte, die ein Unterfahren unmöglich machen. Die Speisekarte ist vielfältig, hat aber leider keine Fotos der Speisen. Diese wäre für alle Nichtdeutschsprechenden oder Analphabetinnen (ja, es gibt eine hohe Dunkelziffer!) und Menschen mit Lernschwierigkeiten sehr wichtig. Für unsere blinden Mitmenschen wäre eine Audioversion oder eine Karte in Brailleschrift äußerst hilfreich. Für unsere (stark) sehbeeinträchtigten Mitmenschen müsste die Schrift größer und ohne Serifen sein. Auch der Kontrast spielt eine große Rolle.

Wir wurden freundlich und zuvorkommend bedient. Sonderwünsche waren kein Problem. Das Essen war exzellent und nicht 08/15, die Preise ok.

Dann natürlich CAM00467unvermeidlich: die Toilette. Sie befindet sich im EG neben der Eingangstür. Was mir sofort auffiel war der außen angebrachte Türschließer, der nicht als barrierefrei gilt. Wie sollte eine Rollstuhlnutzerin gleichzeitig die Tür aufmachen, gegen den Druck des Türschließers ankämpfen und dann mit beiden Händen den Rollstuhl antreiben? Hier wäre eine Automatisierung der Tür oder ein Entfernen des Türschließers notwendig. Vor allem da von innen keine Anfahrmöglichkeit zur Türschnalle gegeben ist.

Drinnen bot sich ein Bild zum Heulen. Genug Platz, doch am erforderlichen Umsitzplatz für Rollstuhlfahrerinnen war ein Pissoir montiert! Nicht nur dass dies so dicht neben einem WC unhygienisch ist, im barrierefreien WC ist es vollkommen fehl am Platz.

Der Stützgriff neben dem WC lässt sich Hochklappen, kann aber nicht fixiert werden. CAM00466Der knallt jeder Person auf den Kopf, wenn sie sich neben das WC positionieren möchte um umsitzen zu können. Kein Spülknopf in Greifnähe. Wie soll sich eine Rollstuhlfahrerin verdrehen, dass sie zum an der Rückwand vorhanden kommt? Ein Rufknopf ist vorhanden, doch wie so oft hängt die Schnur zusammengefaltet direkt am Knopf. In einer Höhe wo sie kein Mensch erreicht, wenn er am Boden liegt und um Hilfe rufen möchte. Das WC hat keine Rückenlehne für Menschen mit Querschnitt und weist auch eine zu geringe Tiefe auf. An der Wand fehlt der Winkelgriff. Die WC-Bürste ist für Rollstuhlnutzerinnen nur erreichbar, wenn sie sich bäuchlings über das WC legen.

Auch ein Klassiker: der Spiegel. Er hängt so hoch oben, dass er aus sitzender Position überhaupt nicht eingesehen werden kann. Die Armatur ist ebenso nicht den Anforderungen entsprechend. Auch das Handpapier hängt in einer Höhe, die für so manche Rollstuhlnutzerinnen weit entfernt des Möglichen liegt.

Alles in allem ist dieses WC als nicht barrierefrei einzureihen – schade. Aber Nachjustieren ist natürlich möglich. Ich hoffe drauf, das Lokal ist es Wert!

(Die Autorin ist Sachverständige für barrierefreies Bauen und Gestalten und Rollstuhlnutzerin.)

 

Hinweis: Der Text ist bewusst in der weiblichen Form geschrieben, da er die männliche automatisch mit einschließt.

Ihr erinnert euch vielleicht an Nina Vasiltshenko aus Georgien und Mohammad Sadeqi aus Afghanistan? Im Dezember habe ich eine ganz tolle Performance der beiden gesehen. Da ging es um die Flucht. Und jetzt gab es die Fortsetzung. Nina und Mohammad sind angekommen. Und was macht ein guter Flüchtling? Er oder sie macht sich sofort mit den Regeln des Zusammenlebens vertraut. Mohammad sitzt in seiner Asylschachtel und liest den Welcome Guide der Stadt Salzburg vor. So vertraut und doch befremdend. Realität und Satire liegen ganz knapp nebeneinander. Bedingen einander. Und was macht Nina? Genau. Sie sitzt in ihrer Asylschachtel und lernt laut Deutsch.  Die Regeln des Zusammenlebens und der deutschen Sprache verschwimmen, werden ein Wörterstrom aus Anweisungen, Tipps und Ausnahmen. Und Mohammad schenkt Nina den Akkusativ, den Genetiv und die dazugehörigen Artikel. Und aus zwei Asylschachteln wird eine. Aus zwei einsamen Flüchtlingen werden Freunde. Dann die Anerkennung. Endlich, der positive Asylbescheid. Und als die neuen Flüchtlinge dazukommen sind Nina und Mohammad schon österreichischer als jeder Österreicher.


Beiden gelingt wieder eine Performance, die mit ganz starken Szenen im Gedächtnis bleibt. Dieses Mal kommt die Leichtigkeit dazu. Die Flucht ist geschafft. Das Leben ist nicht mehr bedroht. Es gibt viel Platz fürs Lachen. Und wahrlich Nina und Mohammad schaffen es mit Slapstick UND tiefgründigem Humor die Menschen in die Höhen und Tiefen der Integration mitzunehmen. Auch die Mülltrennung spielt eine Rolle. In der Realität und auf der Bühne. Und alles schaffen die beiden in der deutschen Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist. Eine grandiose Leistung. Das Stück haben die beiden selbst geschrieben und auf der Bühne erarbeitet. Ich ziehe meinen Hut und freue mich auf einen hoffentlich dritten Teil!

Fotos: Zarif Karimi

Nach Jahrzehnten Integrationsarbeit habe ich gedacht, dass ich schon alle Statements zur Integration gehört habe. Sehr überheblich von mir! Heute gab’s für mich eine große Überraschung. Eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Monats der Vielfalt. Es ging um Integration und wie sie gelingen kann. Nein nicht die Diskussion war die Überraschung. Ein Satz war DIE Überraschung. Zerina Hadzihajdarevic, eine Juristin. Sie ist in 1990er Jahren aus Bosnien nach Österreich geflüchtet. War zuerst lange im Gastgewerbe tätig. Hat sich Deutsch selbst beigebracht. Und seit Jahren schon in der Flüchtlingsarbeit tätig. MigrantInnen begleitet oft ihr Leben lang, dass sie zugewandert sind. Es gibt dann immer das WIR, die aus Österreich, und die ANDEREN. Das betrifft auch meist noch die Kinder. Aber Zerina Hadzihajdarevic hat es nach über 20 Jahren in Österreich bei der Podiumsdiskussion für sich und das Publikum ganz selbstbewusst klargestellt: „Ich bin jetzt wir“. JA, Zerina du bist Österreich und das ist gut so!

von Sonja Schiff

Er ist der mittlere von drei Söhnen und der einzige, der in Salzburg geblieben ist. Die beiden Brüder hat das Leben in die Ferne getragen, den Jüngeren nach Mexiko, den Älteren in die Schweiz. Nur Peter ist geblieben, in Österreich, in Salzburg, in der Nähe seiner Eltern, die im nördlichen Flachgau leben.

a2Die Mutter war vor zwei Jahren verstorben, plötzlich, Krebs. Seitdem lebt der 85 jährige Vater, immer schon ein durchsetzungsstarker Sonderling, alleine in seinem Bauernhaus. Im ersten Jahr nach dem Tod seiner Frau kam er alleine gut zurecht, ein paar kleine Unterstützungen nur waren notwendig, aber sonst war er selbständig. Doch nach einigen Monaten begann sich der Vater zu verändern. Sich zu waschen ist ihm unwichtig geworden und mühsam, er wechselte seine Kleidung nicht mehr und er vergaß zu essen. Peter, der in der Nähe gebliebene Sohn versuchte regelmäßig den Vater zu besuchen und ihm zu helfen. Aber der Vater lehnte jede Hilfe ab und schon gar nicht wollte er, dass jemand Fremder ins Haus kommt.

Silvester ließ er sich, nach vielen Stunden guten Zuredens, von Peter baden und auch frische Kleidung zog er an. Danach lehnte er jeden weiteren Besuch ab mit den Worten: „Kümmere Du Dich um Dein Leben, ich kümmere mich um mein Leben“. Peter blieb nur eines, den Vater regelmäßig anzurufen und sich so wenigstens zu versichern, dass dieser noch lebte.

Gestern rief das Krankenhaus an. Nachbarn hätten die Rettung gerufen, weil der Vater vor dem Haus gelegen war. Die anrufende Ärztin meinte, der arme alte Mann wäre total verwahrlost und er als Sohn hätte Glück, dass sie das nicht anzeigen würde. Sie fragte, warum sich da niemand gekümmert hätte und stellte für die Zukunft fest: „Ihr Vater kann sicher nicht mehr alleine leben, er braucht Betreuung, rund um die Uhr.“

Heute, einen Tag später, meldete dieselbe Ärztin die Entlassung des alten Patienten. Auf die Frage von Peter, wie er das nun regeln solle, er würde doch arbeiten gehen und der Vater würde ihn ja nicht ins Haus lassen, antwortete die Ärztin: „Wir sind keine Pflegeeinrichtung. Sie werden sich halt Urlaub nehmen müssen und die Pflege übernehmen.“ Punkt. Aus. Basta.

Da stand Peter, der einzige im Lande verbliebene Sohn und wusste nicht weiter. Anrufe bei den Brüdern ergab ein telefonisches Schulterzucken. Was sollen wir tun? Wir sind doch in Mexiko und in der Schweiz. Außerdem wir arbeiten ja auch noch und überhaupt, die Familie, die Frau, die Kinder! Nein, wir können nicht helfen. Tut uns leid.

Sonja 1

Sonja Schiff

Verzweifelt und mit fahlem Gesicht stand er dann vor mir, Peter mein Nachbar. „Du bist doch Spezialistin für Altenpflege?“ fragte er zögerlich, um nach einem Nicken meinerseits eine Stunde durchzureden und sein Herz auszuschütten. „Ich war doch immer da für ihn!“ rief er und „ich kann ihn doch zu nichts zwingen!“. Ob er vom Krankenhaus Informationen erhalten hat über Möglichkeiten für Kurzzeitpflege, Aufnahme im Seniorenheim, 24-Stunden-Betreuung oder Hauskrankenpflege?

Nein, nur dass er den Vater holen muss. Heute noch.

Als Altenpflegeexpertin bin ich immer wieder mit Situationen wie dieser konfrontiert. Angehörige, die plötzlich mit Pflegebedürftigkeit der Eltern konfrontiert werden und vom System Krankenhaus alleine gelassen werden. Alleine gelassen mit der Suche nach einer Lösung, alleine gelassen mit den Gefühlen, die entstehen, wenn die ehemals sorgenden Eltern plötzlich in die letzte Lebensphase eintreten.

In Falle von Peter genügte ein Anruf und ein Kurzzeitpflegeplatz für die Dauer von 2 Wochen war gefunden. Damit war Zeit gewonnen, um alle Informationen zusammen zu tragen, die für eine Entscheidung über die zukünftige Pflege des Vaters notwendig sind. Im Falle von Peter genügte ein Gespräch, ein offenes Ohr, ein klein wenig Mut machen, die Eröffnung von Perspektiven und das Angebot sich zu melden, wenn er noch Fragen hat.

Wann lernen Krankenhäuser endlich Kundenorientierung? Wann begreifen Krankenhäuser endlich, dass es im Zeichen einer älterwerdende Gesellschaft auch bei ihnen ein Umdenken braucht? Wann hören Krankenhäuser endlich auf Familien in dieser Situation alleine zu lassen?

 

Sonja Schiff, MA ist Gerontologin und Altenpflegeexpertin. Sie hält Seminare für Altenpflegeeinrichtungen, sowie Pensionsvorbereitungsseminare für Firmen. Im Oktober 2015 erschien ihr erstes Buch „Was ich von alten Menschen über das Leben lernte“.

Mehr Infos zu Sonja Schiff finden Sie unter hier: careconsultingund vielfalten

Hier eine Besprechung von Sonja Schiffs Buch!

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Blick von der Hagia Sophia zur Blauen Moschee

Wenn man wie ich seit Jahrzehnten mit einer Stadt verbunden ist, dann trifft einen die Meldung über ein Unglück in dieser Stadt ganz besonders. Man kennt ja viele Ecken und besonders viele liebe Menschen dort. Man kennt auch die symbolträchtigen Plätze.
In Istanbul gibt es derer mehrere. Aber neben dem Taksimplatz ist wohl der Platz zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee der wichtigste der Stadt. Hier konzentriert sich die Geschichte der Stadt auf einer kleinen Fläche. Topkapi-Palast, das Hippodrom, die unterirdische Zisterne. Römische, byzanthinisch/christliche, islamische und die Geschichte des 20. Jahrhunderts finden sich hier.
Aber Hagia Sophia und die Blaue Moschee sind die beiden weithin sichtbaren Brückenpfeiler, die zwei Religionen symbolisieren.

Die Gotteshäuser stehen sich gegenüber, Auge in Auge blickend, aber auch im Miteinander. Die eine ist ohne die andere nicht denkbar. Seit Jahrhunderten. Die Hagia Sophia war ursprünglich eine christliche Kirche. Sie ist der „Heiligen Weisheit“ gewidmet und als universelles spirituelles Zentrum der Welt gedacht. Ein Wunderwerk der Baukunst der Spätantike mit einer Kuppel, die noch heute jeden zum Staunen bringt. Über 1000 Jahre war die Hagia Sophia die größte Kirche der Welt. Nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen wurde sie zur Moschee. Dann kam der Wunsch gegenüber eine Moschee zu errichten. Nach 7 Jahren Bauzeit wurde die Blaue Moschee oder Sultan Ahmet Moschee 1616 fertiggestellt. Ein Prachtbau mit wunderbaren Nebengebäuden, einer großen Kuppel und einer atemberaubenden Innenausstattung mit kunstvollen Iznikkacheln, die in Blau gehalten sind.

Im Inneren der Blauen Moschee

So stehen sich seit nunmehr 400 Jahren zwei der bedeutensten Bauwerke des Christentums und des Islam gegenüber. Und bringen unzählige Menschen zum Staunen und zum Nachdenken. Der Platz dazwischen lädt die Menschen ein tolerant zu sein. Das eine neben dem anderen stehen lassen zu können. Nicht endgültig zu sagen, dieser Bau ist größer und schöner als jener. Und damit eine Vorherrschaft einer Religion zu manifestieren. Sondern es auszuhalten, dass beides existiert.
Und dann explodiert die Bombe genau hier. Menschen sterben, Menschen werden verletzt. Und der Mörder bringt hier auch seinen Unwillen zum Ausdruck, dass er keine Toleranz aufbringt für ein Nebeneinander, Miteinander, für Respekt. Er und seine Terrorkumpane wollen das nicht. Sie wollen den Unfrieden und den Hass und die alleinige Macht. Und sie wollen keine Religion, die den Frieden stärkt und den Krieg verurteilt.

 

Darum ist der Anschlag in Istanbul zwischen Hagia Sophia und Blauer Moschee auch ein Anschlag gegen das Miteinander und die Offenheit der Religionen. Aber Bomben können den Wunsch und den Willen vieler Menschen, religiös oder ohne Glauben, nicht töten, Frieden und ein respektvolles Miteinander zu haben! Die Mörder täuschen sich wie in Bagdad, Paris, London, Kabul oder Madrid.

Damals in meiner Jugend Anfang der 1980er Jahre war Buntheit und Vielfalt kein Thema des Alltags für mich. Irgendwie waren alle gleich oder sollten gleich sein. Nur das Geschlecht und der Besitz unterschieden. So hab ich es erlebt. Die, die anders waren, mussten schauen, dass sie nicht besonders auffallen. Da war die ganz alte Frau, die alleine in einem Häuschen wohnte und ein bisschen verrückt war. Heute sage ich, dass sie wahrscheinlich dement war. Oder eine andere Frau, sie hatte eine schwere körperliche Behinderung, ihre Beine waren über Kreuz gewachsen, sie konnte sich nur schwer fortbewegen. Für uns Kinder spannend, aber irgendwie unheimlich. Oder das Ehepaar, das aus der Schweiz zugezogen war, einfach andere Leute. Und Jahre später hab ich einen Mann als Kollegen gehabt, der schon bald aus dem Dorf wegging, weil er als Homosexueller nur in der Stadt eine Chance sah. Und ich wenn eine Frau ein Kind bekam ohne verheiratet zu sein, war das ein Tuschelthema.

Heute ist das schon anders, aber immer noch wird uns in vielen Bereichen vermittelt, dass es eine Norm gibt, an der der einzelne Mensch sich orientieren soll. Dazu gehört etwa die aktuelle Situation rund um die Barrierefreiheit. Noch immer wird so getan, als ob es ein Gnadenakt ist, Menschen mit Behinderung Zugang zu vielen Bereichen zu ermöglichen. Es ist ein Recht, ganz einfach. Und Frauen sind immer noch nicht gleichgestellt, man denke an den unterschiedlichen Lohn für gleiche Arbeit. Ein Mensch, dessen Großeltern aus der Türkei zugewandert sind, wird trotz österreichischer Staatsbürgerschaft und 0815-Leben in Salzburg immer noch als Türke bezeichnet. Und bei all der Diskussion um Religionsfreiheit und Werte des christlichen Abendlandes, sind Menschen ohne Bekenntnis bei vielen Weltanschauungsdiskussionen außen vor, denn sie werden schlicht vergessen. Und darum freut es mich, dass die Stadt Salzburg schon zum dritten Mal den „Monat der Vielfalt“ organisiert. Mit über 30 Veranstaltungen und einer tollen Plakataktion. Mit Models, die ganz unterschiedlich sind, aber so normal wie du und ich. Denn jeder Mensch ist einmalig und das macht uns so vielfältig. Freuen wir uns darüber!

Die Models:


Mehr Infos zum Monat der Vielfalt hier: Das Programm!