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The Bronx in den 70er Jahren. In meiner Wahrnehmung als Teenager im Dörfli nahe der beschaulichen Mozartstadt Salzburg überlebte man in den Straßen der Bronx keine zehn Minuten – so gefährlich war das. In der Schule haben wir uns den Film Fort Apache, the Bronx mit Paul Newman angesehen. Da erschoss eine Straßenprostituierte gleich in den ersten Minuten zwei Cops. Und ein hysterischer Transvestit wollte sich wenige Minuten später vom Dach stürzen. Also, Leute und Zustände waren das. Für ein Landkind wie mich einfach unvorstellbar. Aber: Ich wusste, wie es in der South Bronx zugeht. Davon war ich überzeugt.

The Get Down spielt 1977 in diesem heruntergekommenen Stadtteil New Yorks – der South Bronx. Schutt und Abrissbuden überall – das Ghetto der Schwarzen und Latino-Bevölkerung New Yorks. Sie haben miese Wohnungen, miese Bildung, miese Jobs oder sind kriminell. Und sie haben ihre Subkultur, die bis vor kurzem noch Disco hieß. Disco war inzwischen im Mainstream angekommen. Die Bee Gees hatten diese Underground-Kultur bei der weißen Mittelschicht salonfähig gemacht und damit sowohl ihren Höhepunkt als auch ihren Niedergang bereitet. Doch, immer einen Schritt voraus, war die Underground-Szene der Schwarzen und Latinos ohnehin bereits dabei, aus dem Disco heraus etwas völlig Neues zu entwickeln: den Hip-Hop.

Grandmaster Flash und Shaolin Fantastic am Beginn der DJ- und Hiphop-Kultur – hier treffen fiktive und reale Personen aufeinander

Grandmaster Flash und Shaolin Fantastic am Beginn der DJ- und Hip-Hop-Kultur – hier treffen fiktive und reale Personen aufeinander

Worum gehts?

Die Geschichte verfolgt den Werdegang von Ezekiel [Justice Smith] – einem begabten Schüler, der nach dem Tod seiner Eltern bei seiner Tante und deren Freund aufwächst. Doch wer klug ist, hat keine Street Cred. Gute Noten, Auszeichnungen für Gedichte – das ist doch „voll schwul“. Ezekiel gibt sich Mühe, dadurch nicht im Ansehen seiner Freunde zu sinken.
Er hat ein Talent mit Worten umzugehen, Geschichten zu erzählen – und zwar in Reimen. Das sollte ihm in einer neu entstehenden Subkultur Ruhm einbringen. Ezekiel begegnet dem enigmatischen Shaolin Fantastic [Shameik Moore], ein Protegé des Ur-Hip-Hoppers Grandmaster Flash [mit geheimnisvoller Aura dargestellt von Mamoudou Mathie]. Durch ihn lernt Ezekiel, sein Talent als Wordsmith (Rapper) auszuleben. Reime zu schmieden wird plötzlich zur coolen Sache.

Ezekiel liebt Mylene [Herizen F. Guardiola]. Sie ist die Tochter eines Pastors [fabelhaft wie immer Giancarlo Esposito], der seine Familie mit äußerster Strenge regiert. Mylene hat eine wunderschöne Stimme und will nur singen – und zwar nicht nur Kirchenlieder für die Gemeinde ihres bigott-despotischen Vaters, sondern Disco. Sie hat das Zeug, den Willen – und Onkel [dein freundlich-bedrohlicher Gangsterboss/Bezirkspolitiker Jimmy Smits], der sie in ihrem Vorhaben voll unterstützt. Wird Ezekiel ihrer Karriere nur im Weg stehen?

Mylene und Ezekiel – sie wollen raus aus der Bronx

Mylene und Ezekiel – sie wollen raus aus der Bronx

Groß aufgefahren

Netflix hat an nichts gespart: Nach Stranger Things [lest hier unseren Beitrag zu der Serie] hat The Get Down durchgehend Spielfilmqualität und vermeidet eine episodenhafte Geschichte. Erdacht wurde sie vom erfolgreichen australischen Regisseur Baz Luhrman, der bei der ersten Folge sogar Regie geführt hat. Diese hebt sich auch vom Rest der Serie ab. Ob das jetzt Gutes oder Schlechtes bedeutet, ist wohl Geschmackssache. Luhrman ist ja bekannt dafür, dass er es gern übertreibt – wer Romeo and Juliet, Moulin Rouge oder The Great Gatsby gesehen hat, weiß, was damit gemeint ist. An manchen Stellen gerät die erste Folge etwas zu revuehaft und surreal. Trotzdem bietet sie den richtigen Anreiz, an der Serie dranzubleiben.

Eine Serie mit Charakter(en)

Visuelles dahingestellt – was wirklich zählt sind die Geschichte und deren Figuren. Ich bin begeistert, wie viele gute Rollen es gibt und wie großartig diese besetzt sind. Selbst der als Schauspieler schwächere Jaden Smith, Sohn von Will Smith, ist entsprechend seinen Fähigkeiten gut eingesetzt.

Die Story ist zwar um Ezekiel und Mylene herum aufgebaut, aber viele Nebenfiguren, ihre Freunde, Familien oder die Gangster, sind genauso interessant gezeichnet – sogar fast noch facettenreicher als die beiden Protagonisten. Dass Ezekiel und Mylene etwas brav wirken ist sicher kein Versehen. Ich habe das als Teil des Konzepts verstanden. Während die Geschichte von Ezekiel und Mylene gerade so am Seifenopernhaften vorbeischrammt, bilden die anderen als realistischere Charaktere den Rahmen, welcher der Serie Authentizität verleiht.

Gangster und Disco King – eine unter vielen schillernden Figuren: Cadillac – groovy, verrückt und bedrohlich gespielt von Yahya Abdul-Mateen II

Gangster und Disco King – eine unter vielen schillernden Figuren: Cadillac – groovy, verrückt und bedrohlich gespielt von Yahya Abdul-Mateen II

Aus den vielen herausragenden Leistungen ist es fast ungerecht, eine Figur besonders hervorzuheben. Doch Shaolin Fantastic verdient eine eigene Erwähnung. Er ist in der ersten Folge eine fast schon mystische Gestalt – ein Sprayer, den alle bewundern. Wenn er auftaucht, dann wird das begleitet von chinesischen Klängen, und er legt immer einen Auftritt mit smoothen Kung Fu-Moves hin. Er scheint dabei auch die Gesetze der Schwerkraft zu überwinden. In Wahrheit ist jedoch nur ein ganz normaler junger schwarzer Mann, wie alle anderen auch. Er ist einerseits Begleiter und gleichzeitig Gegenpart zu Ezekiel. Beide verbindet die Musik. Doch wo Ezekiel danach strebt, das Ghetto zu verlassen, scheint Shaolin ganz in die fast schon vorbestimmte kriminelle Bahn abzurutschen.

Warum ihr das unbedingt sehen sollt

The Get Down ist großartige Unterhaltung. Geschichte und Umsetzung werden nicht in jedem Detail alle Geschmäcker oder Erwartungen zufriedenstellen. Aber es lebt von der großartigen Besetzung und der Vielfalt schillernder und interessanter Charaktere – und das vor dem Hintergrund der Entstehung einer Underground-Szene, deren Einfluss noch heute unsere Musik prägt.

Meine Bewertung auf IMDB: 9 von 10 Punkten

Zehn. Normalerweise gebe ich bei meinen Kino- und Serien-Berichten erst ganz zum Schluss meine Bewertung ab. Aber heute muss ich gleich am Anfang damit herausplatzen: Stranger Things bekommt 10 von 10 Punkten. Ganz eindeutig.

Die Handlung

Ein Junge, Will Byers, verschwindet auf dem abendlichen Nachhauseweg. Dafür taucht wenig später ein anderes Kind auf. Alle suchen Will: seine Freunde, Mike, Dustin und Lucas, seine überforderte und psychisch instabile Mutter, Wills Bruder Jonathan und natürlich die Polizei. Alle haben ihre eigenen Hinweise. Doch je mehr Hinweise es gibt, desto mysteriöser wird die Geschichte. Was hat das Energieministerium damit zu tun? Gibt es Monster? Und: Was hat der Floh dem Zirkusakrobaten voraus?

Wie aus meiner Kindheit

Stranger Things hat mich in meine Jugend und Kindheit zurückversetzt – auf die schönste Art und Weise. Die Serie spielt im Jahr 1983 und erweist Büchern und Filmen der 70er und 80er Jahre ihren Respekt. Story und visuelle Anleihen verstehen sich als Hommagen an die Werke von Stephen King und Steven Spielberg. Sie reichen von ET zu Stand By Me. Doch Stranger Things ist bei Weitem keine bloße Mischung aus bekannten Versatzstücken. Die Serie ist sogar überaus eigenständig.

Mike und Eleven – mit den unpraktischen „Handys“ der Jugend der 70er und 80er Jahre: groß, schwer und nur ein paar Hundert Meter Reichweite

Mike und Eleven – mit den unpraktischen „Handys“ der Jugend der 70er und 80er Jahre: groß, schwer und nur ein paar Hundert Meter Reichweite

Es ist schwer, viel über Stranger Things zu berichten, ohne wichtige Handlungsverläufe und Twists zu verraten. Nur so viel sei gesagt: Es ist eine Geschichte um ein Geheimnis und über Zusammenhalt. Zusammenhalt unter Freunden, Geschwistern und in der Familie. Anders als es bei anderen Serien gibt es keine Nebengeschichten – alles konzentriert sich darauf, Will zu finden und das Geheimnis, das sich auftut, zu ergründen.

Das Schöne dabei ist: Wills Freunde, ältere Geschwister, Eltern und die Polizei – sie alle haben dasselbe Ziel. Zwar beginnen sie von verschiedenen Ausgangspunkten, doch die einzelnen Personen und Gruppen werden zum Schluss zusammengeführt. Dabei verzichtet die Story darauf, gewissen Klischees zu folgen: Keiner von Wills Freunden ist der Trottel, der die Bemühungen der Gruppe wiederholt fast zum Scheitern bringt. Keines der älteren Teenager-Geschwister ist nur auf Sex und Parties aus. Keine der Eltern sind einfach nur ignorant. Und die Polizei ist nicht korrupt und nicht zu borniert, um zu erkennen, dass hier etwas sehr mysteriöses passiert.

Fantastischer Cast

So gut die Figuren geschrieben sind, so großartig werden sie auch von den Schauspielern ausgefüllt. Die Kinder können mehr als nur gut BMX-Räder fahren und Dungeons and Dragons (das eine gewisse Rolle in der Story hat) spielen, sondern wirklich gut schauspielern. Wills Freunde sind sehr eigenständige und glaubwürdige Charaktere, die sich auch wie richtige 12-Jährige verhalten. Ja, sie sind alle Nerds, aber sie besitzen unterschiedliche, sehr ausgeprägte Persönlichkeiten. Was sie gemeinsam haben, ist ihre Neugier, ihr Wille, ihren verschwundenen Freund zu finden, und ihr Mut.

Am meisten glänzt jedoch Millie Bobby Brown als das seltsame Mädchen Eleven. Sie muss auf eine sehr zurückgenommene Art und Weise, eine große Bandbreite von starken Gefühlen ausdrücken – ich hätte nicht gedacht, dass eine 12-Jährige dazu überhaupt imstande ist.

Die schauspielerische Antipode dazu ist Winona Ryder. Sie war eine der Ikonen der Generation X und verschwand Ende der 90er Jahre aus der A-Liste der Hollywood-Stars. Winona Ryder spielt die Mutter des verschwundenen Will Byers. Anfangs wirkte ihr übertriebenes Spiel auf mich völlig unpassend, doch je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr passt diese Art zu spielen zu der Alleinerzieherin, die ihre Kinder liebt, aber nicht immer so für ihre beiden Söhne da sein konnte, wie sie es gerne wollte – bedingt durch psychische Probleme und viele Arbeitsstunden in einem schlecht bezahlten Job, mit dem sie ihre Familie durchbringt. Sie ist überzeugt, fast besessen davon, dass ihr verschwundenes Kind noch lebt. Ihr Umfeld sieht das anders und hält sie für verrückt.

Wills Mutter (Winona Ryder) glaubt, dass Will mit ihr Kontakt aufnimmt, wenn Sie sämtliche Weihnachtsbeleuchtung aufhängt

Wills Mutter (Winona Ryder) glaubt, dass Will mit ihr Kontakt aufnimmt, wenn sie sämtliche Weihnachtsbeleuchtung aufhängt

Die Geschwister unserer jungen Helden, sind im Teenager-Alter. Wills Bruder, Jonathan [Charlie Heaton] und Nancy [Natalia Dyer], die Schwester von Wills bestem Freund, Mike, gehören aber nicht derselben Clique an. Jonathan gehört nämlich zu gar keiner Clique – das liegt an seiner finanziell benachteiligten Herkunft genauso wie an seiner Introvertiertheit. Die gut behütete Nancy stammt aus einer typisch, einigermaßen glücklichen Kleinstadtfamilie. Sie ist auf dem Weg, so zu rebellieren, wie Film-Teenager es tun – um ja bei den anderen beliebt zu sein. Doch sie ist eine kluge, empathische junge Frau und erkennt, dass klischeehaftes Teenagerverhalten keine Rebellion ist.

Der Sheriff der Stadt, Jim Hopper [David Harbour], befindet sich persönlich und beruflich in einer Sackgasse. Er lässt sich gehen, denn nach dem Tod seiner Tochter und dem Scheitern seiner Ehe sitzt er wohl im kriminalistisch langweiligsten Kaff der USA. Er wird durch das Verschwinden von Will Byers aus seiner Resignation herausgerissen und beweist, dass er ausgezeichneten Spürsinn besitzt und noch immer zu hervorragender Ermittlungsarbeit fähig ist.

Die Liste der interessanten und sehr authentischen Figuren ist lange, ebenso wie die Liste der Darsteller, die diese verkörpern. Aber überzeugt euch einfach selbst.

Lasst euch überraschen

„Stranger things have happened“, sagt man im Englischen. Es bedeutet so viel wie „Das überrascht mich nicht“. Auf Stranger Things trifft das nicht zu: Überraschungen gibt es überall – von der Geschichte zu den Darstellern. So muss Film und Fernsehen sein: frisch, aufregend und äußerst sehenswert. Netflix hat hier einen echten Volltreffer gelandet.

Marseille ist die zweitgrößte Stadt Frankreichs. Sie protzt mit großen Prestigebauten. Doch in der Cité, wo hauptsächlich Einwanderer leben, regiert die Bandenkriminalität. Netflix hat seine erste große europäische Eigenproduktion in der Stadt am Mittelmeer angesiedelt.

Worum geht’s in der Serie?
Robert Taro (Gérard Depardieu) ist seit 20 Jahren Bürgermeister von Marseille. Er will ein neues Prestigeprojekt für die Stadt. Für soziale Probleme hat er offenbar den Blick verloren. Doch Taro entgeht auch im persönlichen Umfeld Wesentliches: Sein politischer Ziehsohn und Kronprinz Lucas Barres (Benoît Magimel) hegt seit langem feindselige Gefühle gegen den Stadtkaiser. Die beiden werden noch zu erbitterten Feinden. Auch Taros Ehe bröckelt. Seine Tochter treibt sich wiederum in der Cité mit kleinen Ganoven herum. Dass sie die Tochter des Bürgermeisters ist, darf dort aber nicht einmal ihr Freund wissen.

Marseille_KeyArt_FRENCHUnaufhaltsamer Niedergang
Der massige, behäbige Depardieu ist eine perfekte Verkörperung eines Langzeitpolitikers, der den Draht zu den Menschen verloren hat, dem seine Macht alles bedeutet und nicht merkt, wie diese sein Leben ruiniert. Persönlich ist er ebenso im Niedergang begriffen, wie die Stadt, die er regiert.

Marseille wird in den Medien als die europäische Entsprechung der amerikanischen Netflix-Hitserie House of Cards angepriesen. Das weckt natürlich gewisse Erwartungen. Und Befürchtungen. Befürchtungen, dass Netflix einen europäischen Abklatsch der eigenen amerikanischen Erfolgsserie bietet. Geworden ist es eine gelungene Mischung aus typisch französischer Atmosphäre und dem kalten Zynismus, der die Fans von House of Cards so fasziniert. Die Serie lebt aus der Spannung zwischen den politischen Machthabern in der Stadt und jenen, die in den heruntergekommenen Mega-Sozialwohnkomplexen der Cité regieren. Kann es gut enden, wenn es zu Berührungspunkten zwischen diesen beiden Welten kommt?

Dazwischen liegt in dieser Serie nichts. Ein normales Stadtleben der Mittelschicht wird nicht gezeigt. Warum dieses Manko? Ich denke, es liegt daran, dass in der Wirklichkeit die ausgedünnte Mittelschicht in Marseille eine schwindende Rolle spielt. Wer kann, wandert ab. Es mag überzeichnet sein, aber dadurch reflektiert die Serie ein Stück einer traurigen Realität jener Stadt, die einst die Perle der Provence war.

Den gängigen Geschmack verfehlt?
Die Zuschauer-Bewertungen auf Netflix liegen derzeit bei nur 1,5 von 5 möglichen Punkten. Das lädt nicht gerade ein, der Serie eine Chance zu geben. Lasst euch nicht davon abhalten. Womöglich stammen die meisten Bewertungen aus den USA, wo ausländische Filme und Serien nicht so geschätzt werden. Ich finde, Marseille ist hier weit unterbewertet. Von mir gibts 4 von 5 Netflix-Punkten. (Und auf IMDB 8 von 10.)

Warum nicht volle Punktezahl?
Es gibt neben den vielen Gründen, die Serie zu sehen auch kleine Schwächen. Marseille kommt nicht ganz ohne Klischees aus und manche Elemente der Handlung wären sogar einer Seifenoper würdig. Aber … keine Spoiler hier.

 

1364 – bei dieser Folge der Lindenstraße durfte ich mit dem Rad das Bild queren und Christian im Cafe Bayer die Zeitung lesen. Das war ein Geschenk zum 40igsten Geburtstag – ich habe einfach tolle Freundinnen und Freunde!

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Das Geburtstagsschreiben des Lindenstraßen Ensembles :)

Wie aufregend war das 2011, als ich gemeinsam mit Christian bei den Dreharbeiten dabei sein durfte. Heiß war es für einen Tag Ende September in Köln, da wird die Serie gedreht, spielen tut sie in München. Ja, es hatte 25 Grad. Die Folge 1364 spielte an einem kalten Jännertag. Also mussten wir auch dementsprechend gekleidet sein. Wintermantel, Haube, Handschuhe. Übrigens war das das erste Mal seit meiner Kindheit, dass ich wieder eine Haube trug. Die Lindenstraße hat sozusagen meine Haubenphobie geheilt ;)

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mit Michael Schmittner (alias Dr. Ernesto Stadler)

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Keine Haubenphobie mehr! Danke Lindenstraße ;)

Und ich musste mit einem Fahrrad, das eindeutig zu wenig Luft hatte gefühlte 30 Mal durch die Lindenstraße radeln. Die Hauptdarsteller kreuzen, brav Handzeichen geben und einen Schulterblick machen, ganz vorbildlich. Irgendwann war das Ganze dann doch im Kasten. Christian hatte es etwas gemütlicher. Er las ganz interessiert in einer Zeitung, als Gabi Zenker im Cafe Bayer ihre Brötchen verkaufte. Nach acht Stunden am Set bekamen wir Komparsen noch eine Extraführung durch die Innenkulissen. Spannend.

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In der Lindenstraße dabei sein? Jederzeit wieder!

So spannend wie die ganz Serie. Und jetzt gibt es die Lindenstraße schon 30 Jahre! Jeden Sonntag ab 18.50 bin ich für 29 Minuten unerreichbar. Das Handy ist ausgeschaltet, volle Konzentration. Wenn ich eine Folge versäume, dann schaue ich sie nie in der Wiederholung an. Das gilt einfach nicht. Wenn dann zum sonntäglichen Sendetermin! Aber warum schauen Millionen Menschen eigentlich die Lindenstraße? Für mich ist es eine wunderbare Mischung aus Soap Opera, Gesellschaftspolitik und aktuellen Themen. Manches nimmt die Lindenstraße voraus. Schon Mitte der 1990er Jahre war Marion Beimer Vegetarierin. Carsten Flöter hatte schon vor über 20 Jahren sein Coming out samt Kuss mit einem Mann. Politische und religiöse Extremisten trieben schon vor langer Zeit ihr Unwesen, lange vor IS und wiedererstarkten Rechtsextremisten. Aids, Parkinson, Alzheimer, Essstörungen. Bürgerbewegungen, Umweltschutz, Arbeitslosigkeit, Reichtum. Drogen, schwangere Teenager, verliebte Rentner. Hass, Liebe, Streit und Versöhnung. Alles, was das Leben so an Geschichten bereit halten kann, gibt es konzentriert in der Lindenstraße jeden Sonntag um 18.50 Uhr. Und ich sitze pünktlich vor der Glotze. Wer noch?

Whatever happened to Fay Wray? In der Rocky Horror Show vermisst Dr. Frank-N-Furter die Eleganz des Hollywood-Stars. Doch das ist nicht das Einzige, wofür sie berühmt ist: Fay Wray ging für ihre Rolle in King Kong als erste Scream Queen in die Filmgeschichte ein – die Königin der Schreie.

Lange gab es keine würdige Nachfolgerin. Bis 1978 ein billiger Slasher-Film eine regelrechte Welle an Teenie-Horrorfilmen auslöste – und Jamie Lee Curtis zur neuen Scream Queen einer ganzen Generation machte.

Ghostface – eine der populärsten Halloween-Verkleidungen von creepyhalloweenimages (Ghostface Mask) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Ghostface – eine der populärsten Halloween-Verkleidungen

Aufstieg und Fall. Und Aufstieg
Slasher Movies wie Halloween, Freitag der 13., A Nightmare on Elm Street erhielten endlose Fortsetzungen, bis sie zur ramschigen Meterware verkamen. Doch nichts ist so grausig wie die Realität: Anfang der 90er Jahre erschütterte eine Mordserie in Florida ganz Amerika – vier Stundentinnen und ein Student wurden vom Gainesville Ripper erstochen und ihre Leichen so arrangiert, dass der Schock-Effekt beim Anblick möglichst groß war. Die Taten inspirierten Horrormeister Wes Craven und Drehbuchautor Kevin Williamson. 1996 hauchten Sie mit Scream dem Slasher-Genre neues Leben ein. Und wer bis dahin dachte, Drew Barrymore würde nur als der Kinderstar aus E.T. – der Außerirdische in Erinnerung bleiben, lag falsch. Die ersten unvergesslichen 10 Minuten des Films gehören ganz ihr. Als erstes Opfer des sadistischen Mörders mit der unheimlichen Maske hat sie sich einen Ehrenplatz als Scream Queen verdient.

Das Besondere an dem Film war, dass er in seiner Geschichte die Metaebene mit einbezog. Der gruselige Ghostface-Mörder versetzt seine jugendlichen Opfer zuerst am Telefon in Angst, indem er ihnen Quizfragen über Horrorfilme stellt, die Schüler spekulieren darüber, welche Rolle sie hätten, wenn das ein Horrorfilm wäre – und welchen Mustern und Regeln die Ereignisse dann folgen müssten. Unzählige Filmzitate machten Scream zum frischen hocherfolgreichen, satirischen Slasher-Hit. Und schon war eine neue Welle ausgelöst.

Jetzt, fast 20 Jahre später gibt es Scream als Fernsehserie. Zuerst auf MTV ausgestrahlt, steht sie jetzt auf Netflix zum Streamen bereit. Hier seht ihr den Trailer [Oder ihr scrollt nach unten und lest weiter]

 

Morde in Serie
Wes Craven trieb die Story seines Films Scream rasch voran – und jagte uns zwischen Komik und Schauer von einem Ereignis zum nächsten. Ob eine Serie dasselbe schafft? Die erste Folge war recht vielversprechend. Insgesamt kommt die Serie jedoch nicht an den Film heran. Sie spielt aber von Neuem mit der Metaebene, und die Highschool-Schüler stellen fest: Ein Slasher Movie treibt die Story rasch voran – er eignet sich nicht für eine Fernsehserie. Hätte das der Autor dieser Zeilen mal selbst beherzigt. Es wäre sicher möglich gewesen etwas mehr Tempo und Spannung in die Geschichte zu bringen. Zwischen Folge 4 und 9 bietet die Serie zu viel von einer typischen, harmlosen Teenie-Serie und zu wenige Mordeinlagen. Stellenweise waren die Dialoge lang und spannungslos. Sie wirkten manchmal wie aus Dawson’s Creek. Interessantes Detail am Rande: Kevin Williamson, der Autor des originalen Scream-Films, schrieb auch Scream, die Serie – und von ihm stammt auch Dawson’s Creek. Als ich das gelesen hatte, war mir alles klar.

Damsels in Distress
Der Fernseh-Herbst hat aber noch eine vielversprechende Neuheit: Scream Queens. Die Serie hat mit Jamie Lee Curtis, inzwischen Grand Dame des Filmschreis, einen echten Trumpf in der Hand. Aber das ist nicht alles: Sie stammt noch dazu von den Machern von Glee und American Horror Story.

Hier seht ihr den Trailer [Oder ihr scrollt nach unten und lest weiter]

Was darf man sich also erwarten? Ziemlich guten Horror in Quietschbunt, mit viel Satire und völlig überzeichneten Charakteren – nicht nur für Teenies. Auch Erwachsene, die mal eine Abwechslung zu den düsteren Serienwelten von The Walking Dead und Game of Thrones suchen, könnten Gefallen daran finden.
Die Studentinnenverbindung Kappa Kappa Tau wird von der schönen, aber skrupellosen Mega-Zicke Chanel regiert. Am Uni-Campus geschehen bizarre Morde, und zwar gleich mehrere pro Folge. Wie es sich für eine Slasher-Story gehört, sind alle verdächtig: Chanel, die ihr treu ergebenen Verbindungs-Schwestern, aber auch die Studienleiterin – denn diese verachtet die verwöhnten Gören.
Es sind bisher drei Folgen veröffentlicht und die waren eine völlig absurde Mords-Gaudi – mit höchst-skurrilen Morden und ganz wunderbar, schrillen Schreien. Und mehr wird einem ja gar nicht versprochen. Ich bin gespannt, wie’s weitergeht.

Vorschaubild: FOX

Bild Ghostface: von creepyhalloweenimages (Ghostface Mask) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons