Beiträge

von unserem Gastautor Josef P. Mautner

Unter der Vorhaut san alle gleich.“

Helmut Qualtinger

http://www.menschenrechte-salzburg.at/nc/publikationen/mr-berichte.html

Das Landgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 7.5. 2012, das eine Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichtes Köln vom 21.09.2011 verwarf, eine breite Debatte um die Illegitimität bzw. Legitimität von Beschneidung als religiösem Ritual ausgelöst. Diese Debatte ist auch auf Österreich übergegangen und wurde im Juli 2012 mit ungewöhnlicher Heftigkeit in mehreren österreichischen Medien ausgetragen. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) empfahl in der Folge des Kölner Urteils den Medizinern in seinem Bundesland, vorerst keine Beschneidungen mehr an Buben durchzuführen. Die Vertreter von Juden und Muslimen reagierten empört.

Im Justizministerium reagierte man „verwundert“ über den Vorstoß Wallners. Sektionschef Christian Pilnacek meldete sich zu Wort und erklärte: „Die Rechtslage ist klar. Der Eingriff ist straflos und stellt keine Körperverletzung dar.“ Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) ging noch einen Schritt weiter als Wallner. Er forderte, dass religiös motivierte Beschneidungen generell verboten werden sollen. Er stellte fest: „Ich bin gegen jede Art von Genitalverstümmelung“ und qualifizierte damit die Beschneidung generell als Akt der Verstümmelung. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) sieht die Beschneidung als „Eingriff in die körperliche Integrität von Kindern“ selbst „sehr kritisch“, sprach sich aber gegen ein Verbot aus – mit der Begründung, das Verbot würde dazu führen, dass das Ritual unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen durchgeführt werde. Die Religionsgemeinschaften in Österreich reagierten alarmiert auf die Debatte. Ariel Muzicant, Ehrenpräsident der Israelischen Kultusgemeinde (IKG), hatte in der „Kleinen Zeitung“ Graz sogar festgestellt, ein Beschneidungsverbot „wäre dem Versuch einer neuerlichen Schoah, einer Vernichtung des jüdischen Volkes, gleichzusetzen – nur diesmal mit geistigen Mitteln“. Am Freitag, 27. Juli 2012 fand in den Räumen der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien eine Pressekonferenz zum Thema „Die Antibeschneidungskampagne – eine Bedrohung der Religionsfreiheit“ statt. Bei dieser PK wurde von Spitzenrepräsentanten der monotheistischen Religionsgemeinschaften – dem Präsidenten der IKG  Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) Fuat Sanac, dem Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche, Michael Bünker und dem Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, gefordert, dass die Regierung die rechtliche Zulässigkeit der männlichen Beschneidung aus religiösen Gründen weiterhin sicherstelle und somit „ein klares Bekenntnis zur Religionsfreiheit“ abgebe. „Das ist keine Bitte, sondern eine Forderung an die Regierung“ – so die neu gegründete Plattform der monotheistischen Religionsgemeinschaften. Weiterlesen

Immer wieder versucht die Europäische Kommission den Wasser- und Abwassermarkt zu liberalisieren. Was es heißt, wenn der berühmte „freie Markt“ den Zugang zu Wasser bestimmt, kann man schon in vielen Ländern beobachten.  Große Konzerne wie Nestle kaufen riesige wasserreiche Gründe und privatisieren damit den Zugang zu Wasser. In Ländern wie Brasilien oder Indien haben sehr viele Menschen nur mehr die Möglichkeit sich sauberes Wasser von Konzernen zu kaufen. Das trifft natürlich dort nur die Ärmsten.

In dem berühmten Dokumentarfilm „We feed the world“ bringt der Nestle-Verwaltungsratpräsident Peter Brabeck die Haltung des Konzerns zum Ausdruck: „Also Wasser ist natürlich das wichtigste Rohmaterial, das wir heute noch auf der Welt haben. Es geht darum, ob wir die normale Wasserversorgung der Bevölkerung privatisieren oder nicht. Und da gibt es zwei verschiedene Anschauungen. Die eine Anschauung – extrem, würde ich sagen – wird von einigen, von den NGOs vertreten, die darauf pochen, dass Wasser zu einem öffentlichen Recht erklärt wird. Das heißt, als Mensch sollen Sie einfach das Recht haben, Wasser zu haben. Das ist die eine Extremlösung. Und die andere, die sagt, Wasser ist ein Lebensmittel; so wie jedes andere Lebensmittel sollte das einen Marktwert haben. Ich persönlich glaube es ist besser, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, so dass wir alle bewusst sind, dass das etwas kostet.“

Also Konzerne wollen ja gar nicht verdienen am Wasserkauf, nein sie wollen nur das Bewusstsein dafür schaffen, dass alle Menschen nachhaltig mit dem Wasser umgehen. Als nächstes denkt man wahrscheinlich schon daran, den Zugang zu Luft zu privatisieren, ist sie doch auch ein Mittel zum Leben.

Ich persönlich bevorzuge die „Extremlösung“ und denke, dass Wasser ein Menschenrecht ist. Im April 2012 haben unter anderem die Gewerkschaften eine europäische Bürgerinitiative gestartet, um in der Europäischen Union zu verhindern, dass Wasser eine normale Handelsware wird. Noch bis April 2013 gibt es die Möglichkeit diese Initiative zu unterstützen. Das sollte eigentlich unsere „Menschenpflicht“ sein.

Hier habe ich meine Unterstützungserklärung abgegeben:

http://www.right2water.eu/de/node/45/#kann

 

 

 

Ein Beitrag unseres Gastautors Wolfgang K.Heindl

 

Jährlich vor dem Sommer präsentieren u.a. eine Investmentgesellschaft aus Liechtenstein (Valluga AG) und insbesondere die Boston Consulting Unternehmensberatungs-Gruppe Reichtumsstudien („Global Wealth Report“). Resümee aus 2011 und 2012: Die Millionärsdichte in Österreich ist spitze.

Weltweit zählen die Millionäre nur 0,9% der Haushalte besitzen aber über 39% des Vermögens. In Relation zur jeweiligen Bevölkerung gesetzt, kommen in Österreich 8 Superreiche auf 100.000 Einwohner/innen. Damit reihte sich Österreich im 2011er Wealth-Report nach Saudi Arabien, der Schweiz, Hongkong und Kuwait auf Platz 5 ein und ist zugleich Nr. 1 in der EU. Im 2012er Bericht belegt Österreich in diesem Ranking der Superreichen nach der Schweiz (11 Superreich pro 100.000 Einwohner/innen) und Singapur (10 Superreiche pro 100.000 Einwohner/innen) sogar Platz drei.

Neben diesen Studien gibt es jedoch wenig wissenschaftliche Erkenntnis über die Vermögensverteilung in Österreich. Und wie seriös diese Studien tatsächlich sind, bezweifeln naturgemäß allen voran die österreichischen Privatstiftungen. Die Österreichische Nationalbank möchte dem mit einer aller Voraussicht nach noch im Herbst 2012 erscheinenden Veröffentlichung abhelfen: Expert/innen gehen bereits jetzt davon aus, dass diese Veröffentlichung zu einem Aufschrei führen wird. Ein erster Vorgeschmack: Die reichsten 10% der Haushalte in Österreich verfügen über 54% des Geldvermögens (€ 238 Mrd.). Die reichsten 5% besitzen 40% (rund 176 Mrd. €) und die oberste Promille der Haushalte (3.500 Haushalte) hält etwa gleich viel Vermögen wie die untere Hälfte aller Haushalte (das sind 1,75 Mil.). Mehr als 2/3 aller österreichischen Haushalte besitzen überhaupt kein nennenswertes Geldvermögen. Nur 2% der Sparbücher weisen mehr als 50.000 Euro auf, doch auf ihnen liegt fast 1/3 des Gesamtwerts aller Sparbücher.

Ähnlich hoch ist die Konzentration im Immobilienbereich: Das oberste Fünftel der Haushalte hält ¾ des gesamten Immobilienvermögens: Die reichsten 10% halten 61%.

Interessant ist auch ein Blick auf die Unternehmensbeteiligungen: Nur 100.000 Menschen besitzen in Österreich Unternehmensbeteiligungen (mit einem Gesamtwert von 18,6 Mrd. €).40 Prozent davon halten Beteiligungen die weniger als 10.000 Euro wert sind, während das oberste Zehntausendstel (10 Personen) über Beteiligungen in der Höhe von 5 Mrd. Euro verfügt. 

Man kennt es aus dem Fernsehen und der Zeitung, Menschen die gekauft und verkauft werden. Menschen, die für geringen Lohn Arbeit tun müssen und sich nicht frei bewegen können. Diese Menschen sind mitten unter uns. So entdeckten Behörden im Juli in Wien Arbeiter, die für einen Stundenlohn von 1,86 Euro schufteten. Dass hier andere den großen Reibach auf Kosten von Menschen machen steht wohl außer Zweifel. Es gibt Frauen, die als Haushaltskräfte arbeiten, zu Bedingungen, die an die Zeiten der Monarchie erinnern. Wie „fleißige“ Dienstmädchen, die für ein reibungsloses Alltagsleben sorgen, manchmal 7 Tage die Woche, 10 Stunden am Tag. Damit es auch in der Rotlicht-Szene nicht „langweilig“ wird, dafür sorgen Mädchen und Frauen, die oftmals nicht freiwillig arbeiten.

 Diese Menschen werden in ihren Rechten verletzt, kennen ihre Ansprüche nicht und können nur in den seltensten Fällen Schadenersatzansprüche durchsetzen. Besonders betroffen von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung sind Migrantinnen und Migranten, insbesondere wenn sie einen irregulären Aufenthaltsstatus haben. Österreich hat sich auf nationaler und internationaler Ebene in verschiedenen Dokumenten verpflichtet gegen diese Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Was noch fehlt ist das öffentliche Bewusstsein um das Thema Menschenhandel und Arbeitsausbeutung. Meist ist es nicht mehr als eine Randnotiz in den Medien, wenn es um Opfer von Menschenhandel geht.

Es braucht auch einen breiten gesellschaftspolitischen Diskurs, damit rückt auch das Thema in den öffentlichen Fokus. Beispielgebend ist die Zusammenarbeit zwischen NGOs und den Behörden in Bayern. Eine Vereinbarung, verlautbart vom Bayrischen Innenministerium, institutionalisiert die Zusammenarbeit von Polizei, Ausländer-, Sozialbehörden und NGOs. Bei einer Fortbildungsveranstaltung in München war es beeindruckend zu erfahren mit welchem Engagement alle das gleiche Ziel verfolgen: Die Bekämpfung von Menschenhandel und Ausbeutung. Eine solche Kooperation wäre auch für Salzburg absolut wünschenswert. Die Plattform für Menschenrechte versucht mit ihren Mitteln und durch die ARGE Zwangsarbeit zu erreichen, im Sinne der ausgebeuteten Menschen dem Thema mehr Gewicht zu verleihen. War im ersten Jahr „Prostitution“ auf der Agenda, so wird die ARGE im nächsten Jahr ihr Augenmerk auf die „Arbeitsausbeutung“ richten. Und frei nach Robert Lembke: „Man muss die Dinge sehen, wie sie sind, aber man muss sie doch nicht so lassen.“

 

http://www.menschenrechte-salzburg.at/nc/home.html

 

 

Was in den Vereinigten Staaten und Kanada schon lange normal ist, ist in Deutschland in der Testphase. Bei uns in Österreich wird gerade darüber diskutiert. Ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren  hat durchaus einige Vorteile. Gerade in der ersten Phase einer Bewerbung findet Diskriminierung besonders häufig statt, wie die Deutsche Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) feststellt. Besonders betroffen sind Frauen mit Kindern, ältere ArbeitnehmerInnen und MigrantInnen. Sie werden nachweislich weniger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.

Im ersten Schritt bei einem anonymisierten Bewerbungsverfahren lässt man das Foto, Name, Geburtsdatum, Familienstand und das Herkunftsland weg. Bei Ausbildungs- und Berufserfahrungen stehen keine Jahreszahlen. Die Personalverantwortlichen treffen nur aufgrund dieser Daten eine Auswahl. Nachdem  sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen haben, erhalten sie die vollständigen Unterlagen, um sich auf das Gespräch vorzubereiten. Die Vorteile liegen auf der Hand. Diskriminierung ist in der ersten Bewerbungsphase so gut wie ausgeschlossen. Die Bestqualifizierten kommen zum Vorstellungsgespräch und neue Bewerbergruppen werden angesprochen.

Nun gibt es natürlich auch Einwände. Einige Personalverantwortliche meinen, auch Sympathie, Vertrauenswürdigkeit und Individualität sind ausschlaggebend. Dem steht entgegen, dass ja spätestens beim Vorstellungsgespräch die Anonymität vorbei ist und es keinen Schutz vor Diskriminierung gibt. Aber vielleicht erlebt so manche/r Verantwortliche, dass ein Kevin, eine Tülin, eine Mutter mit 3 Kindern oder ein 50jähriger doch zum Unternehmen passen. Ohne anonymisiertes Bewerbungsverfahren wäre es nicht zu so einer positiven Überraschung gekommen.

Darum bin ich schon gespannt auf das Pilotprojekt, das Ministerin Heinisch-Hosek präsentieren wird. Und ich hoffe, dass es viele NachahmerInnen gibt!

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120814_OTS0177/oesterreich-heinisch-hosek-plant-pilotprojekt-fuer-anonyme-bewerbungen

http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Leitfaden-anonymisierte-bewerbungsverfahren.html?nn=1735114

Spanien braucht Milliarden Euros, Griechenland hat schon ein paar hundert bekommen, Italien weiß ich grad nicht und Portugal und Irland und und und… Ich gebe zu, ich verstehe es nicht mehr. Und ich bin überzeugt, dass ich damit nicht alleine bin. Meine große Befürchtung ist allerdings, dass es auch vielen Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft ähnlich geht. Indes werden sie es kaum zugeben. Das spüren wir aber alle, darum trauen wir den ganzen Rettungsschirmen und- paketen nicht mehr. Viele von uns haben sich schon geistig von den vielen ESM – Diskussionen und Stabilitätspakten verabschiedet.

Aber das ist der falsche Weg. Da die meisten von uns keine FinanzexpertInnen sind, glauben wir nichts zu einer Lösung beitragen zu können. Vielleicht braucht es doch mehr als das Finanzexpertentum, um das Ruder herum zu reißen. Wo sind die PhilosophInnen, die SoziologInnen, die GeisteswissenschafterInnen, die eine Grundsatzdiskussion über unser Finanzsystem und unsere Gesellschaft  führen. Nicht die Definition des Geldes muss im Mittelpunkt stehen, sondern jene Werte, die eine Gesellschaft zukunftsfähig machen. Dazu gehören Gerechtigkeit, Solidarität, Mitmenschlichkeit und Demokratie.

Derzeit sind wir scheint’s jenen Mächten ausgeliefert, deren Denken und Handeln nur um den schnöden Mammom kreisen. Aber jeder einzelne von uns soll darüber nachdenken, was wir außer Geld noch vom Zusammenleben erwarten. Wollen wir weiter wie das Kaninchen vor der Finanzmarktschlange erstarren? Oder wollen wir jene Menschen im Großen und im Kleinen unterstützen, die über Alternativen nachdenken? So wie die Occupy-Bewegung, Attac oder die Engagierten in diversen alternativen Wirtschaftsforen. Ich denke, einen Versuch ist es wert!