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von Elisabeth Kaplan

Silvester – Der eine Tag im Jahr an dem Scharen von mehr oder weniger angeheiterten und schunkelnden Menschen das alte schottische Lied „Auld Lang Syne“ inbrünstig (wenn auch zumeist ganz und gar nicht textfirm) zum Besten geben. Aber was wissen wir eigentlich über dieses weltweit bekannte Lied?

Das Manuskript von Robert Burns

Das Manuskript von Robert Burns

Zuerst einmal steht der Text des Liedes im schottischen Dialekt Scots und der Titel bedeutet soviel wie „die vergangene Zeit“ oder „der guten alten Zeiten willen“. Als Urheber des Liedes wird meistens Robert Burns (1759-1796), der wohl berühmteste schottische Dichter, angegeben. Die Originalfassung des Textes hat er, als Sammler von schottischen Folksongs und Gedichten, allerdings bloß transkribiert, nachdem er das Lied von einem alten Schotten gesungen gehört hatte. Welche Änderungen und Ergänzungen Burns dann selbst vorgenommen hat ist nicht mehr nachvollziehbar. Ihm ist es aber auf jeden Fall zu verdanken, dass dieses Lied eine größere Öffentlichkeit erreichte.
Der Text, wie wir ihn heute kennen, wurde 1796 erstmals in einer Sammlung schottischer Lieder veröffentlicht, allerdings noch in Zusammenhang mit einer anderen Melodie.

Hört hier diese ältere Version, gesungen von Mairi Campbell [oder lest unten weiter]:

Da Burns seine Meinung geäußert hatte, dass diese Melodie „bloß mittelprächtig“ sei, wurde der Text in 1799 (nach seinem Tod) mit einer anderen Weise („O Can Ye Labor Lea, Young Man“) kombiniert und in der heute bekannten Version veröffentlicht.

Hier singt Dougie MacLean die Version, die um die Welt gegangen ist:

Obwohl die ältere Melodie etwas sehr Wehmütiges und Inniges hat, hat Burns offensichtlich mit der neuen Melodie die richtige Entscheidung getroffen, trug sie doch entscheidend zum Siegeszug des Liedes um die Welt bei: sie ist eingängiger, und eignet sich sowohl als melancholische Solo-Nummer als auch, im Kollektiv gesungen, als mächtige Hymne an das Erinnern an die guten Zeiten.

Manchmal gibt es Zufälle, die keine sein können. Es ist Abend auf Burgazada, nach einer Kartenrunde plaudern wir über unsere Urlaubslektüre, kommen über Umwege auf Elias Canetti zu sprechen. Auf seine Bücher, auf seine Herkunft und sein Leben. Canetti war sephardischer Jude. Seine Vorfahren waren Juden, die nach der Rückeroberung Spaniens im 15. Jahrhundert durch die Katholiken, gemeinsam mit den Muslimen flüchten mussten. Die tolerante Politik der Sultane ermöglichte vielen Juden die Ansiedelung im damaligen Osmanischen Reich, von Nordafrika bis auf den Balkan. Bewahrt haben sich die sephardischen Juden über die Jahrhunderte ihre jüdisch-spaniolische Sprache, auch Ladino genannt, die  Muttersprache Canettis. Im 20. und 21. Jahrhundert ging und geht diese Sprache aus dem Mittelalter verloren. Viele sephardische Juden wanderten aus dem ehemaligen Osmanischen Reich und der heutigen Türkei nach Israel und andere Länder aus. Nur mehr wenige Juden in Istanbul sprechen Ladino. Ihre Geschichte hat mich schon während meines Studiums stark beschäftigt und beeindruckt.FotoSartorius

Am nächsten Morgen schmökere ich in dem Buch „Die Prinzeninseln“ von Joachim Sartorius. Auf Seite 118 stoße ich auf eine Stelle, in der es heißt:“Hier (Büyük Ada) sitzen in der nächsten Nische nicht drei junge, sondern drei ältere Damen. Ich traue meinen Ohren nicht. Sie sprechen Ladino, die Sprache der Sephardim, die Ende des 15. Jahrhunderts hierhergekommen sind. … Jetzt im Jahre 2008, diesen alten Frauen zuzuhören, elektrisiert mich.“

Spannend, wir sprachen über Canetti, Ladino und jetzt die Stelle in Sartorius Buch. Beim Frühstück bilde ich mir dann ein, von der Straße spanische Wortfetzen zu hören, so nimmt mich das gefangen. Untertags am Strand dann Ablenkung mit einem guten Krimi von Joy Fielding. Die Sepharden sind wieder aus meinem Kopf verschwunden. Am Abend wollen wir es uns in einem Cafe am Hafen gemütlich machen und ein gutes Iskender Kebap genießen. Wir streifen herum und entdecken in einem Cafe einen Tisch direkt am Wasser. Wir nehmen Platz, scherzen mit dem Kellner und geben unsere Bestellung auf. Gegenüber sitzt eine amerikanische Familie, die eine Riesenportion Pommes Frites verdrückt. Daneben zwei ältere Damen, die sich auf Türkisch über das Geschehen am Hafen unterhalten. Auch wir genießen es, dem Treiben zuzusehen und es zu kommentieren. Plötzlich höre ich Spanisch vom Nebentisch. Ich blicke hinüber, höre konzentriert hin, nein die Damen sprechen Türkisch. Wir lachen über meine kleine aktuelle Besessenheit. Unsere Getränke kommen, eine Zigarette verkürzt das Warten auf das Essen. Schon wieder, ich höre schon wieder Spanisch. Auch auf die Gefahr hin mich bis auf die Knochen zu blamieren, ich muss die Damen ansprechen. Ich fasse mir ein Herz und packe mein höflichstes Türkisch aus und unterbreche das Gespräch der beiden. Auf meine Frage, ob es sein hätte können, dass sie zwischendurch eine andere Sprache als Türkisch sprächen, schenken sie mir ein warmes Lächeln und antworten mit „Ja! Wir sprechen Ladino, wir sind sephardische Jüdinnen.“ Damen

Fast hätte es mich aus dem Sessel gekippt, das Iskender Kebap  kommt. Wir sprechen weiter und sie erzählen ein wenig über sich und fragen auch mich aus. Ein Foto wird gemacht und sie verabschieden sich, um sich auf den Heimweg zu machen. Und ich bin glücklich, dass etwas, was mich immer schon interessiert hat, nicht nur Geschichte ist. Sondern etwas, das auch noch gegenwärtig ist nach über 500 Jahren- die Sepharden und der Ladino.

Seit Wochen Diskussionen über NSA, Prism, Snowden. Es ist eine Kultur des Misstrauens und der Angst, die sich in unsere Demokratie eingeschlichen hat. Nach außen zeigt sich unser westliches politisches System offen, transparent und tolerant. Aber das ist nicht die Wirklichkeit, so scheint es. Zu jeder Zeit und in jeder Staatsform gab es Spionage und Geheimdienste. Aber immer waren diese mit einem klaren Auftrag ausgestattet, nur bestimmte Personen und Gruppierungen zu überwachen. Die Regierenden wollten immer über innerstaatliche Gefahren und SpionGefährdungen von außen unterrichtet werden, um gegebenenfalls reagieren zu können. Das was jetzt seit Wochen die Diskussionen bestimmt, führt aber weit darüber hinaus. Was Edward Snowden öffentlich gemacht hat, betrifft uns alle. Zwar zeigen jetzt alle mit dem Finger auf die USA, aber ich bezweifle, dass europäische Staaten nicht auch von der modernen Technik Gebrauch machen und ihre BürgerInnen durchscannen nach Begriffen, Orten und Daten. Anti-Terrorpakete und Vorratsdatenspeicherung sind schon Alltag. Was bedenklich ist, ist die Umkehr der Überwachung in der Demokratie. Noch ist ein Transparenzgesetz in Österreich noch in der Diskussion, das würde uns BürgerInnen einem gläsernen Staat näher bringen. Derzeit läuft es eher umgekehrt, der Staat wünscht sich den gläsernen Menschen. Darum ist die Diskussion rund um Snowden so wichtig. Wir müssen uns alle darüber bewusst sein, dass auch die Privatsphäre Teil unserer Menschenrechte ist und somit unverletzlich. Allerdings gibt es in keiner mir bekannten Demokratie das Staatsrecht auf den gläsernen Menschen.

Grammatik gut und schön, aber Deutsch lernen heißt auch Wörter und Begriffe lernen, die einem immer begegnen, nur nicht im Deutschbuch. arbeitsblattHeute war es wieder mal so weit und wir haben uns mit Zwillingsformeln und Paarbegriffen beschäftigt. Das sind Begriffe wie „klipp und klar“, „in Saus und Braus“ oder „Fix und Foxi“. Und da gibt es dann auch Begriffspaare, die in der Reihenfolge das Wichtige vor das weniger Wichtige setzen. So wie „Herr und Frau“, „Oma und Opa“ oder „Braut und Bräutigam“. Und „mit Kind und Kegel“, was man aufs Erste nicht versteht. Was haben ein Kind und ein Kegel miteinander zu tun? Und dann kommt immer die Überraschung. Ein Kegel ist ein altes Wort für ein uneheliches Kind. Und schon ist man im Deutschkurs mitten in der Diskussion. Warum ist ein uneheliches Kind unwichtiger als ein eheliches? Wie ist das in Österreich und wie in den Herkunftsländern der Deutschschülerinnen? Ein interessanter Austausch über die gesellschaftlichen Normen folgt und ich bin dankbar. Dankbar, dass die Sprache etwas konserviert hat, was nicht mehr der Wirklichkeit in Österreich entspricht, aber nicht vergessen werden sollte. Ein eheliches Kind oder ein uneheliches Kind- schön, dass jetzt beide gleich wichtig sind!

Ich bin schockiert über die Nachrichten und Bilder aus Istanbul und anderen türkischen Städten. Was als Demonstration für das letzte Stückchen Grün in Taksim begonnen hat, wächst zu einer großen gegen die Regierung an. Ich habe schon einige Demos in Istanbul erlebt. 1996 und 1997 sind mir die Mütter in Erinnerung, die jeden Samstag vor dem Galatasaray Gymnasium saßen und die Bilder ihrer in Ostanatolien vermissten Kinder hochhielten. Ein stiller aber hartnäckiger Protest, immer flankiert von schwer bewaffneten Polizisten. Anfang der 2000er Jahre erlebte ich wütende Proteste streng Gläubiger als es um die Verlängerung der Schulpflicht ging. Das Beste war immer in einer Seitenstraße zu verschwinden, denn man wusste nie, ob es eskaliert. demo in wien

Jetzt ist es eskaliert. Viele junge Menschen, auch Bekannte von mir sind darunter und Menschen, die eigentlich viel zu verlieren haben, etwa Lehrer und Anwältinnen. Es ist der Protest gegen eine demokratisch gewählte Regierung, die in den letzten Jahren trotz Reformen doch immer mehr versucht die Freiheit des Einzelnen zu beschränken. Und die Reaktion der Regierung ist nicht angemessen, trängengasgeschwängerte Luft, Knüppel auf Menschen, Wasserwerfer, zensierte Medien. Demokratie lebt auch und besonders von der freien Meinungsäußerung. Demokratie lebt davon, dass alle Menschen ihr Leben nach ihrem Willen leben können. Demokratie lebt davon, dass gewählte Regierungen auch innehalten, nachdenken und Proteste ernstnehmen. Das passiert in der Türkei gerade nicht. Weltweit haben sich Menschen spontan zu Solidaritätskundgebungen zusammengefunden. Auch in Wien sind an die 2000 Menschen auf der Straße.

Möge die blutige Auseinandersetzung bald einem vernünftigen Miteinander weichen und die Demokratie gestärkt daraus hervorgehen.

http://occupygezipics.tumblr.com/

Dividieren in Thailand,Vietnam, Indien, der Mongolei, der Türkei und Österreich

Dividieren in Thailand, Vietnam, Indien, der Mongolei, der Türkei und Österreich

Immer nur deutsche Verben konjugieren, die richtigen Präpositionen finden oder Hörbeispiele durchnehmen ist langweilig im Deutschkurs. Manchmal singen wir Schlager wie „Das bisschen Haushalt“ oder wir beschäftigen uns mit Geschichte. Aber noch nie habe ich mit den Schülerinnen gerechnet. Und dabei hat es ein paar Überraschungen gegeben, für mich!

Mathematik ist nicht meine Stärke, aber Textaufgaben aus der 4. Klasse Volksschule sind für den Deutschkurs und für mich geeignet. Das Verblüffende war dann, wie die Frauen gerechnet haben. Etwa beim Dividieren. Da gibt es wirklich kulturspezifische Unterschiede, wie man rechnet und wie man es schreibt. Der Denk- und somit der Rechenvorgang ist etwa in der Türkei, in der Mongolei, in Thailand, Vietnam und Indien anders.

links bis drei zählen auf mongolisch und rechts bis sieben in Indien

links bis drei zählen auf mongolisch und rechts bis sieben in Indien

Spannend war auch das Zählen mit den Fingern. Wir strecken aus der Faust nacheinander vom Daumen beginnend die Finger hoch und landen bei einer Hand bei fünf. In der Türkei und in der Mongolei beginnt man mit den gestreckten Fingern und legt sie dann nacheinander in die Hand. In Indien schafft man es mit einer Hand bis 16 zu zählen. Dazu nimmt man den Daumen und legt ihn unter das erste Glied des kleinen Fingers und arbeitet sich so bis zum obersten Glied des Zeigefingers vor und schwupps ist man bei 16.

So hat auch mir Mathematik mal Spaß gemacht.