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Was wünscht sich mein Kind zum ersten Schultag — eine Sachertorte mit einem Haufen Schlagobers dazu. Im Cafe Wernbacher in Salzburg. Gut, das machen wir, ist ja auch ganz nach dem Geschmack der lieben Mutter. So haben wir es vereinbart – im August, unter einem Baum liegend mit Blick auf den Wallersee.

IMG_0588[1]Am 14. September sieht es anders aus. „Ihr werdet doch wohl nicht mit dem Zug nach Salzburg fahren?“, meint ein Freund angesichts der vielen Flüchtlinge am Bahnhof. Sollen wir? Sollen wir nicht? Mama, was ist ein Flüchtling? – darüber haben wir schon öfter geredet, gespendet haben wir auch schon, aber die Kinder so richtig damit konfrontieren? Sie nehmen ohnehin mehr auf, als mir manchmal lieb ist. Meine Dreijährige spielt mit den Filly-Ponys, sagt ein Pony zum anderen „Komm, wir müssen in ein anderes Land. Wohin gehen wir? Nach Deutschland“. Wie viel Wirklichkeit verträgt man mit drei und sechs Jahren?

Wir sind schließlich mit dem Auto gefahren und hatten es ruhig in unserem Idyll, nach einem aufregenden Vormittag in der Schule. Zwei Tage später mein erster Arbeitstag, Konfrontation mit der Realität am Bahnhof nach fast zwei Wochen Urlaub. Eine stillende Mutter am Boden gekauert, ein Mann weint still in einer Ecke, Kinder spielen, andere schlafen, zwischen PolizistInnen und HelferInnen. Die Menschen sind versorgt fürs Erste und doch macht es so unendlich traurig, wenn die Realität und die Idylle zusammenprallen.

Hunderte Menschen zwischen Wien, Salzburg und München haben in den vergangen Tagen Solidarität bewiesen. Sie haben einfach und unbürokratisch geholfen. Der Flüchtlingsstrom nach Europa wird aber auch in den kommenden Monaten nicht abreißen. Menschen auf überfüllten Schlauchbooten werden weiterhin versuchen die griechische Küste anzusteuern, ob auf Lesbos oder Kos. Sie werden trotz Stacheldraht ungarischen Boden betreten und in Kühltransportern ihr Leben riskieren. In Syrien herrscht Bürgerkrieg, der Islamische Staat ist auf dem Vormarsch. Im Sudan tobt ein ethnischer Konflikt. Das an Bodenschätzen reiche Land ist gleichzeitig das weltweit am höchsten verschuldete. Die Nachbarländer dieser Staaten sind überfordert. Allein zwei Millionen Flüchtlinge hat die Türkei aufgenommen. Das Limit ist überschritten. 30.000 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln stellen die dortigen Behörden täglich vor Herausforderungen, die mitunter in Ausschreitungen münden. Während ein Teil Europas diese Menschen versorgt und aufnimmt, verschließt sich der andere Teil vor der Realität, will nicht damit konfrontiert werden und zieht Zäune hoch. Laut dem Bericht eines Rechercheteams hat Europa seit dem Jahr 2000 knapp 13 Milliarden Euro ausgegeben, um Menschen davon abzuhalten den Kontinent zu betreten. Schlepper sollen dafür 15 Milliarden von Flüchtlingen eingenommen haben, um diese auf illegale Weise über die Grenze zu bringen.

Dennoch ist das humanitäre Gesicht Europas verglichen zu den klassischen Einwanderungsländern wie den USA, Kanada, Australien oder gar Neuseeland vorbildhaft. In dem Inselstaat kommen auf tausend Einwohner 0,3 Flüchtlinge und auch die USA setzen mit wirtschaftlich gesteuerten Migrationsprogrammen auf eine rigide Einwanderungspolitik, während ein 1125 Kilometer langer, mit Drohnen überwachter Grenzzaun zu Mexiko vergeblich versucht die jährlich 350.000 Einwanderer aus Lateinamerika abzuhalten. Im Vergleich zu manch asiatischen Ländern, deren Volkswirtschaften in den vergangenen Jahrzehnten rapide Zuwächse verzeichnen konnten, sind diese Abschreckungsmaßnahmen aber noch harmlos. So wies das wirtschaftlich starke und an Rohstoffen reiche Malaysia zuletzt Hunderte Bootsflüchtlinge aus Myanmar zurück und schickte diese aufs offene Meer hinaus.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker präsentierte indes am Mittwoch seinen Plan für die Verteilung von 160.000 Schutzsuchenden auf alle EU-Staaten. Ein engagiertes Vorhaben, allerdings nur ein kleiner Mosaikstein in der Frage, wie Europa und vor allem die gesamte westliche Welt künftig mit Menschen auf der Flucht umgehen wird? Die Schaffung legaler Fluchtwege ist eine mögliche Strategie, doch sollten diese nicht an der französischen Atlantikküste enden. Mit einer Einwanderungspolitik wie in Neuseeland, die Massen-Ankünfte, so genannte „mass arrivals“, bereits ab 30 Asylwerber gesetzlich auf die Weise regelt, dass die Menschen für bis zu ein halbes Jahr weggesperrt werden können, wird die Welt nicht voran kommen – weder politisch noch moralisch. Die Europäische Staatengemeinschaft muss in der Flüchtlingsfrage zusammenrücken. Nur so können grenzüberschreitende Lösungen gefunden werden, die rechtspopulistischen Parteien die Argumentationsgrundlage nehmen und der restlichen Staatenwelt als Vorbild dienen können.

Georg, Maria, Rupert, Agathe, Maria Franziska, Werner, Hedwig, Johanna, Martina, Rosemarie, Eleonore und Johannes. Ihretwegen kommen jährlich mindestens 300.000 Menschen aus aller Welt nach Salzburg. Wegen Flüchtlingen, die vor 77 Jahren Österreich in Richtung Amerika verließen. Der Musical Film „The Sound of Music“, der heuer das 50 Jahre Jubiläum feiert, erzählt ihre Geschichte. Von Australien über China bis in die USA kennt jedes Kind diesen Film.

Die Geschichte einer singenden Familie, die nach ihrer Flucht in die USA weltberühmt wurde. Flüchtlinge, die sich den Nazis nicht beugen wollten. Was auch heute manchen unverständlich ist. Sie waren ja keine Juden und hätten nichts zu befürchten gehabt und nur weil Krieg war laufen die weg, die meisten anderen Nichtjuden sind geblieben. Aber sie waren klassische politische Flüchtlinge, sie konnten den Nationalsozialismus nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, ein mit der Mehrheit mitlaufen, kam für den Baron von Trapp nicht in Frage. Die Trapp-Familie nutzte eine Konzertreise in Italien, um in die USA zu flüchten.

In ihrer neuen Heimat mussten sie bei Null anfangen. Vater, Mutter, 10 Kinder und ein Freund. Und heute? Fliehen Menschen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien. Mit der Hoffnung im Gepäck hier in Europa, in Österreich, in Salzburg Schutz zu finden und ein neues Leben aufbauen zu können. Wir verdanken einer Flüchtlingsfamilie einen Teil unseres touristischen Erfolgs. Millionen Euro fließen dadurch jährlich in unsere Kassen. Vergessen wir das nicht, wenn heute Menschen an unsere Tür klopfen, die Hilfe suchen!

von Ayad Salim

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Warum Österreich? Diese Frage interessiert wahrscheinlich viele Leute in diesem schönen Land. Ich möchte meine Geschichte erzählen, um diese Frage beantworten.
Ich bin Journalist (Fernsehreporter), Übersetzer, Englisch-Lehrer und Musiker. Aber vor allem bin ich ein Mensch. In meinem Heimatland, Irak, lebte ich gut – finanziell wie gesellschaftlich. Trotz der Gefahren und Ereignisse im Irak im Allgemeinen und Bagdad im Besonderen. Ich war vielen Gefahren ausgesetzt: Weil die diversen Schiiten-Parteien und ihre Milizen beim Aufteilen des Kuchens, denn der Irak besitzt viele Reichtümer, immer mehr Kontrolle erhalten haben. Und weil ich Sunnit bin – und Journalist. Als solcher muss ich den Menschen die Wahrheit berichten.

Ich wollte nur ein würdiges Leben in Sicherheit All I wanted was a safe and dignified life

Ein würdiges Leben in Sicherheit
A safe and dignified life

Seit 2003 – bis zu meiner Abreise aus dem Irak – war ich wegen meiner Glaubenszugehörigkeit und meines Berufs vielem ausgesetzt. Vielen Gefahren. Ich habe mit allen Mitteln versucht, mein Leben zu leben und weiterzumachen, um meine Aufgabe voll zu erfüllen. Das ist meine Pflicht meinem Heimatland gegenüber.
Meine Eltern leben in Ninive. Doch seit der Besetzung der Stadt durch den Islamischen Staat 2014 kann ich nicht mehr dorthin reisen, weil der IS Journalisten umbringt, wie Sie wahrscheinlich schon gehört haben. Durch meinen Beruf musste ich die Wahrheit über die Kämpfe in Anbar im Westen Iraks und in Tikrit im Norden Iraks berichten. Die Regierung kam dabei nicht gut weg. Man versuchte deswegen, mich zu verhaften, und letztlich gab es einen Mordanschlag auf mich in Baghdad, wo ich arbeitete und lebte. Ich konnte nicht mehr länger im Irak bleiben, denn ein Leben in Sicherheit war nicht mehr möglich.
Ich bin jetzt 44 Jahre alt und die Entscheidung, mein Land zu verlassen, alles hinter mir zu lassen – die Gegenwart und die Zukunft – war alles andere als leicht. Man ist wie innerlich abgestorben.
Ich floh zuerst in die Türkei. Ich wurde dorthin geschmuggelt, denn offiziell konnte ich nicht reisen – aus Angst vor den mächtigen Milizen der Regierung und des staatlichen Sicherheits- und Militärapparats. Ich floh mit dem, was ich tragen konnte sowie mit einer Menge an Kindheitserinnerungen an mein Heimatland Irak und der Hoffnung auf ein sicheres und würdiges Leben in einem europäischen Land. Ich wusste nur noch nicht, welches.
Fortsetzung folgt …

 

Why Austria? – Part 1

Why Austria? A question that’s probably on many people’s minds in this noble country. But for me, telling my story answers this question.
I am a journalist (TV reporter), translator, English language teacher and musician. But foremost a human being. In my country, Iraq, I was living very well, financially and socially, despite the risks and events that surrounded Iraq in general and Baghdad in particular because of the growing control of the many and various Shiite parties and the militias involved in the sharing of the nation cake owing to Iraq’s countless fortunes. I faced great risks because I am a Sunni and a journalist who must tell people the truth.
From 2003 until my departure from Iraq, I was exposed to a lot of dangers because of my sectarian affiliation and because of my work. I tried by all means to live and to continue my work in order to fulfil my duty towards my homeland.
Since the 2014 occupation by the Islamic State of Nineveh, where my parents live, I can no longer go to this province, because the Islamic State kills journalists, as you may know. And because of my job of telling the truth about the fighting in Anbar in the west of Iraq and Tikrit in the north, which were not in favour of the government, I was constantly in danger of being arrested, and finally, there was an attempt on my life in Baghdad, where I work and live. It therefore became impossible for me to stay in Iraq, because it was no longer safe there.
As I am now 44 years old, the decision to leave my country, to cut all ties and break away from the present and the future is not easy at all. It like being dead inside.
In the first phase of my escape I was smuggled to Turkey, because I could not officially leave, owing to the powerful militias in the government and the security and military apparatus. I fled carrying suffering and a package of childhood memories of my home country, and with some hope of a safe and dignified life in a European country not yet been determined.
To be continued …

لماذا النمسا .. الحلقة الاولى
سؤال ربما يراود الكثيرين من سكان هذا البلد الكريم لكنه بالنسبة لي يحكي قصتي التي تجيب على هذا السؤال.
انا صحفي (مراسل تلفزيوني) ومترجم ومدرس لغة انكليزية وموسيقي ايضا لكن انسان قبل كل شيء. كنت في بلدي العراق بوضع جيد جدا ماليا واجتماعيا رغم الاحداث والمخاطر التي كانت تحيط بالعراق عموما وبغداد خصوصا. تعاظم سيطرة المليشيات الشيعية التابعة للاحزاب المختلفة والكثيرة التي تشارك في اقتسام كعكة الوطن لما به من خيرات لاتعد ولاتحصى. وبسبب كوني سني وعملي كصحفي ورسالة الصحافة بان ننقل الحقيقة للناس واجهت مخاطر كبيرة.
منذ 2003 وحتى خروجي من العراق تعرضت للكثير الكثير من الاخطار بسب انتمائي المذهبي وبسبب عملي. حاولت بشتى الوسائل العيش والاستمرار في بلدي لنقل رسالة الصحافة التي لابد من تتم على الوجه الكامل. انه واجبي تجاه وطني.
ومع احتلال الدولة الاسلامية للموصل عام 2014 حيث يسكن اهلي, لم يعد يمكنني الذهاب الى هذه المحافظة لان الدولة الاسلامية تقتل الصحفيين كما تعرفون. وبسبب نقلي الحقيقة لاخبار المعارك في الانبار غربا وتكريت شمالا والتي لم تكن في صالح الحكومة تعرضت لمحاولات للاعتقال واخيرا الاغتيال في بغداد مكان عملي وسكني. فاصبح بذلك من المستحيل البقاء في العراق بعد ان اصبحت الحياة الآمنة فيه مستحيلة.
بعد ان اصبحت بعمر 44, فان قرار الخروج مرغما من بلدي وقطع كل الجذور فيه والانفصال عن الحاضر والمستقبل قرار ليس بالسهل اطلاقا بل اشبه بالموت حيا.
خرجت في اول خطوة الى تركيا عن طريق متعهد باخراج الناس عن طريق التهريب لاني لم اكن استطيع الخروج بشكل رسمي خوفا من المليشيات المتنفذة في الحكومة وكل الاجهزة الامنية والعسكرية. خرجت لا احمل سوى معاناة وحزمة من ذكريات الطفولة والعيش في بلدي العراق وبعض الامل في حياة امنة وكريمة في بلد اوربي لم يحدد بعد.
الى اللقاء ..في الحلقات القادمة لتكملة القصة

Kürzlich fiel mir das Buch „Fremde Heimat“ in die Hände, es erzählt vom Schicksal der Vertriebenen nach 1945. Flucht und Vertreibung beschäftigen mich schon lange, allerdings steht die Gegenwart im Vordergrund. Die Kriegsschauplätze unserer Tage vertreiben wie in fremde heimatvergangenen Zeiten Menschen aus ihrer Heimat. Ob aus Bosnien, dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Somalia oder Syrien. Viele Menschen aus diesen Ländern leben unter uns. Ich kenne viele berührende Geschichten. Ich sehe wie groß die Herausforderungen sind, in der neuen Heimat Fuß zu fassen. Was für die Gegenwart gilt, war auch vor fast 70 Jahren das Schicksal von Millionen. Es stellten und stellen sich viele Fragen:

Wie erträgt man es, wenn einem jede Sicherheit genommen wird? Was geht in einem vor, wenn man jeden Besitz und die festen Bindungen zu Familie und Freunden verliert? Vermisst man die vertraute Landschaft mit ihrem besonderen Licht und ihren Gerüchen? Und was passiert mit einem, wenn man in der Fremde völlig neu anfangen muss? Neue Sprache, neue Kultur. Wie haben die Menschen auf die Flüchtlinge reagiert, damals als es bei uns das Wirtschaftswunder noch nicht gab? Wie schwierig das Ankommen und Bleiben ist, erzählen die Menschen in „Fremde Heimat“. Als Erinnerung sollen nicht nur Straßennamen bleiben, wie zum Beispiel in Salzburg: Bessarbabierstraße, Banater- und Siebenbürgerstraße.

Wer sich für das Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen interessiert, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Der Umweg über die Vergangenheit macht manchmal den Blick klarer auf die Gegenwart.

http://www.rowohlt.de/buch/2923322