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Die Zeiten sind vorbei, als Second Hand Läden ein bisschen ein Schmuddel- Image hatten. Heutzutage ist es schick sich auch mal dort zum Shoppen umzusehen. Und nachhaltig ist es obendrein.

Ein Second-Hand Laden der besonderen Art ist Carla, Geschäfte der Caritas in Lehen, Aigen und Maxglan. Aber was ist jetzt das Besondere. Einmal sind es die Angestellten, alles Menschen über 50 Jahre, die bei Carla die Chance haben, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Der Laden schaut nicht aus wie ein Second Hand sondern modern und offen. Keine Atmosphäre wie am Flohmarkt, sondern eher wie in einer Boutique.


Und dann natürlich die Ware. Klarerweise Kleidung, ob für Frauen, Männer oder Kinder, Winter oder Sommer, modern oder altmodisch. Oder soll ich besser Vintage sagen ;)

Und dann gibt es Küchenutensilien, Spielzeug, Bücher oder auch Sportartikel. Auf Nachfrage verrät mir die Verkäuferin, dass auch die Kundschaft ganz bunt ist. Jung und Alt, Arm und Reich, Einheimische und Auswärtige. Und im Carla geht es auch um Kontakte. Es gibt Menschen, die kommen mehrmals pro Woche zum Stöbern und zum Tratschen.

Am 5. Dezember ist von 8 bis 16 Uhr Christkindlmarkt mit vielen Schnäppchen, Punsch und Brötchen und vielleicht kommt auch der Nikolaus?

Einkaufswägen

Die gefüllten Einkaufswägen stehen für die Flüchtlinge bereit.

Salzburg Hauptbahnhof: Zwei leere Semmeln, eine Packung Butterkekse, ein Apfel und eine Tafel Schokolade. Fertig geschnürt wandert ein Jausensackerl nach dem anderen in den Einkaufswagen. Daneben steht bereits einer mit Mineralwasser und zwei weiter einer mit Hygiene-Artikel. „Wie kann ich mich nützlich machen?“, fragt eine Frau mittleren Alters. Keine Minute später hat die freiwillige Helferin das erste Sackerl gefüllt, abgepackt und mit einem Mascherl versehen.

„Ein Einkaufswagen mit Lebensmittel, einer mit Getränken. Nicht mehr als drei Personen pro Wagen“. Caritas-Direktor Johannes Dines gibt die letzten Anweisungen an die Freiwilligen. Dann setzt sich die Kolonne in Bewegung. Im Zick-Zack-Kurs bahnt sich der Hilfskonvoi seinen Weg zwischen Geschäftsreisenden, Touristen, Urlaubern, Schülern und Studenten hindurch. Je ein Caritas-Mitarbeiter begleitet die Helfer Richtung Bahnsteig. Mit dem Aufzug geht es nach oben zu den Gleisen des Salzburger Hauptbahnhofs. Eine ältere Dame mit Koffer nähert sich den Helfern. Ihr Dank kommt spontan und von Herzen: „Thank you for helping people. Great work!“

„Thank you for helping people. Great work!“

Wie viele Flüchtlinge in dem ÖBB-Railjet aus Wien sein werden, weiß keiner genau. Gestern Abend waren es bis zu Tausend pro Zug. „Die Ungarn haben die Grenze zu Österreich schon wieder dicht gemacht“, macht eine Nachricht schnell die Runde. Das Rote Kreuz steht mit Sanitätern bereit, die Polizei hat Beamte abkommandiert. Alles wartet auf die Ankunft des Zwölf-Uhr-Zugs aus östlicher Richtung. Für eine Gruppe junger Männer geht es nach einem Wochenend-Trip zurück in ihre Heimat nach Vorarlberg. Für die ankommenden Flüchtlinge heißt es in Salzburg umsteigen in den Anschlusszug nach München. Die Destination ist unbekannt. Der Regionalexpress steht am gegenüberliegenden Bahnsteig zur Abfahrt bereit.

Minderjährige syrische Flüchtlinge sind gekommen, um zu übersetzen. Durch das Megaphon sollen sie den Menschen in ihrer Sprache erklären, dass es gleich gegenüber  nach Deutschland weitergeht. Die Helfer machen sich bereit. Sie bringen ihre mit Semmeln, Keksen, Äpfel, Bananen und Mineralwasser gefüllten Einkaufswagen in Position. Der Zug rollt ein, die Türen öffnen sich. Hastige Blicke scannen den Bahnsteig. Eine Mutter hält ihre Tochter im Arm. Der Vater streckt schnell die Hand für eine Flasche Wasser aus. Dann verschwinden die Drei im Zug Richtung München. Ein kleines Mädchen löst sich kurz von ihrer Mutter. Ihr Blick trifft auf jene zwei Helfer, die unweigerlich seufzen. Ein Pfiff. Die Türen schließen und der Zug fährt ab. Die Menschen im Zug winken zum Abschied. Die Helfer tun es ihnen gleich. Dann sind die Flüchtlinge wieder verschwunden. Zurück bleibt ein leerer Einkaufswagen und das gute Gefühl geholfen zu haben. Wenn auch nur für einen kurzen Moment.

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v.l.n.r.: Ahmad, Gudrun Doringer, Wolfgang Bauer, Johannes Dines

Asyl, Flucht, Mittelmeer, Krieg, Unterkünfte, Integration sind seit Monaten Thema Nummer 1 in allen Medien. Alle kennen wir alle Argumente von „Grenzen auf“ bis „alle abschieben“. Selten erlebt man es, dass eine Diskussion sehr sachlich verläuft und dass die Menschen im Mittelpunkt stehen. Heute war das so bei der Diskussion im Saal der Salzburger Nachrichten. Der junge syrische Flüchtling Ahmad, der Zeit-Redakteur Wolfgang Bauer und Caritasdirektor Johannes Dines debattierten unter der Leitung von SN-Redakteurin Gudrun Doringer.

Ich will nicht die Debatte wiedergeben sondern die Stimmung im vollen Saal. Wie gesagt, das Thema Asyl spaltet derzeit die Menschen. Es gibt viele Ängste in unserer Gesellschaft und wir Politiker sind nicht unbeteiligt daran, die Situation zuzuspitzen. Mit dieser Erwartung war ich heute dort. Und diese Erwartung wurde völlig enttäuscht. Sachlich, interessiert und voller Respekt ist es zugegangen. Menschenwürdig. Und die Frage einer Frau fasst die Stimmung im Saal gut zusammen: „Was kann ich als Salzburger Bürgerin tun, um zu helfen. Was brauchen die Flüchtlinge?“ Und der junge Ahmad hat etwas gesagt, dass viel  zu wenig  gehört wird: „Ich bekomme jetzt Geld vom Sozialamt. Ich steige in den Bus und schaue den Menschen nicht in die Augen, weil ich mich schäme. Ich sage auch meiner Mutter nicht am Telefon, dass ich Geld bekomme ohne zu arbeiten. Das ist nicht gut. Darum lerne ich so schnell wie möglich Deutsch, um arbeiten zu können. Damit ich mich nicht mehr schäme.“

Astrid Steindl über ihren ersten Dienst in der Obdachlosenunterkunft der Caritas

Zartbitter trifft sie am Tag nach ihrem Einsatz.Astrid

Zartbitter: Astrid, du hast erstmals ehrenamtlich mit Obdachlosen gearbeitet. Wie ist es dir gegangen?

Astrid: Sehr ambivalent. Es schockiert mich, dass es in einer so „reichen“ Stadt ein solches Elend gibt. Andererseits bin ich froh, dass es Institutionen gibt, die da helfen. Es gibt aktuell 140 obdachlose EU-BürgerInnen in Salzburg und wir können sie nicht alle unterbringen.

Zartbitter: Du hattest sicher vorher über Obdachlose ein Bild im Kopf und seit gestern kennst du die Realität. Gibt es da einen Unterschied?

Astrid: Ja, man hört darüber, aber es ist ganz weit weg. Jetzt habe ich die Menschen vor Augen, ich war mitten drin. Es ist nicht mehr abstrakt für mich. Und es waren alle sehr nette Leute. Sehr dankbar, fast schon zu viel. Sie freuten sich, dass sie etwas zu essen bekommen haben. Nicht alle konnten gut Deutsch und so haben wir uns mit Gesten verständigt.

Zartbitter: Hattest du Angst?

HilfeAstrid: Zuerst schon. Vielleicht ist ja die Stimmung aggressiv. Ich bin skeptisch hingegangen und jetzt ist es eine positive Erfahrung. Wir waren zwei ehrenamtliche Frauen und die Männer waren sehr respektvoll uns gegenüber. Obwohl die Nudeln ein bisschen sehr verkocht waren, muss ich dazu sagen. Einer hat mir die Fotos seines Kindes gezeigt, ein ganz süßes Baby. Er hat mir gesagt, dass er 30 Jahre ist und am Tag am Bau gearbeitet hat. Sein Lohn war ein Schnitzel. Arbeit findet er am Bahnhof und manchmal gibt es nicht mehr als ein Essen als Lohn.

Zartbitter: Würdest du das nochmals machen?

Astrid: Ich werde diese Arbeit noch mehrmals machen. Denn das Klima dort war sehr menschlich. Es gab keine Selbstdarstellung an diesem Abend, sondern das ehrliche Interesse am anderen war im Vordergrund. Wir schimpfen gerne über unser System, aber jeder von uns kann einen Beitrag leisten. Und die täglichen „großen“ Probleme relativieren sich, denn wir haben Arbeit und einen gewissen Lebensstandard. Ich freue mich auf meinen nächsten Dienst, denn ich weiß jetzt wie es ist und ich habe keine Angst und Skepsis mehr.

Zartbitter: Danke Astrid für deine Offenheit und für deinen Einsatz!

Mehr Informationen zum Projekt der Caritas hier: http://www.caritas-salzburg.at/aktuell/news/news/artikel/8037/