Beiträge

von Adis Šerifović

aaaaa

Aung San Suu Kyi Bildquelle: IBT (International Business Times) www.ibtimes.com

Überall wo man nur hinschaut, wird uns Angst gemacht. Wir beginnen uns unsicher zu fühlen, fürchten uns und verfallen sogar in eine Art von Hilfslosigkeit.

„Es bringt sich doch eh nichts“, kommt dann. Oder „Alles ist so schrecklich.“

Stopp.

Können wir bitte mal aufhören uns ständig Sorgen zu machen und Angst zu haben? Können wir mal mit Optimismus zu starten und dieser Furcht entgegen treten und sagen: „Nicht mit mir!“

Ich nehme mir da immer gerne ein Beispiel an Aung San Suu Kyi. Sie, burmesische Friedensnobelpreisträgerin und politische Aktivistin, setzte sich für die gewaltlose Demokratisierung ihres Landes Myanmar (Burma) ein und war insgesamt 15 Jahre lang unter Hausarrest gestellt, von der brutalen Militärregierung. Ihre Kolleginnen und Kollegen wurden verhaftet, gefoltert und ermordet. Und bis heute zählt die Regierung in Myanmar als die brutalste weltweit.Was ich spannend gefunden habe, war ihre Antwort auf die Frage eines Journalisten, wie sie so ruhig, geduldig und optimistisch bleiben kann, obwohl sie unter Hausarrest steht und nicht einmal ihre Familie sehen darf. Das ging sogar so weit, dass sie ihren krebskranken Mann vor seinem Tod nicht einmal sehen durfte.

Sie antwortete: „Ich war eine Gefangene, aber ich habe mich immer frei gefühlt, weil ich keine Angst hatte. Darum ist für mich die wahre Freiheit, die Freiheit von der Angst.“

Das ist doch mal ein guter Aufruf. Neben dieser Ganzen „Terrordebatte“, „Grenzzäune“, „Flüchtlingsproblematik“, brauchen wir wieder mehr Optimismus und eine Befreiung unserer Ängste.

Das Leben ist zu kurz um sich zu fürchten. Befreien wir uns von unserer Angst und beginnen zu leben.

Und vergesst nicht: Genießt die schönen Momente des Tages mit einem Lächeln!

Ich lag auf dem Bauch – sternförmig quer übers große Bett gestreckt. So schlief ich am liebsten. Damals Single, hatte ich ja das Bett für mich allein. Ich wachte mitten in der Nacht auf und spürte, dass die Bettdecke ganz fest an meinen Körper gedrückt war. Ich wollte sie locker schütteln, aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich spürte etwas Schweres auf mir liegen. Etwas schien mich niederzudrücken – ganz fest auf die Matratze. Wer oder was hält mich hier fest? Wer ist da in meinem Schlafzimmer? Da stehen noch ein, zwei Leute um mein Bett herum. Mit dem Gesicht im Kissen kann ich sie nicht sehen, aber spüren. Ich wollte reden, dann schreien! Aber weder konnte ich meinen Mund öffnen noch irgendeinen Laut von mir geben. Mein Herz raste vor Angst.

„Versuche ruhig zu atmen“, sagte ich mir. Plötzlich ein kleines Zucken im kleinen Finger. Ich konnte bald andere Finger bewegen, die Hand, den ganzen Arm. Die Decke fühlte sich nicht mehr so schwer an. Niemand drückte mich mehr nieder. Noch immer Herzrasen. Es dauerte Minuten, bevor ich wagte, die Augen zu öffnen und den Kopf zu heben. Niemand da.

Jeder 6. betroffen
Was war das bloß? Ein paar Freunden habe ich damals davon erzählt, aber heute denke ich selten daran. Erst vor ein paar Tagen ist mir ein Artikel des Magazins VICE untergekommen: Der reale Horror einer Schlafparalyse. Interessant. Es gibt also einen Namen dafür. Ich hatte bis gestern keine Ahnung, dass es ein Phänomen ist, das anscheinend jeden sechsten Menschen betrifft.

Ich habe noch ein bisschen im Internet danach gestöbert. Meist sind Rückenschläfer davon betroffen und sehr viele meinen, eine schattenhafte Figur zu sehen, die auf sie zukommt. Viele Leute haben dazu noch auditive Halluzinationen und die unheimliche Figur flüstert ihnen etwas zu. Gruselig.

So ungefähr erleben manche die Schlafparalyse (CC BY 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

So ungefähr erleben manche die Schlafparalyse
(CC BY 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Keine einfache Erklärung
Die Erklärungen für dieses Phänomen sind nicht gerade einfach. Aber irgendwie ist es so: Beim Einschlafen geht man über die REM 1-Phase in die REM 2-Phase, die Tiefschlaf-Phase. Der Körper wird während der REM 2-Phase ruhig gestellt (quasi gelähmt), damit man nicht alle Bewegungen, die man im Traum ausführt, auch tatsächlich mitmacht. Anstatt beim Aufwachen von der REM 2-Phase in die REM 1-Phase überzugehen, überspringt man bei der Schlafparalyse die REM 1-Phase. Man ist also halb wach, halb träumend, aber die Schlaflähmung ist noch nicht deaktiviert. Wikipedia erklärt das besser.

Bitte, hätte mir das jemand mal vor 10 Jahren sagen können?!? Mir ist das einige Male innerhalb relativ kurzer Zeit passiert und ich hatte jedes Mal eine Scheiß-Angst, wenn es sich anfühlte, als würde mich jemand niederdrücken und Leute, böse Wesen, ums Bett herumstehen. Ich keuchte und schwitzte jedes Mal noch minutenlang, nachdem es vorbei war. Hatte ich zu viele Horrorfilme geschaut? War es ein parapsychologisches Phänomen? Ich musste was unternehmen.

Rezepte eines Horrorfilm-Fans
Als Ober-Kino-Blogger von ganz zartbitter wusste ich freilich, was zu tun war. Ich erinnerte mich an Rezepte aus Horrorfilmen:

Rezept Nr. 1 aus: A Nightmare on Elm Street
Wenn du im Traum einem Monster begegnest oder es dich in die Realität verfolgt, dann dreh ihm den Rücken zu, sag ihm, dass es nicht real ist, und befiel ihm zu verschwinden. So nimmst du ihm jede Macht.
Was gegen Freddy Krüger half, wirkte auch bei den Wesen aus meinem halbwachen Traum. Ich lag ja auf dem Bauch, so hatte ich ohnehin dem ganzen Raum den Rücken zugedreht. Bis ich mich bewegen konnte, dauerte es lange – gefühlt mehrere Minuten, real waren es wahrscheinlich nur Sekunden. Dann konnte ich wenigstens beginnen zu murmeln, dass, wer immer auch hier ist, gefälligst verschwinden soll.

Rezept Nr. 2 aus: Poltergeist
Hol dir die Profis. Einen Arzt? Nein. Also, es war so: Ich erzählte einer Kundin davon, mit der ich mich privat sehr gut verstand. Sie war Lebensberaterin mit Hang zum Übersinnlichen. Irgendwie kamen wir auf das Thema meiner beängstigenden nächtlichen Erlebnisse und sie schickte mir ihre Tochter, ein Medium, um das Haus zu reinigen. Ich stehe solchen Dingen äußerst skeptisch gegenüber. Aber: Wie konnte ich da dankend abwinken? Irgendwie war ich auch neugierig. Als das Medium ankam, war ich erst mal enttäuscht. Anstatt einer schrulligen Person mit Fiepsestimme kam eine junge hübsche Studentin. Sehr nett von der Art her. Sie schrie auch nicht: „Geh nicht ins Licht!“. Es war etwas weniger spektakulär als im Film. Für mich jedenfalls, denn ich durfte während der Reinigung nicht anwesend sein. Sie reinigte das Haus von den Geistern eines Zwillingspaares und vom Geist eines Soldaten aus dem ersten Weltkrieg. Ähhhh, öhhh … ich lass das jetzt einfach mal so stehen.

So blöd sich das anhört: Seither ist Schluss mit dem „Spuk“. Wahrscheinlich alles reine Psychologie. Placebo. Und ich bin jetzt Seitenschläfer.

Viele Leute, die Schlaflähmung kennen, entwickeln ihre eigenen Wege, damit umzugehen. Ich denke, wenn man weiß, dass es ein bekanntes Phänomen ist und medizinisch oder psychologisch erklärbar, ist es einfacher. So macht auch keine schwarze Gestalt mehr Angst.

Lächerlich oder echt cool?
Ich postete meine Lösung des Schlafparalyse-Problems als Kommentar zum VICE-Artikel. Ein anderer User hat sich scheckig gelacht – ausgedrückt mit fünf Emojis, bei denen die Lachtränen nur so wegspritzen. Macht euch nur lustig über mich! Ich habe wenigstens eine aufregende Geschichte, die Kinder beeindruckt. Mein Patenkind kann sich gar nicht daran satthören. Ich muss die Story immer wieder erzählen. Mein Schlafzimmer von damals ist jetzt das Gästezimmer und mein Patenkind und sein Bruder finden es total aufregend, in genau diesem Zimmer zu schlafen, das von Geistern gereinigt werden musste.

Also, was immer das Medium da wirklich gemacht hat: Ich bin Patenonkel, der ein echt gruseliges Erlebnis hatte und in einem Haus wohnt, in dem es spukte! Wer kann das schon von sich behaupten? So waren die 100 Euro für das Medium eine doppelt lohnende Ausgabe.

Wöchentlich lese ich in Medien von Menschen, die nicht in Österreich geboren sind, aber längst hier ihren Lebensmittelpunkt haben. In die Medien kommen sie mit ihrer Geschichte, weil Österreich sie nicht mehr hier haben will. Das liegt am Fremdengesetz. Der aktuelle Fall, eine Kolumbianerin hat faktisch in letzter Sekunde eine Chance auf Aufenthalt bekommen. Die Politik kündigt an, ein bisschen etwas am Fremdengesetz zu ändern. Hier an einem Schräubchen drehen, dort ein wenig nachjustieren. Das ändert aber nichts an der Grundhaltung, die die Politik in Gesetze gegossen hat. we are all one

Die Basis des Fremdengesetzes ist das Misstrauen und die Angst. Vor Menschen. Auch für AsylwerberInnen ist es oft noch immer ein jahrelanges Zittern um eine würdige Zukunft. Ein ganz lieber Bekannter von mir hat vor zwei Monaten nach sage und schreibe acht Jahren endlich Asyl bekommen. In diesen Jahren durfte er nicht arbeiten, er lernte hervorragend Deutsch, seine Gedanken kreisten aber täglich um einen positiven Asylbescheid, der Gang zum Briefkasten immer ein Wechselbad der Gefühle. Bald ist er 30 Jahre alt und nun beginnt sein Leben. Er will eine Ausbildung zum Pfleger machen, vorbildhaft. Aber warum nicht früher?

Was mir große Hoffnung macht ist, dass immer mehr Menschen sich einsetzen für andere. Menschen, die nicht tagtäglich mit dieser Thematik zu tun haben. Sondern die, die einfach nicht verstehen können, warum ihr Freund, ihre Arbeitskollegin, der Freund des Sohnes oder die Lebensgefährtin nicht bleiben dürfen. Die Menschen müssen in den Mittelpunkt rücken und nicht das Misstrauen und die Angst vor ihnen.

 

Ich lese gerne Krimis und Thriller, grusle mich dabei und bin froh, dass es immer ein gutes Ende nimmt. Frank Schirrmachers neues Buch hat alle Qualitäten eines Krimis, allerdings schaut es noch nicht nach einem guten Ende aus. „EGO-Das Spiel des Lebens“ ist ein Sachbuch, das einem das wahre Gruseln lehrt. Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen, zeichnet ein Bild unserer Gesellschaft, das sich nicht einmal Orwell in seinen kühnsten Träumen ausdenken hätte können. ego

Er schildert die Erfindung des modernen „Homo oeconomicus“. Begonnen hat alles zu Beginn des Kalten Krieges, als das amerikanische Militär mit Hilfe der Physik und Mathematik das Gleichgewicht des Schreckens herstellte. Zentral war in diesem Modell, dass der Mensch nur seinen eigenen Vorteil sucht, ein Gemisch aus Egoismus, Misstrauen und Angst. Das menschliche Verhalten wird in mathematische Modelle und Formeln gegossen. Und bald drang dieses Menschenbild, gesteuert vom Militär, dem Markt und Computern in die Zivilgesellschaft ein. Mit Ende des Kalten Krieges kommen die Mathematiker und Physiker an die Wallstreet und entwickeln ihre Modelle weiter. Und hier erst wird ein Monster erschaffen, das gefährlicher, weil unsichtbarer ist, als das von Frankenstein. Computer berechnen die Entwicklung des Marktes immer schneller und liefern dazu auch die Interpretation. Der Mensch handelt nicht mehr aus freien Stücken und eigenen Überlegungen, der Computer, also der Markt, zwingt ihm das Handeln auf. Ersichtlich ist das, wenn Banken damit drohen, dass ihr Untergang zum Untergang des gesamten Systems führt. So wie keiner im Gleichgewicht des Schreckens bis 1989 den Knopf für die Atombombe gedrückt hat (was positiv war), so riskiert keiner einen einzelnen Spieler des Finanzsystems untergehen zu lassen. „To big to fail“ nennt man diese Strategie. Wenn Angela Merkel von einer „marktkonformen“ Demokratie spricht, dann heißt es, alles soll den Marktgesetzen unterliegen, wirtschaftlich, politisch und sozial.

Was Schirrmacher in seinem Rundumschlag vergisst sind die vielen Menschen, die nicht gewillt sind, sich der Diktatur der Informationsökonomie und dem Monster des alles bestimmenden Marktes zu unterwerfen. Denn mit Occupy Wallstreet, alternativen Finanzierungsformen und dem Ruf nach einer nachhaltigen Gesellschaft gibt es eine Bewegung, die sich Gerechtigkeit, Fairness und Solidarität auf die Fahnen heftet. Kein Computer kann den freien und kritischen Geist berechnen, wie auch er selbst mit dem Schreiben dieses Buches bewiesen hat.

Frank Schirmmacher: „Ego- Das Spiel des Lebens“ –empfehlenswert!

http://www.perlentaucher.de/buch/frank-schirrmacher/ego.html