von Christian Namberger, Oberinspektor i.R.

Nun bin ich auch hier auf zartbitter und versuche, einen Teil meiner Geschichte und die Erfahrungen hier mitzuteilen.  Heute möchte ich über die eingeschränkte Mobilität mit einem Rollstuhl erzählen. Vorab jedoch noch kurz wie es dazu kam, dass ich in nem Rollwagerl sitz. Es gibt ja sicher Leserinnen und Leser, die mich nicht kennen.

nam1Mich erwischte im Frühjahr 2010 ein Krebsleiden. Genauer gesagt ein sehr weit fortgeschrittener Lymphknotenkrebs. Dieser wurde mit Chemotherapie in 8 Zyklen a 96 Stunden restlos besiegt. Diese hatte allerdings eine Nebenwirkung, sie löste eine Polyneuropathie aus, das ist ein Nervenleiden, das mich speziell vom Becken abwärts beeinträchtigt. Hierzu werde ich aber ein andermal berichten.

Wenn man in nem Rollwagerl unterwegs ist, dann kann man viel erzählen.  Der Großteil der Gehsteige ist schief, als aufrecht gehendem Menschen fällt einem das nicht auf. Aber wehe, man ist in einem Standardrollstuhl unterwegs. Man ist nur am einseitig schieben, was natürlich für einseitigen Muskelaufbau und Verspannungen sorgt. Viele Übergänge haben eine zu hohe Trottoirkante, so dass man davor stehen bleiben und das Gerät ein bisserl “lupfen“ muss. Mit Schwung geht da gar nichts.  Was auch nicht geht, ist einfach in die Stadt zu rollen und je nach Lust und Laune ein Kaffeehaus zu besuchen. Ich liebe das seit vielen Jahren. In meinem bisherigen Beruf,  ich war im Versicherungsaußendienst tätig, hatte ich freie Zeiteinteilung und gönnte mir schon mal ein Frühstück im Straßencafe.

Wie wunderbar ist es, lässig und entspannt die Leckereien zu genießen und andere Leute zur Arbeit hetzen zu sehen.  Jetzt muss ich im Vorfeld recherchieren, welches Kaffeehaus nicht nur barrierefrei zu erreichen ist, wichtig ist auch eine Zurollbarkeit zur Keramik. Ich kann zwar mittlerweile schon gut zusammenzwicken, aber halt auch nicht immer und dann sollte man auch austreten können. Das verleidet einem schon, aus dem Haus zu rollen. Aber nicht nur hier hapert es…selbst Ärzte sind meist nicht barrierefrei zu erreichen. Somit kann ich da nicht alleine hin und muss mich da dann mit´m Roten Kreuz chauffieren lassen. Das hat allerdings auch wieder Vorteile…da ich sehr groß bin, pass ich nur in nen Mercedes (Transporter allerdings) und die Zivis sind großteils  auch ganz entzückend und nett…:-). Der Zeitaufwand kann allerdings enorm sein, die warten ja nicht darauf, dass sie mich kutschieren können. Da lernt man warten.

nam2Gerne bin ich auch mit Freunden unterwegs, wenn wir wissen, wo ich einrollen kann. Ich gehöre zu den Rollstuhlfahrern, die sehr gerne Hilfe annehmen. Nicht nur wegen den schiefen Trottoirs, auch werden meine gepflegten Handerl trotz Radlhandschuhe immer schmutzig. Gerne setze ich da eine Mitleidsmine auf und ab und an zieht die Masche und ich werde geschoben. Leider ist das dann auch nicht immer sonderlich entspannend….der eine ist mehr wie ein zerstreuter Professor und schiebt während dem Palaver in der Runde unkontrolliert  vor sich hin und ich muss bei einem Straßenüberqueren vorm Erklimmen des Gehsteigs laut aufschreien, weil er schon das eine oder andere mal einfach ohne zu lupfen zur Kante fuhr. Natürlich katapultiert es mich da aus dem Wagerl.  Wenn ich von einer Freundin aus der Runde geschoben werde, passiert das nicht, allerdings kippt mich die Gute so stark nach hinten, dass mein zartes Kopferl zwischen ihrer Oberweite zu liegen kommt. Ist dann wie in einem Ohrensessel…:-)

Mit diesen Erfahrungen schließe ich für heute und halte es wie Paulchen Panther…

“heute ist nicht aller Tage Abend, ich komme wieder, keine Frage“…

Wenn ich auf Urlaub fahren möchte und mir Übernachtungsmöglichkeiten suche, frage ich standardmäßig die Barrierefreiheit ab. Und da gibt es fast jedes Mal die Überzeugung seitens der Vermieterinnen, dass eine Rampe Barrierefreiheit bedeutet: „Ja, wir haben eine Rampe ins Haus“, ist die meist verwendete Standardantwort.

Frage ich dann näher nach, erweist sich das restliche Haus meist nicht barrierefrei. Sei es, dass das Badezimmer zu klein und auch noch eine schmale 70er-Tür hat oder dass der Frühstücksraum nur über Stufen erreichbar ist. „Wie helfen ja eh“, heißt es dann, wenn ich sage, dass das mit Rollstuhl nicht möglich sei. Wobei helfen sie mir? Beim Duschen oder beim Essen? Unterstützung schön und gut, aber ich würde gerne selbst entscheiden, wann ich was und wie und vor allem mit wem machen möchte.

Gerne wird vergessen, dass Rollstuhlnutzerinnen nicht nur bis ins Zimmer kommen möchten, sondern wie jeder Mensch auch noch andere Bedürfnisse haben. Neben dem WC muss genug Platz zum Anfahren mit dem Rollstuhl und Umsitzen sein. Die Dusche muss bodeneben einfahrbar und mit einer Sitzmöglichkeit, sowie Griffen und Armaturen in Sitzgreifhöhe ausgestattet sein. Das Waschbecken muss unterfahrbar und der Spiegel aus der sitzenden Position einsehbar sein. Vor dem Bett wird genug Platz zum Zufahren mit dem Rollstuhl benötigt.DSC05617

Doch zur Barrierefreiheit zählen noch ganz andere Dinge. Menschen mit Hörbehinderungen benötigen mindestens im Rezeptionsbereich eine Induktionsanlage. Ebenso sollten für das Zimmer ein Rüttelkissen (zum Aufwecken) und eine Blitzlichtanlage als Alarm vorhanden sein. Blinde oder sehbehinderte Menschen benötigen Leitsysteme durchs Haus und profitieren von einer kontrastreichen und nicht spiegelnden Umgebung. Ist ein Aufzug im Haus, muss er mit einer Sprachausgabe ausgestattet sein.

Alle diese Dinge regeln diverse ÖNORMEN mit ihren vorgegebenen Normmaßen ganz genau. Aber das ist eine andere Geschichte.

DSC06480Und so lange umfassende Barrierefreiheit nicht wie selbstverständlich überall angeboten wird, muss es auch Infomaterial über barrierefreie Freizeitmöglichkeiten in der Umgebung geben. Jede Zimmeranbieterin möchte doch, dass sich ihre Gäste wohlfühlen und im besten Fall gerne wiederkommen.

Leider zeigt die Praxis, dass nur wenige Verantwortliche in der Tourismusbranche bis dato das Potenzial von Barrierefreiheit erkannt haben. Und so ist es für die meisten Menschen mit Behinderung, und auch für mich, äußerst mühsam und zeitaufwändig einen Urlaub zu organisieren.

 

Hinweis: Der Beitrag wurde der Lesbarkeit wegen bewusst in der weiblichen Form verfasst, da diese die männliche automatisch mit einschließt.

Nach längerer Bauphase ist der untere Teil der Linzergasse in Salzburg fertig gestellt. Die Investitionskosten dafür belaufen sich auf 2,6 Millionen Euro. Politiker der Stadt und ein großer Teil der Geschäftsleute zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. Also alles eitel Wonne? Nein, keineswegs. Ein Rundgang durch die Linzergasse offenbart die fehlende Barrierefreiheit. Nur ein winzig kleiner Teil der Geschäfte und Lokale bieten einen ungehinderten Zugang.

Ein Armutszeugnis für Salzburg, das sich damit rühmt, eine moderne Touristenstadt zu sein. Dazu gehört allerdings auch ein Zugang für alle Menschen. Es wird das große wirtschaftliche Potenzial verkannt, das durch die Schaffung von Barrierefreiheit entsteht. Rund ein Fünftel der Menschen haben eine Behinderung, dazu kommen noch zahlreiche ältere Menschen und Eltern mit Kinderwagen, für die der Zugang zu den Geschäften und Lokalen erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.

Ein Experte, der sich mit der Materie intensiv befasst, ist Manfred Fischer. Der Oberösterreicher, der Schulungen und Sensibilisierungskurse abhält, sitzt im Rollstuhl und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein. „Die Linzergasse ist ein gutes Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Ich fahre zum Beispiel viel lieber mit meiner Frau und meinen Kindern in den Europark, weil dort alles barrierefrei ist.“

Doch wer trägt Schuld an diesem baulichen Desaster? Aus dem Bauamt kam die Aussage, dass man mit den Hausbesitzern darüber gesprochen habe, aber niemanden zur Umsetzung zwingen könne. „Es wäre so einfach. Man hätte die Investitionen zwischen den Hausbesitzern und den Geschäftsleuten aufteilen können. Alle hätten davon profitiert“, so Fischer weiter. Oftmals wird auch der Denkmalschutz als Ausrede hergenommen. „Das ist Blödsinn, in den meisten Fällen wird die Fassade gar nicht berührt“, sagt der Experte.

„Es war eine Bedingung von mir, dass der Eingang barrierefrei gemacht wird, wenn ich weiterhin hier die Apotheke führen soll“

Es gibt zumindest einen, der auf die Umsetzung von Barrierefreiheit gepocht hat. Werner Salmen, der Inhaber der Engel Apotheke in der Linzergasse 5. „Es war eine Bedingung von mir, dass der Eingang barrierefrei gemacht wird, wenn ich weiterhin hier die Apotheke führen soll“, so Salmen.

Nun wurde von der Stadt in Aussicht gestellt, dass bei der Renovierung ab dem ehemaligen Standort des Centralkinos hin zum Cornelius-Reitsamer-Platz und der Bergstraße die Barrierefreiheit umgesetzt werden soll. Ein kleiner Anfang, man darf gespannt sein.

Fußgänger Bild 2 Lukas Uitz Ein Beitrag von unserem Gastautor Lukas Uitz

Ein gewohntes Bild. Auf der Salzburger Staatsbrücke tummeln sich hunderte Menschen, unterwegs in die Altstadt oder von dort kommend. An den Übergängen am Anfang und Ende der Brücke haben Ampeln das Sagen, anders wären die Massen an FußgängerInnen hier nicht zu bändigen. Oder vielleicht doch? Muss man sie überhaupt bändigen? Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass sich gefühlte 90% der BrückennutzerInnen auf gefühlten 20% der Fläche bewegen. Da und dort drängeln sich ungestüm RadfahrerInnen dazwischen, was so manchen Fußläufigen zum Gebrauch anstößigen Vokabulars animiert. Die Radwegbenutzungspflicht leistet wieder mal ganze Arbeit und forciert den ständig schwelenden Konflikt zwischen gehender und radelnder Bevölkerung.

Ungeachtet dessen genießen direkt daneben gleichwertige Individuen auf ungleich größerer Verkehrsfläche ein Privileg, das einer mündigen und solidarischen Gesellschaft eigentlich die Nackenhaare aufstellen müsste, würde es von ihr hinterfragt werden. Dass es in dieser Stadt en vouge zu sein scheint, dem motorisierten Verkehr den Löwenanteil des öffentlichen Raums inmitten der Stadt zu überlassen, wird bei gleichbleibendem Bewusstseinsstand noch für längere Zeit Bestand haben. Anderes zu behaupten wäre realitätsfremd. Allzu einfach und teilnahmslos lässt man sich die Gehbereiche auf ein Minimum reduzieren, um gleichzeitig umso mehr Platz für PS-Betriebenen einzufordern. Was verwundert, ist das mangelnde Bewusstsein über diese grobe Unverhältnismäßigkeit aufseiten der flanierenden Bevölkerung, die doch eigentlich für mehr Platz in einer Stadt für Menschen eintreten müsste. Doch wer von uns sieht sich eigentlich noch als FußgängerIn?

Fußgänger Bild 1Dass der Fußverkehr in zahlreichen Planungsabläufen und Verkehrsbetrachtungen, insbesondere aber in den Köpfen der meisten VerkehrsteilnehmerInnen viel zu wenig Berücksichtigung findet, ist häufig traurige Realität und liegt womöglich daran, dass er mangels eigener Lobby kaum über eine eigene Identität verfügt. NutzerInnen von PKW-, Rad- oder Öffentlichem Verkehr definieren sich in der Regel auch als solche, während die Wahrnehmung der eigenen Beine als Verkehrsmittel eine Seltenheit darstellt. Und das, wo doch der Mensch – funktionierende Beine vorausgesetzt – die meiste Zeit seines Lebens zu Fuß unterwegs ist, ob beim Spazieren, zu Hause, beim Einkaufen, Städtebummeln oder am Weg zu einem anderen Verkehrsmittel.

Überall hin gehen wir zu Fuß. Aber nur ein Bruchteil der Menschen versteht sich selbst als FußgängerIn. Viele erkennen in diesem/dieser offenbar keineN gleichwertigeN VerkehrsteilnehmerIn, sondern vielmehr eine Randerscheinung im Verkehrsgeschehen, welche sich diesem unterzuordnen hat. Entsprechend häufig fühlt sich der/die bewusste FußgängerIn im Alltag benachteiligt bzw. nicht verstanden. JedeR von uns kennt das Gefühl, bei geringer Verkehrsdichte eine gefühlte Ewigkeit vor einer roten Ampel zu stehen, wo doch die eigenen Sinne einem signalisieren, dass eine Überquerung vollkommen gefahrlos möglich wäre.

Fußgänger Bild 3 FFür andere VerkehrsteilnehmerInnen stellen FußgängerInnen dagegen häufig einen unkalkulierbaren und deshalb unangenehmen Faktor dar. Vielleicht weil man sich nicht mit ihnen identifizieren kann oder möchte. In der Regel hat man sich zu Fuß mit den anderen zu identifizieren. Natürlich achtet jemand beim Queren der Straße erst genau, ob ein Auto kommt und nicht umgekehrt der/die AutofahrerIn, ob jemand die Fahrbahn queren möchte. Aber ist hier nicht etwas verdreht?
Was wir brauchen sind gar nicht so sehr breitere Gehwege oder längere Grünphasen sondern vor allem eine Identitätspolitur und Bewusstseinskampagne für das Zu Fuß Gehen. Maßnahmen, die den Menschen ihren Status als FußgängerInnen bewusster machen und das in allen Lebenslagen. Rollen wir den Menschen doch jedes Mal den roten Teppich aus, sobald die Ampel für sie auf Grün schaltet. Denn egal ob beim Einkaufen, als StädtetouristIn oder in den eigenen vier Wänden. Zu Fuß gehen wir alle!
Das Nutzen der eigenen Beine stellt die ursprünglichste und für Körper und Geist gesündeste Form der Fortbewegung dar. Außerdem ist sie die Form der Bewegung, die uns gesellschaftlich zusammenhält und sozialen Austausch fördert. Wir sollten uns also überlegen, ob wir dem Gehen nicht alle ein bisschen mehr Platz einberaumen sollten – auf der Straße, aber vielmehr noch in unseren Köpfen.

ratzenbergerkarteEin Beitrag von Harald Saller:

Gewisse Tage im Leben vergisst man nicht. Einer davon ist der 30. April 1994. Es ist ein herrlicher Frühlingstag mit angenehmen Temperaturen. Ich bin an diesem Nachmittag mit Schulkollegen bei einem Fußballspiel, als plötzlich ein junger Mann zu uns kommt und sagt: „Habt ihr schon gehört, da Ratzenberger ist tödlich verunglückt!“ Geschockt von dieser Meldung schwinge ich mich auf mein Fahrrad, fahre nach Hause und drehe Fernseher und Radio auf. Nach einiger Zeit kommt tatsächlich die Meldung, dass Salzburgs erster und zugleich einziger Formel-1-Fahrer im Qualifying zum Großen Preis von Imola tödlich verunglückt ist. Der 33-Jährige war mit seinem Boliden bei rund 300 km/h aufgrund eines Bruchs des Frontflügels von der Strecke abgekommen und gegen eine Mauer geprallt. Ratzenberger hatte keine Chance zu überleben. Es sollte eines der schwärzesten Formel-1-Wochenenden der Geschichte werden. Nur einen Tag später kommt der dreifache brasilianische Weltmeister Ayrton Senna ums Leben.

Heute jährt sich der Todestag von Roland Ratzenberger zum 20. Mal. Ich hatte leider nicht die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Als er starb, war ich erst 13 Jahre alt. Als jemand, der ebenfalls seit frühester Kindheit vom Motorsport fasziniert war, habe ich seine Karriere via Fernsehen, Magazine und Zeitungen verfolgt. Ich habe Bücher gewälzt und später im Internet Videos von früher angesehen. Der stets auf Vollgas getrimmte Rennfahrer machte den Eindruck eines stattlichen Mannes, der mit seiner charismatischen Persönlichkeit jeglichen Raum ausfüllt und obendrein genau weiß, was er will.

Ich habe den traurigen Anlass genutzt und die Eltern von Roland Ratzenberger besucht, um über das Geschehene zu sprechen. Sein Vater Rudolf und seine Mutter Margit leben in der Wohnung in Salzburg-Maxglan, die ihr Sohn eine Woche vor seinem Tod gekauft hatte. Roland ist noch immer allgegenwärtig.

 

Eltern von Roland Fotos, Pokale und Modelle seiner Rennwagen zieren das Wohnzimmer. „Roland lebt noch immer bei uns mit“, sagt sein Vater. Der heute 81-Jährige hat Stress, wie er sagt. Zahlreiche Journalisten aus dem In- und Ausland rufen ihn an, um über seinen Sohn zu berichten. „Ich spreche gerne mit den Journalisten. Für mich ist das eine Art der Trauerbewältigung.“ Er und seine Frau besuchen regelmäßig das Grab auf dem Maxglaner Friedhof, das nach wie vor Fans aus der ganzen Welt besuchen und schmücken. „Ein Mal ist ein ganzer Bus mit Japanern zu uns gekommen. Das war eine herzliche Angelegenheit“, sagt Vater Rudolf und lächelt. Seine Worte klingen so lebendig, dass man den Eindruck gewinnt, Roland würde jederzeit bei der Tür hereinspazieren.

Als Roland Ratzenberger, der im Salzburger Stadtteil Gnigl aufgewachsen ist, seinen Eltern sagt, dass er Rennfahrer werden wolle, sind diese alles andere als begeistert. „Ich wollte eigentlich, dass er die HTL absolviert und einen technischen Beruf erlernt. Leider musste er in der vierten Klasse die Schule verlassen“, so der Vater. Der Junior habe sich aber ohnehin nicht von seiner Idee abbringen lassen. „Er war sehr ehrgeizig, zielstrebig und vor allem geschäftstüchtig. Er wollte sich von uns gar nicht helfen lassen.“

Roland arbeitet unter anderem als Instruktor und Mechaniker in der Rennfahrerschule von Walter Lechner. „Er schraubte oft bis zum Umfallen. Er nahm sich nicht Mal die Zeit, etwas Vernünftiges zu essen“, so der Senior. In Italien schult er Bodyguards von reichen Leuten, wie man den Wagen in Grenzsituationen beherrscht. Mit dem verdienten Geld finanziert er sich seine Karriere als Rennfahrer.

1980 macht er das erste Mal auf sich aufmerksam. Der damals 20-Jährige gewinnt die „Jim Russel Trophy“. Drei Jahre später folgt der erste Sieg in der Formel Ford auf dem Nürburgring. 1986 gewinnt er als bisher einziger deutschsprachiger Rennfahrer beim Formel-Ford-Festival im englischen Brands Hatch. Seine Eltern sowie seine zwei Schwestern verfolgen das Geschehen von Salzburg aus. „Ich war nur bei einem Rennen in der Formel Ford Mitte der 80er dabei.“, erinnert sich Vater Rudolf.

1989 erfolgt der nächste Karriereschub. Roland Ratzenberger wird der erste europäische Werksfahrer bei Toyota. Er pendelt zwischen Japan und Europa, fährt zahlreiche Rennen in der Formel 3000, in der Gruppe A und C und zusätzlich für BMW im Tourenwagensport. In einer japanischen Bar kommt es zu einer brenzligen Situation. Ein Mann bedroht Ratzenbergers deutschen Rennfahrerkollegen Heinz-Harald Frentzen mit dem Messer. Roland schiebt sich mutig dazwischen und entschärft die gefährliche Angelegenheit. Zu diesem Zeitpunkt verdient er bereits gutes Geld und kann ein feines Leben führen. Er kauft sich einen Porsche 911 Carrera, von dem er immer geträumt hatte.

Seinen großen Plan von der Formel-1-Karriere hat er damals schon fast aufgegeben, schließlich ist er bereits über 30 Jahre alt. Durch seine Geschäftstüchtigkeit kommt er mit Barbara Behlau in Kontakt. Die Inhaberin einer Kultur- und Sportagentur in Monaco finanziert ihm den Formel-1-Einstieg beim englischen Team Simtek – vorerst für fünf Rennen für die Saison 1994. Im unterlegenen Wagen des britischen Rennstalls verpasst er die Qualifikation für das Rennen im brasilianischen Interlagos. Beim zweiten Rennen im japanischen Aida schafft Ratzenberger den Sprung ins Starterfeld. Er wird schlussendlich Elfter.

Das dritte Rennen findet in Imola in San Marino statt, die fatalen Ereignisse nehmen ihren Lauf. „Ich habe mich immer damit getröstet, dass Roland bei dem gestorben ist, was er am liebsten gemacht hat. Meine Frau hat das Ganze mehr mitgenommen“, sagt Vater Rudolf, der sich bei unserer Verabschiedung für mein Kommen und der Anteilnahme bedankt.

Ironie des Schicksals: Auf dem Toyota, mit dem Roland Ratzenberger bei den 24 Stunden von Le Mans hätte starten sollen, steht noch sein Name. Ersatzfahrer ist der Amerikaner Jeff Krosnoff. Er wird Zweiter beim Langstrecken-Klassiker, verunglückt aber nur zwei Jahre später bei einem Rennen zur Indycar-Serie in Toronto ebenfalls tödlich.

Ein Beitrag von unserem Gastautor Harald Saller:Mercedes SL 280 Armaturen Foto Harald saller

Nein, liebe Leute, ich bin noch lange nicht in der Midlife-Crisis. Solche Fragen musste ich mir gefallen lassen, als ich mir Ende September 2012 einen Oldtimer gekauft habe. Ich war und bin schon seit ich Denken kann ein Fan von diesen alten Gefährten. Dieser spezielle Geruch, die zeitlosen Formen und die simple Technik, die oft dahinter steckt, haben mich stets fasziniert und interessiert. In den vergangenen Jahren war ich daher des Öfteren auf Oldtimer-Messen, um mir einen Überblick zu verschaffen, welches Fahrzeug für mich in Frage kommt – und da stach mir die 107er Baureihe von Mercedes Benz ins Auge. Ein alltagstaugliches Cabrio, schöne Formen, ein unverwüstlicher Motor und ein guter Werterhalt –  all das waren Kriterien bei meiner Suche. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stellt sich oft die Frage, was man mit erspartem Geld machen soll. Sparbücher bringen keinen Gewinn und Aktien sind riskant, warum also nicht in etwas investieren, das einem sowohl Spaß macht, als auch eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Wertsteigerung bietet.

Diese Suche hat an die drei Jahre in Anspruch genommen, Ich wollte ja schließlich ein fahrbereites Auto mit wenigen Kilometern. Im September 2012 war es so weit. Ich bin mehr oder weniger durch Zufall  auf einen wunderschönen, silbernen Mercedes Benz 280 SL aus dem Jahr 1980 gestoßen. Er hatte lediglich 70.800 Kilometer auf dem Tacho. Schon beim ersten Probesitzen wusste ich „Ja, das wird bald meiner sein.“ Nach einem Ankaufstest beim ÖAMTC, der sehr positiv ausfiel und ein paar kleineren Reparaturarbeiten durfte ich meinen 280er in Empfang nehmen. Es war ein herrliches Gefühl, mit offenem Verdeck durch Salzburg zu cruisen – die staunenden Blicke der Leute waren mir sicher. In wenigen Tagen ist es nun wieder so weit. Mein Benz wird nach einer Ruhephase von sechs Monaten ausgewintert. Das gemütliche Cruisen und das damit verbundene Entschleunigen kann also weiter gehen.Mercedes Benz SL 280 Foto Harald Saller

Wer nun ebenfalls auf den Geschmack gekommen ist, sich einen Oldtimer zu kaufen, sollte folgende Dinge beachten: Neben dem guten Zustand sollte man sich über eine mögliche Wertsteigerung in den kommenden Jahren informieren. Des Weiteren muss man auch bei der Auswahl der Versicherung sorgfältig sein. Einige Versicherungen bieten sehr günstige Varianten für eine Vollkasko mit niedrigen Steuersätzen speziell für Oldtimer an.