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Newt Scamander. So heißt der neue Held in Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind von J.K. Rowling. Die Geschichte spielt in der Welt der Magie, die uns bereits aus den Harry Potter-Büchern und Filmen bestens bekannt ist. Fünf Filme sollen es werden und Harry Potter wird darin nie auftauchen, denn: die Handlung ist 60–70 Jahre vor Harrys Geburt angelegt.

Die magische Geschichte

Newt – was für ein ungewöhnlicher Name. Er bedeutet: Wassermolch. Und wenn man so einen Namen trägt, dann scheint es nur logisch, dass man sich für ungewöhnliche Tiere interessiert. Das tut Newt [Eddie Redmayne]. Magische Tierwesen zu studieren und zu retten ist seine Mission – und diese führt ihn nach New York. Seine Tiere bringt er alle in einem kleinen magischen Koffer mit. Bald schon entkommt ihm ein „Niffler“ – ein possierliches Tierchen, das wie eine Kreuzung aus Schnabeltier und Maulwurf aussieht und auch einen Beutel wie ein Känguru besitzt. Diesen Beutel füllt es mit allem, was glitzert und glänzt. Und im New York der 20er Jahre glitzert und glänzt vieles. Beim Versuch, den Niffler einzufangen, zieht Newt den angehenden Bäcker Jacob Kowalski [Dan Fogler] in ziemlich gefährliche und komische Situationen rein. Dabei ist Jacob ein ganz normaler Mensch ohne magische Fähigkeiten. Er dürfte all das nie sehen und erleben. Newt macht sich gleich verdächtig und wird von der Agentin Tina Goldstein [Katherine Waterston] zum Amerikanischen Kongress für das Magische Volk, MACUSA, gebracht, doch er kommt bald wieder frei. Von da an beginnt die Geschichte erst richtig. Mehr Tiere entkommen und schon wenige Stunden später sollen Newt und Tina hingerichtet werden. Angeblich hat eines seiner Tierwesen einen Menschen getötet – noch dazu vor den Augen eines großen Publikums.

Endlich perfekt?

Colin Farrell als Percival Graves (Courtesy of Warner Bros. Pictures; © 2016 WARNER BROS ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED)

Colin Farrell als Percival Graves
(Courtesy of Warner Bros. Pictures; © 2016 WARNER BROS ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED)

Ich bin ein Fan der Harry Potter-Bücher. Und auch die Filme finde ich gut, obwohl sie wirklich nicht alle perfekt sind. Trotzdem habe ich mich schon seit einem Jahr auf Fantastische Tierwesen gefreut und nichts anderes als den perfekten Film erwartet, den ich in der Harry Potter-Serie nie zu sehen bekam – auch wenn Der Gefangene von Azkaban als einziger nah an Perfektion grenzte. Ich habe das Kino gestern mit gespaltenen Gefühlen verlassen.

Auf jeden Fall habe ich einen einen gut gemachten, sehr unterhaltsamen Film gesehen – aber eben keinen perfekten. Gespalten war nämlich auch der Film selbst: einerseits die Geschichte von Newt Scamander, seinen Tieren und allen Leuten, die er in seine Geschichte mit reinzieht. Diese Geschichte bietet einige schöne und sehr viele komische Momente, zielt aber stark auf die Jüngsten im Publikum ab.

Es wäre aber nicht J.K. Rowling, wenn da nicht noch sehr viel mehr daherkäme. Eine düstere Seite gibt es nämlich auch in Fantastische Tierwesen. Und diese hat Protagonisten, die Newt Scamander in den Schatten stellen. Wer sich den Film ansieht, darf sich auf Colin Farrell als Percival Graves, den Auror für magische Sicherheit freuen. Was genau hat er mit dem Credence Barebone [Ezra Miller] zu tun? Credence ist ein introvertierter Junge, der von seiner Adoptivmutter tyrannisiert und geschlagen wird.

Wer verzaubert unsere Herzen?

Zauberhaft: ALISON SUDOL as Queenie und DAN FOGLER as Jacob (Courtesy of Warner Bros. Pictures; © 2016 WARNER BROS ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED)

Zauberhaft: ALISON SUDOL as Queenie und DAN FOGLER as Jacob
(Courtesy of Warner Bros. Pictures; © 2016 WARNER BROS ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED)

Gewinnt Newt unsere Herzen? Vielleicht gemeinsam mit Tina Goldstein? Also, meines nicht. Das Herz des Films liegt nämlich anderswo: Bei Jacob Kowalski, dessen Traum es ist, eine Konditorei zu eröffnen, und bei Queenie, Tina Goldsteins Schwester. Die beiden sind sozusagen das Buffo-Paar. Beide sind für sich auf ihre Weise liebenswerte Charaktere und wenn sie zusammenkommen, dann stimmt auf der Leinwand die Chemie. Der Funke sprang direkt auf mich über.

Leider sprang bei Eddie Redmayne nichts auf mich über. Seine Darstellung des schüchternen Newt konnte mich einfach nicht überzeugen oder gewinnen. Dafür war Redmayne zu farblos und sein Spiel zu manieriert. Fand ich jedenfalls.

Die Spannung nach dem Finale

Auch wenn dieser Film geteilt wirkte, als wären hier zwei völlig verschiedene Geschichten nur zufällig zu einem Film verbunden worden, so kann man sich darauf verlassen, dass J.K. Rowling bereits das große Ganze im Auge hat und genau weiß, was sie tut. Dass sie das kann, hat sie bereits in ihren Harry Potter-Büchern bewiesen. Und so warte ich schon mit großer Spannung auf den nächsten Teil der Serie. Von einem dürfen wir ausgehen: Something wicked this way comes … Das Finale des Films deutet bereits darauf hin!

Aber zuerst seh ich mir Fantastische Tierwesen noch einmal an. Vielleicht war ich beim ersten Ansehen überkritisch, weil ich nichts als Perfektion sehen wollte, damit ich 10 Punkte vergeben kann.

Meine (vorläufige) Bewertung auf IMDB: 8 Punkte
Nicht perfekt, aber eine gute Einführung in ein neues Franchise, bei dem zwei Geschichten in zwei verschiedene Richtungen ziehen. Auf jeden Fall hat Fantastische Tierwesen visuell und an Details sehr viel zu bieten, auch wenn man sich für das erwachsene Publikum realistischere CGI-Tierwesen wünscht.

Eine rasante Verfolgungsjagd als Eröffnung. Danach folgt ebenso pure Action an den spektakulärsten Schauplätzen der Welt. Der Hauptheld muss ständig sein Leben verteidigen, während er gleichzeitig nichts weniger versucht, als die Welt zu retten. Dabei steht ihm eine junge, attraktive Frau zur Seite. Das sind mehr oder weniger die Zutaten einer der erfolgreichsten Filmserien der Welt. Ihr Held: Geheimagent 007, James Bond.

Alle Welt schaut sich die Bond-Filme an. Ich auch. Und in meiner Bewertung kommt Bond stets mit einem Folklore-Bonus davon – selbst wenn die Schwächen der Story durch die viele Action nicht übertüncht werden können [siehe die zartbitter Kritik zu Spectre]. Seit 50 Jahren gibt es alle paar Jahre ein neues Abenteuer und man weiß immer, was man zu erwarten hat. Schlüssigkeit ist dabei keine Kategorie.

Inferno ist der dritte Film nach den Büchern von Dan Brown mit Professor Robert Langdon als Held. Die Serie folgt ganz dem erfolgreichen Bond-Rezept. Geht es auf?

Der Inhalt

Robert Langdon [Tom Hanks] wacht in einem Krankenhaus in Florenz auf. Er kann sich an nichts erinnern. Noch im Krankenhaus entgeht er knapp einem Mordversuch und flieht. Seine behandelnde Ärztin Dr. Sienna Brooks [Felicity Jones] ist mit ihm in diese Situation geraten und weicht fortan nicht von seiner Seite. Nach und nach kommen Erinnerungsfetzen und Langdon, Harvard-Professor für religiöse Ikonologie, ist dabei, ein großes Rätsel zu lösen. Ein künstlich geschaffenes Virus, das die Hälfte der Menschheit ausmerzen kann, soll freigesetzt werden. Entwickelt hat es der Milliardär Bertrand Zobrist [Ben Foster], denn er ist überzeugt, dass bei der drohenden Überbevölkerung der Erde die ganze Menschheit dem Untergang geweiht ist.

Rätsel-Rallye vor historischer Kulisse

inferno

Lauf, Robert Langdon, lauf

Robert Langdon befindet sich also wieder auf einer Geschichts-Schnitzeljagd, die ihn von Florenz nach Venedig und schließlich nach Istanbul führt – und das alles innerhalb 12 Stunden. Dabei stellt sich allerdings alles, aber auch wirklich alles, was in diesem Film passiert von vorn bis hinten als sinnlos heraus. Warum hängt der Plan des Milliardärs davon ab, dass Langdon alle Rätsel löst, bevor das Virus freigesetzt wird? Das Ganze funktionert auch ohne Langdon und ohne dieses aufgeblasene, pseudo-gelehrte und symbolbehaftete Getue unter Berufung auf Dante. Warum die Freisetzung des Virus in der Zisterne von Istanbul? Wozu? Der „versunkene Palast“ ist zwar atemberaubend, aber Zobrist sieht in seinem Vorhaben Pragmatismus. So jemand würde sein Vorhaben wahrscheinlich nicht mit all dem mystischen und rituellen Beiwerk hochdramatisieren.

Zugegeben, das klingt jetzt alles nicht viel anders als bei James Bond. Ist es auch nicht unbedingt. Darf man denn Filme mit zweierlei Maß messen? So ungerecht es klingt: Ich finde, man darf. James Bond nimmt sich selbst nicht so ernst. All die bewusst überdrehte Action und die absurden Storys sollen dem dem Publikum einfach Spaß machen. In Inferno laufen wir mit Robert Langdon durchs Museum, wie in Der DaVinci Code, aber von Spaß ist hier keine Spur. Denn zu allen Widersinnigkeiten ist unser Held auch noch ziemlich humorlos. Wenn ich schon im Kino dieser Ernsthaftigkeit und diesem Geschichts-Blabla ausgesetzt werde, dann will ich wenigstens etwas über Dantes Inferno lernen – oder über die wirklichen Probleme einer drohenden Überbevölkerung in den nächsten 40 Jahren. Das hab ich nicht.

Meine Bewertung bei IMDB: 5 Punkte
Aufgeblasenes, schwerfälliges Nichts. Das beste daran ist Tom Hanks, der für die Rolle des Robert Langdon diesmal sogar eine neue Perücke erhalten hat und somit die infernale Frisur der ersten beiden Teile endlich los ist.

Konnten nach der sexuellen Revolution noch Tabus gebrochen werden? Ja – das Bühnen-Musical The Rocky Horror Show bewies das Anfang der 70er Jahre. Männer in Frauenkleidern gab es auf Bühnen und in Filmen zwar immer – doch nur in harmlosen Verwechslungskomödien. Ein sexuell aktiver bisexueller Transvestit war allerdings eine völlig neue Kategorie. Dennoch erreichte diese Art Provokation eine sehr breite Masse. The Rocky Horror Picture Show von 1975 ist daher sowohl für die Babyboomer-Generation sowie für die Generation X ewiger Kult. Egal wie schlecht andere Filme mit Tim Curry sind – er wird für Rocky Horror-Fans der einzig wahre laszive, anziehend-abstoßende Dr. Frank-N-Furter bleiben.

Der Fernsehsender Fox hat dieses Jahr eine Neuauflage des Klassikers gewagt. Warum auch nicht?

Transsexuell vs Transvestit

Was könnte die Neuauflage also Neues bieten? Hauptsächlich Laverne Cox – sie ist die erste offen lebende transsexuelle Darstellerin und LGBT-Aktivistin, die einem breiteren Publikum bekannt ist – und zwar aus der hocherfolgreichen Netflix-Serie Orange Is The New Black [Anm.: empfehlenswert]. Kann die Neuauflage der Rocky Horror Picture Show mit Laverne Cox in der Hauptrolle provozieren? Ich hatte mich auf den Fernsehabend gefreut. Doch schon nach den ersten Minuten stellte ich fest: Hier wirkt nichts frisch, frech oder auch nur annähernd anrüchig oder provokant. Alleine der Frank-N-Furter-Look ist nicht mit dem von Tim Curry zu vergleichen – das skurrile Make-up und das trashige Outfit haben viel zum Kult-Status der Figur beigetragen. Und, sorry, Ms Cox: I did not „shiver with antici… … … … [oh well – say it already, dammit] …pation“. Niemand wird an dieser Stelle Tim Curry je das Wasser reichen können.

Transsexualität könnte für Rocky Horror durchaus als Steigerung zu Transvestismus angesehen werden und zu einer geeigneten Adaption des Stoffs für die heutige Zeit anregen. Warum ist das nicht passiert? Seit den 70er Jahren sind viele Tabus gebrochen worden. Cross-Dresser oder Trans-Personen führen heute viel öfter kein verstecktes Leben mehr und sind längst auch in unserer alltäglichen Wahrnehmung angekommen. Das große Manko bei Laverne Cox war letztlich, dass sie durch und durch die Frau spielt, die sie heute auch tatsächlich ist. Ich meine damit, dass ihr Frank-N-Furter es an Ambivalenz fehlt. Sie setzt in der Rolle zwar auch ihre männliche Stimme ein, doch äußerlich dringt kein Fünkchen einer männlichen Ausstrahlung durch. Kostüm und Makeup lassen das nicht zu – anders als in Orange Is The New Black, wo ihr Gesicht nicht völlig hochglanzlackiert ist. Wo in Rocky Horror das Kostüm die richtigen Stellen quetscht und puscht, verrät ihr Gefängnisoutfit in Orange trotz der Brüste noch verbliebene Hinweise ihres biologischen Geschlechts, wie Taille oder Schultern. Die Kostüm- und Maskenbildner der Rocky Horror-Neuauflage haben es einfach zu gut gemeint.

[Seht euch hier den Trailer an oder scrollt runter und lest weiter]

 

Colour Boosting vs Talent

The Rocky Horror Picture Show – Let’s Do The Time Warp Again hätte dennoch noch ein unterhaltsamer Film werden können. Woran es fehlte, war sexuelle Spannung. Das liegt nicht nur an Laverne Cox‘ Darstellung von Dr. Frank-N-Furter. Das dröge Paar Brad und Janet wird mit einer neuen Welt und einer völlig anderen Lebensart konfrontiert, die beiden machen neue, aufregende sexuelle Erfahrungen und bleiben am Ende doch farblos und uninteressant. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Ach ja, von wem wurden Brad und Janet in der modernen Fassung nochmal gespielt? Egal, es werden keine Weltkarrieren daraus werden, wie seinerzeit die von Susan Sarandon.

Der Tiefpunkt bei den Besetzungen war für mich Reeve Carney als Riff Raff ohne Buckel. Ok, Buckel ist nicht notwendig, aber Riff Raff ist als Charakter ein verschlagener, abstoßender Kretin. Reeve Carney ist geschminkt und trägt Perücke, bleibt aber fade und uncharismatisch, wie immer. Er bringt nichts davon mit, wodurch er als gruseliger Widerling überzeugen könnte.

Einzige Überraschung: Adam Lambert als Eddie! Wer hätte das gedacht? Eine Rolle anzunehmen, die vor ihm Meat Loaf mit viel Körper- und Stimmvolumen ausgefüllt hat, war mutig. Doch Adam Lambert hat die Show für ein paar Minuten so richtig gerockt und zeigte außerdem, dass in ihm ein richtiger Comedian steckt.

Zu Tim Currys Rolle als Erzähler möchte ich nicht viel sagen. Nur so viel: Jeder muss sein Geld verdienen, daher verstehe ich, weshalb er sich für das Projekt zur Verfügung gestellt hat. Er soll uns allen aber lieber als Frank-N-Furter in Erinnerung bleiben.

Whatever happened to Fay Who?

Bleibt noch ein Thema. The Rocky Horror Picture Show ist auch eine nostalgische Hommage an die klassischen Horror B-Movies der 1930er bis 50er Jahre. Waren diese in den 70er und 80er Jahren noch fixer Bestandteil des Fernsehprogramms, hat ein junges Publikum von heute keinen Bezug mehr dazu. Schon allein deshalb ist die Neuauflage der Rocky Horror Picture Show völlig aus der Zeit gefallen. Und seien wir ehrlich: Bei allem Kult. Wenn man heute die Ur-Version der Rocky Horror Picture Show ansieht, dann tut man es ebenfalls aus purer Nostalgie. Eine nostalgische Hommage an diesen Klassiker aus den 1970er Jahren wäre im Jahr 2016 sicher interessanter gewesen.

 

The Rocky Horror Picture Show – Let’s Do The Time Warp Again (2016) lief in den USA am 20. Oktober 2016 auf Fox

Meine Bewertung auf IMDB: 4 Punkte
Insgesamt hat diese Neuauflage des kultigen Rocky Horror Musicals nicht viel mehr zu bieten als aktuell bekanntere Gesichter und sattere Farben, damit die bunten Kostüme und Make-ups gut rüberkommen. Es fehlt die Seele.

In einer Moschee in Afghanistan detoniert eine Bombe. 14 Menschen sterben. Pilger, die in dem Gotteshaus einen religiösen Feiertag begehen wollten. Einen Tag zuvor werden 17 Menschen in Kabul bei einem Bombenanschlag in den Tod gerissen. Männer, Frauen, Väter, Mütter, Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern. Sie müssen sterben, weil einige Fanatiker es so wollen. Weil sie sich dazu berufen fühlen. Seit Generationen ist das Land am Hindukusch Kriegsgebiet. 1979 marschieren sowjetische Truppen dort ein. Zehn Jahre später ziehen sie sich aus der „abtrünnigen“, schwer kontrollierbaren Teilrepublik zurück und hinterlassen das Feld der Zerstörung den Mudschaheddin. Von der Außenwelt unberücksichtigt nimmt die Radikalisierung ihren Lauf. Die afghanische Gesellschaft verliert ihre Basis und ihre Mitte. Stattdessen regieren Chaos und Gewalt in den Straßen von Kabul. Gottesfürchtige Krieger, die in pakistanischen Flüchtlingslagern aufgewachsen sind und dort das Kämpfen und den Islam verinnerlicht haben, wollen angeführt von dogmatischen Talibanführern in einem „Heiligen Krieg“ einen Gottesstaat installieren. Bis Anfang der 1990er-Jahre werden die Mudschaheddin zunächst mit fünf Milliarden US-Dollar unterstützt. Sie sollen die Sowjets abschütteln und bekommen dafür Waffen und Munition. Ein Jahrzehnt später bekämpft die US-Regierung die Taliban mit Milliardenbeträgen aus amerikanischen Steuergeldern. Die Appelle der UNO dazwischen finden kein Gehör. Die internationalen humanitären Hilfsmittel sind im Vergleich zu den Militärausgaben Peanuts. Stattdessen verwandelt sich Afghanistan auf der Suche nach Osama Bin Laden und weil seit jeher Öl durch die kaspische Region fließt einmal mehr zum internationalen Kampfschauplatz.

In der syrischen Stadt Aleppo begräbt ein eingestürztes Wohnhaus 25 Menschen unter sich. Syrische Kampfjets haben im Duett mit russischen das Gebäude in Schutt und Asche verwandelt. In den Trümmern werden später die Leichen von Kindern geborgen. Sie sind Opfer eines Bürgerkrieges, der das Land im Nahen Osten in die Steinzeit katapultiert hat. Doch jenseits der Grenze im Irak sieht die Situation nicht wesentlich besser aus. In drei sogenannten Golfkriegen und immer wiederkehrenden Wirtschaftsembargos hat die Bevölkerung über Generationen hinweg das Überleben aber auch das Kämpfen gelernt. Krieg, Zerstörung und Armut haben dem IS-Staat und seiner Miliz den Weg geebnet und einen Nährboden für unendlichen Hass geschaffen.

Der Tod ist in diesen Regionen der Welt ein ständiger Begleiter. Er löscht Leben aus und begräbt die Hoffnung. In der fernen Schweiz verhandeln indes Vertreter von Großmächten über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien. Sie schmieden Allianzen, besprechen ihre taktische Vorgehensweise, entwickeln Strategien mit Bündnispartnern und setzen neue Ziele für ihre politischen und militärischen Missionen. Währenddessen treffen Waffentransporte in Saudi-Arabien ein. Die selbstgesteuerten Raketen, entwickelt in einem westlichen Industriestaat, werden später Häuser im Jemen dem Erdboden gleichmachen und Menschen unter den Trümmern begraben. Diese Menschen werden Opfer einer vermeintlich hochentwickelten Technologie und eines zweifelhaften Fortschritts.

Krieg ist global. Er ist ein lukratives Geschäft und kennt keine Grenzen. Warum sollte er auch? Wer seine Spielregeln bestimmt, kann gut von diesen leben. Ähnlich verhält es sich mit dem Terror. International gesehen ist der Terrorismus, von einem Staat ausgeübt oder einer radikalen Gruppierung, ein Big Business. Ein globaler Wirtschaftszweig, hinter dem bestimmte Interessen und Absichten stecken – irrational, unbegreiflich und menschenverachtend – aber selbst wenn Millionen sterben, profitieren einige wenige von ihrem Tod. Religionen und Ideologien sind den wahren Beweggründen vorgeschoben. In Wirklichkeit geht es um Bereicherung, Machtentfaltung, Ausbeutung, Unterdrückung und Unterwerfung ganzer Bevölkerungen.

Nationalismus kann diesem Terror nichts entgegensetzen. Er ist eine hilflose Antwort, die wiederum Unfrieden stiftet. Nationalismus ist die Triebfeder für kriegerische Auseinandersetzungen. Europa sollte das aus seiner Vergangenheit wissen. Ultra-Nationalisten und Faschisten haben den europäischen Kontinent und die Welt im 20. Jahrhundert in zwei Kriege und in den Untergang geführt. Nationalisten haben nicht nur Neid, Missgunst und Hass geschürt, sondern Millionen Menschen auf dem Gewissen. Sie haben die Massen mit falschen Idealen und Versprechen auf ihre Seite gebracht. Familienväter wurden zu Henkern und Totengräbern, Mütter zu Vollzieherinnen eines Unrechtssystems.

Im 21. Jahrhundert machen Autokraten ihre Grenzen dicht, um Flüchtlinge auszusperren, zensurieren oder verbieten Oppositionsmedien und verletzten Persönlichkeitsrechte der eigenen Bevölkerung. Militärbudgets werden aufgestockt und Sozialleistungen eingespart. Von öffentlicher Seite finanzierte Bürgerwehren sollen Städte und zuweilen das Land sicherer machen. Videokameras in Straßenbahnen sollen Passagiere vor Übergriffen schützen. In politischen und medialen Diskursen bestimmen Bedrohungszenarien die Debatten, gesellschaftliche Probleme werden kaum diskutiert. Bevölkerungsgruppen werden zu Sündenböcken abgestempelt. Neonazis marschieren auf Plätzen und Straßen auf. Unterkünfte von Asylsuchenden brennen.

Rechtspopulistische Politiker scheinen einfache Antworten auf komplexe Fragen zu kennen. Sie befinden sich mit ihren national-chauvinistischen Spinnereien und Phobien im Aufwind und fühlen sich im Glauben bestärkt „ihre“ Bürger beschützen zu können, während sich die Spirale der Gewalt unaufhaltsam weiterdreht, weil die Gier nach der eigenen Macht keine Grenzen kennt und die Welt zu verschlingen droht.

„Es gibt so viel coole Storys, die man verfilmen könnte. Fällt denen nichts mehr ein? Es gibt so viel echte Helden auf dieser Welt, warum pikt [sic] man sich da niemanden heraus?“ So lautete einen Kommentar, den jemand unter meinen Filmbericht über Die glorreichen Sieben setzte.

Hier sind gleich zwei Beschwerden enthalten:
1. Es gibt keine neuen Storys.
Meine Antwort: Stimmt überhaupt nicht.
2. Niemand macht Filme über Menschen, die echt was geleistet haben.
Meine Antwort: Die gibt es doch. Aber das Marketing dafür ist nicht so stark.

Darum möchte ich diesmal ein paar neue Filme über Helden des echten Lebens vorstellen.

 Sully

Am 15. Jänner 2009 machte ein Mann weltweit Schlagzeilen: Der Pilot Chesley „Sully“ Sullenberger. Nach einem Vogelschlag waren beide Triebwerke seiner Maschine ausgefallen. Anstatt zu versuchen zum Flughafen umzukehren, beschloss er, auf dem Hudson River notzuwassern. Alle 155 Passagiere überlebten.

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Der Film Sully erzählt keine hochdramatisierte Geschichte, die im „Absturz“ des Flugzeugs gipfelt. Vielmehr wird betrachtet, wie Sullenberger es nach der aufsehenerregenden Notlandung erging. Denn einerseits rissen sich die Medien und die Öffentlichkeit um den Helden, während gleichzeitig ein Untersuchungsverfahren eingeleitet wurde. Ihm wurde vorgeworfen, er habe immensen Sachschaden verursacht und das Leben der Passagiere gefährdet.

Der Film erzählt sehr unaufgeregt und neutral, aber dennoch spannend. Sully wirkt sehr authentisch – selbst in den Szenen, wo der Absturz gezeigt wird. Es gibt keine kreischenden oder sich irrational verhaltenden Passagiere, wie man sie in so manchen Katastrophenfilmen sieht.

Tom Hanks ist in der Rolle des Sully perfekt besetzt. Wieder einmal. Er hat auch schon früher Helden des echten Lebens verkörpert, wie James B Donovan in Brige of Spies oder Richard Philops in Captain Philips – beide Filme ebenfalls sehr sehenswert.

Sully läuft bei uns ab 1. Dezember im Kino

The White Helmets

Die Weißhelme sind eine syrische Zivilschutz-Organisation. Über 1000 Menschen sind im ganzen Land zur Stelle, wenn Bomben fallen und Hilfe benötigt wird. Sie retten Menschen aus Trümmern, bergen Leichen und löschen Brände. Sie begeben sich täglich für andere in höchste Gefahr. Dafür haben sie im September den Right Livelyhood Award erhalten – den alternativen Nobelpreis.

Die 40-minütige Dokumentation wurde 2016 gedreht und folgt drei Männern, die in Aleppo bei den Weißhelmen täglich im Einsatz sind. Sie kommen aus allen möglichen Berufen, wie Schneider oder Bauarbeiter. Schon wenn sie ein Flugzeug hören, springen sie auf und tatsächlich fallen bereits kurz darauf die Bomben. Sie retten, suchen, weinen – oft vor Schmerzen, oft vor Glück. Manchmal da lachen sie auch – oder sie reden über Hoffnung. Auch das ist bewundernswert.

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Authentischere Einblicke in die Zustände in Aleppo bekommt man selten. Es ist mitunter unbequem, sich das anzusehen. Doch gerade dann ist es wichtig nicht wegzuschauen, denn sonst werden wir uns die verheerenden Zustände nie annähernd vorstellen können.

Zu sehen auf Netflix

Hacksaw Ridge

Kann man Soldat und Pazifist sein? Desmond Doss konnte das. Er und nur zwei weitere US-Soldaten verweigerten im zweiten Weltkrieg den Dienst an der Waffe. Vom Kriegsdienst zurückgestellt wollte er trotzdem nicht werden. Er diente seinem Land ohne Waffe – und rettete dennoch im Schlachtfeld vielen Kameraden das Leben. Dafür erhielt er als erster Soldat, der keinen einzigen Schuss abgefeuert hatte, die höchste Auszeichnung für Verdienste um die USA.

[Seht euch hier den Trailer an oder scrollt runter und lest weiter]

Bisher habe ich nur den Tailer gesehen. Andrew Garfield scheint eine gute Wahl für die Figur des Desmond Doss. Insgesamt dürfte die Geschichte recht sehenswert sein, auch wenn der Film nicht ganz ohne Pathos auskommt.

Ab November läuft Hacksaw Ridge in den USA (möglicherweise folgt dann schon ein detaillierter Bericht), ab Jänner ist er dann auch in Deutschland und Österreich zu sehen.

Und die Frauen?

Dieses Jahr ist mir erst ein einziges Biopic über eine Frau aufgefallen: Joy mit Jennifer Lawrence. Joy Magnano war die Erfinderin des ersten Wischmops, den man nicht per Hand auswringen musste. Das kann nicht die einzige weibliche Heldentat gewesen sein. Ich mache mich gleich auf die Suche, nach weiteren neuen Filmen über wahre Heldinnen. Wenn jemand Tipps dafür hat, dann freue ich mich. Schreibt mir doch.

(Beitragsbild: Bill Kirkpatrick
https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/legalcode)

Friedrich Schiller. Nicht unbedingt der Liebling von Generationen von Schülern und Germanistikstudentinnen. Meiner schon. Und Don Carlos im Salzburger Landestheater beweist wieder die Kraft und Aktualität von Schillers Stücken. Allein die Sprache war ein Genuss. Vor lauter Whatsapp, Facebook und Twitter hatte ich fast vergessen, wie wunderschön ein Blankvers sein kann. Wie kraftvoll, schmeichlerisch, emotional die deutsche Sprache ist – ohne ein einziges Emoticon.

Don Carlos – Julienne Pfeil, Hanno Waldner, Janina Raspe und Nikola Rudle © Anna-Maria Löffelberger

Don Carlos – Julienne Pfeil, Hanno Waldner, Janina Raspe und Nikola Rudle © Anna-Maria Löffelberger

Don Carlos (Gregor Schulz) ist aktuell. Sein Vater Philipp (Marcus Bluhm)  könnte Baschar al-Assad sein  oder Kim Jong Un sein. Das Schicksal von Millionen Menschen hängt am Ego eines einzelnen Herrschers. Seine Untertanen sind sein Besitz, ebenso seine Frau Elisabeth (Julienne Pfeil). Zweifelt er an ihrer Tugendhaftigkeit, dann säumen Leichen seinen Weg. Selbstzweifel münden in noch mehr Brutalität. Und es finden sich immer genug Lakaien, die des Herrschers absolute Macht stärken, so wie der Herzog von Alba (Marco Dott) und die Herzogin von Olivarez (Britta Bayer).

Don Carlos – Ensemble © Anna-Maria Löffelberger

Don Carlos – Ensemble © Anna-Maria Löffelberger

Auf Drängen des Marquis von Posa (Gregor Schleuning) soll Don Carlos die niederländischen Provinzen als Statthalter befrieden. Aber die große Aufgabe bleibt stecken in dem ganzen persönlichen Wirrwarr zwischen Eifersucht, Liebe, väterlicher Missachtung und Intrigenlust. Und genau das ist aktuell wie eh und je. Despotische Herrschaftsverhältnisse verrennen sich in persönlichen Fehden, Verletzungen und Rücksichtslosigkeiten. Das Volk ist nur Staffage für das Leben des Herrschers und seiner Clique, oft als gottgewollt inszeniert.

Alexandra Liedtke (Inszenierung) und Friederike Bernau gelingt es all das auf der Bühne des Salzburger Landestheaters in knapp drei Stunden zu verdichten. Das karge Bühnenbild (Raimund Voigt) und die strengen Kostüme (Johanna Lakner), die mit den Farbkontrasten schwarz-weiß-rot beeindrucken, bringen noch mehr Dramatik in das Schillersche Stück.

Meine Empfehlung: Absolut sehenswert! Schiller at his best!

Fotos: Salzburger Landestheater