Interessantes zum Thema Kultur

Vorgestellt: Walter Stowasser ist Barpianist in Salzburg. Obwohl er bereits das Pensionsalter erreicht hat, denkt er nicht ans aufhören: „Solange die Finger laufen und mein Repertoire im Kopf ist, ist das kein Thema.“

In einem gediegenen Ambiente, nämlich dem Hotel Sacher Salzburg, ist Walter Stowasser als Barpianist angestellt. „Früher gab es mehrere Barpianisten, heute bin ich der einzige in Salzburg, der noch fix angestellt ist“, erzählt er. Aufgewachsen ist der Musiker im oberösterreichischen Peuerbach. Stowasser, der mit dem verstorbenen Künstler Friedensreich Hundertwasser (Stowasser) nicht verwandt ist, stammt aus einer musikalischen Familie. Sein Vater war Volksschuldirektor, Kirchenorganist und Kapellmeister. Die Mutter war ebenfalls Kirchenorganistin. Mit vier Jahren habe ich meinem Vater Stücke nachgespielt“, erinnert er sich. Sein Vater gab ihm Klavierunterricht. Ab dem sechsten Lebensjahr habe ich auf der Kirchenorgel gespielt.“ Während der Zeit in der Hauptschule machte er die Ausbildung bei einer Klavierpädagogin.

Mozarteum statt Lehramt

Danach wollte sein Vater, dass er ebenfalls Lehrer wird. „Nach einem Jahr habe ich die Ausbildung abgebrochen und mich am Mozarteum beworben, das hat mein Vater gar nicht gern gesehen.“ Mit seinen 16 Jahren wurde er am Mozarteum aufgenommen und studierte dort drei Jahre Klavier und Orgel. Als er den berühmten Klaus Wunderlich bei einem Konzert an der Hammondorgel erlebte, war er von diesem Musikinstrument derart fasziniert, dass er sich fortan der gehobenen Unterhaltungsmusik verschrieb. Es folgten erste Auftritte in einer Bar in Burghausen. „Dort habe ich vier Jahre gespielt. Danach bin ich nach Saarbrücken gewechselt.“ In Saarbrücken hat er die Ausbildung zum Musikinstrumentenverkäufer gemacht und die Abteilung für Tasteninstrumente geleitet. Er übersiedelte nach acht Jahren in die Nähe von Kaiserslautern, wo er Unterricht am Klavier und an der elektronischen Orgel gab.

Zweiter Platz bei weltweitem Wettbewerb

1982 veranstaltete die Firma Yamaha einen weltweiten Wettbewerb für elektronische Orgeln. Walter Stowasser gewann die europäische Ausscheidung und erreichte beim Finale in Tokio den zweiten Platz. Von 1986 bis 1997 war Stowasser als Lehrer in der Schweiz tätig. „In dieser Zeit war ich oft in Salzburg bei meinem Vorgänger Charly Doblmaier im Hotel Österreichischer Hof, wie das Sacher damals hieß.“

1999 bot sich die Möglichkeit, Barpianist im Sacher zu werden. „Es war schon immer mein Traum, hier zu spielen“, so Walter Stowasser. Wichtig sei es, sein Repertoire im Kopf zu haben und auf die Wünsche der Gäste einzugehen. „Ich kann sechs bis sieben Stunden durchspielen.“ Die Musik, die Stowasser spielt, ist sehr vielfältig. Sie reicht vom American Songbook aus den 1930er-Jahren bis zu den Beatles und Whitney Houston.

von Andreas Praher

Zwangsarbeiter Landesarchiv  Karteikarte PraherKinderaugen hinter Stacheldraht. Ein Junge, kaum älter als 14 oder 15 Jahre. Sein Blick schweift in die Ferne – ängstlich und nachdenklich zugleich. Das „P“ am Revers des beigen Schnürlsamt-Jackets gibt Auskunft über seine Herkunft. Ludwig kam am 5. Jänner 1929 in Palcsa bei Krakau zur Welt. Der „Zivilarbeiter polnischen Volkstums“, so gibt die Karteikarte Auskunft, ist in der Landarbeit im Pongau eingesetzt. Ebenso wie die vier Schwestern neben ihm. Sie alle sind noch minderjährig, haben das Leben noch vor sich, doch im Augenblick der Aufnahme scheint dieses verloren. Nach diesem Foto wird vieles anders sein und Ludwig Monate später nicht mehr derselbe.

Bis zum Kriegswinter 1945 zwang das NS-Regime 50.000 Menschen – zum Teil Kinder, Jugendliche und Greise – im Gau Salzburg zur Arbeit. Sie schufteten am Feld, für die deutsche Rüstungsindustrie und auf der Baustelle des Tauernkraftwerkes in Kaprun. Die Nutzung des Wassers zur Energiegewinnung zählte zu den großen Zielen der NS-Wirtschaftspolitik. Eine gesicherte Versorgung mit Strom war Voraussetzung für eine funktionierende Rüstungsproduktion. Dafür benötigte der NS-Staat Arbeiter. Zunächst waren es polnische und belgische Kriegsgefangene, danach Franzosen, französische Juden und russische Kriegsgefangene. Bereits 1938 schrieb die Alpenelektrowerke AG „Wir müssen das nehmen, was kommt. Es ist klar, dass es ohne ausländische Arbeitskräfte, insbesondere italienische, nicht gehen wird.“ 1942 waren rund 1500 Zwangsarbeiter auf der Kraftwerksbaustelle eingesetzt, großteils Kriegsgefangene. Sie waren ebenso wie die über 24.000 „fremdstämmigen Ostarbeiter“ und Polen „Sklaven für Krieg und Fortschritt“. Die gleichnamige Ausstellung im Salzburger Landesarchiv legt ein beklemmendes Zeugnis über ihr Schicksal dar. Viele ließen ihr Leben, sahen ihre Brüder, Schwestern, Mütter und Väter nie wieder. Bis heute läßt sich die Zahl der Opfer für das heutige Bundesland Salzburg nicht genau feststellen. Manche hatten Glück und überlebten den NS-Terror, landeten allerdings bei ihrer Rückkehr vom stalinistischen Regime als „Vaterlandsverräter“ abgestempelt im Gulag. Andere blieben in Österreich, heirateten, bekamen Kinder und versuchten das Trauma zu überwinden. Wie meine Großmutter Nadja aus Rostow am Don. Sie landete – keine 20 Jahre alt – mit einem der unzähligen Transporte aus der ehemaligen Sowjetunion 1942 im Bezirk Kirchdorf in Oberösterreich, wo sie zur Arbeit in der Landwirtschaft gezwungen wurde. Nach dem Krieg heiratete sie meinen Großvater, der eben erst als Wehrmachtssoldat heimgekehrt war. Der traumatisierte junge Mann verliebte sich in die entwurzelte junge Frau. Sie bekamen eine Tochter. Und diese wiederum zwei Söhne und eine Tochter. Über das Leben der Großmutter wurde nie gesprochen. Sie erzählte niemanden ihre Geschichte. Oma Nadja starb zu früh und mit ihr ein Teil unserer Geschichte. Vergessen wird sie aber nie sein. Ebenso wenig wie das Schicksal der Millionen Zwangsarbeiter.

Die Ausstellung „Sklaven für Krieg und Fortschritt“ ist bis Ende April 2015 im Salzburger Landesarchiv, Michael-Pacher-Straße 40, 5020 Salzburg, zu sehen.

Vor ein paar Wochen war ich in Amerika auf Urlaub. Dort war schon Ende September alles ganz auf Halloween ausgerichtet: Dekorationen überall und es gab auch ziemlich arge Haunted House-Touren – ich hab mich heiser geschrien. Bei uns fasst dieser Feiertag am 31. Oktober nicht wirklich gut Fuß. Die Anzahl der Kinder, die verkleidet herumlaufen und unter Androhung eines Streichs Süßigkeiten einfordern, ist überschaubar. Nichts für Ungut, liebe Kinder, aber euer Mummenschanz macht für uns Erwachsene noch keinen tollen, gruseligen Tag aus.

Irgendwie kann man den Tag aber trotzdem begehen. Wer keine Lust auf Halloween-Partys hat und findet, dass Süßigkeiten sowieso nur dick machen, kann ja einen lustigen Abend mit Horrorfilmen organisieren – am besten im Freundeskreis.

Hier 7 Tipps von mir, ohne Reihung.
Wichtig: Ich bin ja selbst ein bisschen feige und muss bei grausigen Metzel-Szenen wegschauen. Darum sind alle Filme so gewählt, dass auch sensiblere Gemüter am Gruselgefühl Spaß haben können.

1. Poltergeist
Perfektes Familien-Glück in der Vorstadt-Siedlung. Doch dann verkündet die kleine Carol Anne: „Sie sind hie-ier.“ Gegenstände fliegen durchs Haus, Spielzeug-Clowns würgen Kinder, Geister-Erscheinungen streifen umher – und schließlich verschwindet das kleine Mädchen im Fernseher. Ein kleinwüchsiges Medium rückt den Poltergeistern entschlossen an die ektoplasmische Pelle und holt die kleine Carol Anne wieder aus ihren Fängen. Nach 32 Jahren noch immer gut – und alle warten auf das berühmte Zitat: Geeeh nicht ins Liiicht, Carol Anne!

2. The Cabin in the Woods
In diesem Film wird eine Gruppe junger Leute niedergemetzelt. Und wie so oft sind sie ja selber Schuld, haben sie doch das Böse selbst, wenngleich ahnungslos heraufbeschworen. Aber es steckt noch mehr dahinter: Was führen die Leute in den weißen Kitteln im Schilde, die das Ganze von ihrem sterilen Labor aus verfolgen und mitunter sogar steuern? Für mich ist der Film „die Mutter aller Horrorfilme“. Voll Meta und eine unheimliche Gaudi.

3. Bram Stoker’s Dracula
Dieser Film ist einerseits nah an der Romanvorlage, wandelt die Geschichte, die hauptsächlich im London Ende 19. Jahrhunderts spielt, jedoch in eine morbid-romantische Love Story um. „Bram Stoker’s Dracula“ zeigt der „Twilight“ Saga, wie so etwas richtig geht. Mina ist fasziniert und zugleich abgestoßen von dem rätselhaften rumänischen Prinzen Vlad. Dieser zeigt sich mal als schrulliger Greis, mal als cooler Fin-de-Siècle-Dandy. Mit opulenten Ausstattungen, großartigen Kostümen und echten Special Effects, die nicht ausschließlich aus dem Computer stammen, bringt er großes Kino und wohligen Grusel ins Wohnzimmer.

4. Communty Staffel 3, Episode 5
Community ist eine meiner liebsten Comedy-Serien. Hierzulande ist sie nicht sehr bekannt und wurde nicht monatelang gepusht, bis die Leute sie endlich mit mehr Begeisterung ansahen (wie z.B. Two and a Half Men). Schade. Dabei bietet die Serie zahlreiche Highlights. Zur Höchstform läuft das Ensemble in so genannten „Bottle Episodes“ auf. Das heißt, dass die Hauptfiguren die ganze Folge lang zusammen in einem Raum sind und dort ein echtes Kabinettstück abliefern. Normalerweise sind die Halloween-Episoden von Comedy-Serien eine lahme Angelegenheit, aber mit dieser „Bottle Episode“ erlebt man den besten witzigen Grusel, den man sich wünschen kann.

Für die Serie gibts nur den ganz allgemeinen Trailer für die erste Staffel:

5. Sleepy Hollow
Constable Ichabond Crane, wird aus der Stadt in das Dorf Sleepy Hollow geschickt, um rätselhafte Morde aufzuklären. Der aufgeklärte und für 1799 nach dem modernsten Stand der Technik und Wissenschaft ausgerüstete Ermittler mag den Geschichten um einen kopflosen Reiter, der allnächtlich aus seinem Grab aufsteigt, keinen Glauben schenken. Doch schon bald gefriert auch ihm das Blut in den Adern. Phantasievoll und mit wunderbar unheimlicher Stimmung zeigt der Film Johnny Depp in einer seiner besten Rollen. Kann er den Kopflosen zur Strecke zu bringen und gleichzeitig das Herz Christina Riccis gewinnen?

6. American Horror Story
Für Binge-Watcher, also Leute, die sich gerne ganze Staffeln einer Serie an einem Tag reinziehen, stehen American Horror Story 1–3 bereit. Jede Staffel ist eine abgeschlossene Geschichte, so kann man nach Geschmack aussuchen, ob man sich lieber durch ein Horrorhaus, eine unheimliche psychiatrische Anstalt oder einen Hexenzirkel in Schrecken versetzen lassen möchte. Staffel 4 „Freak Show“ läuft gerade und ist die bisher beste Geschichte der Serie. Sie hat mit „Twisty“ den furchterregendsten Clown seit Pennywise in „Es“ – ich kann nie mehr wieder in der Zirkus gehen. Aber: Bis 31. Oktober ist erst die vierte Folge der aktuellen Staffel gelaufen. Ihr könnt euch ja dann wöchentlich wieder mit euren Freunden treffen und gemeinsam weiterschauen. Ansonsten empfehle ich „Freaks“ aus dem Jahr 1932, ein früher Horrorfilm, der die Serie eindeutig inspiriert hat.

7. Penny Dreadful
Noch eine Fernsehserie – quasi als Gegenstück zu American Horror Story, denn die Geschichte spielt im viktorianischen England und führt alle möglichen Figuren des britischen Gothic Horror zusamen: von Dr. Frankenstein samt seiner Kreatur über Dorian Gray, Dr. Van Helsing, Mina Harker (von Dracula gefangen gehalten) und einem Werwolf bis hin zu Jack the Ripper. Geschickt werden die Geschichten der verschiedenen Figuren zu einem unheimlichen Geflecht verknüpft. Es ist schwer, sich der Story und düsteren Bildästhetik zu entziehen.

Habt Ihr selbst auch Horror-Tipps für Halloween? Dann schreibt uns einen Kommentar.

Viel Spaß – und Happy Halloween!

Foto: Jack-o‘-Lantern 2003-10-31 (CC BY-SA 2.5)

Inhalt

Nick Dunne [Ben Affleck] geht an seinem fünften Hochzeitstag in die Bar und kotzt sich dort über seine Frau, Amy [Rosamund Pike], aus. Dabei hatte für die beiden alles wie im Märchen begonnen: kennenlernen, sich verlieben, heiraten – alles war perfekt. Bis Nick seinen Job verlor und Amy ihren Eltern fast ihr gesamtes (beträchtliches) Vermögen lieh. Geldsorgen holten die beiden bald aus ihrer Märchenwelt. Sie zogen von der teuren Stadt aufs billigere Land und wurden genau so ein Ehepaar, wie sie es nie werden wollten. Als Nick aus der Bar nach Hause zurückkehrt, um widerwillig den Hochzeitstag zu begehen, kommt der Schock: Amy ist verschwunden. Wahrscheinlich entführt. Von einem Kampf zeugt nur der umgeworfene, zerbrochene Glastisch im Wohnzimmer.

Die Medien stürzen sich auf die Story. Das ganze Land bekundet dem bestürzten Ehemann seine Unterstützung und hilft auf der Suche nach seiner Frau. Bis nach und nach Details über Nick bekannt werden. Die Unterstützung der Presse und Öffentlichkeit schlägt bald in Misstrauen um und Nick sieht sich im landesweiten Fernsehen mit der Frage konfrontiert: Haben Sie Ihre Frau umgebracht, Nick?

Ben Affleck auf der San Diego Comic-Con (Foto: Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0)

Ben Affleck
auf der San Diego Comic-Con
(Foto: Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0)

Achtung Spoiler!
Über „Gone Girl“ lässt sich kaum etwas schreiben, ohne die Handlung und einige der Wendungen zu verraten. Darum: Wer den Film noch sehen möchte: Bitte nicht weiterlesen! Alle anderen: Lest mal und gebt in den Kommentaren eure Meinung zum Film ab.

Der Film ist höchst erfolgreich: An den Kinokassen und beim Publikum (Durchschnittsbewertung auf IMDB: 8,5 von 10 Punkten). Und es wird viel darüber diskutiert. Dabei ist es sehr erstaunlich, dass einer der Diskussionspunkte Ben Afflecks Penis ist. Jawohl. Das gibt Stoff für die Klatschspalten und auch seine Ehefrau Jennifer Garner wurde (ausgerechnet) von Ellen DeGeneres dazu befragt. Man brauche dafür eine Weitwinkel-Linse, meint sie. Jetzt wissen wir das auch. Glückliche Frau Garner.
Das gute Stück hab ich übersehen. Ich muss wohl für eine Millisekunde geblinzelt haben. Aber ich habe mir die ganze Zeit über ohnehin eine ganz andere Frage gestellt: Wie wird Ben Affleck wohl demnächst ins Batman-Kostüm passen? Unter den losen Hemden zeichnete sich eindeutig der Wohlstand ab. Aber darüber redet niemand.

Ein feministischer Film?
Ein bisschen Klatsch ist ganz lustig, aber der Film als solches wird sehr kontrovers diskutiert: Ist „Gone Girl“ zutiefst frauenfeindlich – oder ist der Film feministisch? Diskreditiert der Film Frauen, die Opfer männlicher Gewalt werden – oder zeigt er eine Frau, die sich aus eigener Kraft aus einer Situation, einer Ehe, befreit und ihre Unabhängigkeit sucht? Eines ist für mich gleich mal klar: Feministisch ist „Gone Girl“ sicher nicht, denn Amy ist wahrlich kein Vorbild an Frauenpower.

Vielleicht doch frauenfeindlich?
Auch dass der Film frauenfeindlich ist, stimmt für mich nicht. Zuerst einmal ist die Handlung allzu absurd dafür. Die unglückliche Ehefrau (der Ehemann betrügt sie und will sie verlassen) bereitet monatelang ihre Flucht aus ihrer Ehe vor. Und zwar so, dass sie es absichtlich wie eine schlecht inszenierte Entführung aussehen lässt. Sie befreundet sich mit der leicht zu manipulierenden Nachbarin (der „Idiotin von nebenan“, wie sie es formuliert), hält in einem Pseudo-Tagebuch Ereignisse fest, die nie stattgefunden haben (z.B. schreibt sie, dass ihr Ehemann sie geschlagen hat und sie um ihr Leben fürchtet), und sie legt Spuren – eine richtige Schnitzeljagd für die Polizei. Der untreue Ehemann soll ins Gefängnis. Oder noch besser zum Tode verurteilt werden. Das scheint ihr völlig gerecht. Dabei hat sie sich von Anfang an nur verstellt, um diesem Mann zu gefallen. Geliebt hat sie ihn nie. Es stellt sich auch heraus, dass sie bereits zuvor einen Mann mit falschen Vergewaltigungs-Anschuldigungen ins Gefängnis gebracht hat.

Ganz ehrlich finde ich, es handelt sich einfach um einen Thriller: Ein Krimi mit vielen Wendungen, der einen an der Nase herumführt und in dem nichts ist, wie es zunächst scheint. Niemand wird durch diesen Film Vergewaltigungsopfern unterstellen, die Anschuldigungen seien sicher falsch, weil es ja im Film „Gone Girl“ auch so war.

Alle Menschen san ma zwieda
Es ist nicht so, als würden nur Frauen schlecht wegkommen. Eigentlich mag der Film, nach der Romanvorlage der Autorin Gillian Flynn, keine seiner Figuren: nicht Amy; nicht ihren Ehemann; nicht Amys Eltern, deren Erwartungen sie nie gerecht werden konnte; und nicht den Ex-Freund Desi aus der Highschool. Der Film müsste also gleichzeitig als männerfeindlich gelten. (Das würde dann auch auf so ziemlich jeden Krimi und jeden Actionfilm zutreffen.)

Doch auch für Amy, deren Sicht Regisseur David Fincher ab ca. der Hälfte des Films zeigt, wendet sich das Blatt. Die taffe Manipulatorin wird nämlich auf der Flucht selbst hereingelegt und um ihr ganzes Geld gebracht. Hilfe suchend begibt Amy sich daraufhin in die Arme ihres Ex-Freundes Desi [Neil Patrick Harris], obwohl sie weiß, dass Desi auf ganz ungesunde Weise von ihr besessen ist. Aber er hat die Mittel, sie zu verstecken und nach einiger Zeit außer Landes zu bringen. Desi verwöhnt Amy, doch sie ist in seinem Haus eine Gefangene. Amy sieht im Fernsehen ein Interview mit ihrem Ehemann, Nick, und ist von seinen Worten berührt – so sehr, dass sie ihn nicht mehr in der Todeszelle sehen, sondern zu ihm zurückkehren will. Sie ahnt nicht, dass ihr Ehemann sie seinerseits geschickt manipuliert hat.

Wenn man schon davon ausgehen möchte, dass eine Geschichte über eine sozio- und psychopathische Figur die Sicht der Gesellschaft auf Frauen beeinflusst, dann ist „Gone Girl“ ab diesem Abschnitt in der Handlung höchstens dessen schuldig, für Amy letztlich Klischees zu bemühen: wankelmütig, zu leicht von Emotionen gesteuert und des Geldes wegen eine ungesunde Beziehung eingehend.

Böse genug?
Zumindest das Ende des Films möchte ich hier nicht verraten. Ich sage nur: Arme Männer. Böse, böse Amy. Auch wenn Rosamund Pike uns als Amy nicht wirklich das Fürchten lehrt. Ihre Performance hat nicht die Intensität wie zum Beispiel die einer Glenn Close in „Eine verhängnisvolle Affäre“.

Meine Bewertung auf IMDB: 8 von 10 Punkten
„Gone Girl“ bietet eine aberwitzige Story mit einigen überraschenden Wendungen. Das mäßige Tempo des Films passt gut zur Geschichte. Stück für Stück wird demontiert, was man zu wissen glaubt, und die Story neu zusammengesetzt. Nur: Anstatt eines furiosen Showdowns gibt es einen etwas zu langatmig geratenen Epilog. Schade.

 

von Elisabeth Kaplan

Vor einigen Wochen hat Zartbitter einen Aufruf gestartet, um neue österreichische Pop-Acts kennenzulernen und unter die Lupe zu nehmen. Am besten gefallen von allen Einreichungen hat uns Kathi Kallauchs Song „Schon Sehen“.

Unsere Nr. 1: Kathi Kallauch  (Foto: Bernhard Eder)

Unsere Nr. 1: Kathi Kallauch
(Foto: Bernhard Eder)

Kathi Kallauch ist zwar gebürtige Deutsche, lebt aber seit ihrer Jugend in Österreich. Als Sängerin und Songschreiberin begeistert Kallauch durch ihre Natürlichkeit und authentische, sympathische Ausstrahlung. Ihre erste EP mit sechs eigenen Songs hat sie Ende September rausgebracht und zu „Schon Sehen“ gibt es auch ein charmantes Video.

Im Hier und Jetzt leben. Wie geht das?!
Inhaltlich dreht sich „Schon Sehen“ um die Bemühungen einer Person, die Aufforderung umzusetzen, im Hier und Jetzt zu leben – ein Ratschlag, der leichter gesagt als getan ist, wie Kallauch in den ersten paar Zeilen festhält:
Wie meinst du das jetzt: „Leben im Jetzt“?
Ich sitz auf meinem Bett und versuch ihn zu umarmen den Moment
der immer wieder wegrennt.

Mit diesem Dilemma setzt sich die Sängerin in den ersten beiden Strophen auseinander. Mit dem Einsatz des Refrains scheint es dann plötzlich Klick zu machen. Sie singt:
Und dann wird alles so einfach
Ich lass die schweren Dinge los …

So sieht das Cover zu Kathi Kallauchs EP aus. Wenn euch wichtig ist, dass es weiterhin österrichische Popmusik gibt: Die EP gibts zu kaufen

So sieht das Cover zu Kathi Kallauchs EP aus. Wenn euch wichtig ist, dass es weiterhin österrichische Popmusik gibt: Die EP gibts zu kaufen

Instabile Struktur hebt die Unvorhersehbarkeit hervor
An den Strophen gefällt mir ihre Fluidität: Geht man davon aus, dass es drei Strophen gibt (1. „Wie meinst du das jetzt“; 2. „Türen gehen zu“; 3. „Du hältst meinen Kopf“ – wobei man die beiden ersten auch als eine zusammengefasste Strophe sehen könnte), unterscheiden sich diese in Bezug auf ihre Länge und melodische Bewegung. Die mäandernden, wellenartigen Bewegungen in der Gesangslinie sind wie das Leben selbst, das unvorhergesehene Wendungen nimmt, und unterstreichen die Idee des Songs, nämlich die Dinge einfach so zu nehmen, wie sie kommen. Eine rigide, auf vier-taktige Abschnitte aufgebaute Struktur würde dem Song hier ganz und gar nicht dienen. Besonders gefällt mir der gekürzte Takt bei „wegrennt“, der beim Anhören tatsächlich den Eindruck vermittelt, als würde einem der Moment durch die Finger flutschen.

Stabile Struktur betont die Erkenntnis
Der Refrain ist strukturell stabiler und klarer als die Strophen, denn da wird plötzlich „alles so einfach“, wie es im Text heißt. Inhaltlich ist ja der Refrain der Punkt, an dem die Sängerin erkennt, was es bedeutet, den Augenblick voll auszukosten, wo also alles klar wird.

Die instrumentale Begleitung gibt jedem Refrain einen anderen Charakter: So übernimmt sie im ersten Refrain die Leichtigkeit aus der Strophe mit den Akkordzerlegungen in der Gitarre. Der zweite Refrain wird spielerischer, dank einer Veränderung im Schlagzeugrhythmus und der Beifügung eines Akkordeons. Im dritten Refrain wird die Begleitung reduziert, sodass sie nur aus Ukulele und Glockenspiel besteht. Diese Instrumentenkombi erzeugt eine sorglose und verspielte Stimmung – eben die kindliche Sicht auf die Welt. Bei den weiteren Wiederholungen wird dann wieder aufgebaut, indem die anderen Instrumente und Backing Vocals wieder dazukommen.

Resumee
Kathi Kallauch ist mit ihrem Akustik-Pop-Sound und gewissenhaft getexteten Lyrics ein Gute-Laune-Song gelungen, der zu recht sogar auf Ö3 Airplay bekommt. Wir von Zartbitter gratulieren ihr dazu. Weiter so, Kathi – und viel Erfolg!

Unterstützt die heimische Musikszene und kauft die EP! Zum Beispiel auf iTunes.

von Elisabeth Kaplan

Mama hat mir beigebracht, dass ich mich für ein Geschenk immer bedanken muss und höflich lächeln soll. Papa hat mir beigebracht, dass man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut. Aber Opa hat immer gesagt: Was nix kostet, ist nix wert. Und von Vergil weiß ich, dass ich bei Geschenken vorsichtig sein soll – denn vielleicht verbirgt sich etwas anderes dahinter.

Bei den Diskussionen um das neue U2 Album „Songs of Innocence“ geht es weniger um die Musik als um die Vertriebsmethode. Und auch ich fühle mich nicht dazu inspiriert, über den musikalischen Inhalt des Albums zu schreiben. Ich konnte mich mit U2 noch nie anfreunden und dieses Album wird mich bestimmt nicht bekehren. U2 ist eine Band, die man entweder liebt oder hasst. So kann man davon ausgehen, dass bei den 500 Millionen zwangsbeglückten iTunes-Usern viele dabei sind – sagen wir einfach mal die Hälfte – die die Musik von Haus aus nicht mögen. Und sogar bei der anderen, grundsätzlich U2-affinen Fraktion sind viele verärgert über die Art und Weise wie das Album vertrieben wird. Seien wir ehrlich, das, was uns U2 und Apple als „Geschenk“ verkaufen wollen ist wohl eher mit dem sich geräuschlos nähernden, schlagartigen Angriff einer Tarnkappendrohne zu vergleichen.

In einer Industrie, die sich immer mehr anstrengen muss, Menschen dazu zu bewegen, Geld für Musik auszugeben, nehmen die PR-Gags immer neue Formen an. Letztes Jahr zum Beispiel hat sich Jay Z mit Samsung für eine Marketingkampagne zusammengetan: Die Besitzer von gewissen Galaxy-Modellen hatten die Möglichkeit, sein neues Album „Magna Carta Holy Grail“ ein paar Tage vor dem eigentlichen Release gratis zu downloaden. Dazu war es notwendig, sich mittels App anzumelden, und die Aktion beschränkte sich auf eine Million Downloads. In dem Fall konnte man eher von einem „Geschenk“ sprechen, denn nur Jay Z-Fans werden das Angebot in Anspruch genommen haben und die haben sich sicher darüber gefreut, zu dieser exklusiven Gruppe zu gehören und als erster ein Album zu besitzen, das auch in weiterer Folge sehr erfolgreich war.

Screenshot handy

Lieb gemeint? Wie auch immer: Nein, danke!

Bei dem Guerilla-artigen Angriff von U2/Apple kommen zurecht unbehagliche Gefühle hoch. Es tun sich einige Fragen auf. An vorderster Stelle: Warum? U2 und Apple antwortet: „Es ist ein Geschenk!“ Aber so etwas gibt es in der Businesswelt nicht – nicht ohne Hintergedanken. U2 profitieren eindeutig. Sie haben von Apple ihr Honorar bekommen, die Verkaufszahlen von ihren älteren Alben haben zugenommen, sie sind wieder präsent in den Medien und sie konnten diese Aufmerksamkeit nutzen, um das bevorstehende Gegenstück, „Songs of Experience“, anzukündigen. Was der Vorteil für Apple ist, ist mir nicht klar und das finde ich unheimlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Firma einige Millionen Dollar ausgibt, ohne sich irgendeinen Nutzen zu erhoffen. Ist ihnen die reine, durch die Aktion erzielte Publicity so viel wert?

Vielleicht stimmt es ja, dass sogar negative Publicity einen positiven Effekt hat. Aber für mich ist die Tatsache, dass mir Apple die Entscheidungsfreiheit genommen hat, ob ich denn auf „Download“ klicke oder nicht, äußerst bedenklich. Aber vielleicht hat uns die Firma mit ihrer sehr öffentlichen Vorführung eines unerwünschten, unerlaubten Eingriffs auf unsere digitalen Geräte einen Gefallen getan, indem sie uns für das Thema Cyber-Sicherheit sensibilisiert. Und vielleicht ist das das eigentliche Geschenk.